Recht der Mitgliedstaaten

Frankreich

Sie finden in diesem Abschnitt eine Übersicht über die verschiedenen Rechtsquellen in Frankreich.

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Frankreich

Rechtsquellen

Das französische Recht besteht im Wesentlichen aus schriftlichen Vorschriften, die als die Rechtsquellen bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um die von den Staaten oder zwischen Staaten auf nationaler Ebene erlassenen Vorschriften, aber auch um die Rechtsprechung der nationalen oder internationalen Gerichte. Ferner gehören dazu die auf lokaler Ebene festgelegten Vorschriften wie die Anordnungen der Stadtverwaltungen oder Vorschriften der Berufsverbände wie der Ärztekammer, sowie zwischen Bürgern getroffene Vereinbarungen wie Tarifverträge oder Verträge und schließlich einfaches Gewohnheitsrecht.

Diese Sammlung unterliegt einer Normenhierarchie. Eine neue Vorschrift:

  • muss die bisherigen Vorschriften der höheren Ebene einhalten,
  • kann die bisherigen Vorschriften auf gleicher Ebene ändern,
  • zieht die Aufhebung unvereinbarer bisheriger Vorschriften der niedrigeren Ebene nach sich.

Internationale Rechtsquellen

Verträge und internationale Übereinkommen

Das Inkrafttreten eines Vertrags in Frankreich setzt seine Ratifizierung bzw. seine Genehmigung und Veröffentlichung voraus. Einige Verträge gehen unmittelbar in das französische Recht ein, andere müssen durch eine nationale Vorschrift umgesetzt werden.

Unionsrecht

Der Begriff Unionsrecht bezieht sich auf die von den Organen der Europäischen Union verabschiedeten Rechtsakte. Dazu gehören Empfehlungen, Stellungnahmen, Vorordnungen, Beschlüsse oder Richtlinien.

Einzelstaatliche Rechtsquellen

Rechtsnormen mit Verfassungsrang

  • die Verfassung vom 4. Oktober 1958;
  • die Präambel der Verfassung vom 27. Oktober 1946 und die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 sowie die von den Gesetzen der Republik anerkannten Grundsätze, auf die die Präambel verweist;
  • die dem Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) vor ihrem Erlass vorgelegten verfassungsergänzenden Gesetze (lois organiques).

Rechtsnormen mit Gesetzesrang

Das vom Parlament erlassene Gesetz ist der Verfassung untergeordnet. Der Verfassungsrat prüft auf Verlangen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen vor ihrem Erlass, d. h. er prüft ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung. Der Verfassungsrat kann vom Präsidenten der Republik, dem Premierminister, den Präsidenten der Nationalversammlung und des Senats oder von sechzig Abgeordneten bzw. sechzig Senatoren angerufen werden. Dem Verfassungsrat können ferner nach Prüfung durch den Staatsrat oder den Kassationsgerichtshof Anträge auf Änderung geltender Rechtsvorschriften von Prozessbeteiligten vorgelegt werden, die in einem laufenden Verfahren, auf das sie Anwendung finden, die Konformität der rechtlichen Bestimmungen mit den verfassungsgemäß garantierten Rechten und Freiheiten in Frage stellen.

Nach Artikel 55 der Verfassung haben die von Frankreich ratifizierten internationalen Verträge höhere Rechtskraft als die Gesetze. Vom Verwaltungs- und ordentlichen Gericht wird daher die Anwendung eines Gesetzes abgelehnt, das sich als unvereinbar mit einem vor oder nach dem Gesetz geschlossenen Vertrag erweist.

Rechtsnormen mit Verordnungsrang

  1. Gesetzesvertretende Verordnungen (ordonnances)
  2. Gemäß Artikel 38 der Verfassung kann die Regierung zur Durchführung ihres Programms das Parlament um die Ermächtigung ersuchen, während eines begrenzten Zeitraums Maßnahmen zu treffen, die normalerweise Gegenstand der Gesetzgebung sind. Solange sie vom Gesetzgeber nicht ratifiziert sind, stellen diese Beschlüsse formell Rechtsverordnungen dar und können somit vor dem Verwaltungsrichter bis zu ihrer Ratifizierung infrage gestellt werden.

  3. Regierungsverordnungen (règlements)

    Die Verordnungen werden nach ihrer Herkunft unterschieden:
    • Dekrete des Präsidenten der Republik oder des Premierministers (wenn sie im Ministerrat oder im Staatsrat erlassen wurden, ist eine Änderung nur unter denselben Bedingungen möglich);
    • interministerielle oder ministerielle Verwaltungsanordnungen (arrêtés);
    • Verwaltungsentscheidungen der dekonzentrierten Behörden des Staates (Präfekt, Bürgermeister usw.) oder der dezentralen Behörden (Gemeinde, Département, Region).
  4.  

  5. Tarifverträge
  6. Im Arbeitsgesetzbuch sind die für die Arbeitsbedingungen geltenden Grundregeln festgelegt. Innerhalb dieses Rahmens handeln die Sozialpartner des Privatsektors (Arbeitgeber und Gewerkschaften der Arbeitnehmer) Verträge und Vereinbarungen aus. In den Tarifverträgen sind sämtliche Arbeitsbedingungen und soziale Garantien für die Arbeitnehmer der betreffenden Bereiche (Verwertungsindustrien und -handel, Heime für junge Arbeitnehmer, Einrichtungen der Zusatzrentenversicherung usw.) festgelegt. Die Tarifabkommen behandeln nur ganz bestimmte Themen (Gehälter, Arbeitszeit usw.). Die Tarifabkommen und -verträge können auf Branchenebene (alle Unternehmen, die die gleiche Tätigkeit in einem bestimmten Gebiet ausüben) und auf Betriebs- oder Niederlassungsebene geschlossen werden. Der Tarifvertrag kann vom Ministerium für Arbeit, Sozialpartnerschaft und Solidarität oder dem Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei „ausgeweitet“ werden und gilt dann für alle Unternehmen des betreffenden Wirtschaftszweigs.

Gerichtsurteile und Verwaltungsentscheidungen

Die Rechtsprechung kann aus Gerichtsurteilen oder aus Verwaltungsentscheidungen hervorgehen.Die Rechtsprechung der Gerichte legt das Recht aus, gilt aber grundsätzlich nur für die entsprechende Rechtssache. Die Verwaltungsrechtsprechung hat, da sie eine Verordnung außer Kraft setzen kann, einen supra-verordnungsrechtlichen, aber keinen legislativenWert.

Institutioneller Rahmen

Das Rechtsetzungsverfahren in Frankreich

Es ist zwischen dem Gesetzesentwurf, bei dem die Initiative für den Gesetzestext bei der Regierung liegt und der im Ministerrat von einem Minister vorgelegt wird, und dem Vorschlag zu unterscheiden, bei dem das Parlament das Initiativrecht für den Text hat. Gesetzesvorschlag wird in der Nationalversammlung oder im Senat eingebracht.

Anschließend wird der Gesetzestext vom Parlament geprüft. Er gilt als angenommen, wenn er von beiden Kammern mit gleichem Wortlaut verabschiedet wurde.

Sind sich die beiden Versammlungen nicht einig, so tritt ein gemeinsamer, paritätischer Ausschuss zusammen. Dieser aus 7 Abgeordneten und 7 Senatoren bestehende Ausschuss hat die Aufgabe, üblicherweise nach zwei Lesungen in jeder Kammer einen gemeinsamen Gesetzestext vorzulegen.

Die Regierung kann allerdings das beschleunigte Verfahren einleiten; in diesem Fall kann nach der ersten Lesung ein gemeinsamer, paritätischer Ausschuss gebildet werden.

Der Gesetzestext wird innerhalb von 15 Tagen nach der Übermittlung des vom Parlament angenommenen Textes an die Regierung vom Präsidenten der Republik verabschiedet (d.h. unterzeichnet) werden. Während dieser Frist kann der Präsident eine weitere Prüfung des Textes beantragen, und der Verfassungsrat kann angerufen werden, um die Verfassungskonformität des Textes zu überprüfen.

Das erlassene Gesetz tritt nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.

Die Veröffentlichung der Gesetze und Verordnungen

Um verbindlich zu sein, müssen die Gesetze und Verordnungen den Bürgern zur Kenntnis gebracht worden sein. Einzelentscheidungen müssen den Betreffenden amtlich bekannt gemacht werden und die Rechtsakte mit Verordnungscharakter sind zu veröffentlichen.

Die Bestimmungen für das Inkrafttreten der Rechts- und Verwaltungsvorschriften wurden mit der Verordnung Nr. 2004-164 vom 20. Februar 2004 zum 1. Juni 2004 geändert.

Seitdem sieht Artikel 1 des Code Civil vor, dass die Texte, falls nichts anderes festgelegt ist, am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten.

In dringenden Fällen treten Gesetze mit entsprechendem Verfügungserlass und Verwaltungsakte, die von der Regierung mit einer besonderen Bestimmung versehen wurden, allerdings am Tag ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Neben den Dekreten werden auch die Rechtsakte mit Verordnungscharakter der auf nationaler Ebene zuständigen staatlichen Behörden im Amtsblatt veröffentlicht (Ministerialerlasse, Akte unabhängiger Verwaltungsbehörden usw.). Die Ministerialerlasse werden meist zusätzlich in den Amtsblättern der Ministerien veröffentlicht.

Die ausschließliche Veröffentlichung im Ministerialamtsblatt ist nur möglich, wenn die Verordnung nur eine sehr begrenzte Anzahl von Bürgern (vor allem die Beamten und Bediensteten des Ministeriums) betrifft.

Die Akte der lokalen Behörden unterliegen besonderen Veröffentlichungsvorschriften. Sie erscheinen nicht im Amtsblatt.

Rundschreiben und Anweisungen haben grundsätzlich keinen Verordnungscharakter. Diese Akte beschränken sich auf die Erteilung von Anweisungen an die Dienststellen zur Anwendung der Gesetze und Dekrete oder auf die Auslegung einiger Bestimmungen.

Um anwendbar zu sein, müssen sie auf der entsprechenden, dafür vorgesehenen Internetsite des Premierministers veröffentlicht sein (Dekret 2008-1281 vom 8. Dezember 2008). In einigen Fällen erfolgt üblicherweise die Veröffentlichung in den Amtsblättern der Ministerien. Nur die wichtigsten Rundschreiben erscheinen im Amtsblatt.

Gesetzesdatenbanken

Die öffentlichen Rechtsdatenbanken in Frankreich werden von einer öffentlichen Dienststelle zur Verbreitung über das Internet (Service Public de Diffusion sur l’Internet - SPDDI) verwaltet, die mit dem Dekret Nr. 2002-1064 vom 7. August 2002 (englische Fassung) eingerichtet wurde.

Dieses System wird eingehend in der Anleitung zur Weiterverwendung der über Légifrance verfügbaren Daten erläutert:

Légifrance enthält folgende Informationen:

  • die Kodizes, Gesetze und Verordnungen in ihrer konsolidierten Fassung (Datenbank „Legi“)
  • die in der Ausgabe „Gesetze und Dekrete“ des Amtsblatts veröffentlichten Dokumente (Datenbank „Jorf“)
  • die umfassenden nationalen Tarifverträge (Datenbank „Kali“)
  • die Entscheidungen des Verfassungsrates (Datenbank „Constit“)
  • die Urteile des Kassationshofs und der Berufungsgerichte (Datenbank „Cass“ für die im Bulletin veröffentlichten Urteile, Datenbank „Inca“ für die unveröffentlichten Urteile und Datenbank „Capp“ für die Urteile der Berufungsgerichte)
  • die Entscheidungen des Staatsrates (Conseil d’Etat), des Kompetenzkonflikthofs und der Verwaltungsberufungsgerichte sowie eine Auswahl der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte (Datenbank „Jade“)
  • die Beratungen der französischen Datenschutzbehörde CNIL (Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés - Nationale Kommission für Informatik und Freiheiten) (Datenbank „CNIL“).

Es sei angemerkt, dass auch andere direkt oder über Légifrance zugängliche Websites vom SPPDI verwaltet werden. Dies sind die Websites:

  • des Rechnungshofs für Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit,
  • der Amtsblätter der jeweiligen Ministerien,
  • der Generaldirektion Steuern für die Steuerdokumentation,
  • des Ministeriums für auswärtige und europäische Angelegenheiten in Bezug auf internationale Übereinkommen (Datenbank „Pacte“).

Informationen zu den Bedingungen der Entnahme und Weiterverwendung der Daten dieser zweiten Kategorie stehen auf den jeweiligen Websites zur Verfügung.

Über Légifrance ist auch ein Verzeichnis der oben genannten Datenbanken abrufbar.

Ebenso abrufbar ist die Lizenzgebührenliste von Légifrance.

Datenbanken

Nachstehend finden Sie eine nichterschöpfende Liste der Rechtsdatenbanken:

  • Die Datenbank LEGI enthält die Kodizes, Gesetze und Verordnungen in ihrer konsolidierten Fassung.
  • Die Datenbank JORF enthält die in der Ausgabe „Gesetze und Dekrete“ des Amtsblatts veröffentlichten Dokumente.
  • Die Datenbank KALI enthält die umfassenden nationalen Tarifverträge.
  • Die Datenbank CONSTIT enthält die Entscheidungen des Verfassungsrates.
  • Die Datenbank JADE enthält die Entscheidungen des Staatsrates, des Kompetenzkonflikthofs und der Verwaltungsberufungsgerichte sowie eine Auswahl der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte.
  • Die Datenbank CNIL enthält die Beratungen der CNIL (Commission nationale de l’informatique et des libertés – Nationale Kommission für Informatik und Freiheit).

Die Rechtsprechung des Kassationshofs ist über seine Website abrufbar.

Über einen Online-Dienst können Urteile des Kassationshofs bestellt werden und für einige Urteile des Kassationshofs steht eine Übersetzung ins Englische, Arabische und Chinesische zur Verfügung.

Letzte Aktualisierung: 13/12/2016

Die verschiedenen Sprachfassungen dieser Seite werden von den betreffenden Mitgliedstaaten verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Die Kommission übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.