Recht der Mitgliedstaaten

Slowakei

Diese Seite enthält Informationen über das Rechtssystem der Slowakei.

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Slowakei

Informationen über die Rechtsordnung der Slowakei finden Sie auf der Website des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen.

Rechtsquellen

Typologie der Rechtsakte – Beschreibung

Der Terminus „Rechtsquelle“ wird in einem dreifachen Sinn verwendet:

  1. Rechtsquellen im materiellen Sinn – materielle Rechtsquellen
  2. Rechtsquellen im epistemologischen Sinn – Rechtserkenntnisquellen
  3. Rechtsquellen im formellen Sinn – formelle Rechtsquellen

Ausgehend von der Entstehung der Rechtsquellen und der Form ihrer verbindlichen Gestaltung werden traditionell die folgenden Arten von Rechtsquellen unterschieden:

  • Gewohnheitsrecht
  • Rechtsprechung (Richterrecht)
  • normative Rechtsakte
  • normative Verträge
  • allgemeine Rechtsgrundsätze
  • gesunder Menschenverstand
  • aktuelle Abhandlungen, Rechtsliteratur und Sachverständigengutachten
  • völkerrechtliche Verträge, die ordnungsgemäß in die Rechtsordnung der Slowakischen Republik aufgenommen wurden

Normenhierarchie

Zu den Grundsätzen der slowakischen Rechtsordnung gehört die Normenhierarchie. Sie sowohl in der Gesetzgebungs- als auch in der Durchführungspraxis korrekt zu verstehen ist für die Rechtmäßigkeit von größter Bedeutung. Die Normenhierarchie ist aber nicht einfach eine Frage der logischen Rangfolge oder Unterordnung. Die Hierarchie berührt das Problem der Geltungskraft und schließt den ehernen Grundsatz ein, dass eine Rechtsvorschrift nur von einem Organ erlassen werden kann, das durch ein entsprechendes Gesetz dazu befugt ist und sich im Rahmen dieses Gesetzes und seiner eigenen Rechtsetzungskompetenz bewegt.

Die Rangfolge der Rechtsvorschriften wird durch ihre unterschiedliche „Geltungskraft“ bestimmt. Die Geltungskraft bezieht sich auf die Eigenschaften einer Rechtsnorm. Demzufolge sind einzelne Normen einer anderen (mit Geltungsvorrang) untergeordnet oder von einer höherrangigen Norm abgeleitet. Wenn Rechtsvorschriften mit unterschiedlicher Geltungskraft im Spiel sind, darf die rangniedere Norm nicht zur ranghöheren Norm im Widerspruch stehen und genießt die ranghöhere Norm Anwendungsvorrang vor der rangniederen Norm.

Unter dem Gesichtspunkt der Geltungskraft lässt sich folgende Hierarchie der Normen aufstellen:

Primärrecht (Gesetze)

  • Gesetze mit Verfassungsrang (immer Primärrecht)
  • Gesetze (Primärrecht oder von Verfassungsgesetzen abgeleitetes Recht)

Sekundärrecht (unterhalb der Gesetzesebene)

  • Regierungsverordnungen – immer Sekundärrecht
  • Rechtsnormen zentralstaatlicher Organe – immer Sekundärrecht
  • Rechtsnormen der Organe der territorialen Selbstverwaltung (Behörden) – Primär- oder Sekundärrecht
  • ausnahmsweise von nichtstaatlichen Stellen erlassene Rechtsnormen – immer Sekundärrecht

Wenn im Normengefüge ein bestimmter Rechtsakt Vorrang hat, bedeutet dies, dass alle sonstigen Rechtsnormen von diesem Rechtsakt ausgehen, mit ihm vereinbar sein müssen und nicht im Widerspruch zu ihm stehen dürfen. Dies heißt in der Praxis, dass bei einer Kollision zwischen nieder- und höherrangigem Recht die ranghöhere Rechtsvorschrift zu befolgen ist.

Institutioneller Rahmen

Organe der Legislative

Die nachstehend genannten Organe und Behörden sind mit Rechtsetzungsbefugnissen ausgestattet (gesetzgebende Organe):

  • Der Nationalrat der Slowakischen Republik beschließt die Verfassung, Gesetze mit Verfassungsrang, Gesetze, völkerrechtliche Verträge mit Vorrang vor Gesetzen und völkerrechtliche Verträge mit Gesetzeskraft.
  • Die Regierung der Slowakischen Republik erlässt Regierungsverordnungen.
  • Ministerien und andere zentralstaatliche Organe erlassen Durchführungsbeschlüsse, Durchführungsverordnungen und Maßnahmen.
  • Gemeinde- und Stadtversammlungen erlassen allgemeingültige Verordnungen.
  • Kommunale und städtische Behörden sowie lokale staatliche Stellen erlassen allgemeingültige Verordnungen.

Das Gesetzgebungsverfahren

Stufen des Gesetzgebungsverfahrens:

  • Einbringung einer Gesetzesvorlage – Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens
  • Beratung der Gesetzesvorlage
  • Abstimmung (Verabschiedung des Gesetzes)
  • Unterzeichnung des verabschiedeten Gesetzes
  • Verkündung (Bekanntgabe) des Gesetzes

Beschlussfassungsprozess

Das Gesetzgebungsverfahren

Einbringung einer Gesetzesvorlage – Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens

Nach Artikel 87 Absatz 1 der slowakischen Verfassung (in der Fassung des Gesetzes Nr. 460/1992) können Gesetzesvorlagen von

  • Ausschüssen des Nationalrats der Slowakischen Republik,
  • Abgeordneten des Nationalrats der Slowakischen Republik und
  • der Regierung der Slowakischen Republik eingebracht werden.

Die Gesetzesvorlagen sind in Paragrafen untergliedert und werden zusammen mit einer Präambel vorgelegt.

Beratung der Gesetzesvorlage

Entsprechend der Geschäftsordnung des Nationalrats der Slowakischen Republik (Gesetz Nr. 350/1996) sind für Gesetzesvorlagen drei Lesungen vorgesehen:

  1. Bei der ersten Lesung findet eine allgemeine Aussprache über den Inhalt oder Tenor des eingebrachten Entwurfs statt. In dieser Lesung können keine Änderungs- oder Ergänzungsanträge gestellt werden.
  2. In der zweiten Lesung wird der Entwurf in den Ausschüssen des Nationalrats behandelt, denen er zugewiesen wurde. Jede Gesetzesvorlage muss den Verfassungsausschuss durchlaufen, der vor allem seine Vereinbarkeit mit der slowakischen Verfassung, mit den Verfassungsgesetzen, mit für die Slowakei verbindlichen völkerrechtlichen Verträgen, mit Gesetzen und dem Recht der Europäischen Union prüft. Hiernach können Änderungen und Ergänzungen vorgeschlagen werden, über die nach Abschluss der Beratungen in den Ausschüssen abgestimmt wird. Deshalb müssen die unterschiedlichen Positionen vor der Erörterung der Gesetzesvorlage im Nationalrat der Slowakischen Republik einander angenähert werden. Die Gesetzesvorlage wird dem Nationalrat der Slowakischen Republik vorgelegt, nachdem der Koordinierungsausschuss den gemeinsamen Bericht der Ausschüsse in einer besonderen Entschließung gebilligt hat. Der Bericht bildet die Grundlage für die Aussprache im slowakischen Nationalrat und die Abstimmung in der zweiten Lesung.
  3. Die dritte Lesung beschränkt sich auf jene Bestimmungen der Gesetzesvorlage, zu denen in zweiter Lesung Änderungen oder Ergänzungen beschlossen wurden. Dabei können die Abgeordneten lediglich die Berichtigung redaktioneller, grammatischer oder orthographischer Fehler beantragen. Änderungs- und Ergänzungsanträge zur Beseitigung sonstiger Fehler müssen von mindestens 30 Abgeordneten des Nationalrats der Slowakischen Republik eingebracht werden. Nachdem diese beraten wurden, kommt die Gesetzesvorlage als Ganzes zur Abstimmung.

Abstimmung (Verabschiedung des Gesetzes)

Zur Annahme eines Gesetzes ist es erforderlich, dass mehr als die Hälfte der anwesenden Abgeordneten dafür stimmt.

Zur Änderung der Verfassung und Aufhebung einzelner Artikel ist die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Abgeordneten, d. h. von mindestens drei Fünftel aller Abgeordneten des Nationalrats der Slowakischen Republik, erforderlich (3/5 von 150).

Der Nationalrat der Slowakischen Republik ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist.

Unterzeichnung des verabschiedeten Gesetzes

Das verabschiedete Gesetz wird unterzeichnet vom:

  • Präsidenten der Slowakischen Republik,
  • Vorsitzenden des Nationalrats der Slowakischen Republik,
  • Ministerpräsidenten der Slowakischen Republik.

Dieser Schritt des Gesetzgebungsverfahrens dient dazu, den Inhalt, das ordnungsgemäße Zustandekommen und die Endfassung des verabschiedeten Gesetzes zu prüfen. Mit ihrer Unterschrift bestätigen die höchsten Verfassungsorgane den Rechtsakt im vorliegenden Wortlaut.

Der Präsident hat das Recht, ein Veto mit aufschiebender Wirkung einzulegen und einem verabschiedeten Gesetz wegen inhaltlicher Fehler die Unterschrift zu verweigern. In diesem Falle verweist er das verabschiedete Gesetz zusammen mit seinen Anmerkungen zur erneuten Beratung an den Nationalrat der Slowakischen Republik zurück.

Das zurückverwiesene Gesetz durchläuft danach die Stufen der zweiten und dritten Lesung. In diesem Stadium kann der Nationalrat der Slowakischen Republik die Anmerkungen des Präsidenten berücksichtigen, muss dies aber nicht. Der Nationalrat kann das „aufschiebende“ Veto durch ein neues Votum überstimmen. In einem solchen Falle muss das Gesetz verkündet werden, auch wenn es nicht vom Präsidenten unterzeichnet wurde.

Verkündung (Bekanntgabe) des Gesetzes

Dies ist die letzte Stufe des Gesetzgebungsverfahrens. Rechtsvorschriften, die landesweit gelten, werden förmlich in der Gesetzessammlung der Slowakischen Republik (Zbierka zákonov) veröffentlicht; für die Veröffentlichung ist das slowakische Justizministerium zuständig. Die Gesetzessammlung ist das staatliche Veröffentlichungsinstrument der Slowakischen Republik. Die Gesetzessammlung wird in elektronischer Form und in Papierform herausgegeben. Die elektronische und die gedruckte Fassung der Gesetzessammlung haben dieselbe Rechtswirkung und denselben Inhalt. Die elektronische Fassung der Gesetzessammlung ist kostenlos über das Slov-Lex-Portal zugänglich.

Inkrafttreten/Geltungsbeginn

Gesetze treten am Tage ihrer Verkündung in der Gesetzessammlung in Kraft.

Sie werden am 15. Tag nach ihrer Verkündung in der Gesetzessammlung wirksam, sofern sie keinen späteren Geltungsbeginn vorsehen.

Andere Rechtsakte treten am Tag ihrer Verkündung in der Gesetzessammlung in Kraft.

Lösung von Kollisionen zwischen unterschiedlichen Rechtsquellen

Rangniedere Rechtsakte dürfen nicht zu ranghöheren Rechtsakten im Widerspruch stehen.

Rechtsakte dürfen nur durch gleichrangige oder höherrangige Rechtsakte geändert oder aufgehoben werden.

Bei einer Kollision zwischen Rechtsakten gleicher Geltungskraft gilt in der Rechtspraxis der Grundsatz, dass der ältere durch den jüngeren Rechtsakt und die allgemeine durch die spezielle Norm aufgehoben oder geändert wird.

Das Verfassungsgericht der Slowakischen Republik prüft und entscheidet über die Vereinbarkeit von:

  • Gesetzen mit der Verfassung;
  • Regierungsverordnungen und allgemeingültigen Rechtsnormen der Ministerien und anderer zentraler Staatsorgane mit der Verfassung, den Verfassungsgesetzen und Gesetzen;
  • allgemeingültigen Verordnungen der Organe der territorialen Selbstverwaltung mit der Verfassung und Gesetzen;
  • allgemeingültigen Rechtsnormen lokaler Organe der Zentralverwaltung mit der Verfassung, den Gesetzen und anderen allgemeingültigen Rechtsakten;
  • allgemeingültigen Rechtsakten mit völkerrechtlichen Verträgen, die nach den gesetzlich festgelegten Vorschriften verkündet wurden.

Wenn das Verfassungsgericht befindet, dass Rechtsakte miteinander kollidieren, verlieren sie – bzw. Teile oder Bestimmungen davon – ihre Rechtswirksamkeit. Wenn die Organe, von denen sie erlassen wurden, nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist eine Harmonisierung mit der geltenden höherrangigen Norm herbeiführen, verlieren die Rechtsakte – bzw. Teile oder Bestimmungen davon – ihre Rechtswirkung.

Rechtsdatenbanken

Die Slov-Lex-Datenbank des Justizministeriums der Slowakischen Republik

Das Portal Slov-Lex des slowakischen Justizministeriums basiert auf zwei miteinander verbundenen Informationssystemen:

  1. eZbierka (elektronische Gesetzessammlung) – ein Informationssystem, das verbindliche konsolidierte Gesetzestexte und andere Normen in elektronischer Form für die Rechtsadressaten bereitstellt
  2. eLegislativa (eGesetzgebung) – ein Prozessmanagement-Informationssystem für alle Stadien des Gesetzgebungsverfahrens, ausgestattet mit erweiterten Bearbeitungswerkzeugen für den Gesetzgeber

Vorteile für Zielgruppen:

Der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass alle Personen die geltenden Gesetze sowie ihre Rechte und Pflichten kennen müssen, stößt aufgrund des steigenden Volumens und der Komplexität der Rechtsvorschriften in der Praxis auf immer größere Schwierigkeiten. Das Slov-Lex-Projekt sichert jedermann einen effektiven Zugang zur geltenden Gesetzgebung und trägt auf diese Weise zu einer einfacheren Befolgung dieses Rechtsgrundsatzes bei:

  • Bürgern – bietet insbesondere der eZbierka-Teil des Projekts Vorteile durch einen kostenlosen, formal und inhaltlich verbesserten Zugang zum geltenden Recht und durch eine bessere Sichtbarkeit neuer Rechtsvorschriften;
  • Juristen – erhalten jederzeit Zugang zum geltenden Recht und können sich sowohl allgemein als auch in Bereichen, auf die sich spezialisiert haben, über neue Rechtsakte in der Slowakischen Republik oder der Europäischen Union informieren;
  • Unternehmer – können ebenfalls zu jeder Zeit kostenlos geltende Rechtsvorschriften einsehen und sich über neue Rechtsakte in der Slowakischen Republik oder der Europäischen Union sowohl allgemein als auch in den Bereichen, in denen sie tätig sind, informieren; ein transparenteres Regelungsumfeld bietet Unternehmen günstigere Rahmenbedingungen und reduziert ihren Verwaltungsaufwand;
  • lokale und regionale Behörden – erhalten zu jeder Zeit kostenlos Zugang zum geltenden Recht, wodurch sich ihr Verwaltungsaufwand reduziert (die verwaltungstechnisch aufwändige und kostspielige Verpflichtung, an Arbeitstagen Zugang zur Gesetzessammlung zu gewähren, verbunden mit der Entgegennahme und Archivierung der Papierfassungen der Sammlung), wird ersetzt durch die Verpflichtung, an Arbeitstagen Unterstützung bei der Einsichtnahme in die Gesetzessammlung zu gewähren;
  • öffentliche Verwaltungen – das Projekt bietet einerseits kontinuierlichen kostenlosen Zugang zu geltenden Rechtsquellen und reduziert andererseits den Verwaltungsaufwand und somit die Kosten des Gesetzgebungsverfahrens; des Weiteren bietet es ihnen die Möglichkeit, ihre Rolle bei der Anwendung und Umsetzung von EU-Recht besser wahrzunehmen;
  • Justizbehörden – können jederzeit rasch das zu jedem beliebigen Zeitpunkt geltende Recht und einschlägige gerichtliche Entscheidungen einsehen, sodass Routinetätigkeiten zumindest teilweise entfallen und Richter und Gerichtsbedienstete effizienter arbeiten können;
  • Gesetzgebungsorgane – erhalten ein effizientes Werkzeug für die Ausarbeitung von Rechtsakten und die Verwaltung des Gesetzgebungsprozesses, das ihnen einen Teil der aufwändigen Verwaltungsarbeit abnimmt und es ihnen so ermöglicht, sich stärker auf den Inhalt der anhängigen Vorschläge zu konzentrieren.

Links zum Thema

Rechts- und Informationsportal Slov-Lex

Letzte Aktualisierung: 25/04/2022

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