Elterliche Sorge und Umgangsrecht/Besuchsrecht

Frankreich
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Was bedeutet der Ausdruck "Elterliche Verantwortung" in der Praxis? Was sind die Rechte und Pflichten des Inhabers elterlicher Verantwortung?

In Frankreich ist die elterliche Sorge als eine Reihe von Rechten und Pflichten definiert, die dem Wohl des Kindes dienen.

Die Eltern tragen die elterliche Sorge bis zur Volljährigkeit des Kindes bzw. bis dieses für volljährig erklärt wurde.

Eltern haben die Pflicht, für die Sicherheit, Gesundheit und moralischen Werte ihrer Kinder zu sorgen, sie zu erziehen und ihnen eine ihrer Persönlichkeit angepasste Entwicklung zu ermöglichen.

Die Eltern haben außerdem (insbesondere, wenn sie getrennt sind) festzulegen, wo das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie müssen ihrem Kind ein Zuhause bieten oder – falls ihnen das nicht möglich ist – ihr Kind bei einem Dritten unterbringen.

Mütter und Väter haben das Recht und die Pflicht zur Aufsicht und müssen sich um ihre Kinder – unter Berücksichtigung von deren täglichen Bedürfnissen – kümmern. Sie können den Umgang von Kindern mit Dritten im Hinblick auf deren Alter beaufsichtigen oder sogar verbieten. Außerdem müssen Eltern das Recht der Kinder auf eine persönliche Beziehung zu ihren Großeltern respektieren.

Eltern sind des Weiteren für die Bildung ihrer Kinder verantwortlich. Dazu gehören Schulbildung und berufliche Bildung, aber auch Sittlichkeit und gesellschaftliches Engagement. Sie entscheiden außerdem – unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Kindes – über dessen Glaubensrichtung. Auch über notwendige medizinische Behandlungen des Kindes entscheiden die Eltern.

Da sie die elterliche Sorge ausüben, sind Mütter und Väter gleichzeitig auch gesetzliche Vertreter ihrer Kinder und vertreten sie in dieser Eigenschaft in allen zivilrechtlichen Angelegenheiten und verwalten ihr Vermögen.

Unabhängig davon, ob sie die elterliche Sorge ausüben oder nicht, hat jeder Elternteil entsprechend seinen Mitteln und den Bedürfnissen des Kindes zum Unterhalt und zur Erziehung der Kinder beitragen.

2 Wer hat generell die elterliche Verantwortung für ein Kind?

Eltern tragen die elterliche Sorge zu gleichen Teilen. Der Begriff „elterliche Gewalt“ wurde in Frankreich im Jahr 1970 abgeschafft.

Die elterliche Sorge zu tragen heißt nicht automatisch, dass man diese auch ausübt. Ein Elternteil kann die elterliche Sorge tragen, ohne diese auszuüben.

Grundsätzlich üben beide Elternteile die elterliche Sorge gemeinsam aus, es sei denn, die verspätete Anerkennung der Vaterschaft erfolgt mehr als ein Jahr nach der Geburt des Kindes (in diesem Fall kann die elterliche Sorge nur durch eine gemeinsame Erklärung vor einem Gericht oder durch eine Entscheidung des Familienrichters (juge aux affaires familiales) gemeinsam ausgeübt werden). In diesem Fall übt die Mutter die elterliche Sorge also gegebenenfalls alleine aus; grundsätzlich wird sie jedoch von beiden Elternteilen ausgeübt.

Eltern, die die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, müssen auch Entscheidungen in wichtigen das Kind betreffenden Angelegenheiten gemeinsam treffen (Umzug, Schulwechsel, chirurgische Eingriffe usw.).

Ein Elternteil, der die elterliche Sorge zwar trägt, diese aber nicht ausübt, muss dennoch über wichtige Entscheidungen informiert werden, die der andere Elternteil getroffen hat, um sein Recht und seine Pflicht der „Aufsicht“ wahrnehmen zu können. Der andere Elternteil muss über wichtige Entscheidungen unter anderem deshalb informiert werden, um bei Ernstfällen gegebenenfalls das Jugendamt oder Gericht einschalten zu können. Ein Elternteil, der die elterliche Sorge nicht ausübt, ist nach wie vor verpflichtet, zum Unterhalt und zur Bildung des Kindes beizutragen, und hat aus diesem Grund möglicherweise Kindesunterhalt zu zahlen. Das Gericht kann die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge anordnen oder aber einem Elternteil die alleinige elterliche Sorge zusprechen.

3 Kann eine andere Person statt der Eltern ernannt werden, wenn diese die elterliche Verantwortung für ihre Kinder nicht ausüben können oder wollen?

Wenn Eltern vorübergehend nicht in der Lage sind, für ihre Kinder zu sorgen, können sie diese in die Obhut Dritter übergeben. Es ist ebenfalls möglich, bei einem Gericht die Übertragung der elterlichen Sorge an Dritte zu beantragen. Diese Übertragung geschieht auf freiwilliger Basis.

Wenn Eltern ihr Kind gefährden, kann das Gericht, an das der Fall – entweder von beiden oder einem Elternteil, der Person, der das Kind anvertraut wurde, dem Vormund des Minderjährigen, dem Minderjährigen selbst oder dem Staatsanwalt – verwiesen wurde, die Unterbringung des Kindes anordnen und es entweder in die Obhut eines Dritten oder des Kinderschutzdienstes (Aide Sociale à l'Enfance) unter der Aufsicht des Präsidenten des Regionalrats (Conseil départemental) übergeben.

Wenn Eltern offensichtlich kein Interesse haben oder nicht in der Lage sind, die elterliche Sorge entweder ganz oder teilweise auszuüben, kann die Person, die Einrichtung oder der Kinderschutzdienst, bei dem das Kind untergebracht wurde, oder ein Familienangehöriger vor Gericht eine Klage auf vollständige oder teilweise Übertragung der elterlichen Sorge erheben. Manchmal spricht man dabei von vollstreckter Übertragung der elterlichen Sorge.

Wenn Eltern eine Sicherungsmaßnahme auferlegt wird (z. B. Vormundschaft oder Pflegschaft), wird ihnen nicht zwangsläufig die Ausübung der elterlichen Sorge verwehrt. Unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen kann die Ausübung der elterlichen Sorge oder Vormundschaft zugunsten des Kindes trotzdem übertragen werden.

Sind die Eltern verstorben oder wurde ihnen die Ausübung der elterlichen Gewalt entzogen (insbesondere einem Elternteil, der abwesend oder nicht in der Lage ist, seinen Willen zu äußern), wird eine Vormundschaft eingerichtet. Es wird ein Familienrat, bestehend aus mindestens vier Personen (die unter Berücksichtigung der Interessen des Kindes ausgewählt werden), einberufen; aus seinen Mitgliedern werden ein Vormund und ein stellvertretender Vormund ernannt. Die Vormundschaft wird von einem Richter des Familiengerichts überwacht, der als Richter für die Vormunde von Minderjährigen fungiert.

Bei der elterlichen Sorge handelt es sich um eine Aufgabe der öffentlichen Ordnung; sie ist ein unveräußerliches Recht. Eltern können sich der elterlichen Sorge nicht entziehen.

Im Hinblick auf die Ausübung der elterlichen Sorge können sie bestimmte Anträge stellen oder beschließen, dass nur einer der beiden Elternteile die elterliche Sorge ausübt. Das muss jedoch mit dem Wohl des Kindes vereinbar sein.

Um über die Ausübung der elterlichen Sorge zu befinden ist – sofern nicht anders vereinbart wurde – eine gerichtliche Entscheidung erforderlich. Die Übertragung der elterlichen Sorge an Dritte unterliegt stets der gerichtlichen Aufsicht.

4 Wie wird die Frage elterlicher Verantwortung für die Zukunft geregelt, wenn sich die Eltern scheiden lassen oder trennen?

Die Trennung der Eltern hat keine Auswirkungen auf die Vorschriften über die Übertragung der elterlichen Sorge. Beide Elternteile müssen sowohl weiterhin für die Kinder sorgen als auch gemeinsame Entscheidungen im Interesse der Kinder treffen.

Können sie sich nicht einigen, entscheidet der Familienrichter über die Modalitäten der Ausübung der elterlichen Sorge im Scheidungsverfahren oder im Verfahren über die Ausübung der elterlichen Sorge, wobei er Folgendes berücksichtigt:

1. die bisherige Vorgehensweise der Eltern oder etwaige Vereinbarungen, die diese zuvor getroffen haben;

2. die vor dem Richter zum Ausdruck gebrachten Ansichten des minderjährigen Kindes;

3. die Fähigkeit jedes Elternteils, seine Aufgaben wahrzunehmen und die Rechte des anderen Elternteils zu achten;

4. das Ergebnis etwaiger Sachverständigengutachten, insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Kindes;

5. die Informationen, die im Rahmen von Anfragen oder Gegenuntersuchungen des Jugendamts eingeholt wurden;

6. die Ausübung physischen oder psychischen Drucks oder entsprechender Gewalt seitens eines Elternteils gegenüber dem anderen Elternteil.

5 Welche Formalitäten müssen beachtet werden, um eine Einigung der Eltern über die elterliche Verantwortung rechtlich bindend zu machen?

Die Eltern können sämtliche im Interesse ihres Kindes zu ergreifenden Maßnahmen selbst vereinbaren und allein oder mit Hilfe eines Mediators und/oder ihrer Anwälte eine Elternvereinbarung ausarbeiten.

Sie können dann den Familienrichter um Genehmigung der Vereinbarung ersuchen, in der die Modalitäten für die Ausübung der elterlichen Sorge und der Beitrag zum Unterhalt und zur Erziehung des Kindes festgelegt werden, um besagte Vereinbarung für vollstreckbar zu erklären.

Der Richter ist nicht befugt, die Vereinbarung abzuändern und genehmigt sie, es sei denn, er stellt fest, dass sie die Interessen des Kindes nicht angemessen schützt oder die Eltern ihre Zustimmung nicht freiwillig erteilt haben. Der Richter kann eine Entscheidung ohne vorherige Anhörung treffen.

Bei einer einvernehmlichen Scheidung können beide Elternteile zusammen mit ihren Anwälten die Modalitäten für die Ausübung der elterlichen Sorge auch in ihrer Scheidungsvereinbarung festlegen. Die Vereinbarung wird nach einer Bedenkzeit von mindestens 15 Tagen von beiden Ehegatten und ihren Anwälten unterzeichnet und das Original bei einem Notar hinterlegt, wodurch es vollstreckbar wird.

Außer im Falle einer in einer anwaltlichen Urkunde festgehaltenen einvernehmlichen Scheidung mit bei einem bei einem Notar hinterlegten Original bedarf es daher der Mitwirkung eines Richters, um eine Vereinbarung zwischen den Eltern über die Modalitäten der Ausübung der elterlichen Gewalt durchsetzbar zu machen.

6 Was sind andere Wege der Konfliktlösung, ohne vor Gericht zu gehen, wenn die Eltern nicht zu einer Einigung über die elterliche Verantwortung kommen können?

Können die Eltern keine Einigung erzielen, möchten aber auch nicht vor Gericht gehen, können Sie auf eigenen Wunsch an einer Familienmediation teilnehmen.

Ziel der Familienmediation ist es, die Kommunikation zwischen den Eltern wieder in Gang zu bringen, damit diese sich unter Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse und insbesondere der Bedürfnisse der Kinder gemeinsam einigen können. Die Mediation bietet Raum für Diskussion mit dem Ziel, den Konflikt zu lösen, das gegenseitige Verständnis und Vertrauen zu stärken und so geeignete Lösungen sowohl für die familiären als auch für die finanziellen Aspekte zu finden. Können sich die Eltern nicht einigen, so können sie den Fall an einen Richter verweisen und, wenn eine Einigung erzielt wird, ihre Zustimmung von einem Richter bestätigen oder in die Vereinbarung über eine einvernehmliche Scheidung aufnehmen lassen.

7 Welche Angelegenheiten kann der Richter in Bezug auf das Kind entscheiden, wenn die Eltern vor Gericht gehen?

Für die Entscheidung über die Ausübung der elterlichen Sorge sind Familienrichter zuständig.

Diese können entweder einem Elternteil die alleinige oder beiden Elternteilen die gemeinsame elterliche Sorge zusprechen.

Sollten sich die Eltern nicht einig sein, können die Richter einen von ihnen ermächtigen, eine einmalige Entscheidung – welche grundsätzlich die Zustimmung beider erfordern würde – zu treffen (z. B. in Bezug auf einen Wohnort- oder Schulwechsel des Kindes oder eine Operation).

Familienrichter können darüber hinaus die Verbringung eines minderjährigen Kindes außer Landes ohne die Zustimmung beider Elternteile verbieten (insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass ein Elternteil mit dem Kind ins Ausland geht und nicht die Absicht hat, zurückzukehren, wodurch die Rechte des anderen Elternteils verletzt würden).

Die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes (entweder bei einem Elternteil oder abwechselnd bei beiden) wird grundsätzlich an einen Richter verwiesen. Hat das Kind nur bei einem Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt, legt der Richter für den anderen Elternteil ein Umgangs- und Unterbringungsrecht (oder nur ein Umgangsrecht tagsüber) fest.

Wenn das Kind gefährdet ist, kann der Richter entscheiden, dass der umgangsberechtigte Elternteil das Kind an einem neutralen Ort unter Aufsicht von Fachleuten trifft. Dabei handelt es sich in der Regel um eine eigens dafür gestaltete Umgebung mit Sozialarbeitern und Psychologen.

Der Familienrichter ist ferner für die Festsetzung eines Beitrags für den Unterhalt und die Erziehung des Kindes zuständig, der von der unterhaltspflichtigen Partei zu zahlen ist. Dabei handelt es sich in der Regel um monatliche Unterhaltszahlungen, die von einem Elternteil an den anderen Elternteil geleistet werden.

8 Bedeutet es, wenn das Gericht entscheidet, dass ein Elternteil die alleinige elterliche Verantwortung für ein Kind hat, dass er oder sie alle Angelegenheiten in Bezug auf das Kind entscheiden kann, ohne sich zuerst mit dem anderen Elternteil zu beraten?

Legt der Richter fest, dass das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei einem Elternteil hat, so übt der andere Elternteil – sofern nichts anderes entschieden wurde – mit dem sorgeberechtigten Elternteil weiterhin gemeinsam die elterliche Sorge aus, auch wenn das Kind nicht bei ihm wohnt. Beide Eltern haben wichtige Entscheidungen weiterhin gemeinsam zu treffen. Können sie sich diesbezüglich nicht einigen, wird ein Richter mit der Angelegenheit befasst. Zum Wohl des Kindes kann der Richter einem Elternteil auch die alleinige elterliche Sorge zusprechen. Eine Entscheidung diesbezüglich kann getroffen werden, wenn ein Elternteil nicht zurechnungsfähig, desinteressiert, nicht erreichbar oder dauerhaft verhindert ist und wenn es dem Wohl des Kindes dient, dass die Entscheidung unverzüglich getroffen wird.

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge entzogen wurde, behält das Recht auf Mitsprache bezüglich der Erziehung des Kindes und ist über wichtige das Kind betreffende Entscheidungen zu informieren.

9 Was bedeutet es in der Praxis, wenn das Gericht entscheidet, dass die Eltern die gemeinsame elterliche Verantwortung für ein Kind haben?

Das Konzept des „Sorgerechts für Kinder“ wurde im französischen Familienrecht im Jahr 1987 abgeschafft.

Der im französischen Recht verwendete Begriff „gemeinsames Sorgerecht“ (garde conjointe) kann im weiten Sinne als gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge oder im engeren Sinne dahingehend ausgelegt werden, dass das Kind zwischen den Wohnsitzen beider Elternteile wechselt (manchmal als „wechselndes Sorgerecht“ bezeichnet, obwohl dieser Begriff rechtlich unzutreffend ist; es sollte „wechselnder fester Wohnsitz“ heißen).

Die Eltern üben die elterliche Sorge grundsätzlich gemeinsam aus, ohne dass es einer richterlichen Entscheidung bedarf. Der Grundsatz der gemeinsamen Elternschaft ist im französischen Recht verankert. Das bedeutet, dass jeder Elternteil gleichermaßen am Leben und der Erziehung des Kindes beteiligt ist und ihm die notwendige tägliche Betreuung bietet.

Die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge bedeutet, dass die Eltern alle wichtigen das Kind betreffenden Entscheidungen gemeinsam treffen.

Das Kind kann auch jeweils abwechselnd (wochenweise) bei einem Elternteil wohnen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Eltern nahe beieinander wohnen und gut miteinander auskommen. Ein wechselnder Wohnsitz bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Kind bei jedem Elternteil gleich viel Zeit verbringt.

Häufig üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus, das Kind hat jedoch nur bei einem Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt, während für den anderen Elternteil ein Umgangs- und Unterbringungsrecht festgelegt wird.

10 An welches Gericht oder welche Behörde soll ich mich wenden, um einen Antrag in Bezug auf die elterliche Verantwortung zu stellen? Welche Formalitäten müssen beachtet werden und welche Schriftstücke muss ich meinem Antrag beifügen?

Für Angelegenheiten bezüglich der elterlichen Sorge sind Familienrichter zuständig; diese Angelegenheiten können ganz einfach im Rahmen eines von einem oder beiden Elternteilen gestellten Antrags oder durch ein von einem Gerichtsvollzieher ausgestellten Schriftstück bei einem Urkundsbeamten eingereicht werden.

Die Verhandlung erfolgt mündlich; die Parteien können, müssen sich aber nicht von einem Rechtsanwalt vertreten oder unterstützen lassen.

Im Antrag sind Name, Vorname und Anschrift der Parteien (oder gegebenenfalls die letzte bekannte Anschrift des Antragsgegners) anzugeben. Der Antrag enthält den Gegenstand der Klage und erläutert kurz die Gründe. Er ist von der Person, die ihn einreicht (oder ihrem Rechtsanwalt) mit Datum zu versehen und zu unterzeichnen.

Der Elternteil, der den Fall an den Richter verweist, muss Folgendes vorlegen:

- eine vollständige Kopie der Geburtsurkunde jedes Kindes, auf das sich der Antrag bezieht;

- etwaige vorangegangene Gerichtsentscheidungen;

- eine Kopie des Ausweises des Elternteils;

- ein Wohnungsnachweis (z. B. Mietvertrag, Stromrechnung);

- und – je nach Art des Antrags – eine Kopie des letzten Steuerbescheids, der letzten Steuererklärung, der letzten drei Gehaltsabrechnungen sowie ein Nachweis der erhaltenen Sozialleistungen usw.

Die Modalitäten für die Ausübung der elterlichen Sorge können auch im Rahmen einer Scheidung geregelt werden. Bei einer einvernehmlichen Scheidung müssen sich beide Elternteile voll und ganz einig sein. Beide müssen jeweils einen Anwalt an ihrer Seite haben. Nach einer Bedenkzeit wird die ursprüngliche Scheidungsvereinbarung bei einem Notar eingereicht, sodass sie vollstreckbar ist. Wenn ein Kind um Anhörung bittet, wird die Scheidung vor Gericht verhandelt; das Kind wird von dem Richter oder einer vom Richter benannten Person angehört.

Andernfalls werden Scheidungen vom Gericht ausgesprochen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist vorgeschrieben.

Minderjährige müssen – sofern sie die Sachlage verstehen können – in jedem Fall gehört werden.

11 Welches Verfahren findet in diesen Fällen Anwendung? Gibt es ein Eilverfahren?

Wird die Sache durch einen Antrag (requête) verwiesen, so lädt der Urkundsbeamte den Antragsgegner innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags per Einschreiben mit Rückschein zu einer mündlichen Verhandlung ein.

Wenn im Antrag jedoch angegeben wird, dass es sich bei der Anschrift des Antragsgegners um die letzte bekannte Anschrift handelt, fordert der Urkundsbeamte den Antragsteller zur persönlichen Zustellung auf.

Der Urkundsbeamte teilt dem Antragsteller den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Anhörung mit.

Der Familienrichter kann ebenfalls über Angelegenheiten bezüglich der elterlichen Sorge in Scheidungsverfahren entscheiden (siehe „Scheidung“).

Familienrichter fungieren in dringenden Fällen als Richter für vorläufige Maßnahmen. Die Befassung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch eine Vorladung (assignation) erfolgen. Der Richter prüft den Fall unter Beteiligung beider Parteien in einer mündlichen Verhandlung und erlässt eine Entscheidung in Form einer Anordnung, die keine rechtskräftige Entscheidung in der Sache darstellt. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ermöglicht es den Richtern, in Erwartung einer Entscheidung in der Sache unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen. Ein Antrag auf ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ermöglicht es ihnen also, ihre Rechte zu wahren.

In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann der Familienrichter sämtliche Maßnahmen anordnen, gegen die keine ernsthaften Einwände erhoben werden oder die durch das Bestehen einer Streitigkeit gerechtfertigt sind. Da es sich um rein vorläufige Maßnahmen handelt, wird das Verfahren selten angewandt.

In Fällen, in denen die Dringlichkeit ordnungsgemäß begründet ist, können die Familienrichter, die im Rahmen eines Antrags mit dem Fall befasst wurden, Vorladungen für einen in naher Zukunft festgelegten Verhandlungstermin zulassen. In diesem Fall entscheidet der Richter über die Begründetheit, aber die Fristen sind kürzer. Diese Vorgehensweise wird sehr häufig angewandt.

Fälle können unter bestimmten gesetzlich festgelegten Umständen (in Familiensachen betrifft dies das widerrechtliche Verbringen eines Kindes) auch an Familienrichter in beschleunigten Verfahren in der Sache (procédure accélérée au fond) verwiesen werden. Der Fall wird mittels Vorladung vor Gericht gebracht; der Richter wird dann sofort in der Sache entscheiden. In solchen Fällen ist es nicht erforderlich, Nachweise für die Dringlichkeit vorzulegen. Die Art des Verfahrens erfordert eine unverzügliche Festlegung eines Termins.

In Fällen häuslicher Gewalt können Familienrichter auch dringend aufgefordert werden, eine Schutzanordnung gemäß Artikel 515-9 ff. des Zivilgesetzbuches (Code civil) zu erlassen. Sie haben diesbezüglich innerhalb von sechs Tagen nach Festlegung des Anhörungstermins eine Entscheidung zu treffen (Gesetz vom 28. Dezember 2019). Diese Schutzmaßnahme zielt darauf ab, (ehemalige) Ehepartner, die Opfer von körperlichem oder seelischem Missbrauch sind, zu schützen, indem jeglicher Kontakt zwischen ihnen und gegebenenfalls zwischen dem gewalttätigen (ehemaligen) Ehepartner und den Kindern verboten wird. In der Schutzanordnung legen die Richter auch die Maßnahmen bezüglich der Ausübung der elterlichen Sorge über die Kinder fest. Sie können insbesondere beschließen, dem von Missbrauch betroffenen Elternteil die alleinige Ausübung der elterlichen Sorge zuzusprechen, dem missbrauchenden Elternteil sein Umgangs- und Unterbringungsrecht zu entziehen oder diesem nur ein eingeschränktes Umgangsrecht an einem festgelegten Ort zu gestatten.

12 Kann ich Verfahrenskostenhilfe bekommen, um die Kosten des Verfahrens zu decken?

Die Gerichtskosten (Honorare für Anwälte und Gerichtsvollzieher, Dienste des Jugendamts usw.) können vom französischen Staat getragen werden. Einzelpersonen erhalten je nach ihren finanziellen Möglichkeiten Prozesskostenhilfe. Die Beihilfe kann – abhängig vom Einkommen des Antragstellers und der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen – alle oder nur einen Teil der Gerichtskosten decken. Der Antrag ist bei der für Prozesskostenhilfe zuständigen Stelle des Gerichts zu stellen.

13 Ist es möglich, einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung in Bezug auf die elterliche Verantwortung einzulegen?

Gegen von einem Familienrichter erlassene Entscheidungen können innerhalb eines Monats Rechtsbehelfe eingelegt werden; ausgenommen hiervon sind auf der Grundlage von Artikel 481-1 der Zivilprozessordnung (Code de procédure civile) (beschleunigtes Verfahren bei widerrechtlichem Verbringen) erlassene Entscheidungen, gegen die innerhalb von 15 Tagen Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

Gegen Anordnungen des Familienrichters können innerhalb von 15 Tagen Rechtsbehelfe eingelegt werden (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Schutzanordnung).

Der Rechtsbehelf ist schriftlich einzureichen und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist zwingend vorgeschrieben. Er wird vor dem Berufungsgericht (Cour d’appel) verhandelt.

14 In bestimmten Fällen kann es erforderlich sein, sich an ein Gericht oder eine andere Behörde zu wenden, um eine Entscheidung zur elterlichen Verantwortung zu vollstrecken. Welches Verfahren findet in solchen Fällen Anwendung?

Entscheidungen des Familienrichters über die elterliche Sorge sind automatisch vollstreckbar.

Im Falle der Nichtbefolgung einer Entscheidung eines Familienrichters (z. B. wenn ein Elternteil ein Umgangs- und Unterbringungsrecht hat und der andere Elternteil ihn an der Ausübung dieses Rechts hindert) kann beim Staatsanwalt (procureur de la République) des Gerichts des Bezirks, in dem das Kind wohnt, Beschwerde eingereicht werden. Die Verhinderung des anderen Elternteils bei der Ausübung seines Umgangs- und Unterbringungsrechts stellt einen Straftatbestand der Zurückhaltung eines Minderjährigen dar, der mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 15 000 EUR geahndet wird.

Familienrichter können zusätzlich zu den von ihnen angeordneten Maßnahmen ein Zwangsgeld verhängen. Sie können auch von Amts wegen ein Zwangsgeld verhängen, um die Vollstreckung ihrer Entscheidung sicherzustellen. Wenn es die Umstände erfordern, können Familienrichter darüber hinaus auch ein Zwangsgeld an eine Entscheidung eines anderen Richters und die in der einvernehmlichen Scheidungsvereinbarung festgehaltene Elternvereinbarung knüpfen.

Behindert ein Elternteil in schwerwiegender oder wiederholter Weise vorsätzlich die Vollstreckung einer Entscheidung, einer einvernehmlichen Scheidungsvereinbarung in Form eines von Rechtsanwälten gegengezeichnetes und beim Notar hinterlegtes privates Dokument oder einer genehmigten Vereinbarung über die Modalitäten der Ausübung der elterlichen Sorge, so können die Familienrichter diesen zur Zahlung einer Geldstrafe von bis zu 10 000 EUR verurteilen.

Schließlich kann der Staatsanwalt auf Antrag des Familienrichters oder des betroffenen Elternteils in Ausnahmefällen die Polizei um Unterstützung ersuchen, um die Vollstreckung einer von einem Richter erlassenen Entscheidung, einer einvernehmlichen Scheidungsvereinbarung oder einer genehmigten Vereinbarung, in der die Modalitäten für die Ausübung der elterlichen Sorge festgelegt sind (beispielsweise die Vollstreckung des Umgangs- und Unterbringungsrechts) sicherzustellen.

Daher ist der Antrag je nach Sachlage an den Staatsanwalt oder den Familienrichter zu richten, der die Entscheidung getroffen hat.

15 Was soll ich tun, um eine Entscheidung zur elterlichen Verantwortung, die in einem anderen Mitgliedstaat ergangen ist, in diesem Mitgliedstaat anerkennen und vollstrecken zu lassen?

Entscheidungen über die elterliche Sorge, die in einem EU-Mitgliedstaat ergangen sind, werden in Frankreich anerkannt und sind vollstreckbar, ohne dass es eines Exequaturverfahrens bedarf.

Allerdings sind nicht alle Entscheidungen über die elterliche Verantwortung sofort vollstreckbar, sondern nur diejenigen, die das Umgangsrecht und die Rückgabe des Kindes betreffen. Die in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung („Brüssel IIa“) vorgesehenen Bescheinigungen sind vorzulegen. Für andere Entscheidungen über die elterliche Verantwortung ist eine auf der Grundlage der entsprechenden Bescheinigung ausgestellte Vollstreckbarerklärung erforderlich.

In Frankreich sind Anträge auf Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung ausländischer Vollstreckungstitel im Hoheitsgebiet Frankreichs gemäß Brüssel IIa an den Präsidenten des tribunal judiciaire (ordentliches Gericht) oder seinen Stellvertreter zu richten (Artikel 509-2 der Zivilprozessordnung). Für beim Richter eingereichte Anträge ist keine rechtliche Vertretung erforderlich.

16 An welches Gericht in diesem Mitgliedstaat soll ich mich wenden, um mich gegen die Anerkennung einer Entscheidung zur elterlichen Verantwortung zu wenden, die von einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats getroffen wurde? Welches Verfahren findet in solchen Fällen Anwendung?

Nach Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung kann „jede Partei, die ein Interesse hat ... eine Entscheidung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Entscheidung beantragen“.

In Frankreich sind Anträge auf Feststellung der Nichtanerkennung einer Entscheidung über die elterliche Sorge durch ein Gericht eines anderen EU-Mitgliedstaats an den Präsidenten des tribunal judiciaire oder dessen Stellvertreter zu richten.

Anträge können nur aus den im Folgenden aufgeführten Gründen angenommen werden:

• Nichteinhaltung der öffentlichen Ordnung des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung beantragt wird, unter Berücksichtigung des Kindeswohls;

• Nichtanhörung des Kindes (wobei davon ausgegangen wird, dass die Anhörung ein Grundprinzip des Verfahrens des Mitgliedstaats ist, in dem die Anerkennung beantragt wird); Nichtbeachtung der Verteidigungsrechte;

• Behinderung der Ausübung der elterlichen Verantwortung;

• Unvereinbarkeit mit einer späteren Entscheidung entweder in dem Staat, in dem die Anerkennung beantragt wird, oder in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat, wenn diese Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die Anerkennung beantragt wird;

• Nichteinhaltung des Vermittlungsverfahrens.

Gegen eine vom Präsidenten des tribunal judiciaire erlassene Entscheidung kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden.

17 Welches Recht ist in einem Verfahren zur elterlichen Verantwortung anwendbar, wenn das Kind oder die Beteiligten nicht in diesem Mitgliedstaat leben oder unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben?

Hat der Sachverhalt einen internationalen Bezug (eine der Parteien oder das Kind hat seinen Wohnsitz im Ausland, ausländische Staatsangehörigkeit), ist zunächst zu prüfen, ob das französische Gericht zuständig ist.

Zuständigkeit der französischen Gerichte

Gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 sind – wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat – die französischen Gerichte für die Entscheidung über Anträge betreffend die elterliche Verantwortung zuständig.

Nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung sind die französischen Gerichte – wenn sie für die Entscheidung über einen Scheidungsantrag zuständig sind – ebenfalls für Entscheidungen in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig (vorausgesetzt, die Ehepartner üben die elterliche Verantwortung gemeinsam aus, haben die Zuständigkeit der französischen Gerichte ausdrücklich anerkannt und dies steht im Einklang mit dem Wohl des Kindes).

Nach Artikel 12 Absatz 3 der Verordnung sind die Gerichte eines Mitgliedstaats auch in anderen als den in Artikel 12 Absatz 1 genannten Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig, wenn eine wesentliche Bindung des Kindes zu diesem Mitgliedstaat besteht, insbesondere weil einer der Träger der elterlichen Verantwortung in diesem Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besitzt und alle Parteien des Verfahrens zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts die Zuständigkeit ausdrücklich oder auf andere eindeutige Weise anerkannt haben und die Zuständigkeit in Einklang mit dem Wohl des Kindes steht.

Die Zuständigkeit der Gerichte am früheren gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes kann auch dann erweitert werden, wenn das Kind weniger als drei Monate zuvor in einen anderen Mitgliedstaat umgezogen ist und sich die Streitigkeit auf eine Änderung des Umgangsrechts bezieht.

Schließlich sind gemäß Artikel 13 der Verordnung die französischen Gerichte zuständig, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nicht festgestellt, die Zuständigkeit gemäß Artikel 12 nicht bestimmt werden kann und sich das Kind im französischen Hoheitsgebiet befindet (Flüchtlingskinder oder vertriebene Kinder).

Unter bestimmten Umständen könnte auch ein anderes internationales Abkommen oder französisches internationales Privatrecht anwendbar sein und die französischen Gerichte veranlassen, die Zuständigkeit anzuerkennen.

Anwendbares Recht

In diesem Zusammenhang wird in Frankreich Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern angewandt. Daher wenden die für die Entscheidung über die elterliche Verantwortung zuständigen Gerichte – sofern im Übereinkommen nichts anderes vorgesehen ist – ihr eigenes Recht an.

Wenn also die französischen Gerichte für Angelegenheiten betreffend die elterliche Verantwortung zuständig sind, wenden sie das französische Recht an (lex fori).

In Ausnahmefällen (aufgrund des Schutzes eines Minderjährigen) wird das eng mit dem Sachverhalt in Verbindung stehende Recht angewandt.

 

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Letzte Aktualisierung: 10/08/2021

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