Im Bereich der Ziviljustiz kommt für vor dem Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitete und noch anhängige Verfahren weiterhin EU-Recht zur Anwendung. Die Informationen über das Vereinigte Königreich werden im gegenseitigen Einvernehmen bis Ende 2024 über das Europäische Justizportal verfügbar bleiben.

Insolvenz/Bankrott

England und Wales
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Gegen wen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

  • Insolvenzverfahren können gegen natürliche Personen, Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften eröffnet werden.
  • Ein Insolvenzverfahren kann gegen jede natürliche Person eröffnet werden, die Schulden hat und entweder in England oder Wales wohnhaft ist, in den letzten drei Jahren in England oder Wales wohnhaft oder dort unternehmerisch tätig war oder sich am Tag der Insolvenzanmeldung in England oder Wales aufhält. Ein Mindestalter gibt es nicht. Wenn nicht zuvor ein Gerichtsurteil in Bezug auf die ausstehenden Verbindlichkeiten erwirkt wurde, müssen Gläubiger, die die Liquidation eines Unternehmens oder die Privatinsolvenz einer natürlichen Person betreiben wollen, Mindestforderungen in bestimmter Höhe geltend machen. Diese liegen für Unternehmen bei 750 GBP und bei natürlichen Personen bei 5000 GBP.

2 Unter welchen Voraussetzungen kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden?

  • Insolvenzverfahren gegen Unternehmen können auf Liquidation(freiwillig oder durch Gerichtsbeschluss herbeigeführte Abwicklung des Unternehmens), Sanierung durch einen Insolvenzverwalter im sogenannten Administrationsverfahren (dem Insolvenzplanverfahren vergleichbar, das zur Rettung/Restrukturierung des Unternehmens oder zur Liquidation führen kann), Zwangsverwaltung (Administrative Receivership) oder eine freiwillige Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger gerichtet sein.
  • Zu den Privatinsolvenzverfahren zählen Insolvenzverfahren (bankruptcy) auf Antrag eines Gläubigers oder der zahlungsunfähigen natürlichen Person, das gerichtliche Entschuldungsverfahren (debt relief) und außergerichtliche Vergleichsverfahren.
  • Jeder ungesicherte Gläubiger, einschließlich staatlicher Gläubiger, kann bei Gericht die Liquidation eines Unternehmens (Zwangsliquidation – Compulsory Liquidation) oder die Einleitung eines Administrationsverfahrens beantragen.
  • Die Schuldnergesellschaft kann selbst die eigene Liquidation (Voluntary Liquidation) beschließen oder bei Gericht die eigene Liquidation beantragen.
  • Das Gericht kann jederzeit nach Stellung eines Antrags auf Zwangsliquidation einen vorläufigen Liquidator bestellen. Dies geschieht in der Regel, um das Vermögen des Unternehmens bis zur gerichtlichen Verhandlung über die Liquidation zu schützen. Die Befugnisse des vorläufigen Liquidators sind im Bestellungsbeschluss des Gerichts festgelegt.
  • Das Unternehmen oder dessen Geschäftsführer sowie der Inhaber eines Globalpfandrechts (floating charge) können einen Verwalter (administrator) bestellen. Dies geschieht ohne Mitwirkung des Gerichts.
  • Voraussetzung für die Eröffnung des Administrationsverfahrens ist die Zahlungsunfähigkeit oder die drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens.
  • Die Zwangsliquidation kann damit begründet werden, dass ein Unternehmen seine Schulden nicht mehr begleichen kann. Dies kann durch eine erfolglose förmliche Zahlungsaufforderung oder ein nicht befolgtes Gerichtsurteil nachgewiesen werden. Die Liquidation kann bei Gericht auch aus Billigkeitserwägungen beantragt werden.
  • Der Inhaber eines Globalpfandrechts kann zur Beitreibung seiner Forderungen einen Insolvenzverwalter bestellen.
  • Sobald der Insolvenzverwalter bestellt ist, muss er alle Gläubiger von der Insolvenz in Kenntnis setzen. Bei Unternehmensinsolvenzen muss der Registrar of Companies von der Insolvenz unterrichtet werden. Dieser aktualisiert daraufhin den Eintrag des betreffenden Unternehmens, der kostenlos online abgefragt werden kann.
  • Ein Schuldner-Gläubiger-Vergleich (Company Voluntary Arrangement) kann von dem Unternehmen selbst vorgeschlagen werden oder von der in einem bereits laufenden Liquidations- oder Administrationsverfahren beauftragten Person. Ein Schuldner-Gläubiger-Vergleich kann bei einer Privatinsolvenz auch von einer natürlichen Person vorgeschlagen werden, und zwar sowohl vor als auch nach Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens.
  • Alle außergerichtlichen Vergleiche müssen zur Abstimmung gestellt werden. Der Vergleich gilt als angenommen, wenn 75 % aller Gläubiger zustimmen. Es gibt keinen Mindestschuldenstand und auch keine Insolvenzprüfung. Der Vergleichsvorschlag muss über einen Bevollmächtigten unterbreitet werden, der im Falle der Annahme das Verfahren beaufsichtigt (supervisor). Der Bevollmächtigte kann tätig werden, sobald ihm der Schuldner den Vorschlag vorgelegt hat.
  • Ein Insolvenzeröffnungsbeschluss kann auf Antrag eines Gläubigers oder auf Antrag des Schuldners selbst ergehen. Mit Erlass des Eröffnungsbeschlusses wird ein Treuhänder ernannt, der sofort handlungsbefugt ist.
  • Der Antrag eines Gläubigers muss auf eine Forderung von mindestens 5000 GBP gerichtet sein und bei Gericht gestellt werden. Der Antrag kann auch von zwei oder mehr Gläubigern gemeinsam gestellt werden. In diesem Fall werden die Forderungen der einzelnen Gläubiger zusammengefasst. Dabei darf es sich nicht um besicherte Schuldtitel handeln. Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine Schulden zu begleichen, was durch eine erfolglose förmliche Zahlungsaufforderung oder ein nicht befolgtes Gerichtsurteil nachzuweisen ist.
  • Wird der Antrag vom Schuldner selbst gestellt, entscheidet ein sogenannter Adjudicator über die Einleitung des Verfahrens. Einen Mindestbetrag gibt es nicht, Voraussetzung ist aber, dass der Schuldner seine Schulden nicht begleichen kann. Das Gericht wirkt bei dem Insolvenzantrag nicht mit. Auch darf kein weiterer Insolvenzantrag anhängig sein. Der Adjudicator prüft den Antrag und gibt ihm statt, wenn die Bedingungen erfüllt sind. Mit Erlass des Eröffnungsbeschlusses wird ein Treuhänder ernannt, der sofort handlungsbefugt ist.
  • Hat ein Gläubiger die Insolvenzeröffnung beantragt, kann das Gericht vor der Verhandlung einen vorläufigen Insolvenzverwalter (interim receiver) bestimmen, der die Aufgabe hat, das als potenziell gefährdet eingestufte Vermögen des Schuldners zu schützen. Das Gericht erteilt dem vorläufigen Insolvenzverwalter in den meisten Fällen genaue Anweisungen, kann diesen aber auch generell zur sofortigen Inbesitznahme des Vermögens des Schuldners ermächtigen.
  • Ist eine natürliche Person nicht in der Lage, ihre Schulden zu begleichen, kann sie bei einem bevollmächtigten Vermittler eine Entschuldung beantragen, wenn die Schulden 20 000 GBP nicht übersteigen, das Vermögen weniger als 1000 GBP beträgt (ein angemessenes Kraftfahrzeug ausgenommen) und die Einkommensüberschüsse sich auf höchstens 50 GBP pro Monat belaufen. Über die Einleitung des Entschuldungsverfahrens entscheidet der amtliche Insolvenzverwalter (official receiver). Er entscheidet auch, ob ein Vollstreckungsverbot (im Regelfall 12 Monate) angeordnet wird. In dieser Zeit dürfen die Gläubiger keine Maßnahmen zur Vollstreckung oder Beitreibung der Schulden ergreifen. Danach werden die Schulden – mit einigen Ausnahmen – erlassen.

3 Welche Vermögenswerte umfasst die Insolvenzmasse? Wie werden Vermögenswerte behandelt, die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwirbt bzw. die ihm nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zufallen?

  • Bei Unternehmensinsolvenzen ist das gesamte weltweite Vermögen des Unternehmens Gegenstand des Insolvenzverfahrens. Der Begriff „Vermögen“ ist gesetzlich sehr weit gefasst.
  • Im Administrationsverfahren erhalten die Verfahrenskosten als Aufwendungen Vorrang.
  • Im Falle eines Vergleichs wird im Rahmen des Vorschlags festgelegt, wie mit Vermögenswerten zu verfahren ist. Die Gläubiger haben die Möglichkeit, dies zu prüfen, bevor sie über den Vorschlag abstimmen.
  • Bei einer Privatinsolvenz geht das gesamte weltweite Vermögen der insolventen Person mit einigen Ausnahmen auf den Treuhänder über. Alle Vermögenswerte, die zur Existenzsicherung einer Person erforderlich sind oder diese bei der Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit unterstützen, fließen nicht in die Insolvenzmasse ein. Dazu kann auch ein Kraftfahrzeug gehören. Ist der Wert eines solchen Vermögensgegenstands nach Auffassung des Treuhänders höher als die Kosten eines angemessenen Ersatzes, kann der Treuhänder den Gegenstand veräußern und Ersatz bereitstellen. Auch Vermögensgegenstände, die die insolvente Person treuhänderisch für eine andere Person in ihrem Besitz hat, sind nicht Teil der Insolvenzmasse.
  • Das Einkommen der insolventen Person ist ebenfalls nicht Teil der Insolvenzmasse. Der Treuhänder kann allerdings mit der betreffenden Person vereinbaren, dass der Teil des Einkommens, der über die Existenzsicherung hinausgeht, zugunsten der Gläubiger in die Insolvenzmasse fließt. Der Treuhänder kann bei Gericht einen entsprechenden Beschluss beantragen, wenn keine außergerichtliche Einigung mit der betreffenden Person erzielt werden kann.
  • Alle Vermögenswerte, die die Person erlangt, solange das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist, können vom Treuhänder für die Insolvenzmasse geltend gemacht werden.
  • Eine insolvente natürliche Person begeht eine Straftat, wenn sie ihren Treuhänder nicht über Vermögen in Kenntnis setzt, das zur Insolvenzmasse zählt, oder sich eine Summe von mehr als 500 GBP leiht oder anderweitig aufnimmt, ohne den Kreditgeber über das Insolvenzverfahren zu informieren.

4 Welche Befugnisse haben der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter?

  • Bevollmächtigte Personen in Insolvenzverfahren müssen zugelassene Insolvenzverwalter oder Amtspersonen (official receiver) sein (siehe unten). Zulassungen können nur von Berufsverbänden erteilt werden, die hierzu vom Staat ermächtigt wurden. Wer als Insolvenzverwalter handelt, ohne dafür eine Zulassung zu besitzen, begeht eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
  • Voraussetzung für die Zulassung sind erfolgreich absolvierte Prüfungen und der Nachweis einer bestimmten Anzahl an Stunden praktischer Erfahrung im Insolvenzbereich.
  • Nur natürliche Personen können als Insolvenzverwalter tätig sein.
  • Die Vergütung des beauftragten Insolvenzverwalters wird im Einvernehmen mit den Gläubigern festgelegt. Können sich der Insolvenzverwalter und die Gläubiger nicht über eine angemessene Vergütung einigen, kann sich der Insolvenzverwalter an das Gericht wenden. Auch Gläubiger können sich an das Gericht wenden, wenn sie die Vergütung für überhöht halten.
  • In einem Liquidations- oder Administrationsverfahren unterliegen die Vermögenswerte der Kontrolle des Liquidators bzw. des Insolvenzverwalters.
  • Alle Insolvenzverfahren unterliegen der allgemeinen Kontrolle durch das Gericht. Die betroffenen Parteien, einschließlich des Verfahrensbevollmächtigten, können sich an das Gericht wenden, wenn ihre Interessen ihrer Ansicht nach in unlauterer Weise verletzt worden sind.
  • Bei einer freiwilligen Schuldner-Gläubiger-Vereinbarung kann der Schuldner frei über sein Vermögen verfügen, sofern er nicht gegen die Vereinbarung verstößt.
  • Im Falle eines Insolvenzverfahrens geht das Vermögen auf den Treuhänder über. Der Schuldner darf nicht darauf zugreifen. Dies gilt nicht für Vermögenswerte, die aus der Insolvenzmasse ausgeschlossen sind oder nach Eröffnung des Verfahrens in den Besitz des Schuldners gelangen, es sei denn, die Vermögenswerte wurden vom Schuldner in Besitz genommen, bevor sie aus der Insolvenzmasse ausgesondert wurden, und der Treuhänder fordert sie ein. Die Entlassung des Schuldners aus dem Insolvenzverfahren ist für die Verwaltung der Insolvenzmasse durch den Treuhänder unbeachtlich. Der Treuhänder hat lediglich keine Möglichkeit mehr, erlangte Vermögenswerte vom Schuldner einzufordern.
  • Der official receiver ist ein vom Staat ernannter amtlicher Insolvenzverwalter. Er kann bei einer Zwangsliquidation oder Insolvenz als Bevollmächtigter tätig werden. Die Vergütung des official receiver wird nicht von den Gläubigern vereinbart, sondern ist gesetzlich festgelegt.

5 Unter welchen Bedingungen können Aufrechnungen geltend gemacht werden?

  • Aufrechnungen sind im Liquidations-, Administrations- und Privatinsolvenzverfahren möglich.
  • Aufgerechnet werden zum Zeitpunkt der Insolvenz bestehende gegenseitige Forderungen.
  • Das Ergebnis der Aufrechnung wird entweder als Teil der Insolvenzmasse oder als Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger behandelt.
  • Die Aufrechnung im Verfahren kann von den Parteien vertraglich nicht abbedungen werden.

6 Wie wirken sich Insolvenzverfahren auf laufende Verträge des Schuldners aus?

  • Der Liquidator oder Treuhänder kann einen unrentablen Vertrag kündigen und damit Forderungen/Verbindlichkeiten der insolventen Partei aus diesem Vertrag beenden (die Gegenpartei kann im Rahmen des Insolvenzverfahrens Forderungen aus Verlusten/Schäden infolge der Insolvenz geltend machen). Sollte der Vertrag nicht bei Insolvenz beendet werden, kann das Gericht die Beendigung der Vertragspflichten anordnen.
  • Die fortgesetzte Bereitstellung bestimmter Leistungen, wie z. B. Versorgungs-, Kommunikations- und IT-Dienstleistungen, die als „grundlegend“ angesehen werden, kann in der Insolvenz fortgesetzt werden, ohne dass ausstehende Rückstände bei Eintritt in die Insolvenz beglichen werden müssen.
  • Abgesehen von diesen grundlegenden Leistungen können Lieferanten Verträge zu Beginn der Insolvenz kündigen, sofern der Vertrag dies zulässt. Für alle unbezahlten Waren und Dienstleistungen können im Insolvenzverfahren Forderungen geltend gemacht werden.
  • Laufende Verträge sind von einem außergerichtlichen Vergleich nicht direkt betroffen. Sie müssen aber als Teil des Vorschlags für einen solchen Vergleich berücksichtigt werden.

7 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger aus (abgesehen von anhängigen Rechtsstreitigkeiten)?

  • Liquidations- und Administrationsverfahren bewirken ein Vollstreckungsverbot. Nach Beginn des Verfahrens können ohne Zustimmung des Verfahrensbevollmächtigten oder des Gerichts keine rechtlichen Schritte gegen das Unternehmen eingeleitet werden.
  • Im Falle einer freiwilligen Schuldner-Gläubiger-Vereinbarung können die Gläubiger keine rechtlichen Schritte zur Beitreibung der Schulden unternehmen, da sie an die Vereinbarung gebunden sind. Dies gilt nicht für Gläubiger, deren Forderungen erst nach Abschluss der Vereinbarung entstanden und nicht befriedigt worden sind.
  • Gesicherte Gläubiger sind nicht automatisch an einen solchen außergerichtlichen Vergleich gebunden.
  • Wurde Privatinsolvenz vom Schuldner selbst oder einer anderen Person beantragt, kann das Gericht ein bereits laufendes Gerichtsverfahren gegen die Person oder das Vermögen des Schuldners aussetzen oder die Fortsetzung des Verfahrens unter den vom Gericht für geeignet erachteten Bedingungen zulassen. Solange der Schuldner nicht aus dem Privatinsolvenzverfahren entlassen ist, ist es einem Gläubiger ohne Erlaubnis des Gerichts nicht möglich, ein Verfahren gegen den Schuldner oder sein Vermögen einzuleiten.
  • Beabsichtigt der Schuldner, seinen Gläubigern einen außergerichtlichen Vergleich (IVA) vorzuschlagen, kann er, oder wenn er sich gerade in einem Insolvenzverfahren befindet, der Treuhänder oder der official receiver bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen. Daraufhin kann das Gericht jedes Verfahren gegen die Person oder das Vermögen des Schuldners aussetzen und die Eröffnung eines solchen Verfahrens verhindern. Die einstweilige Verfügung steht auch einem Antrag auf Insolvenzfeststellung entgegen.

8 Wie wirkt sich ein Insolvenzverfahren auf die Fortsetzung von Rechtsstreitigkeiten aus, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig waren?

  • Liquidations- und Administrationsverfahren bewirken ein Vollstreckungsverbot. Zum Zeitpunkt der Insolvenz anhängige Verfahren können nicht ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters oder des Gerichts fortgesetzt werden.
  • Ungesicherte Gläubiger können ein anhängiges Verfahren nach der Billigung eines außergerichtlichen Vergleichs nicht fortsetzen, da sie an die Bedingungen des außergerichtlichen Vergleichs gebunden sind (unabhängig davon, ob sie dem Vergleich zugestimmt haben oder nicht). Gesicherte Gläubiger sind nicht an einen außergerichtlichen Vergleich gebunden, es sei denn, sie stimmen ihm zu.

9 Wie sieht die Beteiligung der Gläubiger am Insolvenzverfahren aus?

  • Gläubiger üben ihre Befugnisse in Insolvenzverfahren über die Gläubigerversammlung und andere Entscheidungsprozesse aus. Sie können auch einen Gläubigerausschuss einberufen, dessen Mitglieder sie selbst wählen. Insolvenzverwalter, mit Ausnahme des official receiver, müssen den Gläubigern regelmäßig (je nach Verfahren alle sechs oder zwölf Monate) über den Fortschritt des Verfahrens berichten.
  • Zu den möglichen Entscheidungen gehören unter anderem die Ernennung oder Abberufung des Insolvenzverwalters, die Vereinbarung über dessen Vergütung, die Bildung von Ausschüssen, die Prüfung von Vorschlägen für einen außergerichtlichen Vergleich und alle anderen Entscheidungen, an denen die Gläubiger nach Ansicht des Insolvenzverwalters mitwirken sollten.

10 Auf welche Weise kann der Insolvenzverwalter Vermögenswerte aus der Insolvenzmasse verwerten oder veräußern?

  • In einem außergerichtlichen Vergleich kann vorgesehen werden, dass das Vermögen des Schuldners von der Person verwaltet wird, die die Aufsicht über das Verfahren führt.
  • Bei einem Insolvenzverfahren geht das Vermögen des Schuldners nach Ernennung des Treuhänders auf diesen über, ohne dass es einer förmlichen Übertragung, Abtretung oder Übergabe bedarf. Es ist Aufgabe des Treuhänders, das Vermögen der insolventen Person beizutreiben, zu verwerten und an die Gläubiger zu verteilen.
  • In einem Liquidations- oder Administrationsverfahren unterliegen die Vermögenswerte der Kontrolle des Liquidators bzw. des Insolvenzverwalters.

11 Welche Forderungen sind als Insolvenzforderungen anzumelden und wie werden Forderungen behandelt, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen?

  • Bei Unternehmensinsolvenzen können alle vor Beginn der Insolvenz gegen den Schuldner entstandene Forderungen aus vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen geltend gemacht werden. In der Zukunft fällige Forderungen können ebenfalls geltend gemacht werden, werden jedoch auf den Gegenwartswert abgezinst.
  • Forderungen aus bestimmten Straftaten (wie z. B. Drogenhandel) können im Administrations- oder Liquidationsverfahren nicht angemeldet werden.
  • Forderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, gelten als „Aufwendungen“ (expenses). Diese Aufwendungen unterliegen einer Rangfolge, müssen aber vollständig beglichen werden, bevor Geld an die Gläubiger verteilt werden kann.
  • In einem außergerichtlichen Vergleich müssen alle Verbindlichkeiten der insolventen Person oder des Schuldnerunternehmens offengelegt werden. Außerdem ist anzugeben, wie die Gläubiger befriedigt werden. Verbindlichkeiten, die nach Genehmigung des Vorschlags entstanden sind, können nicht im Rahmen der Insolvenz geltend gemacht werden, es sei denn, dies wurde ausdrücklich vorgesehen.
  • Forderungen, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung oder aufgrund einer vor der Insolvenz eingegangenen Verpflichtung in der Zukunft fällig werden, können im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden. Hiervon ausgenommen sind Geldbußen/Geldstrafen, Forderungen aus Studiendarlehen, Zahlungsrückstände aus Unterhaltssachen und Forderungen aus Einziehungsentscheidungen.

12 Welche Regeln gelten für die Anmeldung, die Prüfung und die Feststellung von Forderungen?

  • Gläubiger können im Laufe des Verfahrens jederzeit eine Forderung (mit Forderungsnachweis) anmelden. Die Forderung muss angemeldet werden, um in einer Gläubigerversammlung (oder einem anderen Entscheidungsverfahren) abstimmen zu können oder eine Ausschüttung zu erhalten.
  • In Administrations-, Liquidations- oder Insolvenzverfahren, wo eine Verteilung beabsichtigt ist, fordert der Verwalter oder Liquidator alle Gläubiger, die ihre Forderungen noch nachweisen müssen, schriftlich auf, ihre Forderungen bis zu einem bestimmten Stichtag anzumelden, um in die Verteilung einbezogen zu werden. Später angemeldete Forderungen können, müssen aber nicht berücksichtigt werden.
  • Wenn ein Gläubiger seine Forderung nicht rechtzeitig anmeldet, so wird die Verteilung dadurch nicht beeinträchtigt.
  • Bei freiwilligen Vereinbarungen genügt als Nachweis der Forderung eine schriftliche Mitteilung.

https://www.gov.uk/government/publications/proof-of-debt-insolvency-form-425

https://www.gov.uk/government/publications/proof-of-debt-insolvency-form-637

13 Wie ist die Verteilung des Erlöses geregelt? Wie wird die Rangfolge der Forderungen und Rechte von Gläubigern bestimmt?

  • Die Rangfolge der Verteilung ist wie folgt:
  1. Inhaber einer „fixed charge“ (Sicherungsrecht bei Eintritt des Sicherungsfalls)
  2. Aufwendungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens
  3. Vorzugsgläubiger (siehe unten)
  4. Vorbehaltsteil (nur Unternehmensinsolvenz)
  5. Inhaber einer „floating charge“ (besitzloses Globalpfandrecht)
  6. Ungesicherte Gläubiger
  7. Anteilseigner (nur bei Unternehmensinsolvenzen)
  • Einige Forderungen aus einem Beschäftigungsverhältnis genießen Vorrang. Dazu zählen auch Forderungen aus einem Altersversorgungssystem.
  • Beim Vorbehaltsteil handelt es sich um einen Sonderverband aus mit einem Globalpfandrecht gesicherten Vermögenswerten, die ungesicherten Gläubigern vorbehalten sind (höchstens 600 000 GBP).
  • Nach dem Gesetz nachrangige Forderungen gibt es nur in Insolvenzverfahren: Danach sind Forderungen einer Person, die zum Zeitpunkt der Insolvenz der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner der insolventen natürlichen Person war, gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger nachrangig (einschließlich der Zinsen).
  • Werden die Schulden von einem Dritten beglichen, steht diesem im Insolvenzverfahren eine Rückgriffsforderung zu.

14 Unter welchen Voraussetzungen kann das Insolvenzverfahren (insbesondere durch Vergleich) beendigt werden und wie wirkt sich dies aus?

  • Bei einem außergerichtlichen Vergleich gelten Vorschläge des Schuldners/Schuldnerunternehmens als angenommen, wenn die Gläubiger, die 75 % des Forderungswerts vertreten, den Vorschlägen zustimmen. Sobald die Gläubiger einem Vorschlag zugestimmt haben, wird dieser vom Insolvenzverwalter (supervisor) umgesetzt. Eine gerichtliche Genehmigung ist nicht erforderlich. Der Insolvenzverwalter muss allerdings dem Gericht Bericht erstatten, wenn eine einstweilige Anordnung erlassen wurde. Eine Partei kann bei Gericht die Überprüfung der Genehmigung wegen materieller Fehler beantragen. Alle ungesicherten Gläubiger sind an den Vergleich gebunden.
  • Wenn der Schuldner/das Schuldnerunternehmen nach Genehmigung des Vergleichs dessen Bedingungen nicht erfüllt, kann der Insolvenzverwalter die Eröffnung des Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens beantragen.
  • Für Sanierungspläne ist keine gerichtliche Genehmigung erforderlich. Allerdings kann sich eine geschädigte Partei, die sich in ihren Interessen unnötig verletzt sieht, an das Gericht wenden.
  • Es gibt detaillierte Verfahrensvorschriften für die Aufhebung/Beendigung von Insolvenzverfahren.

15 Welche Rechte hat der Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens?

  • Es gibt detaillierte Vorschriften für die Beendigung eines Verfahrens.
  • Gläubiger können Gelder einfordern, die an sie verteilt, aber nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht an sie überwiesen wurden (z. B. von den Behörden zurückgehaltene Gelder).
  • Bei einem außergerichtlichen Vergleich wird den Gläubigern die Zahlung eines bestimmten Anteils der Forderungssumme angeboten. Die Gläubiger sind verpflichtet, dies als Zahlung in voller Höhe zu akzeptieren, wenn der Vorschlag angenommen wird, und haben daher nach Abschluss des Verfahrens keinen Anspruch auf den nicht befriedigten Teil ihrer Forderung.
  • Bei Insolvenzverfahren erlöschen die Schulden bei Abschluss des Verfahrens. Schulden, die nicht Teil des Verfahrens sind, sind hiervon ausgenommen.

16 Wer hat die Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der Auslagen zu tragen?

Es gibt eine klare Rangfolge für Zahlungen aus dem verwerteten Schuldnervermögen. Bevor Zahlungen an die Gläubiger geleistet werden können, müssen die Kosten und Aufwendungen bezahlt werden.

17 Welche Rechtshandlungen sind nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen?

  • Hat die zahlungsunfähige Person im Vorgriff auf das förmliche Insolvenzverfahren einen bestimmten Gläubiger bevorzugt (d. h. ihn vor allen anderen Gläubigern bezahlt) oder hat er mit einem Gläubiger ein Geschäft unter Wert abgeschlossen (d. h. Gegenstände zu einem geringeren Wert als dem eigentlichen Wert verkauft), so kann der Insolvenzverwalter die der Insolvenzmasse entgangenen Werte von diesem Gläubiger zurückfordern.
  • Auf Antrag des Insolvenzverwalters kann das Gericht im Rahmen eines Insolvenz-, Liquidations- oder Administrationsverfahrens jede Art von Transaktion rückgängig machen und anordnen, dass der Empfänger den Zustand wiederherstellt, der vor der Transaktion bestanden hat.
  • Anträge auf Rückgängigmachung von Vorzugszahlungen müssen sich auf Transaktionen beziehen, die in den sechs Monaten vor Bestellung des Insolvenzverwalters, vor Beginn der Liquidation oder vor der Insolvenzanmeldung oder im Falle einer Vorzugszahlung an einen Gesellschafter oder an ein verbundenes Unternehmen innerhalb von zwei Jahren getätigt wurden.
  • Anträge auf Rückgängigmachung unterbewerteter Transaktionen müssen sich auf Transaktionen beziehen, die zwei Jahre vor diesen Ereignissen getätigt wurden oder im Falle von Insolvenzverfahren innerhalb der vorangegangenen fünf Jahre, vorausgesetzt, dass die natürliche Person zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war oder infolge der Transaktion zahlungsunfähig wurde.
  • Ein Insolvenzverwalter kann sich im Rahmen eines Administrations-, Liquidations- oder Insolvenzverfahrens oder eines außergerichtlichen Vergleichs an das Gericht wenden und die Rückgängigmachung einer Transaktion beantragen, durch die Gläubiger geschädigt wurden. Ein solcher Antrag kann mit Genehmigung des Gerichts auch von einem durch diese Transaktion Geschädigten gestellt werden.
  • In Administrations- und Liquidationsverfahren kann der Insolvenzverwalter auch Schadenersatzklage gegen jeden Geschäftsführer des Unternehmens erheben, der in Kenntnis der Insolvenz Geschäfte tätigte, die weitere Verluste für die Gläubiger, Betrug oder sonstige Pflichtverletzungen (misfeasance) zur Folge hatten (Klagen wegen Pflichtverletzung können auch vom official receiver, einem Gläubiger oder Gesellschafter erhoben werden).
  • Wird bei Gericht ein Antrag auf Eröffnung des Liquidations- oder Insolvenzverfahrens gestellt, so sind alle nach Antragstellung vorgenommenen Vermögensverfügungen nichtig, sofern das Gericht nichts anderes anordnet.
Letzte Aktualisierung: 22/06/2021

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