Scheidung und Getrenntleben

Griechenland
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Was sind die Voraussetzungen für eine Ehescheidung?

Zur Auflösung einer Ehe durch Scheidung bedarf es einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung (Artikel 1438 ff. Zivilgesetzbuch (Αστικός Κώδικας)).

Es wird zwischen zwei Arten von Scheidungsverfahren unterschieden:

  1. Bei einer einvernehmlichen Scheidung (συναινετικό διαζύγιο) sind sich die Ehegatten darin einig, die eheliche Beziehung aufzulösen; dies geschieht mittels einer von ihnen und ihren Anwälten bzw. nur ihren Anwälten, sofern diesen die Vertretungsvollmacht erteilt wurde, unterzeichneten Vereinbarung. Die Ehe muss mindestens sechs Monate bestanden haben. Sofern keine minderjährigen Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, wird die Ehe außergerichtlich aufgelöst, d. h., der Abschluss der obengenannten Vereinbarung ist ausreichend. Sind hingegen minderjährige Kinder vorhanden, bedarf es zwischen den Ehegatten einer weiteren schriftlichen Vereinbarung zur Regelung des Sorge- und Umgangsrechts. Sämtliche Vereinbarungen sind dem zuständigen Gericht erster Instanz (Μονομελές Πρωτοδικείο) vorzulegen, das entsprechend dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Vereinbarungen bestätigt und die Auflösung der Ehe erklärt.
  2. Bei einer gerichtlichen Scheidung (διαζύγιο κατ' αντιδικία) beantragt einer der Ehegatten bzw. beantragen beide Ehegatten separat unter Nennung der Gründe für die Zerrüttung der Ehe vor dem örtlich zuständigen Gericht erster Instanz die Auflösung der Ehe.

2 Welche Scheidungsgründe gibt es?

Bei einer gerichtlichen Scheidung gibt es folgende Scheidungsgründe (Artikel 1439 Zivilgesetzbuch):

  1. Die Ehe ist aus einem die Person des Beklagten oder auch beide Ehegatten betreffenden Grund so weit zerrüttet, dass die Annahme berechtigt ist, dass die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft für den Kläger unzumutbar wäre. Bei Bigamie, Ehebruch, häuslicher Gewalt, böswilligem Verlassen oder wenn der Beklagte dem Kläger nach dem Leben trachtet, wird vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist. Der Beklagte hat die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen.
    Leben die Ehegatten seit mindestens zwei Jahren dauerhaft voneinander getrennt, so wird eine Zerrüttung unwiderlegbar vermutet und darf die Scheidung verlangt werden, auch wenn der Grund für die Zerrüttung vom Kläger zu vertreten ist.
  2. Wird einer der Ehegatten für verschollen erklärt, kann der andere Ehegatte die Scheidung einreichen.

3 Was sind die rechtlichen Folgen einer Scheidung?

3.1 Folgen betreffend die persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten (z. B. im Hinblick auf die Namensführung)

Im Falle der Auflösung der Ehe durch Scheidung endet die Pflicht der Eheleute, zusammenzuleben und gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Ehegatten, die den Nachnamen ihres Ehegatten angenommen haben, nehmen üblicherweise wieder ihren eigenen Namen an, sofern sie den Namen ihres Ehegatten nicht weiter behalten möchten, da sie unter dem Namen ihres Ehegatten berufliches Ansehen oder künstlerischen Ruhm erworben haben. Ferner sind die Eheleute jedweder Pflicht enthoben, ihren gegenseitigen Verpflichtungen nachzukommen. Das Hemmnis der Bigamie besteht nicht mehr. Der Aufschub der Verjährung von Forderungen des einen Ehegatten gegenüber dem anderen endet nunmehr. Die Schwägerschaft, die durch die Ehe zwischen den Blutsverwandten des einen Ehegatten und den Blutsverwandten des anderen Ehegatten begründet worden ist, besteht auch nach Auflösung der Ehe fort.

3.2 Folgen betreffend die Aufteilung des Vermögens der Ehegatten

Im Falle einer Scheidung hat jeder Ehegatte Anspruch auf die ihm gehörenden bzw. ihm mutmaßlich gehörenden beweglichen Gegenstände, auch wenn diese von beiden oder nur von dem anderen Ehegatten benutzt worden sind, sofern der andere Ehegatte diese Vermutung nicht widerlegt. Dies gilt auch für Gegenstände, die als für den anderen Ehegatten notwendig angesehen werden können. Wenn der Ehegatte, in dessen Besitz sich der betreffende Gegenstand befindet, es ablehnt, ihn seinem Eigentümer zu übergeben, hat dieser das Recht auf dingliche, persönliche und auf Besitzklagen. Nach Auflösung der Ehe kann der Ehegatte, der Eigentümer der ehelichen Wohnung ist, gegen den Ehegatten, der diese nutzt, dingliche oder persönliche Klage erheben. Im Falle gemeinsamen Eigentums endet dieses nach der Ehe, und jeder der beiden Ehegatten erhält das, was ihm gemäß den Bestimmungen über die Auflösung der Gemeinschaft und die Gütertrennung zusteht. Bei Vermögenswerten, die ein Ehegatte während der Ehe erworben hat, steht dem anderen Ehegatten ein Anteil daran zu.

3.3 Folgen betreffend die minderjährigen Kinder der Ehegatten

Nach der Auflösung der Ehe durch Scheidung kann das Gericht die Ausübung der elterlichen Verantwortung wie folgt regeln:

a) Übertragung der elterlichen Verantwortung oder des Sorgerechts auf einen Elternteil;

b) Übertragung der elterlichen Verantwortung oder des Sorgerechts auf beide Elternteile gemeinsam;

c) Aufteilung der elterlichen Verantwortung zwischen den Elternteilen oder

d) Übertragung der elterlichen Verantwortung auf einen Dritten.

Was die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern betrifft, die nicht über Einkünfte aus einer Beschäftigung oder aus Vermögen verfügen bzw. deren Einkommen für ihren Unterhalt nicht ausreicht, so besteht diese Pflicht auch nach der Scheidung fort. Die Eltern legen die Unterhaltsmodalitäten selbst fest; bei Streitigkeiten entscheidet das Gericht.

3.4 Folgen betreffend die Unterhaltspflicht gegenüber dem anderen Ehegatten

Nach der Auflösung der Ehe durch Scheidung hat der Ehegatte, der nicht in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Einkünften oder aus eigenem Vermögen zu bestreiten, einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten,

  1. wenn von ihm aufgrund seines Alters oder Gesundheitszustands zum Zeitpunkt der Scheidung nicht verlangt werden kann, eine angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder weiter auszuüben, um dadurch seinen Unterhalt zu bestreiten;
  2. wenn er das Sorgerecht für ein minderjähriges Kind hat und dadurch an der Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert ist;
  3. wenn er keine feste, angemessene Erwerbstätigkeit findet oder er eine berufliche Ausbildung dafür benötigt; in beiden Fällen besteht der Anspruch auf Unterhalt nicht länger als drei Jahre nach Verkündung der Scheidung; oder
  4. wenn die Zusprechung von Unterhalt zum Zeitpunkt der Scheidung aus Gründen der Billigkeit erforderlich ist.

Der Unterhalt kann gleichwohl versagt oder eingeschränkt werden, wenn dies bei entsprechender Begründung geboten ist, insbesondere wenn die Ehe von kurzer Dauer war, der Berechtigte die Scheidung verschuldet oder er seine Bedürftigkeit vorsätzlich herbeigeführt hat. Der Anspruch auf Unterhalt erlischt allerdings, wenn der Unterhaltsberechtigte sich wiederverheiratet oder mit einem anderen Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebt. Der Anspruch auf Unterhalt erlischt nicht, wenn der zur Zahlung Verpflichtete stirbt. Er erlischt aber dann, wenn der Unterhaltsberechtigte stirbt, es sei denn, der Anspruch bezieht sich auf einen vorangegangenen Zeitraum oder zum Zeitpunkt des Todes stehen Raten aus.

4 Was bedeutet „Trennung ohne Auflösung des Ehebandes“ in praktischer Hinsicht?

5 Was sind die Bedingungen für eine „Trennung ohne Auflösung des Ehebandes“?

6 Was sind die rechtlichen Folgen einer „Trennung ohne Auflösung des Ehebandes“?

7 Was bedeutet der Begriff „Nichtigerklärung“ bzw. „Aufhebung der Ehe“ in der Praxis?

Die Ungültigerklärung der Ehe bedeutet, dass eine Ehe, die volle Rechtswirkung hatte, aufgrund eines Mangels durch gerichtliche Entscheidung für nichtig erklärt wird und keine Rechtswirkungen mehr entfaltet mit der einzigen Ausnahme, dass die Kinder, die in der für nichtig erklärten Ehe geboren wurden, weiterhin als ehelich geborene Kinder gelten. Die Regeln der Ungültigerklärung eines annullierbaren Rechtsakts gelten auch für die Ungültigerklärung einer annullierbaren oder ungültigen Ehe (Artikel 1372 ff. Zivilgesetzbuch).

8 Was sind die Bedingungen für die Nichtigerklärung/Aufhebung der Ehe?

Die Ungültigerklärung einer Ehe setzt voraus, dass sie entweder wegen des Fehlens einer positiven Voraussetzung für die Ehe oder wegen der Existenz eines unüberbrückbaren Hindernisses ungültig oder wegen einer Täuschung oder Bedrohung annullierbar ist.

Das Fehlen einer positiven Voraussetzung liegt vor, wenn die Erklärungen der zukünftigen Ehegatten nicht persönlich oder unter einer Bedingung bzw. auf Zeit gegeben werden, wenn die Ehegatten minderjährig sind und nicht die Genehmigung des Gerichts haben, wenn einer von ihnen unter gerichtlicher Vormundschaft steht und sein gerichtlich bestellter Vormund der Eheschließung nicht zustimmt und das Gericht keine Genehmigung erteilt und wenn einer von ihnen bei der Eheschließung die Vorgänge nicht bewusst wahrnimmt oder wegen einer Geisteskrankheit nicht in der Lage ist, klar zu denken. Ein unüberbrückbares Hindernis besteht im Falle einer uneingeschränkten direkten oder einer indirekten Blutsverwandtschaft bis zum vierten Grade, einer uneingeschränkten direkten Schwägerschaft sowie einer indirekten Schwägerschaft bis zum dritten Grade und ferner im Falle von Bigamie und Adoption.

Die Nichtigkeit der Ehe kann geheilt werden, wenn die Eheleute nach der Eheschließung vollständig und frei in die Ehe einwilligen, wenn den unberechtigten Minderjährigen im Nachhinein eine Genehmigung des Gerichts erteilt wird oder wenn der unberechtigte minderjährige Ehegatte bei Erreichung des 18. Lebensjahrs die Ehe anerkennt, wenn der geschäftsunfähige Ehegatte die Geschäftsfähigkeit wiedererlangt und die Ehe anerkennt oder wenn der Vormund oder das Gericht oder ein vormals geschäftsunfähiger Ehegatte, der die Geschäftsfähigkeit wiedererlangt, die Ehe akzeptiert und  wenn der getäuschte oder genötigte Ehegatte nach der Abstellung der Täuschung oder Bedrohung die Ehe anerkennt. Eine Ehe besteht nicht, wenn keine standesamtliche Eheschließung durch den Bürgermeister in Anwesenheit von Trauzeugen erfolgt ist bzw. keine kirchliche Trauung durch einen Priester der östlichen orthodoxen Kirche oder einen Geistlichen eines anderen Glaubens bzw. einer anderen in Griechenland bekannten Religion vollzogen worden ist. In diesem Fall ist die Ehe nicht wirksam, und jede Person, die daran ein rechtliches Interesse hat, kann die Rechtsunwirksamkeit durch eine Feststellungsklage bestätigen lassen.

9 Was sind die rechtlichen Folgen der Nichtigerklärung/Aufhebung der Ehe?

Im Prinzip werden die sich aus der Eheschließung ergebenden Rechtsfolgen rückwirkend aufgehoben. Dies gilt für alle persönlichen, familiären und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten. Somit führt die Ungültigerklärung der Ehe dazu, dass der Erbanspruch, den der eine Ehegatte auf das Vermögen des anderen hat, ex tunc erlischt. Dies ist allerdings nur bei der gesetzlichen Erbfolge der Fall. Zugleich werden damit alle Rechtsgeschäfte der Ehegatten mit Dritten aufgehoben, die sie in ihrer Eigenschaft als Ehegatten entweder auf der Grundlage der Bedürfnisse des ehelichen Zusammenlebens oder als Rechtsgeschäfte zur Verwaltung des Vermögens eines Ehegatten unter dem Vorbehalt des guten Glaubens der Dritten, die mit den Ehegatten in geschäftlicher Verbindung standen, geschlossen haben. Wenn beide Ehegatten oder einer von ihnen bei der Eheschließung nichts von der Ungültigkeit wussten, gilt die Ungültigerklärung für diesen oder beide Ehegatten nur für die Zukunft. Ein Ehegatte, der bei der Eheschließung keine Kenntnis von der Ungültigkeit hat, hat gegenüber dem anderen Ehegatten, dem die Ungültigkeit von Anfang an bekannt war, und, sofern dieser nach der Ungültigerklärung der Ehe gestorben ist, gegenüber dessen Erben Anspruch auf Unterhalt gemäß den Bestimmungen, die für die Scheidung gelten und sinngemäß angewendet werden. Das gleiche Recht hat auch der Ehegatte, der durch Drohungen oder auf illegale oder sittenwidrige Weise gezwungen wurde, die Ehe einzugehen, wenn die Ehe für ungültig erklärt wird oder mit dem Tod des anderen Ehegatten endet (Artikel 1383 Zivilgesetzbuch).

10 Gibt es alternative Möglichkeiten, um Probleme, die mit einer Scheidung verbunden sind, zu lösen, ohne vor Gericht zu gehen?

Nein.

11 Wo muss der Antrag auf Scheidung/Trennung ohne Auflösung des Ehebandes/Nichtigerklärung/Aufhebung der Ehe gestellt werden? Welche Formalitäten sind einzuhalten, und welche Dokumente müssen dem Antrag beigefügt werden?

Das Gericht erster Instanz unter dem Vorsitz eines Richters (Artikel 17 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (Κώδικας Πολιτικής Δικονομίας)) ist zuständig für die Auflösung der Ehe durch Scheidung wegen starker Zerrüttung, die in der Person eines oder beider Ehegatten begründet ist, und wegen Verschollenheit. Ferner ist es für die Nichtigerklärung einer ungültigen oder annullierbaren Ehe zuständig, für die Feststellung des Nichtbestehens einer rechtswirksamen Ehe und während der Ehe für aus der Ehe erwachsende Rechtsverhältnisse zwischen den Ehegatten. Das Verfahren entspricht dem für Ehestreitigkeiten, das durch Gesetz 4055/2012 geändert wurde.

Das vorgenannte Gericht ist ebenfalls zuständig für einvernehmliche Scheidungen, die allerdings im nichtstreitigen Verfahren verhandelt werden. Zuständig ist das Gericht des Ortes, an dem die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen Aufenthalt hatten (Artikel 39 der Zivilprozessordnung) oder an dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sofern einer von ihnen nach wie vor dort wohnt, oder an dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Artikel 22 der Zivilprozessordnung); im Falle eines gemeinsamen Scheidungsantrags ist der Ort maßgeblich, an dem einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder an dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern er diesen mindestens ein Jahr vor der Klage hatte bzw. mindestens sechs Monate, wenn er griechischer Staatsbürger ist oder beide Ehegatten die griechische Staatsbürgerschaft haben. Für Gegenanträge sind ebenfalls die obengenannten Gerichte zuständig. Darüber hinaus können Unterhaltsklagen mit Scheidungs- und Aufhebungsklagen sowie Klagen auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe zusammengefasst und vor dem örtlich zuständigen Gericht erster Instanz unter dem Vorsitz eines Richters gemäß dem Verfahren für Ehesachen sowie mit den für dieses Verfahren geltenden Einschränkungen verhandelt werden. Zudem können Klagen auf Übertragung der elterlichen Verantwortung und auf Regelung des Umgangs dem Scheidungsantrag beigefügt und vor dem Gericht erster Instanz unter dem Vorsitz eines Richters gemäß dem speziellen Verfahren laut Artikeln 681B ff. der Zivilprozessordnung verhandelt werden.

Der Antrag wird in der Geschäftsstelle des Gerichts eingereicht; der zuständige Justizangestellte legt daraufhin einen Verhandlungstermin fest, der auf den Ausfertigungen des Antrags vermerkt wird. Der vom Kläger bzw. Antragsteller bevollmächtigte Rechtsanwalt erteilt dem zuständigen Gerichtsvollzieher den Auftrag, die Abschrift mit dem Hinweis auf den Verhandlungstermin und der Ladung zur Verhandlung an dem vom Gericht festgesetzten Tag und Ort zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher stellt die Abschrift dem Antragsgegner zu. Wenn der Antragsgegner in Griechenland wohnt oder sich dort aufhält, wird ihm die Abschrift des Antrags sechzig (60) Tage vor dem Verhandlungstermin zugestellt, wohnt er oder hält er sich im Ausland auf oder ist sein Wohnsitz unbekannt, beträgt die Frist neunzig (90) Tage. Soll der Antrag einer Person mit bekanntem Wohnsitz im Ausland zugestellt werden, werden sinngemäß die Bestimmungen für die Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks angewendet, die in den EU-Bestimmungen und insbesondere in der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten festgelegt sind, oder es wird in den Ländern, in denen es gilt, nach dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 verfahren; andernfalls kommen die in bilateralen oder multilateralen Abkommen festgelegten Regeln zur Anwendung.

In Bezug auf die persönlichen und vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten, die Scheidung und die gerichtliche Trennung (Artikel 14, 15 und 16 Zivilgesetzbuch) wird der Reihenfolge nach folgendes materielle Recht angewendet:

  1. das geltende Recht des Staates, dem beide Ehegatten während ihrer Ehe zuletzt angehört haben, sofern einer der Ehegatten nach wie vor Angehöriger dieses Staates ist,
  2. das an dem Ort geltende Recht, an dem die Ehegatten während ihrer Ehe zuletzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, oder
  3. das Recht, mit dem die Ehegatten am stärksten verbunden sind.

Die Eltern-Kind-Beziehungen (Artikel 18 und 19 Zivilgesetzbuch) werden der Reihenfolge nach durch folgendes Recht geregelt:

a) durch das geltende Recht des Staates, dem beide Ehegatten zuletzt angehört haben,

b) durch das an dem Ort geltende Recht, an dem sie zuletzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, oder

c) durch das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit das Kind hat; wenn das Kind die griechische Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt, gilt griechisches Recht. Bei mehreren Staatsangehörigkeiten gelangt das Recht des Staates zur Anwendung, zu dem das Kind die engste Verbindung hat.

Das angewandte Prozessrecht ist gemäß der lex fori das griechische Prozessrecht, über dessen Bestimmungen jedoch gemäß Artikel 28 der Verfassung die Regelungen des Unionsrechts sowie anderer internationaler Übereinkommen stehen. Die Anwälte, die die Parteien vertreten, benötigen eine spezielle Vertretungsvollmacht oder müssen gemeinsam mit der von ihnen vertretenen Partei vor Gericht erscheinen. Die Heiratsurkunde, der Familienstandsnachweis und andere Beweisstücke müssen während der Beweisaufnahme vor Gericht beigebracht werden. Die Befragung der Zeugen und die Stellung von Anträgen erfolgen im Gerichtssaal. Bei einer einvernehmlichen Scheidung müssen die Parteien eine Erklärung über den Wunsch zur Auflösung ihrer Ehe abgeben; dies geschieht mittels einer von ihnen und/oder ihren bevollmächtigten Anwälten unterzeichneten Erklärung. Ferner muss eine Vereinbarung über das Sorge- und Umgangsrecht vorgelegt werden. Das Gericht bestätigt die Vereinbarung und erklärt die Auflösung der Ehe. Die Aussagen der Parteien werden nach Ermessen des Gerichts beurteilt. Die Parteien werden nicht unter Eid vernommen, und die Kinder der Parteien werden nicht als Zeugen befragt. Zeugen und Sachverständige hingegen müssen unter Eid aussagen. Das Gericht ist bemüht, eine Aussöhnung zwischen den Parteien herbeizuführen. Das Nichterscheinen des Antragsgegners hat keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts. Wenn eine der Parteien verstirbt, bevor ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Falle eines Antrags auf Ungültigerklärung der Ehe, die auch der Staatsanwalt erheben kann, wird dieser zur Stellungnahme vor Gericht geladen. Im Falle des Ablebens einer Partei wird das Verfahren ausgesetzt und kann von den Rechtsnachfolgern dieser Partei fortgeführt werden. Erhebt der Staatsanwalt Klage auf Ungültigerklärung oder Feststellung des Nichtbestehens der Ehe, so richtet sich diese Klage gegen beide Parteien und, wenn eine Partei verstorben ist, gegen die Rechtsnachfolger dieser Partei.

12 Kann ich für die Verfahrenskosten Prozesskostenhilfe bekommen?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Prozesskostenhilfe wird insbesondere dann gewährt, wenn die Verfahrenskosten nachweislich so hoch sind, dass der Antragsteller gezwungen wäre, auf die für seinen Unterhalt und den Unterhalt seiner Familie erforderlichen finanziellen Mittel zurückzugreifen, und sofern das Verfahren nicht offensichtlich unbegründet oder unratsam erscheint. Beantragt wird die Prozesskostenhilfe bei dem Richter, bei dem das Verfahren anhängig ist oder bei dem es zur Verhandlung gebracht werden soll. Handelt es sich um ein mehrköpfiges Gericht erster Instanz, so wird der Antrag bei dessen Vorsitzenden gestellt. Geht es um eine Sache, die nicht mit einem streitigen Verfahren in Zusammenhang steht, dann ist der Antrag bei dem für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Friedensgericht (ειρηνοδικείο) zu stellen (Artikel 194 ff. der Zivilprozessordnung).

In dem Antrag muss kurz zusammengefasst der Gegenstand des Verfahrens erläutert werden; ferner sind die das Gerichtsverfahren betreffenden Beweismittel aufzuführen sowie Nachweise zu erbringen, die die Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen belegen. Dem Antrag sind folgende Dokumente beizufügen:

  1. eine (gebührenfreie) Bescheinigung des Bürgermeisters bzw. des Gemeinderatsvorsitzenden des Ortes, an dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat, über die berufliche, finanzielle und familiäre Situation des Antragstellers;
  2. eine (gebührenfreie) Bescheinigung des Finanzamts am Ort des Wohnsitzes oder des ständigen Aufenthalts des Antragstellers, aus der hervorgeht, dass der Antragsteller in den zurückliegenden drei Jahren eine Einkommensteuererklärung oder eine sonstige Steuererklärung eingereicht hat, sowie der Steuerbescheid.

Das Gericht, das über die Angelegenheit entscheidet, kann die Gegenpartei vorladen, ohne dass Gebühren erhoben werden. Die Anwesenheit der Rechtsanwälte ist nicht erforderlich. Wenn seiner Ansicht nach die oben genannten Voraussetzungen bestehen, gewährt das Gericht Prozesskostenhilfe. Sie wird für jedes Verfahren gesondert erteilt. Sie gilt für jedes Gericht jedweder Instanz und umfasst auch die Vollstreckung der rechtskräftigen Entscheidung. Wer Prozesskostenhilfe erhält, ist vorübergehend von der Verpflichtung entbunden, die Prozess- und generell die Verfahrenskosten zu entrichten, d. h. die Gebühren für Notare und Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sachverständige, das Honorar für den Rechtsanwalt und andere Rechtsbevollmächtigte. Zudem braucht er keine Sicherheit zu leisten. Es ist auch möglich, dass er einstweilig nur von einem Teil der obengenannten Kosten befreit wird.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirkt sich nicht auf die Pflicht aus, für die der Gegenpartei zuerkannten Kosten aufzukommen. Das Gericht kann, wenn der Antragsteller dies wünscht, in dem Prozesskostenhilfebeschluss selbst oder zu einem späteren Zeitpunkt einen Rechtsanwalt, Notar oder Gerichtsvollzieher bestellen, der den Antragsteller unterstützt. Die vom Gericht bestellten Personen sind verpflichtet, diesem Auftrag nachzukommen. Der Beschluss selbst gilt als Vollmacht.

Die Prozesskostenhilfe endet mit dem Ableben des Berechtigten, jedoch können Verfahren, die keinen Aufschub erlauben, auch danach auf der Grundlage der gewährten Unterstützung weitergeführt werden. Zudem kann die Prozesskostenhilfe auf Beschluss des Gerichts von Amts wegen oder auf Intervention des Staatsanwalts widerrufen oder beschränkt werden, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für ihre Gewährung entweder von Anfang an nicht gegeben waren, nicht mehr gelten oder sich verändert haben. Die Begleichung der Kosten erfolgt gemäß den Artikeln 190 bis 193 der Zivilprozessordnung.

Wenn demnach die Gegenpartei des Prozesskostenhilfeempfängers  die Kosten tragen muss, werden die Stempelgebühr, die vollstreckbare Ausfertigung und andere Gebühren gemäß dem Gesetz zur Erhebung öffentlicher Einnahmen eingefordert; Kosten, die dem Prozesskostenhilfeempfänger, den Rechtsanwälten oder anderen Rechtsbevollmächtigten sowie Justizbeamten zustehen, werden diesen zugesprochen und gemäß den Bestimmungen zur Zwangsvollstreckung eingetrieben. Wird verfügt, dass die Kosten zu Lasten des Prozesskostenhilfeempfängers gehen, so werden sie auf die gleiche Weise eingefordert, sobald die Voraussetzungen für die Gewährung der Prozesskostenhilfe gänzlich oder teilweise entfallen und dies bestätigt wurde. Wenn die Parteien aufgrund nicht wahrheitsgemäßer Erklärungen und Angaben Prozesskostenhilfe erhalten haben, werden sie von dem Richter, der den Widerruf der Bewilligung verfügt hat, zu einer Geldbuße zwischen 100 EUR und 200 EUR verurteilt, die der Versicherungskasse für Angehörige von Rechtsberufen zufällt; unbeschadet dessen haben sie die Verfahrenskosten, von denen sie befreit worden waren, zu tragen und mit strafrechtlicher Verfolgung zu rechnen.

13 Kann gegen eine Entscheidung über die Scheidung/Trennung ohne Auflösung des Ehebandes/Nichtigerklärung/Aufhebung der Ehe ein Rechtsmittel eingelegt werden?

Ja. Die unterlegene Partei kann bei dem örtlich zuständigen Berufungsgericht (Εφετείο) gegen eine Entscheidung, die eine Scheidung oder die Aufhebung einer ungültigen bzw. annullierbaren Ehe oder die Anerkennung des Nichtbestehens einer Ehe betrifft, innerhalb einer Frist von dreißig (30) Tagen ab Zustellung der Entscheidung Berufung einlegen, sofern sie ihren Wohnsitz oder ihren Aufenthalt in Griechenland hat; wohnt sie oder hält sie sich im Ausland auf oder ist ihr Aufenthalt unbekannt, so beträgt die Frist sechzig (60) Tage; im Falle einer Nichtzustellung der Entscheidung gilt eine Frist von drei (3) Jahren ab Bekanntmachung der endgültigen Entscheidung. Ist die zu einer Berufung berechtigte Partei verstorben, so beginnt die Frist ab dem Zeitpunkt, an dem die endgültige Entscheidung den Gesamtrechtsnachfolgern oder den Rechtsnachfolgern zugestellt wurde.

14 Was muss ich tun, um eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidung über eine Scheidung/Trennung ohne Auflösung des Ehebandes/Nichtigerklärung/Aufhebung der Ehe in diesem Mitgliedstaat anerkennen zu lassen?

Prinzipiell werden die in einem Mitgliedstaat der EU ergangenen Entscheidungen gemäß der derzeit geltenden Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Wer in Griechenland eine Entscheidung über Ehescheidung, Trennung oder Ungültigerklärung einer Ehe anerkennen lassen will, muss einen Antrag bei dem Gericht erster Instanz (unter dem Vorsitz eines Einzelrichters) stellen, in dessen Bezirk die Person, gegen die vollstreckt werden soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder in dessen Bezirk die Entscheidung vollstreckt werden soll.

Sobald der Verhandlungstermin feststeht, muss der Gegenpartei eine Abschrift des Antrags mit dem Verhandlungstermin mitgeteilt und die Gegenpartei zur Verhandlung geladen werden. Das Gericht ist nicht befugt, die Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung erlassen hat, zu überprüfen. Das Gericht prüft vielmehr, ob die Anerkennung der Entscheidung der öffentlichen Ordnung seines Landes widersprechen würde, ob das verfahrenseinleitende Schriftstück der Partei, die sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass sie sich verteidigen konnte, es sei denn, die Person war mit der Entscheidung eindeutig einverstanden, ob die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Verfahren mit denselben Parteien in Griechenland ergangen ist, oder ob die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in Griechenland erfüllt.

15 An welches Gericht muss ich mich wenden, um einen Antrag auf Nichtanerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidung über eine Scheidung/Trennung ohne Auflösung des Ehebandes/Nichtigerklärung/Aufhebung einer Ehe zu stellen? Welches Verfahren findet in diesem Fall Anwendung?

Gegen die Anerkennung einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung durch ein griechisches Gericht kann vor dem jeweils zuständigen Berufungsgericht Berufung eingelegt werden. Die Frist für die Anrufung des Berufungsgerichts beträgt einen Monat nach Zustellung der Entscheidung. Wenn jedoch die Gegenpartei ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat als dem, in dem die Vollstreckbarkeit erklärt wurde, beträgt die Frist zwei Monate nach Zustellung der Entscheidung. Die Entfernung rechtfertigt keine Fristverlängerung. Wenn die Partei, zu deren Lasten die Anerkennung beantragt wird, nicht vor Gericht erscheint, so ist das Gericht verpflichtet, das Verfahren so lange auszusetzen, bis geklärt ist, ob die besagte Partei ordnungsgemäß und fristgemäß vorgeladen worden ist bzw. ob jedwede diesbezüglichen Anstrengungen unternommen worden sind. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts kann beim Obersten Gerichtshof (Άρειος Πάγος) Revision eingelegt werden.

16 Welches Scheidungsrecht findet in Scheidungsverfahren Anwendung, wenn die Ehegatten nicht in diesem Mitgliedstaat leben oder unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen?

Eine Scheidung wird der Reihenfolge nach durch folgendes materielle Recht geregelt:

  1. das Recht des Staates, dem beide Ehegatten während ihrer Ehe zuletzt angehört haben, sofern einer der Ehegatten nach wie vor Angehöriger dieses Staates ist,
  2. das an dem Ort geltende Recht, an dem die Ehegatten während ihrer Ehe zuletzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, oder
  3. das Recht, mit dem die Ehegatten am stärksten verbunden sind.

Gemäß der lex fori ist das griechische Prozessrecht maßgebend, dem aber nach Artikel 28 der griechischen Verfassung das Recht der Europäischen Union vorgeht.

 

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Letzte Aktualisierung: 11/12/2020

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