Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

Litauen
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Besteht ein eigenes Verfahren für Bagatellsachen?

In Kapitel XXIV Teil IV der Zivilprozessordnung (Civilinio proceso kodeksas) der Republik Litauen ist das nationale Verfahren für geringfügige Forderungen festgelegt.

Europäische geringfügige Forderungen werden gemäß Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen geregelt. Sie werden mit den Ausnahmen, die in den Rechtsvorschriften der Republik Litauen zur Durchführung der Rechtsvorschriften der Europäischen Union und internationaler Rechtsvorschriften zum Zivilverfahren (Civilinį procesą reglamentuojančių Europos Sąjungos ir tarptautinės teisės aktų įgyvendinimo įstatymas) niedergelegt sind, gemäß den allgemeinen Vorschriften zur Streitbeilegung verhandelt.

1.1 Anwendungsbereich des Verfahrens, Streitwert

Das nationale Verfahren für Bagatellsachen und das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen finden Anwendung auf Geldforderungen bis 2000 EUR.

Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ist anwendbar auf zivilrechtliche Forderungen, die 2000 EUR nicht übersteigen. Das Verfahren findet keine Anwendung auf den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, die Sozialversicherung, die Schiedsgerichtsbarkeit, das Arbeitsrecht, die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen (mit Ausnahme von Klagen wegen Geldforderungen) und die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verletzung der Ehre.

1.2 Anwendung des Verfahrens

Das Verfahren ist seit dem 1. Januar 2009 anwendbar. Europäische Verfahren für Bagatellsachen werden gemäß den Bestimmungen der Zivilprozessordnung der Republik Litauen zur örtlichen Zuständigkeit vor den Bezirksgerichten verhandelt, d. h. vor den Bezirksgerichten von Städten oder Bezirken.

In den in Artikel 4 Absatz 3 und Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 niedergelegten Fällen muss das Gericht den Kläger/Beklagten darüber unterrichten, dass die Klage/Widerklage nicht später als 14 Tage nach Erhalt der Unterrichtung durch das Gericht gemäß den Bestimmungen der Zivilprozessordnung der Republik Litauen eingereicht werden muss. Wenn der Kläger/Beklagte nicht innerhalb der in Absatz 1 dieses Artikels gesetzten Frist eine ordnungsgemäß unterzeichnete Klage/Widerklage einreicht, wird diese als nicht erhoben angesehen und dem Kläger/Beklagten durch Gerichtsbeschluss zurückgesendet. Gegen einen solchen Beschluss können gesondert Rechtsmittel eingelegt werden.

1.3 Vordrucke

Die Vordrucke werden von den Gerichten bereitgestellt und sind auf folgendem Online-Serviceportal der litauischen Gerichte abrufbar.

1.4 Beistand

Die Anwesenheit eines Prozessbevollmächtigten/Rechtsanwaltes ist nicht erforderlich. Die Gerichte helfen beim Ausfüllen der Vordrucke, beraten jedoch nicht hinsichtlich der Begründetheit. In Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 wird auf die praktische Hilfestellung und die Informationen eingegangen, die den Verfahrensparteien von Stellen bereitgestellt werden, die primäre staatliche Prozesskostenhilfe gewähren.

1.5 Vorschriften bei der Beweiserhebung

Die Beweiserhebung wird durch Kapitel XIII Teil II der litauischen Zivilprozessordnung geregelt.

1.6 Schriftliches Verfahren

Nach Maßgabe des nationalen Verfahrens für Bagatellsachen kann das zuständige Gericht selbst über die Form und das Verfahren zur Verhandlung der Sache entscheiden. Auf Antrag mindestens einer Partei kann die Verhandlung mündlich erfolgen. Bei einem schriftlichen Verfahren werden die Prozessparteien nicht geladen und sind bei der Verhandlung nicht anwesend. Sie werden gemäß Artikel 133 Absatz 3 der litauischen Zivilprozessordnung über ein schriftliches Verfahren informiert. Wenn ein Rechtsstreit in der Sache in einem schriftlichen Verfahren entschieden wird, werden Datum, Uhrzeit und Ort der Gerichtsverhandlung sowie die Zusammensetzung des Gerichts auf einer speziellen Website spätestens sieben Tage vor dem Datum der Verhandlung bekannt gegeben. Eine Ausnahme stellen die in der Zivilprozessordnung genannten Fälle dar, in denen die Parteien gemäß einem anderen Verfahren benachrichtigt werden. Diese Informationen werden auch von der Geschäftsstelle des Gerichts bereitgestellt.

1.7 Gestaltung der richterlichen Entscheidung

Entscheidungen im Rahmen des nationalen Verfahrens für Bagatellsachen müssen Rubrum, Tenor und Entscheidungsgründe enthalten.

1.8 Übernahme der Prozesskosten

Bei Bagatellsachen fällt eine Gerichtsgebühr (žyminis mokestis) an, deren Höhe in Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung der Republik Litauen festgelegt ist. Sie beträgt ein Viertel des Streitwerts, mindestens jedoch 10 EUR.

1.9 Möglichkeit der Anfechtung

In Artikel 29 des Gesetzes ist festgelegt, dass Entscheidungen angefochten werden können, die die litauischen Gerichte gemäß dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen erlassen. Das Berufungsverfahren ist in den Artikeln 301-333 der litauischen Zivilprozessordnung geregelt. Liegen Berufungsgründe vor, kann gemäß Artikel 307 Absatz 1 der Zivilprozessordnung innerhalb von 30 Tagen ab dem Datum der Gerichtsentscheidung Berufung eingelegt werden.

Letzte Aktualisierung: 22/03/2022

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