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Insolvenz/Bankrott

Luxemburg
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Gegen wen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

Im Großherzogtum Luxemburg gibt es acht Arten von Insolvenzverfahren.

Drei dieser Verfahren finden ausschließlich auf Kaufleute Anwendung (natürliche und juristische Personen):

  1. Das Insolvenzverfahren, das im Handelsgesetzbuch (Code de Commerce) vorgesehen ist, zielt auf eine Liquidation des Vermögens eines insolventen und nicht mehr kreditwürdigen Kaufmanns ab.
  2. Das Vergleichsverfahren zur Abwendung der Insolvenz, das mit dem Gesetz vom 14. April 1886 über das Vergleichsverfahren zur Abwendung der Insolvenz (loi du 14 avril 1886 concernant le concordat préventif de la faillite) eingeführt wurde, ist ein Verfahren, das Schuldnern, die die Insolvenzkriterien erfüllen, unter bestimmten Bedingungen offen steht. Beinhaltet dieses Vergleichsverfahren die Vermögensaufgabe, dient es – genau wie das Insolvenzverfahren – der Liquidation des Vermögens des betreffenden Kaufmanns. Es unterscheidet sich allerdings insofern vom Insolvenzverfahren, als der Kaufmann die Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens umgeht.
  3. Das Gläubigerschutzverfahren, das mit dem großherzoglichen Erlass vom 24. Mai 1935 (arrêté grand-ducal du 24 mai 1935 instituant la gestion contrôlée) eingeführt wurde, zielt auf die Sanierung des Geschäfts des dieses Verfahren beantragenden Kaufmanns ab. Dieses Verfahren kann jedoch auch zum Einsatz kommen, wenn Kaufleute ihr Vermögen bestmöglich verwerten möchten.

Neben diesen Verfahren sieht das luxemburgische Recht (Artikel 593 ff. des Handelsgesetzbuchs) zudem ein Verfahren vor, nach dem ein Kaufmann unter bestimmten Bedingungen einen Zahlungsaufschub erwirken kann.

  1. Ein viertes Verfahren steht ausschließlich natürlichen Personen offen, die keine Kaufleute sind: Das mit dem Überschuldungsgesetz vom 8. Januar 2013 (loi du 8 janvier 2013 sur le surendettement) eingeführte Überschuldungsverfahren soll es Antragstellern ermöglichen, ihre finanzielle Situation durch Aufstellung eines Schuldentilgungsplans zu verbessern.

Ferner existieren spezifische Insolvenzverfahren für Notare, Kreditinstitute, Versicherungsgesellschaften und Organismen für gemeinsame Anlagen (da es sich hier jedoch um berufsgruppen- bzw. branchenspezifische Verfahren handelt, werden sie hier nicht näher ausgeführt).

2 Unter welchen Voraussetzungen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

1. Insolvenzverfahren

Das Insolvenzverfahren wird durch Anmeldung der Insolvenz durch den Schuldner, durch Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner durch einen oder mehrere Gläubiger oder per Gerichtsbeschluss eröffnet.

Ein Kaufmann muss die Insolvenz bei der Geschäftsstelle des an seinem Wohn- oder Geschäftssitz für Handelssachen zuständigen Bezirksgerichts (tribunal d‘arrondissement) anmelden. Diese Anmeldung muss binnen eines Monats nach Erfüllung der Insolvenzkriterien erfolgen.

Möchten ein oder mehrere Gläubiger einen Antrag auf Feststellung der Insolvenz des Kaufmanns stellen, müssen sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen, der den Kaufmann mittels Vorladung auffordert, innerhalb von acht Tagen vor dem für Handelssachen zuständigen Bezirksgericht zu erscheinen (Ladungsschrift mit festem Termin), damit über die Begründetheit des Insolvenzantrags entschieden werden kann.

Das Insolvenzverfahren kann ferner von einem Gericht auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen eröffnet werden. In diesem Fall muss das Gericht den Insolvenzschuldner über die Geschäftsstelle des Gerichts vorladen, damit dieser der Ratskammer (chambre du conseil) in nichtöffentlicher Sitzung seine Situation darlegen kann.

Vor der Feststellung der Insolvenz eines Kaufmanns muss das für Handelssachen zuständige Bezirksgericht (im Folgenden das „Handelsgericht“ – tribunal de commerce) prüfen, ob die betreffende Person oder Gesellschaft die folgenden drei Bedingungen erfüllt:

  • Kaufmannseigenschaft: Diese Bedingung erfüllt eine natürliche Person, die (haupt- oder nebenberuflich) Geschäfte tätigt, die laut Gesetz als Handelsgeschäfte gelten (z. B. die in Artikel 2 des Handelsgesetzbuchs aufgeführten Geschäfte), oder eine juristische Person, die in einer der im Gesetz vom 10. August 1915 über Handelsgesellschaften in seiner geänderten Fassung (loi modifiée du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales) vorgesehenen Formen eingetragen ist (z. B. société anonyme (Aktiengesellschaft), société à responsabilité limitée (Gesellschaft mit beschränkter Haftung), Genossenschaft usw.).
  • Zahlungseinstellung: Dies bedeutet, dass feststehende und fällige Verbindlichkeiten (z. B. Löhne, Sozialversicherungsbeiträge usw.) nicht beglichen werden, wobei Verbindlichkeiten mit vereinbarter Laufzeit oder Eventualverbindlichkeiten sowie Naturalobligationen nicht ausreichen.
  • Verlust der Kreditwürdigkeit: Der Kaufmann erhält von Banken, Lieferanten oder Gläubigern keine Kredite mehr.

Obgleich die Weigerung oder Unfähigkeit zur Begleichung einer einzelnen bestimmten, einredefreien und fälligen Forderung (unabhängig von deren Höhe) grundsätzlich zur Feststellung der Zahlungseinstellung ausreicht, bedeutet ein einfaches Liquiditätsproblem nicht, dass eine Insolvenz vorliegt – vorausgesetzt allerdings, der Kaufmann erhält den zur Fortsetzung seiner Handelstätigkeit und Erfüllung seiner Verpflichtungen erforderlichen Kredit.

2. Vergleichsverfahren zur Abwendung der Insolvenz

Das Vergleichsverfahren zur Abwendung der Insolvenz ist „Schuldnern in einer Notlage, die guten Glaubens sind“ vorbehalten. Basierend auf den Umständen des jeweiligen Falls beurteilt das Gericht, ob diese Eigenschaften vorliegen.

Nach Stellung eines entsprechenden Antrags beauftragt das Handelsgericht einen seiner Richter mit der Prüfung der Lage des Antragstellers und der Erstellung eines Berichts.

Auf der Grundlage dieses Berichts kann das Gericht eine Frist festsetzen, während der der Kaufmann seinen Gläubigern Vergleichsvorschläge vorlegen kann, oder aber die Einräumung einer solchen Frist verweigern.

3. Gläubigerschutzverfahren

Der Schuldner muss einen begründeten Antrag beim Handelsgericht des Bezirks stellen, in dem er seine Hauptniederlassung bzw. – sollte es sich um eine Gesellschaft handeln – seinen Geschäftssitz hat.

Ein Gläubigerschutzverfahren steht Kaufleuten nur dann offen, wenn sie ihre Kreditwürdigkeit verloren haben oder ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Ferner muss der Antrag Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens des Schuldners oder zur bestmöglichen Verwertung seines Vermögens enthalten. Und schließlich muss der Schuldner nach einschlägiger Rechtsprechung gutgläubig sein. Die Beurteilung, ob der für die Durchführung dieses Verfahrens erforderliche gute Glaube des Kaufmanns nach Lage der Dinge und Umstände vorliegt oder fehlt, liegt im Ermessen des Gerichts.

4. Überschuldungsverfahren

Eine Überschuldung einer natürlichen Person liegt vor, wenn ein im Großherzogtum Luxemburg ansässiger Schuldner offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, seine privaten fälligen oder fällig werdenden Schulden zu begleichen und die von ihm eingegangenen Verpflichtungen, gesamtschuldnerisch für die Schulden eines Einzelkaufmanns oder einer Gesellschaft, an deren Geschäftsführung er weder de facto noch de jure beteiligt war, zu bürgen oder aufzukommen, zu erfüllen.

Das Verfahren zur kollektiven Schuldenbereinigung gliedert sich in drei Phasen:

  • außergerichtlicher Einigungsversuch vor dem Schlichtungsausschuss für Überschuldungssachen (Commission de médiation en matière de surendettement)
  • gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren vor dem für den Wohnort der überschuldeten Person zuständigen Friedensrichter (juge de paix)
  • Privatinsolvenzverfahren, kurz „Privatinsolvenz“ (faillite civile), vor dem für den Wohnort der überschuldeten Person zuständigen Friedensrichter

Hierbei ist zu beachten, dass das Privatinsolvenzverfahren, das den beiden anderen Phasen des Verfahrens zur kollektiven Schuldenbereinigung untergeordnet ist, nur zur Anwendung kommt, wenn sich die überschuldete Person in einer ausweglosen Lage befindet, d. h. wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die folgenden Maßnahmen umzusetzen:

  • die Maßnahmen des Entschuldungsplans im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs oder
  • die Maßnahmen, die der Schlichtungsausschuss im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs vorgeschlagen hat, sowie
  • die Maßnahmen, die im Rahmen des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens vorgesehen sind.

Es ist zu beachten, dass Anträge auf Zulassung zu einem außergerichtlichen Einigungsversuch an den Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses zu richten sind.

Das Antragsformular für einen außergerichtlichen Einigungsversuch kann auf der Website https://justice.public.lu/fr.html unter folgender Adresse heruntergeladen werden:

http://www.justice.public.lu/fr/creances/surendettement/index.html

Ferner müssen Gläubiger der überschuldeten Person ihre Forderungen beim Schuldnerinformations- und -beratungsdienst (Service d’information et de conseil en matière de surendettement) anmelden. Das Formular für die Forderungsanmeldung kann auf der Website https://www.justice.public.lu/fr/index.html unter folgender Adresse heruntergeladen werden: http://www.justice.public.lu/fr/creances/surendettement/index.html

3 Welche Vermögenswerte umfasst die Insolvenzmasse? Wie werden Vermögenswerte behandelt, die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwirbt bzw. die ihm nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zufallen?

1. Insolvenzverfahren

Mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung wird dem Insolvenzschuldner automatisch das Recht auf Verwaltung seines Vermögens, einschließlich der ihm nach dem Eröffnungsbeschluss möglicherweise zufallenden Vermögenswerte, entzogen.

Der Entzug dieses Rechts betrifft das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen des Insolvenzschuldners. Diese Regelung dient dem Schutz der Interessen der Gläubigergemeinschaft.

In der Regel begibt sich der Insolvenzverwalter in die Geschäftsräume des Insolvenzschuldners, um ein Verzeichnis der dort befindlichen Vermögensgegenstände zu erstellen. Dabei muss der Insolvenzverwalter zwischen den Vermögensgegenständen unterscheiden, die sich in vollem Eigentum des Insolvenzschuldners befinden, und jenen, an denen dritte Parteien möglicherweise verschiedene dingliche Rechte geltend machen können.

Bei der Verwertung des beweglichen und unbeweglichen Vermögens trägt der Insolvenzverwalter dafür Sorge, dass sämtliche Vermögensgegenstände des Insolvenzschuldners im besten Interesse der Gläubigergemeinschaft veräußert werden. Zur Veräußerung dieser Vermögensgegenstände benötigt der Insolvenzverwalter die Genehmigung des Gerichts. Das bewegliche und unbewegliche Vermögen ist entsprechend den im Handelsgesetzbuch hierfür vorgesehenen Bestimmungen zu veräußern. Die Erlöse sind auf das für das Insolvenzverfahren eingerichtete Bankkonto einzuzahlen.

2. Überschuldungsverfahren

Das Gericht lässt eine Bewertung der wirtschaftlichen und sozialen Situation des Schuldners durchführen, um die Forderungen zu überprüfen und den Wert der Aktiva und Passiva schätzen.

Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet wird und verwertbares Vermögen vorhanden ist, veranlasst es die Liquidation des Vermögens des Schuldners.

Das Gericht entscheidet über eventuelle strittige Forderungen und ordnet die Liquidation des Privatvermögens des Schuldners an. Ausgenommen sind lediglich für das tägliche Leben notwendige Einrichtungsgegenstände sowie für die Ausübung einer Berufstätigkeit erforderliche nicht gewerbliche Vermögensgegenstände. Die Liquidation des Vermögens der überschuldeten Person im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens erfolgt gemäß der gesetzlichen Zielvorgabe, die finanzielle Situation des Schuldners zu verbessern und ihm und seinem Haushalt gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Die Rechte und Befugnisse des Schuldners mit Blick auf sein Vermögen werden während des gesamten Liquidationsverfahrens von einem gerichtlich bestellten Liquidator ausgeübt.

Der Liquidator muss das Vermögen des Schuldners innerhalb von sechs Monaten entweder freihändig verkaufen oder eine Zwangsversteigerung anberaumen.

Auswirkungen des Privatinsolvenzverfahrens:

  1. Reichen die Erlöse aus der Liquidation des Vermögens aus, um die Gläubiger zu befriedigen, verfügt das Gericht den Abschluss des Verfahrens.
  2. Reichen die Erlöse aus der Liquidation des Vermögens nicht aus, um die Gläubiger zu befriedigen, verfügt das Gericht die Einstellung des Verfahrens mangels Masse.
  3. Besitzt der Schuldner nur für das tägliche Leben notwendige Einrichtungsgegenstände sowie für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderliche nicht gewerbliche Vermögensgegenstände, verfügt das Gericht die Einstellung des Verfahrens mangels Masse.
  4. Haben die Vermögensgegenstände keinen Verkehrswert oder würde ihre Veräußerung überproportional hohe Kosten im Vergleich zu ihrem Verkehrswert verursachen, verfügt das Gericht die Einstellung des Verfahrens mangels Masse.

Die Einstellung des Verfahrens mangels Masse bewirkt, dass alle nicht gewerblichen Schulden des Schuldners erlassen werden.

Vom Erlass der Privatschulden des Schuldners ausgenommen sind jedoch:

  • Schulden, die von einem Bürgen oder Mitverpflichteten für den Schuldner bezahlt wurden;
  • Schulden gemäß Artikel 46 des Gesetzes, d. h. laufende Unterhaltsschulden und finanzielle Entschädigungen, die Opfern vorsätzlicher Gewaltanwendung für erlittene körperliche Schädigungen zugesprochen wurden.

Allerdings können Schulden gemäß Artikel 46 erlassen werden, wenn der betreffende Gläubiger hinsichtlich der fraglichen Schulden einem Verzicht, einem neuen Tilgungsplan oder einem Erlass zugestimmt hat.

4 Welche Befugnisse haben der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter?

1. Insolvenzverfahren

Mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung wird dem Insolvenzschuldner automatisch das Recht auf Verwaltung seines Vermögens, einschließlich ihm möglicherweise noch zufallender Vermögenswerte, entzogen.

Nach diesem Beschluss wird ein Insolvenzverwalter mit der Verwaltung des Vermögens des Schuldners betraut.

Handelt es sich beim Insolvenzschuldner um eine juristische Person, umfasst die Insolvenzmasse alle Aktiva und Passiva der Gesellschaft; davon ausgenommen sind etwaige Rechte von Gesellschaftern, die ihnen in dieser Eigenschaft zustehen.

Als Insolvenzverwalter werden Personen ausgewählt, die eine kompetente und sorgfältige Verwaltung des Vermögens gewährleisten können.

In der Praxis wählen die Richter an dem für Handelssachen zuständigen Bezirksgericht die Insolvenzverwalter aus dem Rechtsanwaltsverzeichnis aus. Allerdings kann das Gericht auch einen Notar oder Wirtschaftsprüfer/Abschlussprüfer zum Insolvenzverwalter bestellen, sollte dies im Interesse des Insolvenzschuldners erforderlich sein.

Wie bei allen Verfahren, die Kaufleute betreffen, fällt das Insolvenzverfahren in die Zuständigkeit des Handelsgerichts.

Somit ist es das Handelsgericht, das die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anordnet, das Datum der Zahlungseinstellung festsetzt, die verschiedenen Intervenienten (Insolvenzrichter, Insolvenzverwalter) benennt, das Datum der Forderungsanmeldung sowie das Datum für den Abschluss des Berichts über die Prüfung der angemeldeten Forderungen festlegt und den Abschluss des Insolvenzverfahrens verfügt.

Die Verwaltung des Vermögens wird einem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter übertragen, der für die Verwertung des Vermögens des Schuldners und die Aufteilung der Erlöse auf die verschiedenen Gläubiger zuständig ist, wobei die Bestimmungen zu bevorrechtigten Forderungen und dinglichen Sicherheiten einzuhalten sind.

Der Insolvenzrichter ist für die Überwachung des Insolvenzverfahrens, der Insolvenzverwaltung und der Liquidation der Insolvenzmasse zuständig. Im Rahmen einer Anhörung berichtet er über etwaige Anfechtungen und ordnet alle zur Sicherung und zum Erhalt der Insolvenzmasse notwendigen Sofortmaßnahmen an. Der Insolvenzrichter führt zudem bei allen Versammlungen der Gläubiger des Insolvenzschuldners den Vorsitz.

Mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung wird dem insolventen Kaufmann das Recht auf Verwaltung des eigenen Vermögens entzogen und er darf keine Zahlungen, Transaktionen oder sonstigen Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit diesem Vermögen mehr tätigen.

2. Überschuldungsverfahren

Was die Pflichten des Schuldners und die Auswirkungen der Eröffnung des Verfahrens zur kollektiven Schuldenbereinigung auf das Vermögen des Schuldners betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Schuldner einer Wohlverhaltenspflicht unterliegt.

Während der Dauer der Wohlverhaltenspflicht:

  • muss der Schuldner mit den am Verfahren beteiligten Behörden und Organen zusammenarbeiten und sich in diesem Sinne bereiterklären, alle Informationen zu seinem Vermögen, seinen Einkünften und seinen Schulden sowie alle Änderungen seiner Situation unaufgefordert mitzuteilen;
  • muss der Schuldner, soweit möglich, einer seinen Fähigkeiten entsprechenden bezahlten Tätigkeit nachgehen;
  • darf der Schuldner keine Verschärfung seiner Insolvenz herbeiführen und muss ein pflichtbewusstes, auf den Abbau seiner Schulden ausgerichtetes Verhalten an den Tag legen;
  • darf der Schuldner bestimmte Gläubiger nicht bevorzugt bedienen; hiervon ausgenommen sind lediglich folgende Gläubiger bzw. Zahlungen an selbige: laufende Zahlungen an Unterhaltsgläubiger sowie laufende Mietzahlungen an Vermieter für eine den elementaren Bedürfnissen des Schuldners entsprechende Unterkunft, außerdem Zahlungen an Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, die für ein menschenwürdiges Leben wesentlich sind, sowie laufende Zahlungen an Gläubiger im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Zahlung des für erlittene körperliche Schädigungen infolge vorsätzlicher Gewaltanwendung zugesprochenen Schadenersatzes durch den Schuldner;
  • muss der Schuldner alle im Rahmen des Verfahrens eingegangenen Verpflichtungen erfüllen.

Je nachdem, ob sich das Verfahren in der außergerichtlichen oder in der gerichtlichen Phase befindet, sind zwei unterschiedliche Stellen beteiligt.

Der außergerichtliche Einigungsversuch findet vor dem Schlichtungsausschuss statt. Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses werden vom Minister ernannt. Der Schlichtungsausschuss hat einen Vorsitzenden und einen Sekretär und kommt mindestens einmal pro Quartal zusammen. Zur Aufnahme in den Schlichtungsausschuss müssen Bewerber unter anderem ein Führungszeugnis vorlegen. Nach ihrer Ernennung sind die Mitglieder gesetzlich verpflichtet, den Minister über gegen sie eingeleitete Strafverfahren oder gegen sie ergangene strafrechtliche Urteile in Kenntnis zu setzen, damit sie durch eine andere Person ersetzt werden können. Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses erhalten eine Vergütung von 10 EUR pro Sitzung; der Ausschussvorsitzende erhält eine Vergütung von 20 EUR pro Sitzung.

Der Schlichtungsausschuss entscheidet insbesondere über die Zulassung von Anträgen auf das Verfahren und über die Zulässigkeit der angemeldeten Forderungen. Ferner ist er für die Genehmigung bzw. Änderung der im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs erarbeiteten Vorlagen für Entschuldungspläne zuständig, die ihm nach Prüfung durch den Schuldnerinformations- und -beratungsdienst (im Folgenden der „Dienst“) vorgelegt werden.

Wird der vorgeschlagene Entschuldungsplan nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung des Ausschusses über die Zulassung zum Verfahren von den beteiligten Parteien angenommen, verfasst der Ausschuss einen Bericht über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs. Der Schuldner kann innerhalb von zwei Monaten nach Veröffentlichung dieses Berichts im Register bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Friedensrichter einen Antrag auf ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren stellen. Stellt der Schuldner diesen Antrag nicht innerhalb der vorgegebenen Frist, kann er erst wieder zwei Jahre nach dem Datum der Veröffentlichung des Berichts im Register ein neues Verfahren zur kollektiven Schuldenbereinigung anstrengen.

Tritt das Verfahren in die Phase der gerichtlichen Schuldenbereinigung ein, werden die Parteien vor den Friedensrichter geladen, welcher von ihnen die Vorlage aller Dokumente bzw. die Mitteilung aller Informationen verlangen kann, die eine Aufstellung der Aktiva und/oder Passiva des Schuldners ermöglichen.

Das Gericht erstellt auf Grundlage der übermittelten Informationen einen Schuldenbereinigungsplan, der Maßnahmen enthält, die es dem Schuldner ermöglichen, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Der vom Gericht erstellte Schuldenbereinigungsplan erstreckt sich über maximal sieben Jahre und kann in bestimmten Fällen (insbesondere wenn der Schuldner seine ihm gemäß dem Schuldenbereinigungsplan obliegenden Pflichten nicht erfüllt) erlöschen.

3. Gläubigerschutzverfahren

Beim Gläubigerschutzverfahren gibt der Schuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen an die Verwalter ab, deren Auftrag die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses sowie die Erarbeitung eines Sanierungsplans oder aber eines Plans zur Verwertung und Aufteilung des Vermögens ist. Der Schuldner hat zudem jedes Verhalten zu unterlassen, das die Arbeit der im Rahmen dieses Verfahrens bestellten Verwalter beeinträchtigen könnte.

4. Vergleichsverfahren

Während des Vergleichsverfahrens darf der Schuldner ohne vorherige Zustimmung des beauftragten Richters nichts veräußern, keine Hypotheken bestellen oder andere Verpflichtungen eingehen. Der beauftragte Richter erstellt ein Bestandsverzeichnis, analysiert die geschäftliche Lage und kann bei Bedarf Sachverständige zur Unterstützung hinzuziehen.

5 Unter welchen Bedingungen können Aufrechnungen geltend gemacht werden?

Mit Ausnahme des Vergleichsverfahrens führen die verschiedenen vorstehend beschriebenen Verfahren nicht zum Erlöschen bevorrechtigter Forderungen der Gläubiger.

1. Vergleichsverfahren

Gläubiger mit dinglichen Sicherheiten, die an der Abstimmung teilnehmen, verlieren ihre Stellung als bevorrechtigte Gläubiger (Artikel 10 des Gesetzes vom 14. April 1886).

2. Insolvenzverfahren

Für das Insolvenzverfahren gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass eine gesetzliche, gerichtlich angeordnete oder außergerichtlich vereinbarte Aufrechnung – auch von bereits bestehenden Forderungen – nach dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung nicht mehr möglich ist, wenn diese Forderungen bis dahin eines der drei Kriterien, nämlich Ausweisbarkeit in Geld, Fälligkeit und Fungibilität, nicht erfüllt haben. Obgleich der Beschluss über die Insolvenzeröffnung einer gesetzlichen Aufrechnung somit entgegenstehen kann, ist dies nicht als absolute oder rückwirkend geltende Regel zu verstehen. Der Beschluss über die Insolvenzeröffnung wirkt sich nicht auf gesetzliche Aufrechnungen aus, bei denen die Bedingungen für die Aufrechnung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt waren. Das Berufungsgericht (Cour d’appel) hat geurteilt, dass „die Sperrfrist dieser Art der Aufrechnung nicht entgegensteht. Eine gesetzliche Aufrechnung ist trotz der Zahlungseinstellung möglich. Es handelt sich nicht um ein Rechtsgeschäft des Schuldners, da die Aufrechnung ohne sein Wissen erfolgt; Artikel 445 des Handelsgesetzbuchs ist hierauf nicht anwendbar.

Mit Blick auf gerichtlich angeordnete Aufrechnungen gilt, dass eine entsprechende Anordnung nach Eröffnung des Verfahrens zur kollektiven Schuldenbereinigung nicht möglich ist. Während der Sperrfrist ist dies jedoch möglich, sofern der entsprechende Gerichtsbeschluss rechtskräftig ist (kein Einlegen von Rechtsmitteln mehr möglich). In diesem Fall wird die Aufrechnung erst mit dem Datum des Gerichtsbeschlusses wirksam.

Außergerichtlich vereinbarte Aufrechnungen sind nach Eröffnung des Verfahrens zur kollektiven Schuldenbereinigung ganz klar nicht möglich. Sie sind überdies auch während der Sperrfrist ausgeschlossen, da sie gemäß Artikel 445 des Handelsgesetzbuchs als regelwidrige Zahlungsmethode gelten, was ihre Unwirksamkeit nach sich zieht[1].

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass im Gesetz vom 5. August 2005 über finanzielle Garantien (loi du 5 août 2005 sur les garanties financières) spezifische Ausnahmen von den vorstehend aufgeführten Bestimmungen vorgesehen sind; diese Ausnahmen gelten beispielsweise für Aufrechnungsvereinbarungen, die von den Parteien am Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (oder sogar nach diesem Datum – siehe Artikel 18 ff. des Gesetzes vom 5. August 2005 über finanzielle Garantien) geschlossen werden können.

3. Gläubigerschutzverfahren

Beim Gläubigerschutzverfahren, Vergleichsverfahren oder Zahlungsaufschub können nach dem Verlust der Verfügungsgewalt des Schuldners über seine Rechte und Vermögenswerte keine Aufrechnungen mehr vorgenommen werden.


[1] Pierre HURT: La compensation comme garantie d’une créance sur un débiteur en faillite. J.T., 2010, S. 30.

6 Wie wirken sich Insolvenzverfahren auf laufende Verträge des Schuldners aus?

Eines der Hauptprobleme, denen sich Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenübersehen, ist der Umgang mit laufenden Verträgen, die vor dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung geschlossen wurden. Mit Ausnahme von Arbeitsverträgen, die mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung automatisch erlöschen (Artikel 12-1 des Arbeitsgesetzbuchs (Code du travail)), ist es gemeinhin akzeptierte Praxis, dass laufende Verträge bis zu ihrer Kündigung durch den Insolvenzverwalter weiterlaufen.

Der Insolvenzverwalter muss bei der Entscheidung, ob diese Verträge vorübergehend weiterlaufen sollen oder nicht, eine entsprechende Interessenabwägung vornehmen. Enthält der Vertrag Bestimmungen, die eine Beendigung des Vertrages vorsehen, sollte eine der Parteien für insolvent erklärt werden, ist zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen anfechten möchte oder nicht (wobei zu berücksichtigen ist, dass die Gültigkeit dieser Bestimmungen strittig ist; in Belgien beispielsweise gelten derartige Bestimmungen bei gewerblichen Mietverträgen als unwirksam).

In jedem Fall entscheidet der Insolvenzverwalter grundsätzlich allein darüber, ob diese Verträge erfüllt oder aufgelöst werden sollen. Ficht die andere Vertragspartei eine entsprechende Entscheidung an und macht die automatische Beendigung des Vertrags aufgrund von Insolvenz geltend, besteht für den Insolvenzverwalter das Risiko, dass es zu einem Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang kommt und neue Kosten zulasten der Insolvenzmasse entstehen [1].


[1] Quellen: Yvette HAMILIUS und Brice HELLINCKX (Verfasser von Kapitel 3): Les procédures collectives au Luxembourg. Editions Larcier, 2014, S. 86.

7 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger aus (abgesehen von anhängigen Rechtsstreitigkeiten)?

1. Vergleichsverfahren, Insolvenzverfahren, Zahlungsaufschub und Gläubigerschutzverfahren

Beim Vergleichsverfahren, Insolvenzverfahren, Zahlungsaufschub und Gläubigerschutzverfahren werden Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kaufmann und sein Vermögen ausgesetzt. Allerdings hindern die im Großherzogtum geltenden Gesetze die Gläubiger nicht daran, Maßnahmen einzuleiten, die dafür sorgen, dass das Vermögen ihres Schuldners in seiner Gesamtheit erhalten bleibt.

Bei all diesen Verfahren kann der Schuldner nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. „Vom Beschluss über die Insolvenzeröffnung bis zum Abschluss des Verfahrens ist eine wirksame Einleitung rechtlicher Schritte gegen den Insolvenzschuldner alleine nicht möglich, wenn sich selbige auf Vermögenswerte beziehen, die Teil der Insolvenzmasse sind“ (Lux. 12. Januar 1935, Abschn. 14, S. 27). „Ungesicherte Gläubiger und Gläubiger mit allgemein bevorrechtigten Forderungen können während der Insolvenz keinen Gerichtsbeschluss gegen den Insolvenzschuldner oder gar den Insolvenzverwalter erwirken; ihre einzige Handlungsoption besteht darin, ihre Forderung anzumelden oder Klage auf Anerkennung ihrer Forderung einzureichen“ (Cass. 13 November 1997, Abschn. 3030, S. 265).

In bestimmten Fällen können jedoch mit Zustimmung der vom Handelsgericht beauftragten Person (beim Zahlungsaufschub und Gläubigerschutzverfahren) noch Verfügungsgeschäfte getätigt werden.

Überdies werden mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung noch nicht fällige Forderungen fällig und es laufen keine Zinsen mehr auf.

2. Überschuldungsverfahren

Beim Verfahren zur kollektiven Schuldenbereinigung bewirkt die Zulassung des Antrags durch den Schlichtungsausschuss die automatische Aussetzung aller Zwangsvollstreckungen in das Vermögen des Schuldners (mit Ausnahme von Unterhaltspflichten betreffenden Vollstreckungsmaßnahmen), die Aussetzung des Zinsauflaufs und das Fälligwerden aller nicht fälligen Forderungen.

Scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch, kann der für das gerichtliche Verfahren zuständige Friedensrichter zu den vorstehend genannten Bedingungen die Aussetzung sämtlicher Zwangsvollstreckungen veranlassen.

8 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf die Fortsetzung von Rechtsstreitigkeiten aus, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig waren?

Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits laufende Gerichtsverfahren können vom Insolvenzverwalter, der in eben dieser Eigenschaft handelt, wirksam fortgeführt werden. Allerdings muss die bei diesen Gerichtsverfahren als Antragsteller auftretende Partei die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens wiederherstellen, indem sie den Insolvenzverwalter einbezieht, der allein zur wirksamen Vertretung des insolventen Schuldners befugt ist.

Bei einer Verurteilung des Schuldners erhalten die Gläubiger, die das Verfahren vor der Insolvenz angestrengt haben, einen Titel, den sie bei der Liquidation geltend machen können. Allerdings kann dieser Titel nicht zwangsvollstreckt werden, da dem Schuldner mit dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung das Recht auf Verwaltung seines Vermögens entzogen wird.

9 Wie sieht die Beteiligung der Gläubiger am Insolvenzverfahren aus?

1. Insolvenzverfahren

Die Gläubiger werden mittels Veröffentlichung der Insolvenzmitteilung in einer oder mehreren in Luxemburg erscheinenden Zeitungen über die Insolvenz ihres Schuldners informiert. Sie müssen ihre Forderungen zusammen mit ihren Titeln bei der Geschäftsstelle des für Handelssachen zuständigen Gerichts innerhalb der im Beschluss über die Insolvenzeröffnung festgelegten Frist anmelden. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle trägt die Forderungen ein und stellt eine Eingangsbescheinigung aus.

Forderungsanmeldungen müssen unterzeichnet sein und Vor- und Nachnamen, Beruf und Anschrift des Gläubigers, Höhe und Begründung der Forderung sowie sämtliche Garantien oder Titel im Zusammenhang mit der Forderung enthalten. Die verschiedenen angemeldeten Forderungen werden dann in Anwesenheit des Insolvenzverwalters, des Insolvenzschuldners und des Insolvenzrichters geprüft.

Ergeben sich bei diesem Verfahren strittige Forderungen, können die Gläubiger vorgeladen werden, um ihre Forderung und deren Begründetheit bzw. deren genaue Höhe bei einer kontradiktorischen Prüfung im Einzelnen darzulegen.

Konnte der Insolvenzverwalter Vermögenswerte ermitteln, die unter den Gläubigern aufgeteilt werden können, beruft er selbige zu einer Sitzung ein, bei der die Rechnungslegung erfolgt und sich die Gläubiger zum Verteilungsplan äußern können.

Mangelt es an Vermögensmasse, wird die Einstellung des Insolvenzverfahrens verfügt.

Erfüllt der Insolvenzverwalter seine Pflichten nicht zur Zufriedenheit der Gläubiger, können diese ihre Beschwerden an den Insolvenzrichter richten, der gegebenenfalls dafür sorgt, dass der Insolvenzverwalter abgelöst wird.

2. Gläubigerschutzverfahren

Beim Gläubigerschutzverfahren müssen die Verwalter die Gläubiger über die Einzelheiten des Sanierungsplans bzw. des Plans zur Verwertung des Vermögens informieren.

In diesem Fall können die Gläubiger aufgefordert werden, sich zu dem Plan zu äußern. Die Gläubiger müssen der Geschäftsstelle innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Inkenntnissetzung mitteilen, ob sie dem Plan zustimmen oder ihn ablehnen. Der Plan kann nur zur Anwendung kommen, wenn mehr als die Hälfte der Gläubiger, deren Forderungen mehr als die Hälfte der Verbindlichkeiten ausmachen, dem Plan zustimmen.

3. Vergleichsverfahren

Beim Vergleichsverfahren wird eine Gläubigerversammlung einberufen, damit die Gläubiger über die Vergleichsvorschläge des beauftragten Richters beraten können. Die Gläubiger müssen sodann ihre Forderungen anmelden und erklären, ob sie den Vergleichsvorschlägen zustimmen oder nicht.

Bei der Anhörung zur Genehmigung des Vergleichs haben die Gläubiger dann noch einmal die Möglichkeit, sich zu äußern. Überdies können sie gegen den Gerichtsbeschluss zur Genehmigung des Vergleichs Berufung einlegen, wenn sie nicht zur Gläubigerversammlung geladen wurden oder gegen die Vergleichsvorschläge gestimmt haben.

4. Überschuldungsverfahren

Beim außergerichtlichen Einigungsversuch müssen die Gläubiger ihre Forderungen zunächst beim Schuldnerinformations- und -beratungsdienst anmelden. Anschließend können sich die Gläubiger aktiv an der Erarbeitung eines Entschuldungsplans durch diesen Dienst beteiligen.

Anschließend beruft der Schlichtungsausschuss für Überschuldungssachen die Gläubiger ein und legt die im Entschuldungsplan enthaltenen Vorschläge dar. Damit der im außergerichtlichen Einigungsversuch erarbeitete Entschuldungsplan als angenommen gilt, müssen mindestens 60 % der Gläubiger, deren Forderungen 60 % der Forderungsmasse ausmachen, erklären, dass sie dem Plan zustimmen. Enthaltungen von Gläubigern werden als Zustimmung gewertet.

10 Auf welche Weise kann der Insolvenzverwalter Vermögenswerte aus der Insolvenzmasse verwerten oder veräußern?

Bei einem Insolvenzverfahren vertritt der Insolvenzverwalter sowohl die insolvente Person als auch die Gläubigergemeinschaft. In dieser Doppelfunktion hat der Insolvenzverwalter nicht nur die Aufgabe, das Vermögen des Insolvenzschuldners zu verwalten, sondern auch die Befugnis, sich als Kläger oder Klagegegner an allen Verfahren, die auf den Erhalt des Vermögens abzielen, welches als Sicherheit für die Gläubiger dienen muss, zu beteiligen sowie dieses Vermögen im gemeinsamen Interesse der Gläubiger wiederherzustellen bzw. zu vergrößern (Berufungsgericht, 2. Juli 1880, Abschn. 2, S. 49).

Der Insolvenzverwalter kann alle rechtlichen Schritte einleiten, die die gemeinsame Sicherheit der Gläubiger in Form des Vermögens des Insolvenzschuldner betreffen, d. h, mit denen dieses Vermögen wiederhergestellt, geschützt oder verwertet werden soll (Berufungsgericht, 25. Februar 2015, Abschn. 37, S. 483).

Was den Umgang mit laufenden Verträgen nach dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung angeht, muss der Insolvenzverwalter entscheiden, ob diese gekündigt werden sollen oder – sollten diese Verträge Vermögenswerte generieren – ihre weitere Erfüllung mit Blick auf die spätere Begleichung der Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners nicht besser ist.

11 Welche Forderungen sind als Insolvenzforderungen anzumelden und wie werden Forderungen behandelt, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen?

Alle Gläubiger müssen ihre Forderungen unabhängig davon, welcher Art die Forderung ist und ob es sich um bevorrechtigte Forderungen handelt oder nicht, anmelden. Davon ausgenommen sind allerdings Masseverbindlichkeiten, d. h. Forderungen, die nachträglich entstehen und der Durchführung des Insolvenzverfahrens dienen (z. B. Kosten des Insolvenzverwalters, nach dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung fällig werdende Mieten usw.).

Masseverbindlichkeiten, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen und sich aus der Verwaltung der Insolvenz oder der Fortführung bestimmter Geschäftstätigkeiten des insolventen Unternehmens ergeben, werden zuerst beglichen, d. h. bevor das restliche Vermögen auf die Gläubigergemeinschaft aufgeteilt wird. Masseverbindlichkeiten werden somit in jedem Fall vor den Forderungen anderer Gläubiger bedient.

12 Welche Regeln gelten für die Anmeldung, die Prüfung und die Feststellung von Forderungen?

1. Insolvenzverfahren

Beim Insolvenzverfahren wird der Beschluss über die Insolvenzeröffnung auf verschiedene Art und Weise veröffentlicht (Presse, Eintragung beim Handelsgericht), damit die Gläubiger des Insolvenzschuldners von der Sachlage Kenntnis erhalten und sich melden können (Artikel 472 des Handelsgesetzbuchs).

Die Gläubiger müssen ihre Forderung dann bei der Geschäftsstelle des Handelsgerichts anmelden und die entsprechenden Nachweise vorlegen (Artikel 496 des Handelsgesetzbuchs).

Das Formular zur Forderungsanmeldung kann online unter folgender Adresse abgerufen werden: https://justice.public.lu/fr/creances/declaration-creance.html.

Die Forderungen werden vom für die Liquidation zuständigen Insolvenzverwalter geprüft und können von diesem angefochten werden (Artikel 500 des Handelsgesetzbuchs).

Strittige Forderungen werden an das Gericht weitergeleitet.

Fallen strittige Forderungen jedoch aufgrund des Gegenstands der Forderung nicht in den Zuständigkeitsbereich des für Handelssachen zuständigen Bezirksgerichts, werden sie an das zuständige Gericht weitergeleitet, welches entscheidet, ob sie begründet sind oder nicht. Sie werden anschließend an das für Handelssachen zuständige Bezirksgericht weitergeleitet, damit dieses gemäß Artikel 504 einen Beschluss über die Höhe des Betrags fasst, den die betreffenden Gläubiger im Rahmen der Vergleichsverhandlungen fordern können (Artikel 502).

2. Vergleichsverfahren

Beim Vergleichsverfahren muss der den Vergleich beantragende Schuldner in seinem Antrag die Namen und Anschriften der Gläubiger und die Höhe ihrer Forderungen angeben (Artikel 3 des Gesetzes vom 14. April 1886).

Die Gläubiger werden per Einschreiben (Artikel 8 des Gesetzes vom 14. April 1886) zur Teilnahme an der Versammlung, die über den Vergleich entscheidet, eingeladen.

Die Einladung wird auch in der Presse veröffentlicht.

Bei dieser Versammlung melden die Gläubiger ihre Forderungsbeträge an.

Wie oben erwähnt, verlieren Gläubiger mit dinglichen Sicherheiten, die an der Abstimmung teilnehmen, ihre Stellung als bevorrechtigte Gläubiger (Artikel 10 des Gesetzes vom 14. April 1886).

3. Zahlungsaufschub

Beim Zahlungsaufschub muss der Schuldner ebenfalls eine Gläubigerliste mit Namen, Forderungsbeträgen und Anschriften der Gläubiger vorlegen.

Die Gläubiger werden per Einschreiben (Artikel 596 des Handelsgesetzbuchs) und durch Bekanntgabe in der Presse zu einer Versammlung eingeladen.

Bei dieser Versammlung müssen sie ihre Forderungsbeträge anmelden (Artikel 597 des Handelsgesetzbuchs).

4. Gläubigerschutzverfahren

Beim Gläubigerschutzverfahren gibt es kein Verfahren für die Anmeldung und Zulassung von Forderungen. Der Schuldner muss das Gericht in seinem Antrag über die Identität seiner Gläubiger in Kenntnis setzen.

Diese Gläubiger werden anschließend vom Gericht über den Sanierungsplan bzw. den Plan zur Verwertung des Vermögens informiert, der von den gerichtlich bestellten Verwaltern erstellt wurde.

5. Überschuldungsverfahren

Binnen eines Monats nach Veröffentlichung der Mitteilung über die kollektive Schuldenbereinigung im Register müssen die Gläubiger der überschuldeten Person ihre Forderungen beim Schuldnerinformations- und -beratungsdienst anmelden.

Die Forderungsanmeldung muss entsprechend den Artikeln 6 und 7 der großherzoglichen Verordnung vom 17. Januar 2014 zur Umsetzung des Überschuldungsgesetzes vom 8. Januar 2013 (règlement grand-ducal du 17 janvier 2014 portant exécution de la loi du 8 janvier 2013 concernant le surendettement) erfolgen.

Den Gläubigern steht ein entsprechendes Formular zur Forderungsanmeldung zur Verfügung.

Der Schlichtungsausschuss überprüft die Zulässigkeit der angemeldeten Forderungen.

13 Wie ist die Verteilung des Erlöses geregelt? Wie wird die Rangfolge der Forderungen und Rechte von Gläubigern bestimmt?

Im Insolvenzrecht gilt der Grundsatz, dass jeder Gläubiger den gleichen Anteil entsprechend der Höhe seiner Forderung erhalten muss.

Einige Gläubiger mit Sicherheiten oder bevorrechtigten Forderungen werden zuerst bedient.

Bevorrechtigte Gläubiger werden nach der gesetzlichen, der öffentlichen Ordnung entsprechenden Rangfolge eingestuft (Vermieter von Immobilien, Hypothekengläubiger, Gläubiger mit Sicherheiten am Geschäftskapital sowie insbesondere die Staatskasse im weitesten Sinne).

Grundsätzlich orientiert sich der Insolvenzverwalter an den Artikeln 2096 bis 2098, 2101 sowie 2102 des Zivilgesetzbuchs (Code civil).

Der Insolvenzverwalter muss jede Forderung prüfen und hierfür die gesetzlichen Bestimmungen sowie die Rechtsprechung heranziehen.

Das den ungesicherten Gläubigern zur Verfügung stehende Nettovermögen ist anteilsmäßig entsprechend Artikel 561 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs aufzuteilen.

Sobald der Insolvenzverwalter die Höhe der vom Gericht festgelegten Honorare kennt, eine Rangfolge der bevorrechtigten Gläubiger erstellt hat und weiß, welcher Betrag zur Aufteilung unter den ungesicherten Gläubigern übrig ist, erstellt er einen Vermögensverteilungsplan, der zunächst dem Insolvenzrichter vorgelegt wird. Der Insolvenzverwalter beruft gemäß Artikel 533 des Handelsgesetzbuchs alle Gläubiger per Einschreiben zum Rechnungslegungstermin ein und fügt dem Schreiben eine Kopie des Vermögensverteilungsplans bei.

Der Insolvenzschuldner ist von einem Gerichtsvollzieher oder per Bekanntgabe in einer in Luxemburg erscheinenden Zeitung über diesen Termin in Kenntnis zu setzen.

Ficht keiner der Gläubiger die Rechnungslegung des Insolvenzverwalters an, übermittelt der Insolvenzverwalter das auf Grundlage des Vermögensverteilungsplans erstellte Rechnungslegungsprotokoll zur Unterschrift an den Insolvenzrichter und den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

Nach der Rechnungslegung nimmt der Insolvenzverwalter die Zahlungen an die Gläubiger vor.

14 Unter welchen Voraussetzungen kann das Insolvenzverfahren (insbesondere durch Vergleich) beendigt werden und wie wirkt sich dies aus?

1. Insolvenzverfahren

Beim Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter nach Leistung der Zahlungen einen Antrag auf Abschluss des Insolvenzverfahrens stellen, an den sich der Beschluss über die Beendigung des Verfahrens anschließt, mit dem – wie der Name schon sagt – das Insolvenzverfahren beendet wird.

Gemäß Artikel 536 des Handelsgesetzbuchs können Insolvenzschuldner, die sich keiner strafrechtlich relevanten Insolvenz, d. h. einer Insolvenz aufgrund fahrlässigen oder betrügerischen Handelns, schuldig gemacht haben, von ihren Gläubigern nicht mehr belangt werden, es sei denn, in den sieben Jahren nach Ergehen des Beschlusses über die Einstellung des Verfahrens mangels Masse tritt eine Verbesserung ihrer Finanzlage ein.

Gemäß Artikel 586 des Handelsgesetzbuchs können Insolvenzschuldner, die alle geschuldeten Beträge, d. h. Hauptforderungen, Zinsen und Kosten, vollständig beglichen haben, mit einem entsprechenden Antrag beim Obersten Gerichtshof (Cour supérieure de justice) rehabilitiert werden.

2. Vergleichsverfahren, Zahlungsaufschub, Gläubigerschutzverfahren

Beim Vergleichsverfahren, Zahlungsaufschub und Gläubigerschutzverfahren wird das Verfahren mit dem Gerichtsbeschluss zur Genehmigung der entsprechenden Maßnahme beendet.

Das Gericht kann gegen den Insolvenzschuldner zivil- oder strafrechtliche Sanktionen verhängen.

Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Insolvenz durch schweres und eindeutiges Verschulden des Insolvenzschuldners verursacht wurde, kann es ein Verbot zur Ausübung einer kaufmännischen Tätigkeit – ob diese nun direkt oder über einen Dritten erfolgt – aussprechen. Dieses Verbot schließt auch das Verbot der Ausübung einer Funktion mit ein, die mit Entscheidungsbefugnissen innerhalb eines Unternehmens verbunden ist.

Als weitere zivilrechtliche Strafmaßnahmen besteht bei einer Insolvenz von Handelsgesellschaften die Möglichkeit, die Insolvenz auch auf die Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaften auszudehnen, sowie die Möglichkeit, Maßnahmen auf der Grundlage der Artikel 1382 und 1383 des Zivilgesetzbuchs (allgemeine gesetzliche Haftpflicht) sowie der Artikel 59 und 192 des Gesetzes über Handelsgesellschaften (loi sur les sociétés commerciales) zu ergreifen.

Gegen den Insolvenzschuldner können auch strafrechtliche Sanktionen (strafrechtlich relevante Insolvenz) verhängt werden.

Beim Vergleichsverfahren ist der Schuldner zur Bedienung seiner Gläubiger verpflichtet, sollte sich seine Finanzlage verbessern (Artikel 25 des Gesetzes vom 14. April 1886 über das Vergleichsverfahren zur Abwendung der Insolvenz).

Der Vergleich wirkt sich nicht auf folgende Forderungen aus:

  • Steuern und sonstige öffentliche Abgaben
  • mit Vorrechten, Hypotheken oder Pfandrechten besicherte Forderungen
  • Unterhaltsforderungen.

15 Welche Rechte hat der Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens?

Sind nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch Vermögenswerte vorhanden, wird den Gläubigern der volle Betrag ihrer Forderungen bzw. ein entsprechender Anteil ihrer Forderungen gemäß den im Beschluss über die Beendigung des Verfahrens festgehaltenen Aufteilungsmodalitäten ausgezahlt.

Insolvenzschuldner, die sich keiner strafrechtlich relevanten Insolvenz, d. h. einer Insolvenz aufgrund fahrlässigen oder betrügerischen Handelns schuldig gemacht haben, können von ihren Gläubigern nicht mehr belangt werden, es sei denn, in den sieben Jahren nach Ergehen des Beschlusses über die Einstellung des Verfahrens tritt eine Verbesserung ihrer Finanzlage ein.

Gläubiger können zudem Klage auf Grundlage der Artikel 1382 und 1383 des Zivilgesetzbuchs zur Geltendmachung der allgemeinen gesetzlichen Haftpflicht der Geschäftsführer des Insolvenzschuldners oder aber auf Grundlage der Artikel 59 und 192 des Gesetzes über Handelsgesellschaften (Haftung von Verwaltungsräten und Führungskräften im Rahmen der Ausübung ihres Amtes) einreichen.

16 Wer hat die Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der Auslagen zu tragen?

Die Kosten für den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gehören zu den Massekosten.

Da es sich um Kosten handelt, die der Durchführung des Insolvenzverfahrens dienen, werden sie aus der Insolvenzmasse beglichen, bevor der Insolvenzverwalter das restliche Vermögen auf die verschiedenen Gläubiger aufteilt.

Im Gesetz vom 23. März 1893 betreffend den gerichtlichen Beistand und das Verfahren auf Debet (loi du 23 mars 1893 concernant l’assistance judiciaire et la procédure en débet) sind in den Artikeln 1 und 2 die verschiedenen Kosten festgehalten, die im Zusammenhang mit den für ein Insolvenzverfahren erforderlichen Formalitäten entstehen können; ferner wird in diesem Gesetz die Reihenfolge bestimmt, in der diese zu begleichen sind, wenn es an entsprechender Insolvenzmasse mangelt.

Das zuständige Bezirksgericht setzt das Honorar des Insolvenzverwalters auf Grundlage der großherzoglichen Verordnung vom 18. Juli 2003 (règlement grand-ducal du 18 juillet 2003) fest.

Der Insolvenzverwalter legt dem für Handelssachen zuständigen Bezirksgericht eine auf den eingezogenen Vermögenswerten basierende Erklärung der Kosten und Honorare vor.

In Artikel 536-1 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs ist vorgesehen, dass die Kosten und Honorare, die im Zusammenhang mit mangels Masse eingestellten Insolvenzverfahren entstehen, vom Amt für indirekte Steuern (Administration de l’Enregistrement) unter den im Gesetz vom 23. März 1893 betreffend den gerichtlichen Beistand und das Verfahren auf Debet festgelegten Bedingungen vorgestreckt werden.

17 Welche Rechtshandlungen sind nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen?

1. Insolvenzverfahren

Im Beschluss über die Insolvenzeröffnung kann der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung durch den Insolvenzschuldner auf ein Datum vor dem Datum dieses Gerichtsbeschlusses festgesetzt werden. Dieses Datum darf jedoch nicht mehr als sechs Monate vor dem Datum des Gerichtsbeschlusses liegen.

Zur Wahrung der Gläubigerinteressen gilt der Zeitraum zwischen der Zahlungseinstellung und dem Beschluss über die Insolvenzeröffnung als „Sperrfrist“.

Bestimmte in diesem Zeitraum abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die sich nachteilig auf die Rechte der Gläubiger auswirken könnten, sind nichtig und unwirksam. Dazu zählen insbesondere:

  • Rechtsgeschäfte, die bewegliche oder unbewegliche Vermögenswerte betreffen, welche der Insolvenzschuldner unentgeltlich oder entgeltlich veräußert hat und deren Verkaufspreis im Vergleich zum Wert des jeweiligen Vermögensgegenstandes offenkundig zu niedrig ist;
  • sämtliche Zahlungen, die entweder in bar oder durch Übertragung, Verkauf, Aufrechnung oder auf andere Weise zur Begleichung von noch nicht fälligen Forderungen vorgenommen wurden;
  • sämtliche Zahlungen, die nicht in bar oder mit handelsüblichen Zahlungsmitteln zur Begleichung fälliger Forderungen vorgenommen wurden;
  • sämtliche Hypotheken oder sonstigen dinglichen Rechte, die der Schuldner für Verbindlichkeiten eingeräumt hat, die er vor der Zahlungseinstellung eingegangen ist.

Für andere Rechtsgeschäfte gilt der Grundsatz der Nichtigkeit dagegen nicht ohne weiteres.

Folglich können bestimmte Zahlungen, die der Insolvenzschuldner während der Sperrfrist zur Begleichung fälliger Forderungen vorgenommen hat, sowie alle anderen von ihm in diesem Zeitraum getätigten entgeltlichen Rechtsgeschäfte für nichtig erklärt werden, wenn sich herausstellt, dass die Dritten, die die Zahlungen erhalten oder mit dem Insolvenzschuldner ein Geschäft abgeschlossen haben, von der Zahlungseinstellung Kenntnis hatten.

Weiß ein Gläubiger, dass der Schuldner nicht imstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, darf er nicht versuchen, sich zum Nachteil der Insolvenzgläubiger bevorzugt behandeln zu lassen.

Gültig erworbene Hypotheken- und Vorrechte können bis zum Ergehen des Beschlusses über die Insolvenzeröffnung eingetragen werden. Dagegen können Eintragungen, die in den 10 Tagen vor dem Zeitpunkt der Zahlungseinstellung bzw. später vorgenommen wurden, für nichtig erklärt werden, wenn zwischen dem Datum der Bestellung der Hypothek und dem Datum der Eintragung mehr als 15 Tage vergangen sind.

Darüber hinaus gelten sämtliche auf betrügerische Weise ausgeführten Rechtsgeschäfte oder Zahlungen, d. h. solche, die vom Schuldner in Kenntnis des dem Gläubiger hierdurch entstehenden Schadens (z. B. durch Verkleinerung der Insolvenzmasse, durch Missachtung der Rangfolge der Forderungen usw.) getätigt wurden, ungeachtet ihres Datums als nichtig.

Das Sperrfrist-Modell findet keine Anwendung auf Verträge über finanzielle Garantien sowie im Falle zukünftiger Forderungen, die an eine Verbriefungsstelle abgetreten werden.

2. Vergleichsverfahren

Während des Vergleichsverfahrens darf der Schuldner ohne die vorherige Zustimmung des beauftragten Richters nichts veräußern, keine Hypotheken bestellen oder andere Verpflichtungen eingehen.

3. Gläubigerschutzverfahren

Ab dem Datum des Beschlusses zur Benennung eines mit der Erstellung eines Bestandsverzeichnisses des Geschäftsvermögens beauftragten Richters darf der Kaufmann bei Strafe der Nichtigkeit ohne vorherige schriftliche Zustimmung des beauftragten Richters nichts veräußern, keine Sicherheiten oder Hypotheken bestellen, keine Verpflichtungen eingehen und keine beweglichen Vermögenswerte annehmen.

Ferner ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Gläubigerschutzverfahren strafrechtliche Sanktionen für Kaufleute vorsehen, die einen Teil ihres Vermögens verschleiert, überhöhte Angaben zum Betrag ihrer Verbindlichkeiten gemacht oder Gläubiger mit überhöhten Forderungen einbezogen haben.

4. Überschuldungsverfahren

Der Richter kann gegebenenfalls Personen benennen, die dafür zuständig sind, Unterstützung in sozialen und erzieherischen Belangen sowie bei der Verwaltung von Finanzmitteln zu leisten, damit sichergestellt ist, dass der Teil des Einkommens des Schuldners, der nicht der Rückzahlung von Schulden dient, für die Zwecke verwendet wird, für die er vorgesehen ist.

Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sind diese Personen befugt, alle Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass dieser Teil des Einkommens einem anderen als seinem naturgemäß vorgesehenen Zweck zugeführt oder den Interessen des Haushalts des Schuldners geschadet wird.

Letzte Aktualisierung: 29/10/2019

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