Im Bereich der Ziviljustiz kommt für vor dem Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitete und noch anhängige Verfahren weiterhin EU-Recht zur Anwendung. Die Informationen über das Vereinigte Königreich werden im gegenseitigen Einvernehmen bis Ende 2024 über das Europäische Justizportal verfügbar bleiben.

Insolvenz/Bankrott

Nordirland
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Gegen wen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

  • Insolvenzverfahren können gegen natürliche Personen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften (d. h. Unternehmen mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit) eingeleitet werden.
  • Ein Insolvenzverfahren kann gegen jede natürliche Person eröffnet werden, die Schulden in Höhe von mindestens 5000 GBP hat und entweder in Nordirland wohnhaft ist, in den letzten drei Jahren in Nordirland wohnhaft oder dort unternehmerisch tätig war oder sich am Tag der Insolvenzanmeldung in Nordirland aufhält. Ein Mindestalter gibt es nicht.

2 Unter welchen Voraussetzungen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

  • Insolvenzverfahren gegen Unternehmen können auf Liquidation (freiwillig oder durch Gerichtsbeschluss herbeigeführte Abwicklung des Unternehmens) oder Sanierung (auf der Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen Schuldnerunternehmen und Gläubiger (Company Voluntary Arrangement – CVA) oder unter Aufsicht eines Insolvenzverwalters im sogenannten Administrationsverfahren). Das auf Sanierung abzielende Administrationsverfahren kann dem Liquidationsverfahren vorgeschaltet werden.
  • Jeder Gläubiger (ob privat oder staatlich) kann bei Gericht die Liquidation des Unternehmens (Zwangsliquidation) oder dessen Zwangsverwaltung (administration) beantragen.
  • Auch das Schuldnerunternehmen selbst kann seine Liquidation beschließen (eine freiwillige Liquidation ist sowohl bei Zahlungsfähigkeit als auch Zahlungsunfähigkeit möglich, wobei zahlungsfähig bedeutet, dass alle Schulden innerhalb von 12 Monaten beglichen werden können). Das Schuldnerunternehmen kann seine Liquidation auch bei Gericht beantragen.
  • Wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, kann das Wirtschaftsministerium die gerichtliche Liquidation eines Unternehmens beantragen. Das Unternehmen muss in diesem Fall zahlungsunfähig sein.
  • Das Gericht kann jederzeit nach Stellung eines Antrags auf Zwangsliquidation einen vorläufigen Liquidator bestellen. Dies geschieht in der Regel, um das Vermögen des Unternehmens bis zur gerichtlichen Verhandlung über die Liquidation zu schützen. Die Befugnisse des vorläufigen Liquidators sind im Beschluss des Gerichts über dessen Bestellung festgelegt.
  • Das Unternehmen oder dessen Geschäftsführer sowie die Inhaber eines Globalpfandrechts (floating charge) können – außergerichtlich – einen Verwalter (administrator) bestellen.
  • Voraussetzung hierfür ist die Zahlungsunfähigkeit oder die wahrscheinliche Zahlungsunfähigkeit. Der Rechtsprechung zufolge bedeutet „wahrscheinlich“, dass die Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher ist als die Zahlungsfähigkeit.
  • Bei einer freiwilligen Schuldner-Gläubiger-Vereinbarung muss das Unternehmen nicht zahlungsunfähig sein.
  • Eine Zwangsliquidation kann damit begründet werden, dass das Unternehmen seine Schulden nicht mehr begleichen kann (zahlungsunfähig ist), was durch eine erfolglose förmliche Zahlungsaufforderung oder ein nicht befolgtes Gerichtsurteil nachzuweisen ist. Das Gericht kann die Liquidation eines Unternehmens auch aus Billigkeitsgründen veranlassen.
  • Unmittelbar nach Eröffnung des Verfahrens (entweder aufgrund des Liquidationsbeschlusses des Unternehmens selbst oder aufgrund eines auf Sanierung oder Liquidation gerichteten Gerichtsbeschlusses oder einer an das Gericht gerichteten Mitteilung über die Bestellung eines Verwalters (wenn der Verwalter nicht durch Gerichtsbeschluss bestellt wird)) kann die mit dem Verfahren beauftragte Person tätig werden.
  • Ein Sanierungsverfahren auf der Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen Schuldner und Gläubiger (Company Voluntary Arrangement – CVA) kann vom Unternehmen selbst vorgeschlagen werden. Dazu muss das Unternehmen nicht zahlungsunfähig sein. Ein solcher Vergleich kann auch vom Liquidator oder Verwalter im Rahmen eines Liquidations- oder Sanierungsverfahrens vorgeschlagen werden (wenn ein solches Verfahren bereits eingeleitet wurde).
  • Für Privatinsolvenzen stehen folgende Verfahren zur Verfügung: außergerichtlicher Vergleich (individual voluntary arrangement – IVA), gerichtliches Entschuldungsverfahren (debt relief order – DRO) und Insolvenzverfahren auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners.
  • Bei einem vom Schuldner vorgeschlagenen außergerichtlichen Vergleich müssen die Gläubiger, die 75 % des Forderungswerts vertreten, zustimmen. Es gibt keinen Mindestschuldenstand und auch keine Insolvenzprüfung. Der Vorschlag muss über einen Bevollmächtigten unterbreitet werden, der im Falle der Annahme das Verfahren beaufsichtigt (supervisor). Der Bevollmächtigte kann tätig werden, sobald ihm der Schuldner den Vorschlag vorgelegt hat. Ein außergerichtlicher Vergleich kann auch dann vorgeschlagen werden, wenn gegen den Schuldner bereits ein Insolvenzverfahren läuft. Nehmen die Gläubiger den Vergleich an, kann das Insolvenzverfahren aufgehoben werden. Ein von den Gläubigern durch Abstimmung angenommener Vergleich ist für alle Gläubiger bindend.
  • Das Entschuldungsverfahren muss vom Schuldner über einen Bevollmächtigten elektronisch beim amtlichen Insolvenzverwalter (official receiver) beantragt werden. Das Gericht wirkt an der Eröffnung des Verfahrens nicht mit. Die Schulden dürfen 20 000 GBP nicht übersteigen, das Vermögen muss weniger als 1000 GBP betragen (ein angemessenes Kraftfahrzeug ausgenommen) und der Schuldner darf nur über Einkommensüberschüsse von höchstens 50 GBP pro Monat verfügen. Gegen den Schuldner darf kein anderes Insolvenzverfahren anhängig sein, und er darf in den vorangegangenen zwei Jahren keine Geschäfte getätigt haben, durch die Gläubiger in irgendeiner Weise benachteiligt wurden. Der amtliche Insolvenzverwalter ist verpflichtet, gleich nach Eingang über den Antrag zu entscheiden und ist somit ab diesem Zeitpunkt handlungsbefugt.
  • Ein Insolvenzeröffnungsbeschluss kann auf Antrag eines Gläubigers oder auf Antrag des Schuldners selbst ergehen. Der amtliche Insolvenzverwalter wird mit Erlass des Beschlusses zum Vermögensverwalter. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ein Treuhänder ernannt werden, der sofort nach seiner Ernennung tätig werden kann.
  • Der Antrag eines Gläubigers muss auf eine Forderung von mindestens 5000 GBP gerichtet sein und bei Gericht gestellt werden. Der Antrag kann auch von zwei oder mehr Gläubigern gemeinsam gestellt werden. In diesem Fall werden die Forderungen der einzelnen Gläubiger zusammengefasst. Dabei darf es sich nicht um besicherte Schuldtitel handeln. Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Schulden zu begleichen. Dies muss durch eine nicht befolgte förmliche Zahlungsaufforderung oder ein nicht befolgtes Gerichtsurteil nachgewiesen werden.
  • Auch der Schuldner muss seinen Antrag auf Insolvenzeröffnung bei Gericht stellen. Einen Mindestbetrag gibt es nicht, Voraussetzung ist aber, dass der Schuldner seine Schulden nicht begleichen kann.
  • Wurde ein Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt, kann das Gericht vor der Verhandlung einen vorläufigen Insolvenzverwalter (interim receiver) bestimmen, der die Aufgabe hat, das als potenziell gefährdet eingestufte Vermögen des Schuldners zu schützen. Das Gericht erteilt dem vorläufigen Insolvenzverwalter in den meisten Fällen genaue Anweisungen, kann diesen aber auch generell zur sofortigen Inbesitznahme des Vermögens des Schuldners ermächtigen. Nur der amtliche Insolvenzverwalter kann als vorläufiger Insolvenzverwalter ernannt werden.

3 Welche Vermögenswerte umfasst die Insolvenzmasse? Wie werden Vermögenswerte behandelt, die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwirbt bzw. die ihm nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zufallen?

  • Bei Unternehmensinsolvenzen wird das gesamte weltweite Vermögen eines Unternehmens zum Gegenstand des Insolvenzverfahrens. Der Begriff „Vermögen“ ist gesetzlich sehr weit gefasst.
  • Bei einem IVA ist im Vorschlag des Schuldners ausgeführt, wie mit den Vermögenswerten zu verfahren ist. Die Gläubiger erhalten Gelegenheit, den Vorschlag zu prüfen, bevor sie darüber abstimmen.
  • Im Falle von Entschuldungsbeschlüssen beträgt der Wert des Vermögens höchstens 1000 GBP (ein angemessenes Fahrzeug ausgenommen). Das Vermögen verbleibt beim Schuldner.
  • Bei einer Insolvenz geht das gesamte weltweite Vermögen der insolventen Person mit einigen Ausnahmen auf den Treuhänder über. Alle Vermögenswerte, die zur Existenzsicherung einer Person erforderlich sind oder diese bei der Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit unterstützen, fließen nicht in die Insolvenzmasse ein. Dazu kann auch ein Kraftfahrzeug gehören. Ist der Wert eines solchen Vermögensgegenstands nach Auffassung des Treuhänders höher als die Kosten eines angemessenen Ersatzes, kann der Treuhänder den Gegenstand veräußern und Ersatz bereitstellen. Auch Vermögensgegenstände, die die insolvente Person treuhänderisch für eine andere Person in ihrem Besitz hat, sind nicht Teil der Insolvenzmasse.
  • Das Einkommen der insolventen Person ist nicht Teil der Insolvenzmasse. Der Treuhänder kann allerdings mit der betreffenden Person vereinbaren, dass ein Teil des Einkommens, das über die Existenzsicherung hinausgeht, zugunsten der Gläubiger in die Insolvenzmasse einfließt. Der Treuhänder kann bei Gericht einen entsprechenden Beschluss beantragen, wenn keine Einigung mit der betreffenden Person erzielt werden kann.
  • Alle Vermögenswerte, die die Person erlangt, solange das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, können vom Treuhänder für die Insolvenzmasse geltend gemacht werden.
  • Eine insolvente natürliche Person begeht eine Straftat, wenn sie sich eine Summe von mehr als 500 GBP leiht oder anderweitig aufnimmt, ohne den Kreditgeber über das Insolvenzverfahren zu informieren.

4 Welche Befugnisse haben der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter?

  • Anders als der amtliche Insolvenzverwalter (official receiver) müssen die bevollmächtigten Personen zugelassene Insolvenzverwalter sein. Zulassungen können nur von Berufsverbänden erteilt werden, die vom Ministerium dazu ermächtigt wurden. Wer als Insolvenzverwalter handelt, ohne dafür eine Zulassung zu besitzen, begeht eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
  • Voraussetzung für die Zulassung sind erfolgreich absolvierte Prüfungen und der Nachweis einer bestimmten Anzahl an Stunden praktischer Erfahrung im Insolvenzbereich.
  • Nur natürliche Personen können als Insolvenzverwalter tätig sein.
  • Die Gläubiger legen die Vergütung des beauftragten Insolvenzverwalters fest. Der Insolvenzverwalter kann sich an das Gericht wenden, wenn die von den Gläubigern festgesetzte Vergütung seiner Ansicht nach unzureichend ist. Umgekehrt können sich die Gläubiger an das Gericht wenden, wenn sie die Vergütung für überhöht halten.
  • Alle Insolvenzverfahren unterliegen der Kontrolle durch das Gericht. Die betroffenen Parteien (einschließlich des beauftragten Insolvenzverwalters) können das Gericht um Weisungen ersuchen.
  • Bei einem IVA kann der Schuldner frei über sein Vermögen verfügen, sofern er nicht gegen die Vereinbarung mit den Gläubigern verstößt.
  • Auch bei einem Entschuldungsverfahren verbleibt das Vermögen beim Schuldner.
  • Im Falle eines Insolvenzverfahrens geht das Vermögen auf den Treuhänder über. Der Schuldner darf nicht darauf zugreifen. Dies gilt nicht für Vermögenswerte, die aus der Insolvenzmasse ausgeschlossen sind oder nach Eröffnung des Verfahrens in den Besitz des Schuldners gelangen, es sei denn, die Vermögenswerte wurden vom Schuldner in Besitz genommen, bevor sie aus der Insolvenzmasse ausgesondert wurden, und der Treuhänder fordert sie ein. Die Entlassung des Schuldners aus dem Insolvenzverfahren ist für die Verwaltung der Insolvenzmasse durch den Treuhänder unbeachtlich. Der Treuhänder hat lediglich keine Möglichkeit mehr, erlangte Vermögenswerte vom Schuldner einzufordern.
  • Der official receiver ist der vom Ministerium benannte amtliche Insolvenzverwalter. Er kann bei einer Zwangsliquidation oder Insolvenz tätig werden. Seine Vergütung wird nicht von den Gläubigern festgelegt. Sie bestimmt sich nach einer gesetzlichen Formel als Prozentsatz der realisierten/verteilten Vermögenswerte.

5 Unter welchen Bedingungen können Aufrechnungen geltend gemacht werden?

  • Das Recht Nordirlands lässt bei Liquidations-, Sanierungs- und Insolvenzverfahren die Möglichkeit der Aufrechnung zu.
  • Aufgerechnet werden zum Zeitpunkt der Insolvenz bestehende gegenseitige Forderungen.
  • Der Nettobetrag ist entweder ein Vermögenswert (ausstehende Forderung) aus der Insolvenzmasse oder eine Verbindlichkeit.
  • Die Parteien können die Aufrechnung vertraglich nicht abbedingen.

6 Wie wirken sich Insolvenzverfahren auf laufende Verträge des Schuldners aus?

  • Der Liquidator oder Treuhänder kann einen unrentablen Vertrag kündigen und damit Forderungen/Verbindlichkeiten der insolventen Partei aus diesem Vertrag beenden (die Gegenpartei kann im Rahmen des Insolvenzverfahrens Forderungen aus Verlusten/Schäden infolge der Insolvenz geltend machen).
  • Im Falle einer Unternehmensinsolvenz ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, die von dem zahlungsunfähigen Unternehmen geschlossenen Verträge zu erfüllen.
  • Die fortgesetzte Bereitstellung bestimmter Leistungen bei einer Unternehmensinsolvenz (als „grundlegend“ erachtete Versorgungs- und Kommunikationsdienstleistungen) kann bestehen bleiben, ohne dass ausstehende Rückstände bei Eintritt in die Insolvenz beglichen werden müssen.
  • Abgesehen von diesen grundlegenden Leistungen (siehe oben) können Lieferanten Verträge zu Beginn der Insolvenz kündigen (sofern der Vertrag dies zulässt). Unbezahlte Waren/Dienstleistungen zählen im Insolvenzfall zu den Forderungen.
  • Laufende Verträge sind von einem außergerichtlichen Vergleich oder einem Entschuldungsverfahren nicht betroffen. Sie müssen aber als Teil des Vorschlags für einen außergerichtlichen Vergleich betrachtet werden, was wiederum bedeuten könnte, dass die betreffende Person nicht die Kriterien für eine Entschuldung erfüllt.
  • Im Falle einer Insolvenz können unrentable Verträge vom Treuhänder gekündigt werden. Sollte der Vertrag nicht bei Insolvenz beendet werden, kann das Gericht die Beendigung der Vertragspflichten anordnen.

7 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger aus (abgesehen von anhängigen Rechtsstreitigkeiten)?

  • Liquidations- und Administrationsverfahren bewirken ein Vollstreckungsverbot. Nach Beginn des Insolvenzverfahrens können ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters oder des Gerichts keine rechtlichen Schritte gegen das Unternehmen eingeleitet werden.
  • Im Falle einer frei vereinbarten Unternehmenssanierung in Eigenverwaltung können die an die Vereinbarung gebundenen Gläubiger keine rechtlichen Schritte zur Beitreibung der Schulden unternehmen (da sie an die getroffene Vereinbarung gebunden sind). Gläubiger, die nach Abschluss der Vereinbarung hinzukommen, können solche Maßnahmen ergreifen, falls ihre Forderungen nicht beglichen werden.
  • Wurde Insolvenz angemeldet, so kann das Gericht ein laufendes Gerichtsverfahren gegen die Person oder das Vermögen des Schuldners aussetzen oder zulassen, dass es unter den vom Gericht für geeignet erachteten Bedingungen fortgesetzt wird. Kein Gläubiger der zahlungsunfähigen Person kann ohne die Erlaubnis des Gerichts ein Verfahren gegen diese Person oder ihr Vermögen einleiten, solange die Person nicht aus dem Insolvenzverfahren entlassen ist.
  • Beabsichtigt der Schuldner, seinen Gläubigern einen Vorschlag für einen außergerichtlichen Vergleich (IVA) zu unterbreiten, kann er (oder wenn er sich gerade in einem Insolvenzverfahren befindet, der Treuhänder oder der Insolvenzverwalter) bei Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen. Dies hat zur Folge, dass das Gericht jedes Verfahren gegen die Person oder das Vermögen des Schuldners aussetzen kann und die Eröffnung eines solchen Verfahrens verhindert wird. Durch die einstweilige Verfügung wird auch ein Insolvenzeröffnungsbeschluss gegen den Schuldner verhindert. Im IVA-Vorschlag wird ausgeführt, wie das laufende Verfahren gehandhabt werden soll, und bestimmt, dass alle Gläubiger im Falle der Zustimmung daran gebunden wären.
  • Die Einleitung des Entschuldungsverfahrens hindert die Gläubiger daran, gegen den Schuldner vorzugehen, um ihre Forderungen durchzusehen.

8 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf die Fortsetzung von Rechtsstreitigkeiten aus, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig waren?

  • Liquidations- und Administrationsverfahren bewirken ein Vollstreckungsverbot. Zum Zeitpunkt der Insolvenz anhängige Verfahren können nicht ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters oder des Gerichts fortgesetzt werden.
  • Nach Billigung eines außergerichtlichen Vergleichs (CVA oder IVA) können Gläubiger ein anhängiges Verfahren nicht fortsetzen, da sie an die Bedingungen des Vergleichs gebunden sind (unabhängig davon, ob sie selbst für den Vergleich gestimmt haben oder nicht).
  • Gläubiger üben ihre Befugnisse in Insolvenzverfahren über die Gläubigerversammlung und andere Entscheidungsprozesse aus. Sie können auch einen Gläubigerausschuss einberufen, dessen Mitglieder sie selbst wählen. Insolvenzverwalter, mit Ausnahme des official receiver, müssen den Gläubigern regelmäßig (je nach Verfahren alle sechs oder zwölf Monate) über den Fortschritt des Verfahrens berichten.

9 Wie sieht die Beteiligung der Gläubiger am Insolvenzverfahren aus?

  • Gläubiger üben ihre Befugnisse in Insolvenzverfahren über die Gläubigerversammlung und andere Entscheidungsprozesse aus. Sie können auch einen Gläubigerausschuss einberufen, dessen Mitglieder sie selbst wählen. Insolvenzverwalter, mit Ausnahme des official receiver, müssen den Gläubigern regelmäßig (je nach Verfahren alle sechs oder zwölf Monate) über den Fortschritt des Verfahrens berichten. In Insolvenz- und Liquidationsverfahren müssen sie eine Abschlussversammlung mit den Gläubigern abhalten.
  • Zu den möglichen Entscheidungen gehören unter anderem die Ernennung oder Abberufung des Insolvenzverwalters, die Vereinbarung über dessen Vergütung, die Bildung von Ausschüssen, die Prüfung von Vorschlägen für einen außergerichtlichen Vergleich und alle anderen Entscheidungen, an denen die Gläubiger nach Ansicht des Insolvenzverwalters mitwirken sollten.

10 Auf welche Weise kann der Insolvenzverwalter Vermögenswerte aus der Insolvenzmasse verwerten oder veräußern?

  • In einem außergerichtlichen Vergleich kann vorgesehen werden, dass das Vermögen des Schuldners von der Person verwaltet wird, die die Aufsicht über das Verfahren führt.
  • Bei Entschuldungsverfahren sind Vermögenswerte vom Verfahren ausgeschlossen. Der official receiver ist allerdings befugt, Erkundigungen über das Verhalten und das Vermögen des Schuldners einzuholen.
  • Bei einem Insolvenzverfahren geht das Vermögen des Schuldners nach Ernennung des Treuhänders auf diesen über, ohne dass es einer förmlichen Übertragung, Abtretung oder Übergabe bedarf. Es ist Aufgabe des Treuhänders, das Vermögen der insolventen Person beizutreiben, zu verwerten und an die Gläubiger zu verteilen.

11 Welche Forderungen sind als Insolvenzforderungen anzumelden und wie werden Forderungen behandelt, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen?

  • Bei Unternehmensinsolvenzen können alle vor Beginn der Insolvenz gegen den Schuldner entstandene Forderungen aus vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen geltend gemacht werden. In der Zukunft fällige Forderungen können ebenfalls geltend gemacht werden, werden jedoch auf den Gegenwartswert abgezinst.
  • Forderungen aus bestimmten Straftaten (wie z. B. Drogenhandel) können im Administrations- oder Liquidationsverfahren nicht angemeldet werden.
  • Forderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, gelten als „Aufwendungen“ (expenses). Diese Aufwendungen unterliegen einer Rangfolge, müssen aber vollständig beglichen werden, bevor Geld an die Gläubiger verteilt werden kann.
  • In einem IVA-Vorschlag müssen alle Verbindlichkeiten des Schuldners offengelegt werden. Außerdem ist anzugeben, wie die Gläubiger befriedigt werden. Verbindlichkeiten, die nach Genehmigung des Vorschlags entstanden sind, können nicht im Rahmen der Insolvenz geltend gemacht werden, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vorgesehen.
  • Bestimmte Verbindlichkeiten sind vom Entschuldungsverfahren ausgenommen und müssen vom Schuldner selbst beglichen werden. Dazu zählen Geldbußen/Geldstrafen, nicht bezahlte Rundfunkgebühren, Studentendarlehen und besicherte Schuldtitel. In einem Entschuldungsverfahren (DRO) werden keine Forderungen angemeldet, da hier keine Vermögenswerte verteilt werden.
  • Forderungen, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung oder aufgrund einer vor der Insolvenz eingegangenen Verpflichtung in der Zukunft fällig werden, können im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden. Hiervon ausgenommen sind Geldbußen/Geldstrafen, Forderungen aus Studiendarlehen, Zahlungsrückstände aus Unterhaltssachen und Forderungen aus Einziehungsentscheidungen.

12 Welche Regeln gelten für die Anmeldung, die Prüfung und die Feststellung von Forderungen?

  • Gläubiger können im Laufe des Verfahrens jederzeit eine Forderung (mit Forderungsnachweis) anmelden. Die Forderung muss angemeldet werden, um in einer Gläubigerversammlung (oder einem anderen Entscheidungsverfahren) abstimmen zu können oder eine Ausschüttung zu erhalten.
  • In Administrations-, Liquidations- oder Insolvenzverfahren, wo eine Verteilung beabsichtigt ist, fordert der Verwalter oder Liquidator alle Gläubiger, die ihre Forderungen noch nachweisen müssen, schriftlich auf, ihre Forderungen bis zu einem bestimmten Stichtag anzumelden, um in die Verteilung einbezogen zu werden. Später angemeldete Forderungen können, müssen aber nicht berücksichtigt werden.
  • Für die gerichtliche Liquidation und die Insolvenz gibt es ein Standardformular, das zum Nachweis der Forderungen vorgelegt werden muss. Für alle anderen Verfahren gibt es kein Standardformular, doch ist gesetzlich festgelegt, welche Nachweise beigebracht werden müssen, um in die Verteilung einbezogen zu werden.
  • Wenn ein Gläubiger seine Forderung nicht rechtzeitig anmeldet, so wird die Verteilung dadurch nicht beeinträchtigt.
  • Bei freiwilligen Vereinbarungen genügt als Nachweis der Forderung eine schriftliche Mitteilung.

13 Wie ist die Verteilung des Erlöses geregelt? Wie wird die Rangfolge der Forderungen und Rechte von Gläubigern bestimmt?

  • Einige Forderungen, die sich aus einem Arbeitsverhältnis ergeben, werden bevorrechtigt behandelt und werden nach Begleichung der Verfahrenskostenbefriedigt, noch bevor die Inhaber bestimmter Sicherungsrechte („floating charge“) und ungesicherte Gläubiger befriedigt werden.
  • Es gibt in Insolvenzverfahren keine gesetzlich nachrangigen Forderungen mit Ausnahme der Forderungen des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners der insolventen natürlichen Person. Diese Forderungen sind einschließlich Zinsen nachrangig gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger.
  • Werden Schulden von einem Dritten beglichen, steht diesem im Insolvenzverfahren ein Regressanspruch zu.

14 Unter welchen Voraussetzungen kann das Insolvenzverfahren (insbesondere durch Vergleich) beendigt werden und wie wirkt sich dies aus?

  • Die Gläubiger einigen sich auf Vorschläge des Schuldners (bei einer frei vereinbarten Unternehmenssanierung in Eigenverwaltung – CVA– ist eine Zustimmung der Gläubiger erforderlich, die 75 % des Forderungswerts auf sich vereinigen); bei Vorschlägen des Insolvenzverwalters ist die einfache Mehrheit oder in Fällen, in denen eine Ausschüttung an ungesicherte Gläubiger als unwahrscheinlich erachtet wird, die Zustimmung aller gesicherten Gläubiger und der Mehrheit der bevorrechtigten Gläubiger notwendig).
  • Sobald der außergerichtliche Vergleich (CVA) angenommen ist, sind alle zum Zeitpunkt des Vorschlags ungesicherten Gläubiger an die Vereinbarung gebunden.
  • Für Sanierungspläne ist keine gerichtliche Genehmigung erforderlich. Allerdings kann sich eine geschädigte Partei, die sich in ihren Interessen unnötig verletzt sieht, an das Gericht wenden.
  • Es gibt ausführliche Verfahrensvorschriften für die Aufhebung/Beendigung der Insolvenzverfahren für Unternehmen, und zwar sowohl für Liquidations- als auch für Sanierungsverfahren.
  • Sobald die Gläubiger einem IVA-Vorschlag zugestimmt haben, wird dieser von einem Insolvenzverwalter, der die Aufsicht führt (supervisor), umgesetzt. Die Zustimmung des Gerichts ist nicht erforderlich. Allerdings muss der Insolvenzverwalter das Gericht über das Ergebnis der Gläubigerversammlung, die den Vorschlag genehmigt hat, in Kenntnis setzen. Eine Partei kann bei Gericht die Überprüfung der Genehmigung wegen materieller Fehler beantragen.
  • Wenn der Schuldner dem von den Gläubigern genehmigten außergerichtlichen Vergleich nicht nachkommt, kann der Supervisor bei Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen.
  • Bei einem Entschuldungsverfahren erlöschen die Schulden zwölf Monate nach Einleitung des Verfahrens. Dies geschieht ohne Mitwirkung des Gerichts.
  • Bei Insolvenzverfahren muss der Treuhänder den Gläubigern einen Abschlussbericht übermitteln, bevor er entlastet werden kann. Ist der Treuhänder nicht gleichzeitig der official receiver, muss eine abschließende Gläubigerversammlung einberufen werden, auf der die Gläubiger die Entlastung verweigern können. Sollte dies der Fall sein, muss der Treuhänder das Ministerium um Entlastung ersuchen. Ansonsten wird der Treuhänder entlastet, wenn er das Unternehmensregister darüber informiert, dass die Abschlussversammlung stattgefunden hat.

15 Welche Rechte hat der Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens?

  • Gläubiger können Gelder einfordern, die an sie verteilt, aber nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht an sie überwiesen wurden (z. B. von den Behörden zurückgehaltene Gelder).
  • Nach nordirischem Recht ist das Verfahren mit der Entlastung des Insolvenzverwalters abgeschlossen.
  • Bei einem IVA wird den Gläubigern im Rahmen des Vorschlags die Zahlung eines bestimmten Anteils der Forderungssumme angeboten. Die Gläubiger sind verpflichtet, diesen Anteil als Zahlung in voller Höhe zu akzeptieren, wenn der Vorschlag angenommen wird, und haben daher nach Abschluss des Verfahrens keinen Anspruch auf einen weiteren Anteil an ihren Forderungen.
  • Bei Insolvenz- und Entschuldungsverfahren erlöschen die Schulden bei Abschluss des Verfahrens. Schulden, die nicht Teil des Verfahrens sind, sind hiervon ausgenommen.

16 Wer hat die Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der Auslagen zu tragen?

  • Das nordirische Recht sieht eine klare Rangfolge für Zahlungen aus dem verwerteten Schuldnervermögen. Bevor Zahlungen an die Gläubiger geleistet werden können, müssen Kosten und Aufwendungen bezahlt werden.

17 Welche Rechtshandlungen sind nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen?

  • Hat das zahlungsunfähige Unternehmen im Vorgriff auf das förmliche Insolvenzverfahren einen bestimmten Gläubiger bevorzugt (d. h. ihn vor allen anderen Gläubigern bezahlt) oder hat er mit einem Gläubiger ein Geschäft erheblich unter Wert abgeschlossen (d. h. Gegenstände zu einem geringeren Wert als dem eigentlichen Wert verkauft), so kann der Empfänger gerichtlich verfolgt werden.
  • Auf Antrag des Insolvenzverwalters kann das Gericht im Rahmen eines Insolvenz-, Liquidations- oder Administrationsverfahrens jede Art von Transaktion rückgängig machen und anordnen, dass der Empfänger den Zustand wiederherstellt, der vor der Transaktion bestanden hat.
  • Anträge auf Rückgängigmachung von Vorzugszahlungen müssen sich auf Transaktionen beziehen, die in den sechs Monaten vor Bestellung des Insolvenzverwalters, vor Beginn der Liquidation oder vor der Insolvenzanmeldung oder im Falle einer Vorzugszahlung an einen Gesellschafter oder an ein verbundenes Unternehmen innerhalb von zwei Jahren getätigt wurden.
  • Anträge auf Rückgängigmachung unterbewerteter Transaktionen müssen sich auf Transaktionen beziehen, die zwei Jahre vor diesen Ereignissen getätigt wurden oder im Falle von Insolvenzverfahren innerhalb der vorangegangenen fünf Jahre, vorausgesetzt, dass die natürliche Person zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war oder infolge der Transaktion zahlungsunfähig wurde.
  • Ein Insolvenzverwalter kann sich im Rahmen eines Administrations-, Liquidations- oder Insolvenzverfahrens oder eines außergerichtlichen Vergleichs an das Gericht wenden und die Rückgängigmachung einer Transaktion beantragen, durch die Gläubiger geschädigt wurden. Ein solcher Antrag kann mit Genehmigung des Gerichts auch von einem durch diese Transaktion Geschädigten gestellt werden.
  • In Administrations- und Liquidationsverfahren kann der Insolvenzverwalter auch Schadenersatzklage gegen jeden Geschäftsführer des Unternehmens erheben, der in Kenntnis der Insolvenz Geschäfte tätigte, die weitere Verluste für die Gläubiger, Betrug oder sonstige Pflichtverletzungen (misfeasance) zur Folge hatten.
  • Wird bei Gericht ein Antrag auf Eröffnung des Liquidations- oder Insolvenzverfahrens gestellt, so sind alle nach Antragstellung vorgenommenen Vermögensverfügungen nichtig, sofern das Gericht nichts anderes anordnet.
Letzte Aktualisierung: 18/06/2021

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