Recht der Mitgliedstaaten

Estland

Auf dieser Seite finden Sie Informationen über die Rechtsordnung in Estland und einen Überblick über das estnische Recht.

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Estland

Rechtsquellen

Estland gehört zu den Ländern mit kontinentaleuropäischer Rechtsordnung (auf dem römischen Recht beruhendes Rechtssystem). Rechtsquellen sind im Wesentlichen Rechtsakte wie das Grundgesetz, die Rechtsvorschriften der Europäischen Union, völkerrechtliche Verträge, Gesetze und Verordnungen.

Rechtsauslegungen des höchsten Gerichts — des Staatsgerichtshofs — und Kommentierungen von Fachleuten dienen ebenfalls als Bezugspunkte (z.B. die kommentierte Ausgabe des Grundgesetzes). Gerichtsurteile begründen aber keine Ansprüche, und im Allgemeinen sind Urteile von höheren Gerichten für vorinstanzliche Gerichte nicht bindend. Gleichwohl ist der Staatsgerichtshof, der auch für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit zuständig ist, berechtigt, Rechtsakte für ungültig zu erklären, wenn sie nicht mit dem Grundgesetz oder vorrangigen Rechtsakten im Einklang stehen. Ein Gericht darf solche Rechtsakte für die Würdigung einzelner Fälle nicht heranziehen. Die Gerichte sind befugt, grundgesetzwidrige Rechtsakte nicht anzuwenden. Der Staatsgerichtshof prüft den betreffenden Fall und kann den Rechtsakt für grundgesetzwidrig (aber nicht für ungültig) erklären.

Allgemein anerkannte Grundsätze und Normen des Völkerrechts sind untrennbarer Bestandteil des estnischen Rechtssystems.

Typologie der Rechtsakte – Beschreibung

Bei den Rechtsakten ist zu entscheiden, ob sie allgemein gelten oder einen Einzelfall regeln.

Allgemein geltende Rechtsakte

Grundgesetz — Gemäß § 3 Absatz 1 des estnischen Grundgesetzes ist die Ausübung der Staatsgewalt an das Grundgesetz und an grundgesetzkonforme Gesetze gebunden.

Gesetz — Gesetze werden gemäß § 65 des estnischen Grundgesetzes vom Riigikogu (dem estnischen Parlament) verabschiedet, der somit als Legislative fungiert. Gesetze werden im Einklang mit dem Grundgesetz verabschiedet und wie vorgeschrieben im estnischen Amtsblatt (Riigi Teataja) veröffentlicht. Nur veröffentlichte Gesetze sind vollziehbar.

Dekret — Verordnung mit Gesetzeskraft. Gemäß § 109 des Grundgesetzes kann der Staatspräsident Dekrete erlassen, wenn es im nationalen Interesse dringend geboten ist und es nicht möglich ist, das Parlament einzuberufen. Solche Dekrete müssen jedoch vom Parlamentspräsidenten (Sprecher) und dem Premierminister gegengezeichnet werden. Nach dem Grundgesetz kann der Präsident

  • Sonderdekrete erlassen, wenn es im nationalen Interesse dringend geboten ist und es nicht möglich ist, das Parlament einzuberufen;
  • Notdekrete erlassen, wenn es im nationalen Interesse dringend geboten ist, wenn die Regierung den Ausnahmestand ausgerufen hat und wenn es nicht möglich ist oder nicht mehr genügend Zeit bleibt, das Parlament einzuberufen.

Ein vom Staatspräsidenten erlassenes Dekret tritt am zehnten Tag nach seiner Veröffentlichung im estnischen Amtsblatt in Kraft, sofern im Dekret selbst nichts anderes bestimmt ist.

Sobald das Parlament wieder zusammentritt, legt der Staatspräsident die Dekrete dem Parlament vor, das sie entweder in einem Gesetz bestätigt oder außer Kraft setzt. Das Grundgesetz, die Gesetze mit Verfassungsrang gemäß § 104 des Grundgesetzes sowie die Steuer- und Haushaltsgesetze darf der Staatspräsident nach § 110 des Grundgesetzes nicht durch Dekrete in Kraft setzen, ändern oder aufheben.

Verordnung — Gemäß den §§ 87 und 94 des Grundgesetzes sind die Regierung der Republik und die Minister befugt, auf der Grundlage und zum Vollzug von Gesetzen Verordnungen zu erlassen. Zur Regelung kommunaler Angelegenheiten oder in den gesetzlich vorgesehenen Fällen dürfen auch Gemeinderäte Verordnungen erlassen. Verordnungen dürfen darüber hinaus vom Präsidenten der estnischen Bank (Eesti Pank), vom Staatskontrolleur und von den Räten staatlicher Universitäten erlassen werden. Verordnungen dürfen nur auf der Grundlage einer per Gesetz erteilten begrenzten Ermächtigung erlassen werden.

Die Regierung und die Minister können Verordnungen auf der Grundlage und zum Vollzug von Gesetzen erlassen. Verordnungen treten am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im estnischen Amtsblatt in Kraft, sofern in den Verordnungen nichts anderes bestimmt ist.

Rechtsakte zur Regelung von Einzelfällen

Verfügung — Eine Verfügung ist ein Verwaltungsakt, durch den die öffentliche Verwaltung bestimmte Rechtsfragen entscheidet und gestaltet. Gemäß § 87 Absatz 6 des Grundgesetzes erlässt die Regierung der Republik Verfügungen auf der Grundlage und zum Vollzug von Gesetzen. Auch der Premierminister, die Bezirks-Gouverneure und die Kommunen können Verfügungen erlassen.

Entscheidung/Beschluss — Es handelt sich um einen Verwaltungsakt, der auf der Grundlage einer Eingabe oder einer Beschwerde erlassen oder durch den eine Sanktion verhängt wird. Ferner erlassen das Parlament, die Gemeinderäte, der Nationale Wahlausschuss und die Gerichte Entscheidungen beziehungsweise Beschlüsse.

Anordnung — Gemäß § 94 des Grundgesetzes erlassen Minister Anordnungen auf der Grundlage und zum Vollzug von Gesetzen. Eine Anordnung legt einen allgemeinen, verpflichtenden Verhaltenskodex fest, der sich auf den Dienst in einem Ministerium bezieht oder die Struktur und Organisation einer der Zuständigkeit eines Ministeriums unterstehenden Behörde regelt.

Normenhierarchie

Die Normenhierarchie der Rechtsakte sieht folgendermaßen aus: An erster Stelle steht das Grundgesetz, gefolgt vom Recht der Europäischen Union, völkerrechtlichen Verträgen, Gesetzen und Dekreten, Verordnungen der Regierung und Verordnungen der Minister. Neben den allgemein geltenden Rechtsakten gibt es Rechtsakte zur Regelung von Einzelfällen, die auf der Grundlage eines Gesetzes erlassen wurden und in der Hierarchie unterhalb von Gesetzen und Verordnungen angesiedelt sind. Jeder Rechtsakt muss mit den ranghöheren Rechtsakten im Einklang stehen.

Institutioneller Rahmen

Gesetzgebungsorgane

Für das institutionelle Gefüge Estlands gilt der Grundsatz der Gewaltenteilung und des Gleichgewichts der Gewalten (§ 4 des Grundgesetzes).

Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Parlament. Gemäß § 103 des Grundgesetzes können Gesetzesvorlagen von Mitgliedern des Parlaments, Fraktionen und Ausschüssen des Parlaments, von der Regierung sowie vom Staatspräsidenten eingebracht werden. Der Staatspräsident kann jedoch nur Grundgesetzänderungen vorschlagen. Das Parlament debattiert über die Gesetzesvorlagen und kann sie dann entweder annehmen oder ablehnen.

Auf der Grundlage eines mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder angenommenen Beschlusses kann das Parlament der Regierung einen Gesetzesentwurf vorlegen, den es auf den Weg bringen möchte.

Das Parlament hat das Recht, einen Gesetzesentwurf oder eine andere Frage von nationaler Tragweite einer Volksabstimmung zu unterwerfen. Ein Volksentscheid ergeht mit der Mehrheit der Stimmen derjenigen, die an der Abstimmung teilgenommen haben. In einer Volksabstimmung angenommene Gesetze werden vom Staatspräsidenten unverzüglich verkündet. Volksentscheide sind für alle Staatsorgane bindend. Erlangt der einer Volksabstimmung unterworfene Gesetzesentwurf nicht die Zustimmung der Mehrheit, beraumt der Staatspräsident Neuwahlen an. Nicht einer Volksabstimmung unterworfen werden dürfen Fragen zu den Bereichen Haushalt, Steuern, finanzielle Verpflichtungen des Staates, Ratifizierung oder Kündigung völkerrechtlicher Verträge, Verhängung oder Aufhebung des Ausnahmezustandes sowie Landesverteidigung.

Die Exekutivgewalt wird von der Regierung ausgeübt. Die meisten Gesetzesvorlagen stammen von der Regierung und werden in den Ministerien ausgearbeitet, wo sie eine interministerielle Konsultation durchlaufen müssen, bevor sie der Regierung vorgelegt werden.

Der Justizkanzler und der Präsident des Rechnungshofs nehmen an den Regierungssitzungen teil. Sie haben dort ein Rederecht. Ihre Vorschläge sind für die Regierung nicht verbindlich, aber ihre Empfehlungen und Vorschläge werden häufig berücksichtigt. Wenn der Justizkanzler und der Präsident des Rechnungshofs es für erforderlich halten, können sie ihre Vorschläge direkt dem zuständigen Parlamentsausschuss unterbreiten, der mit der jeweiligen Gesetzesvorlage befasst ist. Gemäß § 139 des Grundgesetzes prüft der Justizkanzler die ihm zugeleiteten Vorschläge zu Gesetzesänderungen und neuen Gesetzesvorlagen sowie die Arbeit der Staatsorgane und erstattet gegebenenfalls dem Parlament Bericht. Ist der Justizkanzler der Meinung, dass ein rechtschöpfender Akt der gesetzgebenden oder vollziehenden Staatsgewalt oder einer Gemeinde verfassungs- oder gesetzeswidrig ist, macht er demjenigen Staatsorgan, das den Akt angenommen hat, den Vorschlag, diesen innerhalb von 20 Tagen mit dem Grundgesetz oder mit dem betreffenden Gesetz in Einklang zu bringen. Ist der Akt nicht innerhalb von 20 Tagen verfassungs- oder gesetzeskonform, macht der Justizkanzler dem Staatsgerichtshof den Vorschlag, den Akt gemäß § 142 des Grundgesetzes für ungültig zu erklären.

Der Staatspräsident verkündet die vom Parlament beschlossenen Gesetze, kann die Verkündung aber auch ablehnen. In diesem Fall verweist der Staatspräsident das Gesetz zusammen mit seiner Begründung zurück an das Parlament zur erneuten Aussprache und Entscheidung.

Das Justizministerium veröffentlicht die Gesetze nach ihrer Verkündung durch den Staatspräsidenten im estnischen Amtsblatt.

Gesetzgebungsverfahren

Das Gesetzgebungsverfahren im estnischen Parlament läuft wie folgt ab:

  • Einbringung einer Gesetzesvorlage
  • Aussprache über die Gesetzesvorlage
  • Annahme der Gesetzesvorlage.

Einbringung

Gemäß § 103 des Grundgesetzes liegt die Gesetzesinitiative bei der Regierung der Republik, den Mitgliedern des Parlaments, den Fraktionen und Ausschüssen des Parlaments sowie beim Staatspräsidenten. Der Staatspräsident kann allerdings nur Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes einbringen. Gesetzesvorlagen müssen bestimmte rechtliche und formale Anforderungen erfüllen, die vom Präsidium des Parlaments beziehungsweise von der Regierung festgelegt wurden. Das Präsidium des Parlaments leitet die Gesetzesvorlage an den fachlich zuständigen parlamentarischen Ausschuss weiter.

Aussprache über die Gesetzesvorlagen

Die Gesetzesvorlagen werden von einem ständigen parlamentarischen Ausschuss (Rechtsausschuss, Verfassungsausschuss, Wirtschaftsausschuss usw.) für die Plenartagung des Parlaments vorbereitet. Die Gesetzesvorlage wird auf Vorschlag des zuständigen Ausschusses auf die Tagesordnung der Plenartagung des Parlaments gesetzt.

Die Geschäfts- und Verfahrensordnung des Parlaments schreibt vor, dass die erste Lesung eines zugelassenen Gesetzesentwurfs innerhalb von sieben Sitzungswochen erfolgen muss. Gesetzesvorlagen werden in den Plenarsitzungen des Parlaments in drei Lesungen debattiert. In der ersten Lesung erfolgt eine Aussprache über die Grundideen der Gesetzesvorlage. Wenn nicht der zuständige Ausschuss oder eine der Fraktionen während der Aussprache beantragt, den Gesetzesentwurf abzulehnen, endet die erste Lesung ohne Abstimmung. Nach der ersten Lesung haben die Mitglieder des Parlaments und die Parlamentsausschüsse und Fraktionen 10 Tage lang Zeit, um Änderungsanträge zu stellen. Auf Vorschlag des zuständigen Ausschusses kann der Parlamentspräsident diese Frist verlängern.

Der Ausschuss lädt zu den Beratungen über den Entwurf alle Personen ein, die an der Vorbereitung des Entwurfs beteiligt waren und die an den Beratungen teilnehmen wollen.

Der zuständige Ausschuss prüft alle Änderungsanträge und entscheidet, ob sie bei der Abfassung des neuen Entwurfstextes berücksichtigt werden. Für die zweite Lesung verfasst er einen neuen Entwurf, in dem alle angenommenen Änderungen sowie die Änderungen des Ausschusses berücksichtigt sind. Dazu verfasst er außerdem ein erläuterndes Memorandum mit den Gründen für die Annahme oder Ablehnung der vorgeschlagenen Änderungen und mit den Stellungnahmen der Personen, die die Gesetzesvorlage eingebracht haben, sowie von Sachverständigen und sonstigen beteiligten Personen.

Die Gesetzesvorlage wird auf Vorschlag des zuständigen Ausschusses für die zweite Lesung auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt. Auf Antrag des Präsidiums des Parlaments, des zuständigen Ausschusses oder der Person, die die Gesetzesvorlage eingebracht hat, setzt das Parlament die zweite Lesung des Gesetzesentwurfs ohne Abstimmung aus. Wenn eine Fraktion die Aussetzung der Lesung beantragt, wird darüber abgestimmt. Auch im Falle einer Aussetzung der zweiten Lesung können noch Änderungsanträge unterbreitet werden. Wird die zweite Lesung nicht ausgesetzt, gilt sie als beendet und es folgt die dritte Lesung.

Über den Entwurf eines Parlamentsbeschlusses kann nach der zweiten Lesung abgestimmt werden.

Sobald die zweite Lesung beendet ist, verfasst der zuständige Ausschuss den endgültigen Text der Gesetzesvorlage und nimmt dabei sprachliche und inhaltliche Verbesserungen vor. Der Ausschuss kann für die dritte Lesung ein erläuterndes Memorandum verfassen und dabei einen Überblick über die Änderungen geben, die nach Beendigung der zweiten Lesung vorgenommen wurden. In der dritten Lesung der Gesetzesvorlage haben Vertreter der Fraktionen die Möglichkeit, Erklärungen abzugeben, bevor die abschließende Abstimmung über die Gesetzesvorlage stattfindet.

Annahme

Gesetze und Beschlüsse des Parlaments werden in offener Abstimmung angenommen. Die abschließende Abstimmung erfolgt in dritter Lesung. Das für die Annahme einer Gesetzesvorlage erforderliche Quorum ergibt sich aus den §§ 73 und 104 des Grundgesetzes. Danach gilt Folgendes:

  • Gesetze mit Verfassungsrang benötigen eine absolute Mehrheit der Stimmen (d. h. mehr als die Hälfte der 101 Parlamentsmitglieder müssen dafür stimmen, damit sie angenommen werden).
  • Einfache Gesetze benötigen eine einfache Mehrheit (d. h. es müssen mehr Mitglieder des Parlaments für die Annahme des Gesetzes stimmen als dagegen).

Folgende Gesetze können nur mit der absoluten Mehrheit der Parlamentsmitglieder angenommen oder geändert werden:

  • Staatsangehörigkeitsgesetz
  • Gesetz über die Wahl des Riigikogu
  • Gesetz über die Wahl des Staatspräsidenten
  • Kommunalwahlgesetz
  • Volksabstimmungsgesetz
  • Gesetz über die parlamentarische Verfahrensordnung und Gesetz über die Geschäftsordnung des Parlaments
  • Gesetz über die Bezüge des Staatspräsidenten und Diätengesetz
  • Gesetz über die Regierungsorganisation
  • Gesetz über die gerichtliche Verantwortlichkeit des Präsidenten und der Mitglieder der Regierung der Republik
  • Gesetz über die Kulturautonomie der nationalen Minderheiten
  • Haushaltsgesetz
  • das Gesetz über die estnische Zentralbank (Eesti Pank)
  • das Gesetz über den nationalen Rechnungshof
  • Gerichtsverfassungsgesetz und Gerichtsverfahrensgesetz
  • Gesetze über die Kreditaufnahme im In- und Ausland und über Staatsanleihen
  • Notstandsgesetz
  • Gesetz über die Landesverteidigung in Friedenszeiten und das Gesetz über die Landesverteidigung in Kriegszeiten

Spätestens am fünften Arbeitstag nach der Annahme muss das Gesetz oder der Parlamentsbeschluss vom Parlamentspräsidenten oder in seiner Abwesenheit vom Vizepräsidenten, der die Sitzung geleitet hat, unterzeichnet werden.

Verkündung

Nachdem ein Gesetz verabschiedet und unterzeichnet wurde, wird es dem Staatspräsidenten zur Verkündung zugeleitet. Der Staatspräsident kann ein vom Parlament angenommenes Gesetz unverkündet lassen und innerhalb von vierzehn Tagen ab Zugang mit einer begründeten Entscheidung an das Parlament zur erneuten Aussprache und Entscheidung zurückverweisen. Nimmt das Parlament ein vom Staatspräsidenten zurückverwiesenes Gesetz in unveränderter Fassung erneut an, verkündet der Staatspräsident das Gesetz oder ruft den Staatsgerichtshof an, um das Gesetz für grundgesetzwidrig erklären zu lassen. Erklärt der Staatsgerichtshof das Gesetz für grundgesetzkonform, muss es der Staatspräsident verkünden.

Ein Gesetz tritt am zehnten Tag nach seiner Veröffentlichung im estnischen Amtsblatt in Kraft, sofern im Gesetz selbst nichts anderes bestimmt ist.

Veröffentlichung der Rechtsakte

Im Riigi Teataja, dem estnischen Amtsblatt, werden die wichtigsten Rechtsakte und internationalen Abkommen veröffentlicht. Gesetze und Verordnungen erlangen erst nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt Rechtskraft.

Riigi Teataja ist Estlands amtliche Online-Veröffentlichung und Zentraldatenbank für Rechtsakte. Seit dem 1. Juni 2010 wird das Amtsblatt nicht mehr gedruckt, sondern steht nur noch als amtliche Online-Veröffentlichung zur Verfügung.

Seit dem 1. Januar 2011 wird das Amtsblatt vom Justizministerium veröffentlicht.

Kurze Inhaltsbeschreibung

Im Amtsblatt werden Gesetze, Verordnungen, völkerrechtliche Verträge, Parlamentsbeschlüsse und Verfügungen der Regierung veröffentlicht. Auch andere wichtige Informationen (z. B. Übersetzungen von Rechtsakten und Hinweise zum Verfahrensstand der Entwürfe) können dort erscheinen.

Die meisten seit 1990 angenommenen Rechtsakte stehen auf der Website des Amtsblatts zur Verfügung.

Seit dem 1. Juni 2002 werden amtliche konsolidierte Fassungen von Gesetzen, Dekreten des Staatspräsidenten, Verordnungen und Verfügungen der Regierung, Ministerialverordnungen sowie Verordnungen des Präsidenten der Eesti Pank und des Nationalen Wahlausschusses im Amtsblatt veröffentlicht. Konsolidierte Fassungen von Parlamentsbeschlüssen werden seit dem 1. Juni 2010 und von Kommunalverordnungen seit Ende 2011 veröffentlicht.

Werden an einem Rechtsakt Änderungen vorgenommen, wird eine neue, konsolidierte Fassung erstellt und zusammen mit dem Änderungsrechtsakt und dem Datum seines Inkrafttretens veröffentlicht. Die konsolidierten Fassungen haben Rechtskraft. Sie können beim Vollzug des Rechtsakts als Rechtsgrundlage herangezogen werden.

Alle veröffentlichten Rechtsakte erhalten zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung einen digitalen Stempel. Jeder kann diesen digitalen Stempel überprüfen, um sich zu vergewissern, dass der Rechtsakt seit seiner Veröffentlichung nicht geändert wurde. Alle veröffentlichten Rechtsakte tragen zudem einen Zeitstempel, der jede unerlaubte Bearbeitung sichtbar macht.

Es ist möglich, die konsolidierten Fassungen einzusehen, die an einem bestimmten Datum in Kraft sind/waren. Auch künftige Versionen dieser Rechtsakte sind, soweit bereits bekannt, einsehbar. Jede Fassung eines konsolidierten Textes ist mit den vorangegangenen und folgenden Fassungen verknüpft. Damit kann man eine „Zeitreise“ von einer konsolidierten Fassung zur nächstfolgenden Fassung und zurück machen. Sie können verschiedene konsolidierte Fassungen desselben Rechtsakts miteinander vergleichen, um zu sehen, welche Änderungen vorgenommen wurden.

Die Links in der konsolidierten Fassung ermöglichen es Ihnen, die Verordnungen zu sehen, die aufgrund des Gesetzes erlassen wurden. Sie können auch umgekehrt von den Verordnungen zu den Bestimmungen des Gesetzes gehen, die Grundlage für die Verordnungen war.

Das Amtsblatt bietet neben den Rechtsakten auch Informationen zum Verfahren, wie beispielsweise erläuternde Memoranden (Links zur Datenbank über Parlamentsdebatten und -verfahren). Daneben gibt es Links zur Gesetzgebung der Europäischen Union sowie zu Übersetzungen und sonstigen Zusatzinformationen, die zum Verständnis des Rechtsakts notwendig sind.

Auf der Website des Amtsblatts können Sie nach der Rechtsprechung von Landgerichten, Bezirksgerichten und des Staatsgerichtshofs suchen. Auch Informationen zu Zeitpunkt und Ort von Gerichtsverhandlungen stehen zur Verfügung.

Außerdem werden Zusammenfassungen und Übersichten der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs sowie von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) veröffentlicht. Die Zusammenfassungen sind systematisch geordnet: diejenigen des Staatsgerichtshofs können nach Stichworten oder Verweisen auf Rechtsakte durchsucht werden. EGMR-Urteile sind nach EMRK-Artikeln durchsuchbar.

Darüber hinaus werden auf der Website des Amtsblatts verschiedene Pressemeldungen zu Gesetzen und zur Gesetzgebung im Allgemeinen veröffentlicht.

Am 30. Oktober 2013 ging die Website des Riigi Teataja in englischer Sprache ans Netz. Hier finden sich aktuelle englische Übersetzungen der konsolidierten Fassung von Rechtsakten. Mit Ausnahme von Ratifizierungsgesetzen sind englische Übersetzungen der konsolidierten Fassungen aller Rechtsakte seit Ende 2014 verfügbar. Mit der Übersetzung ins Englische, die 2011 unter Federführung des Justizministeriums begann, wurden beeidigte Übersetzer betraut. Die Übersetzungen werden aktualisiert, obwohl sie keine Rechtskraft haben. Jeder kann sich bei dem Dienst My RT registrieren und sich die neueste Übersetzung per E-Mail zuschicken lassen.

Des Weiteren gibt es eine Suchfunktion für Entwürfe von Rechtsakten, mit der man nach den einzelnen Verfahrensstufen suchen kann, die angenommene Rechtsakte durchlaufen haben oder in denen sich die Vorlagen momentan befinden. Von hier aus haben Sie Zugriff auf alle Informationen zum Gesetzgebungsverfahren und alle einschlägigen Unterlagen.  Wenn Sie sich beim Dienst Minu RT (in estnischer Sprache) registrieren, können Sie sich per E-Mail benachrichtigen lassen, wenn ein Entwurf die nächste Phase des Gesetzgebungsverfahrens erreicht.

Jeder kann mithilfe des Dienstes Minu RT sein eigenes Nutzerportal erstellen und Rechtsakte zu seiner Sammlung von Links hinzufügen. Es ist auch möglich, sich per E-Mail über neue Rechtsakte informieren zu lassen oder sonstige neue Informationen zu erhalten.

Ist der Zugang zur Gesetzgebungsdatenbank in Estland kostenlos?

Der Zugang zum elektronischen Amtsblatt Riigi Teataja und zu allen Rechtsinformationsdiensten ist für die Nutzer kostenlos.

In den Kommunen und öffentlichen Bibliotheken (ungefähr 600) können alle Interessenten das elektronische Amtsblatt kostenlos konsultieren. Bei der Suche nach den entsprechenden Rechtsakten können Sie um Hilfe bitten. Sie dürfen bis zu 20 Seiten kostenlos ausdrucken.

Entstehungsgeschichte der estnischen Gesetzgebungsdatenbank

Der Riigi Teataja ist das Amtsblatt der Republik Estland; er besteht seit dem 27. November 1918. Die Veröffentlichung des Amtsblatts war von 1940 bis 1990 unterbrochen.

Seit 1996 gibt es das Amtsblatt online. Seit dem 1. Juni 2002 hat die Online-Version amtlichen Status.

Seit dem 1. Juni 2010 wird das Amtsblatt nicht mehr gedruckt, sondern steht nur noch als amtliche Online-Veröffentlichung zur Verfügung.

Im November 2010 wurde ein neues, nutzerfreundlicheres IT-System mit weiteren Rechtsinformationen eingeführt. Das IT-System wurde unter der Federführung einer Regierungsstelle entwickelt und aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung bezuschusst.

Zusammenfassungen von Entscheidungen des Staatsgerichtshofs und Urteilen des EGMR, verschiedene Pressemitteilungen zum Recht allgemein sowie Informationen zur Rechtsprechung und zu Gerichtsverhandlungen können seit dem 20. Januar 2012 auf der Website des Riigi Teataja abgerufen werden.

Die Suchfunktion für Entwürfe von Rechtsakten wurde Ende 2012 eingeführt.

Seit 2013 werden im Riigi Teataja aktuelle konsolidierte Fassungen aller Verordnungen kommunaler Behörden veröffentlicht.

Seit dem 24. September 2013 sind alle Rechtsakte, die im Riigi Teataja veröffentlicht werden, mit einem digitalen Stempel der Ausfertigungsstelle und einem Zeitstempel versehen.

Die Website des Riigi Teataja in englischer Sprache ging am 30. Oktober 2013 ans Netz.

Im Zuge des Aufbaus des neuen elektronischen IT-Systems für den Riigi Teataja soll eine Schnittstelle zur europäischen Datenbank N-Lex geschaffen werden.

Letzte Aktualisierung: 14/09/2021

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