ECLI:DE:BGH:2018:100718UVIZR225.17.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 225/17 Verkündet am:
10. Juli 2018
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§§ 823 Abs. 1 Ah, G, 1004 analog; Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK
a) Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine ge-schützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
b) Eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail fällt auch dann unter den Begriff der (Direkt-)Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung ei-ner Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.
c) Dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion ist es zumutbar, bevor er auf diese Art mit Wer-bung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vor-schrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwen-dung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 225/17 - LG Braunschweig
AG Braunschweig
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner und die Richterinnen von Pentz, Dr. Oehler und Dr. Roloff
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 9. Zivil-kammer des Landgerichts Braunschweig vom 24. Mai 2017 auf-gehoben und das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 15. November 2016 wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungs-geldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem/der Geschäftsführer/-in der Beklagten, zu unterlassen, an die vom Kläger unterhaltene E-Mail-Adresse K. @gmx.de elektronische Post mit dem Dank für den Kauf eines Gegen-standes bei der Beklagten und mit der Bitte der Beklagten an den Kläger um Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefra-gung zuzusenden oder zusenden zu lassen, wie dies erfolgt ist in der E-Mail der Beklagten vom 24. Mai 2016 um 18:01 Uhr, wenn der Kläger als Adressat nicht entweder zuvor in die Zu-sendung eingewilligt hat oder der Kläger bei der Erhebung und der Verwendung der vorgenannten E-Mail-Adresse darauf hin-gewiesen wurde, dass er der weiteren Verwendung seiner E-Mail-Adresse zur Zusendung von Werbung jederzeit wider-sprechen kann.
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2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte, bei der er über die Internet-Plattform "Amazon Marketplace" Waren bestellt hat, auf Unterlassung der Zusendung von E-Mails in Anspruch, in denen der Dank für den Kauf eines Gegenstandes mit der Bitte verknüpft wird, an einer Kundenzufriedenheitsumfrage teilzuneh-men.
Der Kläger bestellte am 9. Mai 2016 bei der Beklagten ein Ultraschallge-rät zur Schädlingsvertreibung, wobei die Abwicklung nicht direkt zwischen den Parteien, sondern über Amazon erfolgte. Eine Rechnung erhielt er zunächst nicht. Am 24. Mai 2016 erhielt er diese von der Beklagten durch eine E-Mail mit dem Betreff "Ihre Rechnung zu Ihrer Amazon Bestellung … " und folgendem Inhalt:
"Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Des-halb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.
Sollte es an dem gelieferten Artikel oder unserem Service etwas auszu-setzen geben, würden wir Sie herzlich darum bitten, uns zu kontaktieren. Dann können wir uns des Problems annehmen.
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Zur Bewertung: über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben (…)".
Der Kläger sieht in der E-Mail eine unaufgeforderte unerlaubte Zusen-dung von Werbung, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreife.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Be-rufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Amtsgericht - einen An-spruch auf Unterlassung gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB verneint.
Zwar könne die unaufgeforderte Zusendung unerlaubter Werbung einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen. Auch bei der Bewertungsanfrage handele es sich um Werbung. Der dadurch erfolgte Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei jedoch nicht rechtswidrig. Bei der gebotenen Abwägung sei zu berücksichtigen, dass eine vergleichsweise geringe Eingriffsqualität vorliege und die Anfrage in unmittelba-rem Zusammenhang mit dem vom Kläger getätigten Kauf stehe. Dem Verbrau-cher werde dadurch auch nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen Produkten aufgezwungen. Die Feedback-Anfrage stehe vielmehr im Zusam-menhang mit der Zusendung der Rechnung und dem konkret getätigten Kauf. Dabei sei auch die Wertung des § 7 Abs. 3 UWG zu beachten, der eine Ein-schränkung des Begriffs der "unzumutbaren Belästigung bei Werbung" vorsehe,
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wenn dieser bereits ein Verkauf einer Ware oder Dienstleistung vorangegangen sei und der Unternehmer dadurch die E-Mail-Adresse erhalten habe. Im Streit-fall sei die Übersendung der E-Mail sogar noch im Zusammenhang mit der voll-ständigen Kaufabwicklung erfolgt, sodass insoweit ein noch weniger schwer-wiegender Eingriff vorliege als im Rahmen des § 7 Abs. 3 UWG. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob die Beklagte die E-Mail-Adresse direkt vom Kläger oder über Amazon erhalten habe. Der Kunde, der über die Plattform Amazon bei einem anderen Unternehmer etwas bestelle, müsse damit rechnen, dass dem Unternehmer ein Kontakt zu dem Käufer ermöglicht werde, auch wenn der Kontakt über eine von Amazon verschlüsselte E-Mail-Adresse erfolge, um die Identität des Käufers zu schützen.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unangegrif-fen davon ausgegangen, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG hat (vgl. Senatsurteil vom 15. De-zember 2015 - VI ZR 134/15, GRUR 2016, 530 mwN).
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt jede Werbung unter Verwendung elekt-ronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung dar. Mit dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzge-ber die in Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten
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und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (im Fol-genden: Datenschutzrichtlinie EK, ABl. EG L 201 S. 37, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009, ABl. EG L 337 S. 11) enthaltenen Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre der Betroffenen vor unverlangt auf elektronischem Weg zuge-sandter Werbung umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 15, 21; BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 Rn. 30). Der Kläger ist nach der abschließenden Regelung des § 8 Abs. 3 UWG aber nicht berechtigt, An-sprüche auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG geltend zu machen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8 Rn. 3.4). Er ist weder Mit-bewerber der Beklagten noch ergibt sich seine Anspruchsberechtigung aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG. Diese Bestimmungen gewährleisten lediglich einen Kollektivschutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) durch die Zuerkennung der Anspruchsberechtigung von Wirt-schafts- und Verbraucherverbänden. Einen Individualschutz von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern sehen sie nicht vor (Senatsurteil vom 14. März 2017 - VI ZR 721/15, GRUR 2017, 748 Rn. 13; Köhler in Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 36. Aufl., § 8 Rn. 3.4).
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte aber einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog wegen eines rechtswidri-gen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht.
a) Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Klägers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine ge-schützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Bereich privater Lebensgestal-tung und gibt dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131,
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332, 337; BVerfGE 35, 202, 220; 44, 197, 203). Hieraus folgt ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann deshalb vor Be-lästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausge-hen. In der bloßen - als solche nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme kann aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlich-keitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffe-nen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwie-gend beeinträchtigt wäre (vgl. Senatsurteile vom 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09, NJW 2011, 1005 Rn. 8 und vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, GRUR 2016, 530 Rn.12).
b) Nach Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie EK ist die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer oder Nutzer zulässig. Ungeachtet des Art. 13 Abs. 1 kann eine natürliche oder juristische Person, wenn sie von ihren Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung gemäß der Richtlinie 95/46/EG deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen nur verwenden, sofern die Kunden klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kon-taktinformationen bei deren Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen, wenn der Kunde diese Nutzung nicht von vornhe-rein abgelehnt hat (Art. 13 Abs. 2). Aus den Erwägungsgründen 1, 12 und 40 sowie Art. 1 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie EK ergibt sich, dass diese Rege-lungen dem Schutz der Privatsphäre der Nutzer im Bereich der elektronischen Kommunikation dienen soll (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG,
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36. Aufl., § 7 Rn. 2, 184; MünchKommUWG/Leible, 2. Aufl., § 7 Rn. 31; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 8).
c) Der erkennende Senat konnte in seinem Urteil vom 15. Dezember 2015 (VI ZR 134/15, GRUR 2016, 530 Rn.15) dahinstehen lassen, ob der Re-gelung des Art. 13 der Datenschutzrichtlinie EK aufgrund des Gebots zur richtli-nienkonformen Auslegung (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 19 mwN; vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 20) dadurch Geltung zu verschaffen ist, dass sich ein Verstoß ge-gen diese Regelung grundsätzlich als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeits-recht darstellt (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 9 aE, 17 f.; Peters, Die Entwicklung der E-Mail-Werbung unter besonderer Berücksichti-gung der UWG-Reform, 2006, S. 173 ff.; Menebröcker in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 7 Rn. 15; GK-UWG/Pahlow, 2. Aufl., § 7 Rn. 210; Heese, JZ 2016, 529, 530 f.; Gramespacher, WRP 2016, 495, 496; Wulf, DB 2016, 882). Diese Frage ist nunmehr zu bejahen. Denn die Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 288 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeits-weise der Europäischen Union (AEUV) und des Grundsatzes der Unionstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verpflich-tet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beur-teilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 19 mwN; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 20).
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d) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch eine Kundenzufriedenheitsbefragung unter den Begriff der (Direkt-)Werbung fällt.
Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachge-brauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Ab-satzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. EU L 376 S. 21) jede Äußerung bei der Aus-übung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, aaO Rn. 16; BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, VersR 2014, 1462 Rn. 17 mwN - Empfehlungs-E-Mail, vgl. auch Apel/Henn, KbR 2016, 236, 237 f.; Gramespa-cher, WRP 2016, 495, 497; Mankowski, EWiR 2016, 157, 158). Kundenzufrie-denheitsabfragen dienen zumindest auch dazu, so befragte Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch derartige Befra-gungen wird dem Kunden der Eindruck vermittelt, der fragende Unternehmer bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn. Der Unternehmer bringt sich zudem bei dem Kunden in Erinnerung, was der Kundenbindung dient und eine Weiterempfehlung ermöglicht. Damit soll auch weiteren Geschäftsab-schlüssen der Weg geebnet und hierfür geworben werden (vgl. KG, MMR 2017, 338; OLG Dresden, GRUR-RR 2016, 462 Rn. 14 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2014, 80, 82; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 7 Rn. 132).
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e) Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Be-klagten auch nicht aus dem Umstand, dass die Bewertungsanfrage im Zusam-menhang mit der Übersendung einer Rechnung für den Kauf eines zuvor über die Plattform von Amazon bei der Beklagten gekauften Produkts übersandt worden ist.
Zwar liegt in der Übersendung einer Rechnung selbst noch keine Wer-bung. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Bitte um Abgabe einer positiven Bewertung von vornherein keine (Direkt-)Werbung dar-stellen könnte. Die elektronische Post des Klägers wird von der Beklagten viel-mehr in zweifacher Hinsicht - nämlich für die nicht zu beanstandende Übersen-dung der Rechnung und zusätzlich für Zwecke der Werbung - genutzt. Für die Annahme, die nicht zu beanstandende Rechnungsübersendung nehme der E-Mail insgesamt den Charakter der Werbung, ist kein Raum (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, GRUR 2016, 530 Rn. 19 mwN; Apel/Henn, KbR 2016, 236, 239; aA Straub, ZJS 2016, 510, 514).
f) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interes-sen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus.
aa) Das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK ist mit dem berechtigten Interesse der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Werbung in Kontakt zu treten, abzuwägen. Wegen der Eigenart des Per-sönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt - ebenso wie beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - seine Reichweite nicht abso-lut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grund-rechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Um-
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stände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistun-gen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu be-rücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechts-widrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 mwN).
bb) Dabei ist auch - zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen - die Wertung des § 7 Abs. 2 UWG zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2017 - VI ZR 721/15, GRUR 2017, 748 Rn. 28), mit der der deutsche Gesetzgeber Art. 13 der Datenschutzrichtlinie EK umgesetzt hat. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt - abgesehen von dem Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG - jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vor-herige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten stets eine unzumutbare Be-lästigung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 - I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Rn. 14-E-Mail-Werbung II).
cc) Dies gilt regelmäßig auch für Kundenzufriedenheitsbefragungen (vgl. KG, MMR 2017, 338; OLG Dresden, GRUR-RR 2016, 462 Rn. 24 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2014, 80, 82; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 7 Rn. 132). Eine Einwilligung des Klägers liegt im Streitfall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. In § 7 Abs. 3 UWG hat der Ge-setzgeber zwar die Voraussetzungen einer Werbung unter Verwendung elekt-ronischer Post nach Abschluss einer Verkaufstransaktion über das Internet für den Unternehmer mit der Erleichterung geregelt, dass eine Werbung für ähnli-che Produkte oder Dienstleistungen auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten zulässig ist. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits bei der Erhe-bung der E-Mail-Adresse des Kunden (und bei jeder weiteren Verwendung) ein klarer und deutlicher Hinweis darauf erfolgt ist, dass er der Verwendung jeder-
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zeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG). Ein solcher Hinweis seitens der Beklagten ist den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht zu entnehmen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht geltend gemacht.
dd) Unter diesen Umständen besteht im Rahmen der Abwägung keine Veranlassung, die vom Kläger beanstandete Kundenzufriedenheitsanfrage ausnahmsweise als zulässig anzusehen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen überwiegt das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten, ihrem E-Mail-Schreiben mit der Übersendung der Rechnung an den Kläger werbende Zusätze in Form einer Kundenzufriedenheitsanfrage hinzuzufügen. Dabei ist einerseits zwar zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigte, zu-mal er die Kundenzufriedenheitsanfrage einfach ignorieren konnte. Andererseits ist das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht auch keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers in seiner Privatsphäre ausgeschlossen wäre. Er muss sich mit der Kundenzufrie-denheitsanfrage zumindest gedanklich beschäftigen. Zwar mag sich der Ar-beitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist. Denn im Hin-blick auf die billige, schnelle und durch Automatisierungsmöglichkeit arbeitsspa-rende Versendungsmöglichkeit und ihrer günstigen Werbewirkung (vgl. hierzu Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 2) ist mit einem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen (vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - I ZR 218/07, GRUR 2009, 280 Rn. 12-E-Mail-Werbung II). Eine bei isolierter Be-trachtung unerhebliche Belästigung kann Mitbewerber zur Nachahmung veran-lassen, wobei durch diesen Summeneffekt eine erhebliche Belästigung entste-
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hen kann (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 2). Entscheidend ist aber, dass es dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar ist, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Ver-wendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen.
3. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert (BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, VersR 2014, 1462 Rn. 25 f. mwN - Empfehlungs-E-Mail). Die Abgabe einer strafbewehrten Unter-lassungserklärung hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsge-richts abgelehnt.
4. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist
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aufzuheben. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil wei-tere Feststellungen nicht zu treffen sind (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
Galke Wellner von Pentz
Oehler Roloff
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 15.11.2016 - 118 C 1363/16 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 24.05.2017 - 9 S 404/16 (13) -