Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

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Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe a – Zuständige Gerichte

Nach dem belgischen Gerichtsgesetzbuch (Code judiciaire/Gerechtelijk Wetboek) sind für den Erlass von Urteilen im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen der Friedensrichter (juge de paix/vrederechter), das Gericht Erster Instanz (tribunal de première instance/rechtbank van eerste aanleg) und das Unternehmensgericht (tribunal de l‘entreprise/ondernemingsrechtbank) sachlich zuständig.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe b – Kommunikationsmittel

Die für die Zwecke des Verfahrens zulässigen und den Gerichten nach Artikel 4 Absatz 1 zur Verfügung stehenden Übermittlungsarten bestehen in Belgien darin, dass das in Anhang I vorgegebene Formblatt A mit Beweisunterlagen direkt in der Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Gerichts erster Instanz eingereicht ODER mit den Beweisunterlagen an das örtlich zuständige Gericht per Einschreiben übermittelt werden kann.

Demnächst soll es auch möglich sein, das Formblatt A elektronisch zu übermitteln.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe c – Behörden oder Organisationen, die für die Erteilung praktischer Hilfe zuständig sind

Die Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts ist berechtigt, praktische Hilfestellung beim Ausfüllen der Formblätter zu leisten und allgemeine Informationen zu erteilen.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe d – Elektronische Zustellungs- und Kommunikationsmittel und die Mittel für die Zustimmung zu deren Verwendung

In Belgien werden Schriftstücke und Urteile in manchen Fällen von einem Gerichtsvollzieher (huissier de justice/gerechtsdeurwaarder) zugestellt (signification). Demnächst soll auch die elektronische Zustellung möglich sein.

Die Notifizierung (notification), d. h. die Zustellung ohne Einschaltung eines Gerichtsvollziehers, erfolgt auf dem Postweg oder, sofern dies gesetzlich zulässig ist, per Fax. Die Notifzierung soll demnächst auch elektronisch möglich sein.

Genauere Informationen zur Zustellung und Notifizierung von Schriftstücken und Urteilen sind auf der entsprechenden Seite im Europäischen Justizportal abrufbar.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe e – Personen oder Berufsgruppen, die verpflichtet sind, die Zustellung von Schriftstücken durch elektronische Übermittlung oder andere Arten des elektronischen Schriftverkehrs zu akzeptieren

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Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe f – Gerichtsgebühren und Zahlungsweise

Die Gerichtsgebühren (Ausgaben und Verfahrenskosten) sind in Artikel 1017 bis 1022 des Gerichtsgesetzbuches geregelt, die Zeugengebühr in Artikel 953 des Gerichtsgesetzbuches und die Registrierungsgebühren im Registrierungs-, Hypotheken- und Kanzleigebührengesetzbuch (Code des droits d'enregistrement, d'hypothèque et de greffe/Wetboek der registratie-, hypotheek- en griffierechten), insbesondere Artikel 142 ff. und Artikel 268 ff.

In Artikel 1018 des Gerichtsgesetzbuches sind die Verfahrenskosten im Einzelnen aufgeführt:

1. Verschiedene Gebühren, Kanzlei- und Registrierungsgebühren. Zu den Kanzleigebühren zählen Gebühren für die Eintragung in das Streitsachenverzeichnis, für die Vornahme bestimmter Handlungen durch den Greffier und Ausfertigungsgebühren (siehe Artikel 268 ff. des Registrierungs-, Hypotheken- und Kanzleigebührengesetzes).

Registrierungsgebühren sind für Verfahren mit einem Streitwert von mehr als 12 500 EUR (ohne Verfahrenskosten) zu entrichten; sie sind auf 3 % des Streitwerts begrenzt. Für geringfügige Forderungen fallen daher keine Registrierungsgebühren an.

2. Kosten der und die Bezüge und Besoldungen für gerichtliche Handlungen.

3. Kosten für die Ausfertigung eines Urteils.

4. Kosten für Untersuchungsmaßnahmen, insbesondere Gebühren für Zeugen und Sachverständige. Mit Königlichem Erlass vom 27. Juli 1972 wurde diese Gebühr auf 200 Francs pro Zeugen festgesetzt, was heute etwa 5 EUR entspricht. Zusätzlich werden Reisekosten erstattet.

Sachverständige können ihre Aufwendungen und Honorare für Gutachten selbst festsetzen. Sie müssen aber eine genaue Kostenaufstellung vorlegen. Bei der abschließenden Prüfung der Gesamtkosten kann das Gericht den Betrag kürzen, wenn beispielsweise unnötige Ausgaben in Rechnung gestellt wurden.

5. Reisekosten und Spesen für Magistrate, Greffiers und Parteien, wenn sie auf Anordnung des Gerichts anreisen müssen, sowie Beurkundungskosten, wenn diese ausschließlich im Hinblick auf den Prozess gemacht worden sind.

6. Verfahrensentschädigung (Artikel 1022 des Gerichtsgesetzbuches). Sie ist von der unterlegenen Partei zu zahlen. Es handelt sich um einen Pauschalbetrag für die Aufwendungen und Honorare des Anwalts der obsiegenden Partei. Die Beträge sind an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Jede Veränderung um plus oder minus 10 Punkte bewirkt eine Anhebung oder eine Reduzierung des Betrags um 10 %.

Streitwert

Grund-betrag*

Mindest-betrag*

Höchstbetrag*

Bis 250,00 EUR

180,00 EUR

90,00 EUR

360,00 EUR

Von 250,01 bis 750,00 EUR

240,00 EUR

150,00 EUR

600,00 EUR

Von 750,01 bis 2500,00 EUR

480,00 EUR

240,00 EUR

1200,00 EUR

*Neue Beträge ab 1. Juni 2016.

Arbeitsgericht (Sonderregelung)

Streitwert

Grund-betrag*

Mindest-betrag*

Höchstbetrag*

Bis 250,00 EUR

43,75 EUR

31,75 EUR

55,75 EUR

Bis 620,00 EUR

87,43 EUR

59,43 EUR

105,43 EUR

Bis 2500,00 EUR

131,18 EUR

107,18 EUR

155,18 EUR

7. Gebühren, Vergütung und Kosten eines nach Artikel 1734 des Gerichtsgesetzbuches bestellten Vermittlers

Aus den oben genannten Gründen fallen in jedem Verfahren andere Kosten an. Die Höhe der Kosten hängt beispielsweise davon ab, ob das Verfahren gewonnen wurde, ob Sachverständige bestellt wurden, ob Zeugen befragt wurden, ob Richter ins Ausland reisen mussten, ob ein Vermittler benötigt wurde usw.

Kanzleigebühren sind im Voraus zu entrichten; andernfalls wird die Sache nicht in das Streitsachenverzeichnis aufgenommen. Bevor Sachverständige ihre Arbeit aufnehmen, muss eine Anzahlung geleistet werden. Wer die Anhörung eines Zeugen beantragt, muss die Kosten im Voraus beim Greffier entrichten. Bleibt die Zahlung aus, wird angenommen, dass der Antrag auf Zeugenanhörung zurückgezogen wurde.

Die Zahlung kann per Überweisung oder Einzahlung, durch elektronische Überweisung, bar oder per Scheck auf Namen der Geschäftsstelle erfolgen (die letztgenannte Zahlungsweise ist Rechtsanwälten und Gerichtsvollziehern vorbehalten).

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe g – Rechtsmittel und für diese Rechtsmittel zuständige Gerichte

Rechtsmittel gemäß Artikel 17 der Verordnung können nach belgischem Zivilverfahrensrecht eingelegt werden. Rechtsmittel sind beim sachlich zuständigen Gericht erster Instanz, Handelsgericht oder Berufungsgericht nach Maßgabe des Gerichtsgesetzbuches einzulegen. Welches Berufungsgericht örtlich zuständig ist, ist dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen zu entnehmen.

Nach Artikel 1051 des belgischen Gerichtsgesetzbuches sind vorbehaltlich anderer in zwingenden supranationalen oder internationalen Rechtsvorschriften vorgesehener Fristen Rechtsmittel innerhalb eines Monats ab Zustellung oder Notifizierung des Urteils gemäß Artikel 792 Absätze 2 und 3 des Gerichtsgesetzbuches einzulegen. Analog dazu sind Rechtsmittel im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen grundsätzlich innerhalb eines Monats ab Zustellung oder Notifizierung des vom zuständigen Gericht erlassenen Urteils gemäß Artikel 13 der Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen einzulegen.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe h – Verfahren für die Beantragung einer Überprüfung und dafür zuständige Gerichte

Dem jeweiligen Sachverhalt entsprechend sieht das belgische Recht mehrere Möglichkeiten für die Beantragung der Überprüfung eines Urteils vor:

- Erstens können nach Artikel 1051 des Gerichtsgesetzbuches (Code judiciaire/Gerechtelijk Wetboek) innerhalb eines Monats ab Zustellung oder in manchen Fällen ab Notifzierung des Urteils gemäß Artikel 792 Absätze 2 und 3 des Gesetzbuches Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob beide Parteien vor Gericht erschienen sind.

- Zweitens kann nach Artikel 1048 des Gerichtsgesetzbuches ein Antrag auf Aufhebung eines Versäumnisurteils innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils gemäß Artikel 792 Absätze 2 und 3 des Gerichtsgesetzbuches gestellt werden.

Die oben genannten Fristen für das Einlegen eines Rechtsmittels oder einen Antrag auf Aufhebung eines Urteils gelten:

- vorbehaltlich anderer in zwingenden supranationalen oder internationalen Rechtsvorschriften festgelegter Fristen;

- unbeschadet der nach Artikel 50 des Gerichtsgesetzbuches bestehenden Möglichkeit, eine zwingend einzuhaltende Frist unter bestimmten gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen zu verlängern;

- unbeschadet der Möglichkeit, den wiederholt durch den belgischen Kassationsgerichtshof bestätigten allgemeinen Rechtsgrundsatz anzuwenden, wonach die Fristen für die Vornahme einer Rechtshandlung zugunsten einer Partei verlängert werden können, wenn diese durch höhere Gewalt an der fristgerechten Vornahme gehindert war.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe i – Zulässige Sprachen

Für die Zwecke des Artikels 21a Absatz 1 akzeptiert Belgien nach belgischem Recht keine andere Sprache als die Amtssprache bzw. eine der Amtssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird.

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe j – Für die Vollstreckung zuständige Behörden

In Belgien sind für die Vollstreckung von Gerichtsurteilen in einem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen die Gerichtsvollzieher zuständig.

Für Maßnahmen nach Artikel 23 der Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen ist in erster Linie der Pfändungsrichter (juge des saisies/beslagrechter) des Ortes zuständig, an dem die Vollstreckung vorgenommen werden soll. Nach Artikel 1395 des belgischen Gerichtsgesetzbuches ist der Pfändungsrichter für alle Anträge im Zusammenhang mit einer Pfändung oder Vollstreckung zuständig. Die örtliche Zuständigkeit regelt Artikel 633 des Gerichtsgesetzbuches.

Das Gerichtsgesetzbuch regelt auch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz. Nach Artikel 569 Absatz 5 des Gerichtsgesetzbuches ist das Gericht erster Instanz, dem der Pfändungsrichter angehört, für Einsprüche gegen die Vollstreckung von Urteilen und Anordnungen zuständig. Das Gericht erster Instanz einschließlich des Pfändungsrichters hat auch eine bedingte umfassende Zuständigkeit nach Artikel 568 des Gerichtsgesetzbuches.

Letzte Aktualisierung: 19/05/2023

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