Vollstreckung einer Gerichtsentscheidung

Irland
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Was bedeutet „Vollstreckung“ in Zivil- und Handelssachen?

Die Vollstreckung ist in Irland nicht genau festgelegt. In der Praxis ist darunter die Durchsetzung einer gerichtlichen Entscheidung oder Anordnung zu verstehen. In der Regel muss die Vollstreckung vorab vom Gericht genehmigt werden.

Nachfolgend sind die üblichen Maßnahmen zur Vollstreckung handels- und zivilrechtlicher Entscheidungen in Irland aufgeführt.

Pfändung

Hierbei werden Vermögensgegenstände des Schuldners gepfändet. Das Gericht erlässt auf Antrag des Gläubigers eine Anordnung, mit der der Gerichtsvollzieher (der „County Registrar“ bzw. in Dublin und Cork der „Sheriff“) angewiesen wird, Vermögen des Schuldners im Wert des gerichtlich festgestellten Anspruchs (einschließlich anfallender Gerichtskosten) zu pfänden. Die gepfändeten Vermögensgegenstände können dann verkauft werden, um die Schulden zu begleichen.

Eintragung

Gerichtliche Entscheidungen können durch Eintragung in das Urteilsregister beim High Court bekannt gemacht werden. Das Register enthält jede von einem District Court (Bezirksgericht), Circuit Court (Landgericht) oder High Court (Oberstes Zivil- und Strafgericht) erlassene Entscheidung, deren Eintragung der Gläubiger beantragt hat. Name und Anschrift des Schuldners und Angaben zu der Entscheidung werden in verschiedenen Zeitungen und Handelsblättern wie der „Stubbs Gazette“ veröffentlicht. Da diese Angaben auch von Kreditinstituten erfasst werden, können nicht beglichene Forderungen dazu führen, dass Kreditanträge des Schuldners abgelehnt werden.

Eidesstattliche Versicherung zur Erwirkung einer Zwangshypothek

Nach einer eidesstattlichen Versicherung des Vollstreckungsgläubigers und Bestätigung der Entscheidung des zuständigen Gerichts kann eine Zwangshypothek auf das Grundeigentum des Schuldners eingetragen werden. Die Erlöse aus dem Verkauf der Vermögenswerte sind unter Berücksichtigung des eventuellen Vorrangs anderer Hypotheken zur Begleichung der Forderung zu verwenden, bevor der Schuldner darüber verfügen kann. Als nächster Schritt kann bei Gericht die Zahlung des fälligen Betrags („Well Charging Order“) und anschließend die Vollstreckung der Zwangshypothek („Order for Sale“) beantragt werden.

Zahlung von Teilbeträgen / Zwangshaft

Beim District Court kann nach Maßgabe der Gesetze über die Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen von 1926 bis 2009 (Enforcement of Court Orders Acts 1926 to 2009) ein Antrag auf Zahlung von Teilbeträgen gestellt werden. Ein Richter entscheidet unter Berücksichtigung der Vermögenslage des Schuldners über die Höhe der zu entrichtenden Teilbeträge. Zwangshaft kann nur gegen natürliche Personen und nicht gegen juristische Personen wie Unternehmen verhängt werden. Wird der Anordnung auf Zahlung von Teilbeträgen nicht nachgekommen, kann Zwangshaft beantragt werden. Damit kann ein Schuldner, der die Zahlung verweigert, obwohl er dazu in der Lage wäre, in Haft genommen werden.

Lohn- und Gehaltspfändung

Der Vollstreckungsgläubiger kann eine Lohn- oder Gehaltspfändung des Schuldners erwirken. Der geschuldete Betrag wird dann vom Arbeitsentgelt des Schuldners abgezogen und vom Arbeitgeber des Schuldners direkt an den Gläubiger überwiesen.

Forderungspfändung

Ist dem Vollstreckungsgläubiger bekannt, dass ein Dritter Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Schuldner hat, kann er bei Gericht beantragen, dass der Dritte einen bestimmten Betrag direkt an den Gläubiger zahlt. Es liegt im Ermessen des Gerichts, ob es dem Antrag stattgibt.

Zwangsverwalter mit Veräußerungsbefugnis

Das Gericht bestellt einen Zwangsverwalter beispielsweise für die Erlöse aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen des Schuldners, um die Forderung zu begleichen. Es liegt im Ermessen des Gerichts, ob es einen Zwangsverwalter bestellt.

Wichtig ist anzumerken, dass die Vollstreckung eines Urteils vom Vollstreckungsgläubiger und seinen Rechtsanwälten betrieben wird. Der Courts Service (Gerichtsdienst) hat keine Empfehlungen für eine konkrete Vorgehensweise parat. Da hier nur die üblichen Verfahren genannt wurden, ist die Auflistung nicht vollständig.

2 Welche Behörde oder Behörden sind für die Vollstreckung zuständig?

Für die Vollstreckung einer im Inland ergangenen Entscheidung muss möglicherweise die Genehmigung des Gerichts eingeholt werden, das die Entscheidung erlassen hat (siehe oben). In manchen Fällen, beispielsweise bei einer Pfändung und der Eintragung einer Entscheidung, ist ein Antrag an das Gericht jedoch nicht erforderlich. Der Vollstreckungstitel kann bei der zuständigen Geschäftsstelle des Gerichts beantragt werden.

Bei Urteilen aus anderen EU-Mitgliedstaaten ist der High Court zuständig. Wenn es um Entscheidungen in Bezug auf regelmäßige Unterhaltszahlungen geht, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt sind, ist der District Court zuständig.

3 Unter welchen Voraussetzungen kann ein Titel vollstreckt werden?

3.1 Zum Verfahren

Sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Entscheidungen sind vollstreckbar. Hierunter fallen sowohl gerichtliche Anordnungen als auch Entscheidungen in summarischen Verfahren, die ein Gerichtsvollzieher (Registrar) beim High Court oder beim Circuit Court eingebracht hat.

Häufig muss bei dem Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, die Genehmigung zur Vollstreckung eingeholt werden. In manchen Fällen, beispielsweise bei einer Pfändung und der Eintragung einer Entscheidung, ist ein Antrag an das Gericht jedoch nicht erforderlich. Die Genehmigung kann auch die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts erteilen.

Bei ausländischen Urteilen, die nach Maßgabe von EU-Verordnungen zu vollstrecken sind, ist der High Court (bzw. im Falle von Entscheidungen in Bezug auf regelmäßige Unterhaltszahlungen, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt sind, der District Court) zuständig. Für die Aufgaben aus der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, die auf Prozessvergleiche anzuwenden ist, die am 10. Januar 2015 oder danach geschlossen wurden) ist der Master of the High Court (Rechtspfleger) zuständig. Die Erklärung der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung in Irland und die anschließende Vollstreckungsanordnung können in offener Verhandlung beantragt werden.

Eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 wird wie ein Urteil des High Court anerkannt; sie hat die gleiche Wirkung und wird entsprechend vollstreckt. Zuständig im Fall regelmäßiger Unterhaltszahlungen, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt sind, ist der District Court. Die hierfür geltenden irischen Rechtsvorschriften finden sich in der Gesetzessammlung S.I. 274 von 2011.

Im Fall einer über eine unbestrittene Forderung ergangenen Entscheidung, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat vollstreckt werden soll, ist das Ursprungsgericht für Anträge auf Vollstreckung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel zuständig.

In der Regel beantragt ein Rechtsanwalt einen Vollstreckungstitel beim Gericht (oder bei der Geschäftsstelle); der Gläubiger ist jedoch nicht verpflichtet, sich vertreten zu lassen. Anträge beim Gericht müssen von einem vor Ort ansässigen Rechtsanwalt gestellt und dürfen nicht per Post geschickt werden. Bestimmte an die Geschäftsstelle gerichtete Anträge, z. B. auf Pfändung, Eintragung und Bestätigung einer Entscheidung zur Erwirkung einer Zwangshypothek können auch per Post geschickt werden. Auskünfte über die übliche Praxis und das Verfahren erteilt die für Entscheidungen zuständige Abteilung des High Court unter der E-Mail-Adresse: HighCourtCentralOffice@Courts.ie.

Die vom Courts Service (Gerichtsdienst) erhobenen Gebühren sind sehr gering. Sie sind der Gebührenordnung (Fees Orders) auf der Website des Courts Service zu entnehmen. Die Anwaltskosten vereinbart der Gläubiger mit seinen Rechtsanwälten. Das Gericht kann die gesamten oder einen Teil der Kosten eines Vollstreckungsverfahrens zuerkennen.

3.2 Welches sind die wesentlichen Voraussetzungen für den Erlass von Vollstreckungsmaßnahmen?

Nach Abschnitt 15 des Gesetzes über die Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen von 1926 (Enforcement of Court Orders Act 1926 (ersetzt durch Abschnitt 1 des Courts (No. 2) Act 1986)) kann der Gläubiger, wenn eine Forderung aufgrund einer gerichtlichen Anordnung oder Entscheidung fällig wird, beim District Court die Ladung des Schuldners beantragen, um dessen Vermögensverhältnisse von einem Richter am District Court überprüfen zu lassen. Eine Vollstreckungsanordnung ist innerhalb von sechs Jahren ab dem Datum der Entscheidung zu beantragen. Der Gläubiger muss seine ursprüngliche Forderung nachweisen, und der Schuldner muss eine Vermögensauskunft ausfüllen. Nach Abschnitt 16 des Gesetzes von 1926, geändert durch Abschnitt 9 des Gesetzes von 1986, kann Beweismaterial vorgelegt werden, und der Schuldner oder der Gläubiger kann einem Kreuzverhör unterzogen werden. Eine Vollstreckungsanordnung behält bis zu zwölf Jahre ab dem Datum der entsprechenden Entscheidung ihre Gültigkeit.

4 Vollstreckungsmaßnahmen

4.1 Welche Vermögensobjekte des Schuldners unterliegen der Zwangsvollstreckung?

Alle Arten von Vermögensgegenständen mit Ausnahme von verderblichen Waren und Kommissionsware können gepfändet werden.

4.2 Welche Wirkungen haben Zwangsvollstreckungsmaßnahmen?

Wegen Nichteinhaltung einer gerichtlichen Anordnung können Sanktionen gegen die betreffende Partei verhängt werden. Das Gericht kann eine Geld- oder Haftstrafe verhängen. Da eine Wiedergutmachung der Missachtung des Gerichts erreicht werden soll, ist die Dauer der Haftstrafe zeitlich nicht begrenzt. Das gilt auch für Dritte, die gegen eine gerichtliche Anordnung verstoßen.

Es sei darauf hingewiesen, dass nach Abschnitt 20 des Gesetzes über die Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen von 1926 (Enforcement of Court Orders Act 1926) durch die Inhaftierung eines Schuldners, der einer Teilzahlungsanordnung nicht Folge leistet, weder die Schuld ganz oder teilweise beglichen oder getilgt, noch dem Gläubiger die Möglichkeit genommen wird, weitere Rechtsmittel zu ergreifen, um seine Forderungen geltend zu machen.

Banken und andere Finanzinstitute sind ebenso wie andere Parteien verpflichtet, gerichtliche Anordnungen zu befolgen. Soweit durch eine gerichtliche Anordnung keine besondere Regelung festgelegt wurde, sind hinsichtlich der bei dem Finanzinstitut gespeicherten personenbezogenen Daten die geltenden Rechtsvorschriften zu beachten (z. B. das Datenschutzgesetz (Data Protection Act 1988)).

4.3 Wie lange sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zulässig?

In manchen Anordnungen ist grundsätzlich angegeben, innerhalb welcher Frist die betreffende Partei die Anordnung zu befolgen hat, auch wenn dies nicht immer der Fall ist. Eine gerichtliche Entscheidung ist zwölf Jahre lang gültig, wenngleich manche Vollstreckungsmaßnahmen nach Maßgabe der Gerichtsordnung oder einer Rechtsvorschrift befristet sind. Beispielsweise ist eine Vollstreckungsanordnung des High Court ein Jahr lang gültig; danach muss ein neuer Vollstreckungsbescheid ausgestellt werden.

5 Gibt es ein Rechtsmittel gegen die Vollstreckungsbewilligung?

Rechtsmittel richten sich im Allgemeinen nicht gegen die vom Gericht bewilligte Vollstreckungsmaßnahme, sondern gegen die zugrunde liegende Entscheidung oder Anordnung. Die betroffene Partei kann sich an das Berufungsgericht wenden, um die Entscheidung oder Anordnung aufheben zu lassen. Für das Einlegen von Rechtsmitteln gelten unterschiedliche Fristen:

  • vom District Court zum Circuit Court: 14 Tage ab Datum der Entscheidung oder Anordnung;
  • vom Circuit Court zum High Court: 10 Tage ab Datum der Anordnung;
  • vom Master’s Court zum High Court: 6 Tage ab Datum des Wirksamwerdens der Anordnung oder bei einseitig ergangenen Anordnungen ab Mitteilung der Anordnung oder bei abgelehntem Antrag ab Datum der Ablehnung (bei Vollstreckung eines ausländischen Urteils gemäß Verordnung (EG) Nr. 44/2001 innerhalb eines Monats nach Zustellung der Anordnung);
  • vom High Court zum Court of Appeal: je nach Sachverhalt innerhalb von 10 Tagen bzw. 28 Tagen ab Datum des Wirksamwerdens der Anordnung;
  • vom High Court oder Court of Appeal zum Supreme Court: 28 Tage ab Datum des Wirksamwerdens der Anordnung.

6 Unterliegt die Vollstreckung Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf den Schuldnerschutz oder Fristen?

Ein Urteil ist ab dem Tag, an dem es vollstreckbar wurde, zwölf Jahre gültig. Nach Ablauf dieser Frist kann aus dem Urteil nicht mehr vollstreckt werden. Manche Vollstreckungsmaßnahmen sind nach Maßgabe der Gerichtsordnung oder einer Rechtsvorschrift befristet. Beispielsweise ist eine Vollstreckungsanordnung des High Court ein Jahr lang gültig; danach muss ein neuer Vollstreckungsbescheid ausgestellt werden. Eine Vollstreckungsanordnung des High Court bedarf der Zustimmung des Gerichts, wenn mehr als sechs Jahre seit der vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung vergangen sind.

 

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Letzte Aktualisierung: 13/02/2023

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