Im Bereich der Ziviljustiz kommt für vor dem Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitete und noch anhängige Verfahren weiterhin EU-Recht zur Anwendung. Die Informationen über das Vereinigte Königreich werden im gegenseitigen Einvernehmen bis Ende 2024 über das Europäische Justizportal verfügbar bleiben.

Opferrechte – nach Mitgliedstaat

Schottland

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Schottland

Wie kann ich Ansprüche auf Schadenersatz gegenüber dem Täter geltend machen? (z. B. Gerichtsverfahren, Zivilklage, Adhäsionsverfahren)

Strafverfahren

A. Entschädigungsanordnung

Nach ยง 249 bis 253 des Criminal Procedure (Scotland) Act 1995 (schottische Strafprozessordnung von 1995) kann jedes Strafgericht in Schottland einen Straftäter gegebenenfalls dazu verurteilen, dem Opfer für die durch die Straftat verursachten Verletzungen, Verluste oder Schäden eine Entschädigung zu zahlen, ohne dass eine separate Zivilklage angestrengt werden muss.

Gemäß Strafprozessordnung muss das Opfer bei Gericht nicht selbst einen Antrag auf eine „Compensation order“ (Entschädigungsanordnung) stellen. Der Staatsanwalt kann die Frage gegebenenfalls mit dem Gericht erörtern. In jedem Fall muss der Staatsanwalt dem Gericht alle verfügbaren Informationen über Ausmaß und Wert der Verletzungen, Verluste oder Schäden vorlegen.

Nach geltendem Recht kann das Opfer den Straftäter aber auch vor einem Zivilgericht verklagen oder (falls es physische oder psychische Schäden davongetragen hat) bei der Criminal Injuries Compensation Authority (CICA) (Entschädigungsstelle für Opfer von Straftaten) eine Entschädigung beantragen. Von der Entschädigungsanordnung des Strafgerichts werden diese Rechte nicht berührt. Alle Beträge, die dem Opfer von einem Zivilgericht oder von der CICA zugesprochen werden, werden jedoch auf die Entschädigungsanordnung angerechnet.

Im ordentlichen Strafverfahren gibt es keine Obergrenze für die Entschädigungsanordnung.

Im summarischen Strafverfahren gelten folgende Höchstbeträge für die Entschädigungsanordnung:

  • Am Sheriff Court liegt die Obergrenze für eine Straftat bei 10 000 GBP. (Bei am oder nach dem 28. März 2011 begangenen Straftaten, für die höhere Geldbußen verhängt werden können, lautet die Entschädigungsanordnung auf diesen höheren Betrag.)
  • Am Peace Court (Friedensgericht) ist der Höchstbetrag für eine Straftat auf Stufe 4 der Standardskala (2500 GBP) begrenzt.

Zahlungen aufgrund einer Entschädigungsanordnung werden an die Geschäftsstelle geleistet, die den Betrag an die geschädigte Person weiterleitet.

B. Entschädigungsauflage einer Anordnung zu gemeinschaftsbezogener Wiedergutmachung

Wenn ein Angeklagter schuldig gesprochen wird, kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen eine Community Payback Order (CPO, Anordnung zu gemeinschaftsbezogener Wiedergutmachung) erlassen. Nach ยง 227H des Criminal Procedure (Scotland) Act 1995 kann die Zahlung einer Entschädigung (mit der Auflage, den Straftäter unter Aufsicht zu stellen) Auflage einer CPO sein.

Es gelten die gleichen Höchstbeträge wie für die Entschädigungsanordnung (siehe oben).

Die Entschädigung kann als Gesamtbetrag oder in Raten an die Geschäftsstelle überwiesen werden, die den Betrag an den Geschädigten weiterleitet. Die Entschädigung muss spätestens 18 Monate nach Erlass der CPO oder zwei Monate vor Ablauf des Aufsichtszeitraums vollständig bezahlt sein, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt. Versäumt es der Straftäter zu zahlen, verstößt er damit gegen die CPO.

C. Entschädigungsangebot seitens des Staatsanwalts

Nach ยง 302A des Criminal Procedure (Scotland) Act 1995 kann der Staatsanwalt einem mutmaßlichen Täter ein Entschädigungsangebot vorlegen, wenn eine erhebliche Straftat begangen wurde. Das Entschädigungsangebot ist eine wirksame direkte Maßnahme nach einer Straftat, durch die jemand einen finanziellen oder persönlichen Verlust erlitten hat oder in Angst oder Stress versetzt wurde.

Wenn das Entschädigungsangebot akzeptiert wird oder als akzeptiert gilt (weil der Täter das Angebot nicht förmlich abgelehnt hat), kann keine Strafverfolgung stattfinden, und es wird keine Eintragung ins Strafregister vorgenommen.

Gemäß Compensation Offer (Maximum Amount) Order 2008 (Verordnung über Entschädigungsangebote (Höchstbetrag) zur schottischen Strafprozessordnung von 1995 kann ein Entschädigungsangebot höchstens 5000 GBP betragen.

Der im Entschädigungsangebot festgesetzte Betrag wird an die Geschäftsstelle des Gerichts gezahlt, die ihn an den Geschädigten weiterleitet.

Zivilverfahren

Nach geltendem Recht hat ein Opfer das Recht, den Straftäter wegen der durch ihn verursachten Schäden zivilrechtlich zu verklagen. Wenn das Opfer vor einem Zivilgericht klagt, bestimmen die Verfahrensregeln des betreffenden Gerichts den weiteren Ablauf, je nachdem, ob die Klage vor einem Sheriff Court oder dem Court of Session erhoben wird. Die jeweiligen Verfahrensregeln finden Sie auf der Website des Scottish Courts and Tribunals Service unter „Rules and Practice“.

Da es nicht ganz einfach ist, ein Schriftstück oder einen Antrag aufzusetzen, und die verschiedenen Gerichtsverfahren ziemlich kompliziert sind, sollte man sich von einem Anwalt beraten lassen.

Adhäsionsverfahren - in Schottland nicht vorgesehen

Bei diesem Verfahren kann das Gericht über eine Entschädigung für das Opfer einer Straftat entscheiden. Anstelle eines separaten Zivilverfahrens macht das Opfer im Rahmen des Strafverfahrens einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Straftäter geltend. Dieses in einigen Rechtsordnungen vorgesehene Instrument gibt es in Schottland nicht.

Das Gericht verurteilte den Täter, mir Schadenersatz/eine Entschädigung zu zahlen. Wie kann ich sicherstellen, dass der Täter zahlt?

Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs in einer Strafsache

Der Betrag, der aufgrund

  • einer Entschädigungsanordnung (Compensation Order),
  • einer Entschädigungsauflage (Compensation Requirement) einer Anordnung auf gemeinschaftsbezogene Wiedergutmachung (Community Payback Order, CPO) oder
  • eines Entschädigungsangebots (Compensation Offer) seitens des Staatsanwalts

fällig wird, ist bei der Geschäftsstelle zu entrichten, die den Betrag an den Geschädigten weiterleitet.

Die Zahlung kann nur vom Gericht durchgesetzt werden. Auf keinen Fall darf sich der Geschädigte direkt an den Täter wenden oder versuchen, Kontakt zu ihm aufzunehmen, oder von ihm persönlich eine Zahlung entgegennehmen.

Wenn die aufgrund einer Entschädigungsanordnung oder eines Entschädigungsangebots fällige Zahlung ausbleibt, kann das Gericht den Betrag eintreiben durch:

  • Einbehaltung von Sozialleistungen,
  • Lohn- oder Gehaltspfändung,
  • Pfändung von Vermögenswerten oder
  • Beschlagnahme von Kraftfahrzeugen.

Wenn eine Entschädigungsauflage nicht erfüllt wird, stellt dies einen Verstoß gegen die CPO dar, und der Straftäter kann erneut vor Gericht gestellt werden. ยง 227ZC der schottischen Strafprozessordnung betrifft Verstöße gegen eine CPO und sieht entsprechende Sanktionen vor, die das Gericht verhängen kann.

Durchsetzung eines zivilrechtlichen Entschädigungsanspruchs

Wenn das Opfer mit seiner Klage vor dem Zivilgericht Erfolg hat und das Gericht ihm einen bestimmten Betrag zuspricht, sollte sich das Opfer an einen Gerichtsvollzieher wenden, der über das Einzugsverfahren Auskunft geben kann. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Society of Messengers-at-Arms and Sheriff Officers (Verband der Gerichtsvollzieher).

Kann der Staat eine Vorauszahlung leisten, falls der Täter nicht zahlt? Unter welchen Voraussetzungen?

Entschädigungszahlungen der CICA

Der Staat leistet keine Vorauszahlung an das Opfer einer Straftat, wenn der Straftäter vom Gericht zur Zahlung einer Entschädigung an das Opfer verurteilt wurde, diese Zahlung aber nicht geleistet hat. Siehe oben: Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs.

Habe ich Anspruch auf Entschädigung durch den Staat?

Die Criminal Injuries Compensation Authority (CICA) befasst sich mit Entschädigungsansprüchen von Menschen, die in England, Schottland oder Wales unschuldig Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sind und dadurch physische oder psychische Verletzungen erlitten haben. Die staatliche Entschädigungsregelung für die Opfer von Gewalttaten (Criminal Injuries Compensation Scheme) regelt die Entschädigungskriterien und die Höhe der Entschädigungsleistungen.

Das Criminal Injuries Compensation Scheme 2012 ist ein staatlich finanziertes Instrument, das es ermöglicht, unschuldige Opfer, die durch eine Gewalttat unmittelbar schwere physische oder psychische Verletzungen erlitten haben, zu entschädigen. Die Regelungen und die Höhe der gezahlten Beträge werden vom britischen Parlament genehmigt. Die CICA ist für die Verwaltung der Entschädigungsregelung zuständig. Über jeden Antrag wird gesondert entschieden. In der Regelung ist festgelegt, für welche Verletzungen welche Entschädigung zu zahlen ist.

Unterschieden wird zwischen der Entschädigung für körperliche Schäden und der für tödliche Verletzungen, in einigen Fällen ergänzt durch eine Entschädigung für Verdienstausfall, Abhängigkeit oder Sonderausgaben.

Schwerstverletzten Opfern, Opfern von Vergewaltigung und anderen sexuellen Übergriffen, Opfern von Kindesmissbrauch sowie Hinterbliebenen können Entschädigungszahlungen zuerkannt werden. Für geringfügige Verletzungen sieht die Regelung keine Entschädigungen vor.

Nicht alle Entschädigungsansprüche werden erfüllt. Der Antragsteller muss nach den Bestimmungen der Entschädigungsregelung anspruchsberechtigt sein. Bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes müssen erfüllt sein (Nummern 10 bis 16 der Entschädigungsregelung). Anträge sind so schnell wie möglich zu stellen, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Jahren nach dem Ereignis, das zu der durch die Straftat verursachten Verletzung geführt hat (wobei dieser Zeitraum nach den Nummern 87 bis 89 in einigen Fällen verlängert werden kann). Der Antragsteller muss das Ereignis, das zu der Verletzung geführt hat, so schnell wie möglich anzeigen und so gut wie möglich dazu beitragen, dass Anklage gegen den Beschuldigten erhoben werden kann (Nummern 22 und 23). Eine Entschädigungszahlung kann aus verschiedenen Gründen verweigert oder gekürzt werden, etwa wenn das Verhalten des Antragstellers unangemessen und eine Entschädigung nicht gerechtfertigt ist (Nummer 25) oder wenn begangene Straftaten des Geschädigten zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der CICA noch nicht getilgt sind (Nummer 26 und Anhang D). Weitere Informationen über die Entschädigungsregelung finden Siehier.

Habe ich Anspruch auf eine Sofortzahlung, solange ich auf die Entscheidung über meinen Anspruch auf Entschädigung warte?

Das Criminal Injuries Compensation Scheme 2012 steht als letztes Mittel zur Verfügung. Aufgrund dieser Entschädigungsregelung zu leistende Zahlungen sollen keinen akuten Bedarf decken. In den meisten Fällen wird die Forderung des Antragstellers erst geraume Zeit nach dem Ereignis geregelt. Erst wenn die CICA sicher ist, dass der Antragsteller anspruchsberechtigt ist, kann eine Zahlung erfolgen. Die CICA erkundigt sich bei der Polizei nach dem Schadensereignis und dem Antragsteller, um sicherzugehen, dass dieser die Kriterien erfüllt. Wenn die CICA überzeugt ist, dass der Antragsteller einen Anspruch hat, aber noch nicht abschließend entscheiden kann, wird sie eventuell eine Zahlung vornehmen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die CICA abwartet, bis die langfristigen Folgen der Verletzung des Antragstellers feststehen.

Habe ich Anspruch auf Entschädigung, wenn der Täter nicht verurteilt wird?

Das Opfer einer Gewalttat kommt auch dann für eine Entschädigung in Betracht, wenn der Täter unbekannt oder noch nicht verurteilt ist (Nummer 9 des Criminal Injuries Compensation Scheme). Das setzt allerdings voraus, dass der Antragsteller das Ereignis bei der Polizei so schnell wie möglich angezeigt und so gut wie möglich kooperiert hat, damit Anklage gegen den Täter erhoben werden kann (Nummern 22 und 23). Der Antragsteller kann daher nur mit einer Entschädigung rechnen, wenn er umfassend zur Untersuchung der Straftat und der anschließenden Strafverfolgung beigetragen hat.

Letzte Aktualisierung: 29/01/2019

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