Elterliche Sorge und Umgangsrecht/Besuchsrecht

Niederlande
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Was bedeutet der Ausdruck "Elterliche Verantwortung" in der Praxis? Was sind die Rechte und Pflichten des Inhabers elterlicher Verantwortung?

Der Begriff „elterliche Verantwortung“ bezeichnet die Aufsicht über ein minderjähriges Kind und die Verantwortung, dieses Kind aufzuziehen und für es zu sorgen.

In Artikel 247 Buch 1 des Zivilgesetzbuches (Burgerlijk Wetboek) ist diesbezüglich Folgendes festgelegt:

1. Die elterliche Sorge umfasst die Rechte und Pflichten der Eltern, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen und es aufzuziehen.

2. „Für [das minderjährige Kind] zu sorgen und es aufzuziehen“ beinhaltet die Verantwortung, für das mentale und physische Wohlergehen und die Sicherheit des Kindes zu sorgen sowie die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu fördern. Dabei dürfen die Eltern weder psychische oder physische Gewalt noch eine andere Form der Demütigung anwenden.

3. Im Rahmen der elterlichen Sorge ist ein Elternteil verpflichtet, die Beziehung des Kindes zu dem anderen Elternteil zu fördern.

4. Ein Kind, für das die Eltern das gemeinsame Sorgerecht innehaben, hat nach Auflösung der Ehe (außer infolge eines Todesfalls), nach der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, nach der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft (außer infolge eines Todesfalls) oder nach Beendigung des Zusammenlebens, wenn eine Erklärung gemäß Artikel 252 Absatz 1 abgegeben wurde, weiterhin Anspruch darauf, dass beide Elternteile in gleicher Weise für es sorgen und es aufziehen.

5. Zur Umsetzung von Absatz 4 können die Eltern in einer Vereinbarung oder einem Elternplan praktische Hindernisse berücksichtigen, die nach der Auflösung der Ehe (außer infolge eines Todesfalls), nach der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, nach der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft (außer infolge eines Todesfalls) oder nach Beendigung des Zusammenlebens, wenn eine Erklärung gemäß Artikel 252 Absatz 1 abgegeben wurde, aufkommen könnten, aber nur wenn und solange die entsprechenden Hindernisse bestehen.

2 Wer hat generell die elterliche Verantwortung für ein Kind?

Die Eltern haben die Befugnis und Verantwortung, für ihr Kind zu sorgen und es aufzuziehen. Es gibt jedoch Ausnahmen zu dieser Regel.

3 Kann eine andere Person statt der Eltern ernannt werden, wenn diese die elterliche Verantwortung für ihre Kinder nicht ausüben können oder wollen?

Wollen die Eltern die elterliche Sorge oder Verantwortung nicht ausüben oder sind sie nicht dazu in der Lage, kann das Gericht sie auf eine andere Person übertragen.

4 Wie wird die Frage elterlicher Verantwortung für die Zukunft geregelt, wenn sich die Eltern scheiden lassen oder trennen?

Nach einer Scheidung behalten beide Elternteile die elterliche Sorge für ihre Kinder, sie sind also beide weiterhin für die Erziehung und Betreuung der Kinder zuständig. Es gibt jedoch Ausnahmen zu dieser Regel. In bestimmten Fällen kann das Sorgerecht vom Gericht auf Antrag an einen Elternteil übertragen werden. Die Elternschaft (per Definition nicht gleichzusetzen mit elterlicher Sorge) und die damit verbundenen Rechte und Pflichten können auch durch einen Elternplan, der im Falle einer Scheidung erstellt wird, anders geregelt werden.

5 Welche Formalitäten müssen beachtet werden, um eine Einigung der Eltern über die elterliche Verantwortung rechtlich bindend zu machen?

Im Falle einer Scheidung werden die vereinbarten Vorkehrungen in einem Elternplan festgelegt, der von dem Gericht überprüft wird. Das Gericht verkündet die Scheidung.

Siehe auch: https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/scheiden/vraag-en-antwoord/checklist-bij-scheiden-of-uit-elkaar-gaan

6 Was sind andere Wege der Konfliktlösung, ohne vor Gericht zu gehen, wenn die Eltern nicht zu einer Einigung über die elterliche Verantwortung kommen können?

Die Mediation ist ein mögliches Verfahren, um Streitigkeiten zwischen Eltern beizulegen.

7 Welche Angelegenheiten kann der Richter in Bezug auf das Kind entscheiden, wenn die Eltern vor Gericht gehen?

Die Gerichtsentscheidung umfasst alle im Elternplan enthaltenen Elemente, einschließlich des Sorgerechts, der Aufgabenteilung bei der Sorge für das Kind sowie bei dessen Erziehung und der Wahl des Hauptwohnsitzes des Kindes.

8 Bedeutet es, wenn das Gericht entscheidet, dass ein Elternteil die alleinige elterliche Verantwortung für ein Kind hat, dass er oder sie alle Angelegenheiten in Bezug auf das Kind entscheiden kann, ohne sich zuerst mit dem anderen Elternteil zu beraten?

Nein. Der sorgeberechtigte Elternteil ist verpflichtet, den nicht sorgeberechtigten Elternteil über wichtige Themen in Bezug auf die Person [HM-B1] und das Vermögen des Kindes zu informieren und diesen bei Entscheidungen, die das Kind betreffen, miteinzubeziehen. Der sorgeberechtigte Elternteil hat jedoch die endgültige Entscheidungsmacht.

9 Was bedeutet es in der Praxis, wenn das Gericht entscheidet, dass die Eltern die gemeinsame elterliche Verantwortung für ein Kind haben?

Es bedeutet, dass beide Elternteile die gleichen Rechte und Pflichten haben wie ein sorgeberechtigter Elternteil (siehe Frage 1), es sei denn, im Elternplan wurde eine andere Aufgabenteilung in Bezug auf die Betreuung und Erziehung des Kindes festgelegt.

10 An welches Gericht oder welche Behörde soll ich mich wenden, um einen Antrag in Bezug auf die elterliche Verantwortung zu stellen? Welche Formalitäten müssen beachtet werden und welche Schriftstücke muss ich meinem Antrag beifügen?

Um das Sorgerecht für ein Kind zu erhalten, muss bei dem für den Wohnsitz des Kindes zuständigen Gericht ein Antrag gestellt werden. Die benötigten Dokumente hängen von der Situation der Eltern und des Kindes ab. Informationen zu den erforderlichen Dokumenten finden Sie unter Verfahrensordnung (procesreglement) Sorgerecht und Umgang (Gezag en omgang). Eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt kann dabei behilflich sein.

11 Welches Verfahren findet in diesen Fällen Anwendung? Gibt es ein Eilverfahren?

Für die genannte Situation gibt es keine besonderen Verfahren. Ja, Verfahren zur Durchsetzung vorläufiger Maßnahmen sind möglich.

12 Kann ich Verfahrenskostenhilfe bekommen, um die Kosten des Verfahrens zu decken?

Ja, Prozesskostenhilfe kann in Anspruch genommen werden, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Weitere Informationen zu diesem Thema können auf der Website des Rats für Rechtshilfe (Raad voor Rechtsbijstand) gefunden werden.

13 Ist es möglich, einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung in Bezug auf die elterliche Verantwortung einzulegen?

Ja, Beschwerden können beim Berufungsgericht (gerechtshof) eingelegt werden.

14 In bestimmten Fällen kann es erforderlich sein, sich an ein Gericht oder eine andere Behörde zu wenden, um eine Entscheidung zur elterlichen Verantwortung zu vollstrecken. Welches Verfahren findet in solchen Fällen Anwendung?

In diesem Fall findet das ordentliche Gerichtsverfahren Anwendung.

15 Was soll ich tun, um eine Entscheidung zur elterlichen Verantwortung, die in einem anderen Mitgliedstaat ergangen ist, in diesem Mitgliedstaat anerkennen und vollstrecken zu lassen?

Grundsätzlich muss dazu nichts unternommen werden. Wenn der Mitgliedstaat Vertragspartei der Brüssel-IIa-Verordnung ist, geschieht es automatisch. Diese Verordnung gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme Dänemarks).

16 An welches Gericht in diesem Mitgliedstaat soll ich mich wenden, um mich gegen die Anerkennung einer Entscheidung zur elterlichen Verantwortung zu wenden, die von einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats getroffen wurde? Welches Verfahren findet in solchen Fällen Anwendung?

Rechtsbehelfe müssen bei dem Gericht des Landes, in dem die Entscheidung ergangen ist, eingelegt werden.

In den Niederlanden ist bei Familienangelegenheiten der Beistand einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts erforderlich, wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird. Die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt kann den Rechtsbehelf bei der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts einlegen. Nach Entscheidung des Gerichts in einer Familienangelegenheit hat die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt drei Monate Zeit, um einen Rechtsbehelf einzulegen. Beim Berufungsgericht wird diese Frist strengstens eingehalten. Der Tag, an dem die Geschäftsstelle den Antrag auf Einlegung eines Rechtsbehelfs erhält, gilt offiziell als der Tag, an dem der Rechtsbehelf eingelegt wurde.

17 Welches Recht ist in einem Verfahren zur elterlichen Verantwortung anwendbar, wenn das Kind oder die Beteiligten nicht in diesem Mitgliedstaat leben oder unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben?

Niederländische Gerichte wenden ausschließlich niederländisches Recht an.

 

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Letzte Aktualisierung: 07/02/2024

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