Prozesskostenhilfe

Portugal
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Welche Kosten sind mit einem Verfahren verbunden und wer hat sie normalerweise zu tragen?

Nach Artikel 529 der portugiesischen Zivilprozessordnung (Código de Processo Civil) umfassen die Kosten und Auslagen in Gerichtsverfahren Folgendes:

i. Gerichtsgebühren (taxa de justiça);

ii. fallbezogene Kosten (encargos);

iii. Kosten der Parteien (custas de parte).

Daraus ergibt sich:

i. Gerichtsgebühren müssen von jeder beteiligten Partei für die Einleitung der jeweiligen Verfahrenshandlungen gezahlt werden. Gerichtskosten werden nach dem Verfahrenswert oder der Komplexität des Falls gemäß der Gerichtskostenregelung (Regulamento das Custas Processuais) und den dieser Regelung beiliegenden Tabellen berechnet. Gerichtsgebühren werden entsprechend Artikel 5 der Gerichtskostenregelung in Rechnungseinheiten (unidades de conta – UC) angegeben. Im Jahr 2023 bleibt der Wert für eine Rechnungseinheit unverändert bei 102,00 EUR. Dieser Betrag kann sich mit der Zeit ändern.

ii. Fallbezogene Kosten sind Kosten, die infolge des Gerichtsverfahrens entstehen (Sachverständigenhonorare, Dolmetschdienste usw.), wenn solche Dienste von den Parteien beantragt oder vom Gericht angeordnet werden (vgl. Artikel 16 der Gerichtskostenregelung).

iii. Kosten der Parteien sind die von jeder Partei gezahlten Auslagen im Zusammenhang mit dem Verfahren; sie werden den Parteien entsprechend Artikel 26 der Gerichtskostenregelung erstattet, wenn die Gegenpartei den Rechtsstreit verliert (z. B. Ausgaben für Anwaltshonorare, Kosten des vom Gericht beigeordneten Vollstreckungsorgans usw.).

2 Was genau versteht man unter Prozesskostenhilfe?

Der Zugang zum Recht und zu den Gerichten wird im Gesetz Nr. 34/2004 vom 29. Juli 2004 garantiert.

Nach Artikel 6 des Gesetzes Nr. 34/2004 ist Rechtsschutz in zwei Formen verfügbar:

i. Rechtsberatung

ii. Prozesskostenhilfe.

Daraus ergibt sich:

i. Nach Artikel 14 und 15 des Gesetzes Nr. 34/2004 besteht Rechtsberatung in der fachlichen Klärung des auf bestimmte Probleme oder Fälle anwendbaren Rechts und kann von Rechtsanwälten geleistet werden.

ii. Nach Artikel 16 des Gesetzes Nr. 34/2004 umfasst Prozesskostenhilfe Folgendes:

  • Befreiung von Gerichtsgebühren und anderen fallbezogenen Kosten;
  • Beiordnung eines Rechtsbeistands (z. B. eines Rechtsanwalts oder Rechtsberaters) sowie Bezahlung seiner Gebühren und anderen Auslagen (wie z. B. Reisekosten);
  • Bezahlung der Gebühren eines vom Gericht beigeordneten Rechtsbeistands (etwa eines Rechtsanwalts in einem Strafverfahren);
  • Ratenzahlung der Gerichtsgebühren und anderer fallbezogener Kosten;
  • Beiordnung eines Rechtsbeistands und Ratenzahlung der entsprechenden Gebühren und Auslagen;
  • Ratenzahlung der Gebühren und Auslagen eines vom Gericht beigeordneten Rechtsbeistands;
  • Bestellung eines Gerichtsvollziehers und Zahlung der entsprechenden Gebühren (z. B. für die Zustellung einer Vorladung, für die notwendigen Maßnahmen zur Pfändung von Vermögenswerten sowie für andere Vollstreckungsmaßnahmen).

3 Unter welchen Voraussetzungen kann Prozesskostenhilfe gewährt werden?

Nach Artikel 7 des Gesetzes Nr. 34/2004 haben folgende Personengruppen Anspruch auf Rechtsschutz, wenn sie ihre finanzielle Bedürftigkeit nachweisen können:

  • portugiesische Staatsangehörige;
  • Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union;
  • ausländische und staatenlose Personen mit gültiger Aufenthaltserlaubnis in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union;
  • ausländische Personen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenn portugiesische Staatsangehörige in derselben Situation nach dem Recht dieser Staaten wie Ansässige behandelt würden;
  • nicht gewinnorientierte Organisationen, aber nur in Form von Prozesskostenhilfe.

Hinweis: Gewinnorientierte Gesellschaften und Einpersonenunternehmen mit beschränkter Haftung haben keinen Anspruch auf Rechtsschutz.

4 Wird Prozesskostenhilfe für alle Verfahrensarten gewährt?

Nach Artikel 17 des Gesetzes Nr. 34/2004 und Artikel 7 der ministeriellen Durchführungsverordnung Nr. 46/2015 (Portaria n.º46/2015) vom 23. Februar 2015 gelten die Prozesskostenhilferegelungen für:

  • alle Gerichte, unabhängig von der Verfahrensart;
  • Friedensrichter;
  • Einrichtungen der alternativen Streitbeilegung wie staatliche Mediation (mediação pública), z. B. Mediation in Familien- oder Arbeitsangelegenheiten;
  • Verfahren bei Registerämtern;
  • Inventarverfahren in Notariaten;
  • Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Links zum Thema:

Staatliche Familienmediation (auf Portugiesisch)

Staatliche Arbeitsmediation (auf Portugiesisch)

5 Gibt es besondere Verfahren für dringende Fälle?

In dringenden Fällen, wenn zum Zeitpunkt der Fälligkeit von Gerichtsgebühren oder anderen Kosten in Zusammenhang mit dem Verfahren noch keine endgültige Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe getroffen wurde, muss die antragstellende Person einen Nachweis vorlegen, dass Prozesskostenhilfe beantragt wurde, und dann wie folgt vorgehen (vgl. Artikel 29 Absatz 5 des Gesetzes Nr. 34/2004):

  1. Wenn die Entscheidung der zuständigen Sozialversicherungsstelle noch nicht bekannt ist, wird die Zahlungsfrist bis zur Mitteilung der Entscheidung an die antragstellende Person ausgesetzt.
  2. Wenn die Sozialversicherungsstelle bereits entschieden hat, Prozesskostenhilfe in Form von Ratenzahlung zu bewilligen, ist die erste Rate zehn Tage nach der Mitteilung der Entscheidung an die antragstellende Person fällig, unbeschadet einer späteren Rückzahlung bezahlter Beträge, wenn die Entscheidung widerrufen wird.
  3. Wenn die Sozialversicherungsstelle den Antrag bereits abgelehnt hat, ist die Zahlung zehn Tage nach der Mitteilung der Entscheidung an die antragstellende Person fällig, unbeschadet einer späteren Rückzahlung bezahlter Beträge, wenn die Entscheidung widerrufen wird.

Wenn seit Stellung des Antrags auf Rechtsschutz (Rechtsberatung oder Prozesskostenhilfe) eine Frist von 30 Tagen verstrichen ist, ohne dass eine Entscheidung mitgeteilt wurde, gilt der Antrag als stillschweigend bewilligt, und die betreffende Partei kann sich je nach Art des beantragten Rechtsschutzes vor dem Gericht oder der portugiesischen Anwaltskammer auf diese stillschweigende Bewilligung berufen (vgl. Artikel 25 des Gesetzes Nr. 34/2004).

6 Wo kann ich ein Formular zur Beantragung von Prozesskostenhilfe erhalten?

Die Formulare zum Antrag auf Bewilligung von Rechtsschutz in Form von Rechtsberatung oder einer anderen Art von Prozesskostenhilfe, einschließlich des Formulars zur Beantragung von Prozesskostenhilfe in einem anderen Mitgliedstaat, können hier (auf Portugiesisch) von der Website der portugiesischen Sozialversicherung heruntergeladen werden.

7 Welche Belege muss ich meinem Antrag auf Prozesskostenhilfe beilegen?

Die Liste der Unterlagen, die dem Antrag beigefügt werden müssen, kann dem Dokument „Rechtsschutz – Praxisleitfaden“ (Guia Prático Proteção Jurídica) entnommen werden, das vom portugiesischen Sozialversicherungsinstitut (Instituto da Segurança Social, I.P.) veröffentlicht wurde und auf der Seite „Praxisleitfäden“ (Guias Práticos) der Website der Sozialversicherung über einen der folgenden Links verfügbar ist:

Website der portugiesischen Sozialversicherung

Rechtsschutz – Praxisleitfaden (auf Portugiesisch)

8 Wo reiche ich meinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein?

Der Antrag und die beigefügten Dokumente können persönlich oder per Post, Fax oder E-Mail an jede Stelle des Sozialversicherungsinstituts übermittelt werden, die für den direkten Kontakt mit der Öffentlichkeit zuständig ist.

Eine Liste der zentralen Sozialversicherungsstellen für jeden Bezirk und der jeweiligen Anschriften, Faxnummern und E-Mail-Adressen ist hier (auf Portugiesisch) verfügbar.

9 Wie erfahre ich, ob ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

In der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe muss angegeben sein, welche Formen von Prozesskostenhilfe gewährt wurden; zuständig für die Entscheidung ist der leitende Beamte der Sozialversicherungsstelle des Gebiets, in dem die antragstellende Person wohnhaft oder ansässig ist. Falls die antragstellende Person nicht in Portugal wohnhaft ist, wird die Entscheidung von dem leitenden Beamten der Sozialversicherungsstelle getroffen, bei der der Antrag eingereicht wurde (vgl. Artikel 20 und 29 des Gesetzes Nr. 34/2004).

Nach Artikel 26 des Gesetzes Nr. 34/2004 muss die Entscheidung über die Bewilligung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe der antragstellenden Person bekannt gegeben werden. Diese Mitteilung wird in der Regel an die von der antragstellenden Person im Formular als Korrespondenzadresse genannte Anschrift gesandt.

10 Was sollte ich tun, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Wenn der antragstellenden Person ein Rechtsbeistand beigeordnet wird, wird ihr die Anschrift des betreffenden Rechtsbeistands bekannt gegeben, und sie wird auch darüber aufgeklärt, dass sie verpflichtet ist, uneingeschränkt mit ihm zusammenzuarbeiten; andernfalls riskiert sie den Entzug der Prozesskostenhilfe.

Damit Prozesskostenhilfe in Form einer vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen fallbezogenen Kosten, die dem Gericht entstanden, wirksam ist, muss die antragstellende Person innerhalb der Frist für die Zahlung der Gerichtsgebühren den Nachweis über die Bewilligung dieser Prozesskostenhilfe vorlegen.

11 Wer wählt meinen Rechtsanwalt aus, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Ein Rechtsbeistand wird von der portugiesischen Anwaltskammer beigeordnet, die die antragstellende Person gemäß Artikel 30 und 31 des Gesetzes Nr. 34/2004 davon in Kenntnis setzt.

12 Deckt die Prozesskostenhilfe sämtliche Kosten des Verfahrens?

Die Prozesskostenhilfe deckt die in Artikel 16 des Gesetzes Nr. 34/2004 vorgesehenen Kosten ab:

  • Gerichtsgebühren und andere fallbezogene Kosten;
  • Gebühren des Rechtsbeistands;
  • Gebühren des vom Gericht beigeordneten Rechtsbeistands;
  • Ratenzahlung der Gerichtsgebühren und anderer fallbezogener Kosten;
  • Ratenzahlung der Gebühren des Rechtsbeistands;
  • Ratenzahlung der Gebühren des vom Gericht beigeordneten Rechtsbeistands;
  • Kosten des vom Gericht bestellten Vollstreckungsorgans;
  • Kosten, die dadurch entstehen, dass es sich um eine grenzüberschreitende Rechtssache handelt, wenn die antragstellende Person in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft ist.

13 Wer trägt die sonstigen Kosten, wenn ich nur teilweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Gemäß Artikel 29 Absätze 4 und 5 des Gesetzes Nr. 34/2004 sind alle sonstigen Kosten von der antragstellenden Person zu tragen. Dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, dass der antragstellenden Person, wenn sie den Prozess gewinnt, nach Artikel 26 der Gerichtskostenregelung die ihr als Partei entstandenen Kosten erstattet werden.

14 Erstreckt sich die Prozesskostenhilfe auch auf Rechtsmittel?

Ja, Prozesskostenhilfe bleibt bei Rechtsmittelverfahren bestehen und deckt alle weiteren Verfahren im Zusammenhang mit dem Fall ab, für den sie gewährt wurde. Prozesskostenhilfe gilt auch im Hauptverfahren, wenn sie in einem damit verbundenen Verfahren gewährt wurde. Prozesskostenhilfe bleibt ferner bei allen Vollstreckungsverfahren bestehen, die sich aus richterlichen Entscheidungen in einem Verfahren ergeben, für das Prozesskostenhilfe gewährt wurde (vgl. Artikel 18 des Gesetzes Nr. 34/2004).

15 Kann die Prozesskostenhilfe vor Abschluss des Verfahrens entzogen (oder sogar nach Beendigung des Verfahrens widerrufen) werden?

Ja, Prozesskostenhilfe kann in den in Artikel 10 des Gesetzes Nr. 34/2004 vorgesehenen Fällen vor Abschluss des Verfahrens ganz oder teilweise widerrufen werden. Das bezieht sich auf Fälle, in denen die antragstellende Person oder ihre Familienangehörigen zu einem späteren Zeitpunkt über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. In diesem Fall ist die antragstellende Person verpflichtet, zu erklären, dass sie nun ganz oder teilweise ohne Prozesskostenhilfe auskommen kann; andernfalls kann eine Geldstrafe verhängt werden.

16 Kann ich gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vorgehen?

Wenn die Sozialversicherungsstelle den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, muss sie die Entscheidung der antragstellenden Person schriftlich bekannt geben und ihr eine Antwortfrist von zehn Tagen einräumen. Die antragstellende Person kann zusammen mit ihrer Antwort noch fehlende Nachweise oder weitere Belege übermitteln, die ihren Anspruch untermauern. Wenn die antragstellende Person nicht innerhalb einer Frist von zehn Werktagen antwortet, wird die Entscheidung rechtskräftig, ohne dass ein weiteres Schreiben an die antragstellende Person gesandt wird (vgl. Artikel 37 des Gesetzes Nr. 34/2004, der auf die portugiesische Verwaltungsverfahrensordnung (Código do Procedimento Administrativo) verweist).

Die antragstellende Person kann gerichtlich gegen die Entscheidung der Sozialversicherungsstelle vorgehen. In diesem Fall reicht die antragstellende Person innerhalb von 15 Tagen bei der Sozialversicherungsstelle, die die Entscheidung getroffen hat, einen schriftlichen Antrag zur Anfechtung der Entscheidung ein. Die Sozialversicherungsstelle kann die Entscheidung widerrufen. Wenn die Entscheidung nicht widerrufen wird, verweist die Sozialversicherungsstelle den Fall an das Gericht (vgl. Artikel 26 bis 28 des Gesetzes Nr. 34/2004).

17 Bewirkt der Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Aussetzung der Verjährungsfrist?

Ja, ein Antrag auf Prozesskostenhilfe kann eine Hemmung der Verjährungsfrist zur Folge haben.

Wird ein Antrag auf Prozesskostenhilfe mit der Bestellung eines Rechtsbeistands gestellt und das Dokument zur Bestätigung des Antrags beigefügt, wird die Verjährungsfrist fünf Tage nach Einreichung des Antrags auf Prozesskostenhilfe unterbrochen (Artikel 33 Absatz 4 des Gesetzes 23/2004 vom 29. Juli 2004 und Artikel 323 Absätze 1 und 2 des Zivilgesetzbuchs).

Die einschlägige Rechtsprechung kann hier konsultiert werden:

– Das Berufungsgericht Lissabon (Tribunal da Relação de Lisboa)

– Oberster Gerichtshof (Supremo Tribunal de Justiça)

Hinweis:

Die hier gemachten Angaben sind für die EJN-Kontaktstelle, für Gerichte und andere Einrichtungen und Behörden nicht verbindlich. Zudem sind stets die geltenden Rechtsvorschriften zu lesen, die regelmäßig aktualisiert werden und Änderungen der Auslegung durch die Rechtsprechung unterliegen.

Letzte Aktualisierung: 13/03/2024

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