Opferrechte – nach Mitgliedstaat

Ungarn

Inhalt bereitgestellt von
Ungarn

Wie kann ich eine Straftat anzeigen?

Jeder kann eine Straftat anzeigen.

Straftaten werden generell bei der Staatsanwaltschaft oder der Ermittlungsbehörde angezeigt:

  • persönlich (mündlich oder schriftlich) – mündliche Anzeigen werden von einem Vertreter der Behörde aufgenommen, der Sie zu den Einzelheiten und Umständen der gegen Sie verübten Straftat, zur Identität des Straftäters und allen Ihnen vorliegenden Beweisen befragen wird;
  • telefonisch – die Polizei betreibt die kostenlose Hotline „Phone Witness“, unter der Zeugen und Opfer Straftaten anonym melden können. Die gebührenfreie Hotline ist unter der Rufnummer 003680555111 täglich rund um die Uhr erreichbar. Die Anzeigen werden von Mitarbeitern des Polizeipräsidiums Budapest aufgenommen. Weitere Informationen über die Hotline sind in ungarischer Sprache auf der amtlichen Website der ungarischen Polizei erhältlich unter http://www.police.hu/en;
  • über jedes andere Kommunikationsmittel, auch unter der EU-Notrufnummer: 112

Anzeigen können auch von anderen Behörden oder Gerichten entgegengenommen werden. Diese sind verpflichtet, die Anzeigen an die Ermittlungsbehörde weiterzuleiten. Wenn die Anzeige sofortiges Handeln erfordert, muss sie akzeptiert werden.

Alle erstatteten Anzeigen werden umgehend registriert.

Sie können anonym Anzeige erstatten. Sie sind also nicht zur Angabe Ihrer Identität oder Ihrer Kontaktdaten verpflichtet. Ihre Anzeige muss genaue Angaben zu der Straftat enthalten. Die Behörden verlangen nicht, dass Straftaten in einer bestimmten Form zur Anzeige gebracht werden.

Es gibt keine ausdrückliche Frist für die Anzeige einer Straftat, allerdings werden die Behörden Ihre Anzeige ablehnen, wenn Sie sie nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums erstatten. Diese Frist (die sogenannte Verjährungsfrist) entspricht in der Regel der maximalen Strafdauer für eine bestimmte Straftat und beträgt mindestens 5 Jahre.

Bei einigen Straftaten können Sie auch einen privaten Strafantrag stellen, d. h. eine Erklärung abgeben, in der Sie ausdrücklich um Bestrafung des Täters ersuchen. Sie haben 30 Tage Zeit, um den Antrag zu stellen, nachdem Ihnen die Identität des Straftäters bekannt wurde.

Wie kann ich erfahren, was in dem Fall unternommen wird?

Die Person, die die Anzeige erstattet hat, oder das Opfer, wenn die Anzeige nicht vom Opfer selbst erstattet wurde, das Opfer aber bekannt ist, werden von der Aufnahme der Ermittlungen benachrichtigt.

Anzeigeerstatter und Zivilkläger müssen über die Ablehnung der Anzeige unterrichtet werden.

Das Gericht entscheidet und informiert Sie über folgende Sachverhalte:

  • Ablehnung Ihres Antrags auf Zulassung als Ersatzprivatkläger;
  • Einstellung des Verfahrens, wenn die Ermittlungen, die aufgrund Ihrer als Privatkläger erstatteten Anzeige angeordnet wurden, nicht erfolgreich waren.

Während der Ermittlungen können Sie von der Polizei und der Staatsanwaltschaft über folgende Sachverhalte informiert werden:

  • Ermittlungsmaßnahmen;
  • Ernennung eines Sachverständigen in der Rechtssache;
  • Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Straftäter.

Als Opfer einer Straftat haben Sie eine Reihe von Privilegien, die es Ihnen ermöglichen, wie folgt Informationen über die Ermittlungen zu erhalten:

  • Sie können (müssen aber nicht) bei Sachverständigenanhörungen, bei Inaugenscheinnahmen von Orten oder Gegenständen, bei Beweisversuchen und Gegenüberstellungen zur Identifizierung anwesend sein. Sie sollten über diese Maßnahmen informiert werden, wobei jedoch auf die Benachrichtigung verzichtet werden kann, wenn dies durch die Dringlichkeit der Ermittlungsmaßnahme gerechtfertigt ist. Auf die Benachrichtigung muss verzichtet werden, wenn der Schutz der verfahrensbeteiligten Person ansonsten nicht gewährleistet werden kann.
  • Sie können die Protokolle zu allen Ermittlungsmaßnahmen einsehen, bei denen Sie anwesend sein dürfen; andere Akten dürfen nur eingesehen werden, wenn das Ermittlungsinteresse dem nicht entgegensteht.
  • Sie können bei Ermittlungshandlungen, bei denen Sie anwesend sein müssen oder dürfen, von Ihrem Vertreter, Ihrem Helfer und, sofern dies dem Verfahrensinteresse nicht zuwiderläuft, auch einer von Ihnen benannten volljährigen Person begleitet werden. Falls Sie als Zeuge befragt werden, können Sie dabei außer von Ihrem Anwalt auch von einer von Ihnen benannten volljährigen Person begleitet werden.
  • Sie haben das Recht, im Zusammenhang mit der Sie betreffenden Straftat auf Wunsch von folgenden Sachverhalten benachrichtigt zu werden:
    • Entlassung oder Flucht des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft;
    • bedingte Entlassung, endgültige Entlassung oder Flucht sowie Unterbrechung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe der zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Person;
    • Entlassung oder Flucht der zum Freiheitsentzug verurteilten Person sowie Unterbrechung der Vollstreckung des Freiheitsentzugs;
    • Entlassung oder Flucht der vorübergehend in nicht freiwilliger ärztlicher Behandlung befindlichen Person;
    • Entlassung, unerlaubter Ausgang und Ausgänge zur Entlassungsvorbereitung der in nicht freiwilliger ärztlicher Behandlung befindlichen Person;
    • im Falle der Ausbildung junger Straftäter, die vorübergehende oder endgültige Entlassung, das unerlaubte Verlassen der Einrichtung und die Unterbrechung der Ausbildung des jungen Straftäters;
  • Sie können Kopien von allen Gutachten und Akten über Ermittlungsmaßnahmen erhalten, bei denen Sie rechtmäßig anwesend sein dürfen. Andere Kopien können Sie nur erhalten, wenn das Ermittlungsinteresse dem nicht entgegensteht und wenn Sie zuvor eine Zeugenaussage gemacht haben. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, können Sie auf Wunsch Kopien aller von der Polizei und der Staatsanwaltschaft erstellten Akten erhalten;
  • nach Abschluss der Ermittlungen können Sie Akten zu der Rechtssache prüfen, Anträge einreichen und Anmerkungen machen.

Habe ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe (während der Ermittlungen oder des Gerichtsverfahrens)? Unter welchen Voraussetzungen?

Ja.

In Strafverfahren gewährt der Staat im Rahmen der Prozesskostenhilfe folgende Unterstützungsleistungen:

  • persönliche Kostenbefreiung für Ersatzprivatkläger;
  • Vertretung durch einen Prozesspfleger für Geschädigte, Privatkläger, private Parteien und andere Beteiligte sowie für Ersatzprivatkläger.

Sie haben Anspruch auf diese Hilfe, wenn Sie nach den Bestimmungen des Prozesskostenhilfegesetzes als bedürftig gelten. Allerdings steht das Recht auf Vertretung durch einen Prozesspfleger bedürftigen Opfern, Privatklägern und anderen interessierten Personen nur zu, wenn sie im Falle der persönlichen Verfahrensführung aufgrund der Komplexität des Falls und in Anbetracht ihrer fehlenden juristischen Fachkenntnisse oder anderer persönlicher Umstände nicht in der Lage wären, ihre Verfahrensrechte wirksam auszuüben.

Beihilfeanträge können bei der Prozesskostenhilfestelle gestellt werden. Dazu muss der Antragsteller das vorgeschriebene Formular in einer Ausfertigung ausfüllen und die Dokumente und/oder amtlichen Bescheinigungen als Nachweis der Beihilfefähigkeit beifügen oder aber den amtlichen Ausweis vorlegen, aus dem die Beihilfefähigkeit hervorgeht.

Die Beihilfeanträge müssen spätestens während des Hauptverfahrens des Strafprozesses und vor der Sitzung des Gerichts, in der abschließend entschieden wird, bei der Prozesskostenhilfestelle eingereicht werden.

Soweit Ihnen Prozesskostenhilfe gewährt wird, können Sie einen entsprechenden Anbieter aus einem dafür vorgesehenen Verzeichnis auswählen.

Kann ich die Erstattung meiner Ausgaben beantragen (Teilnahme an den Ermittlungen/am Gerichtsverfahren)? Unter welchen Voraussetzungen?

Ja.

Wenn Sie als Opfer, Privatkläger, Ersatzprivatkläger oder Zivilkläger an einem Verfahren beteiligt sind, werden Ihnen und Ihren Vertretern folgende Kosten erstattet:

  • Reise- und Unterkunftskosten;
  • Kosten für das Gutachten des von Ihnen selbst mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft/des Gerichts hinzugezogenen Sachverständigen;
  • Kosten für die vollständige oder teilweise Video- oder Audioaufzeichnung des Verfahrens/den stenografischen Dienst;
  • Kosten für eine Kopie der Verfahrensakten;
  • Kommunikationskosten (für Telefon, Fax, Post, Sonstiges);
  • Honorar der Vertreter.

Ihre Auslagen und die Ihrer Vertreter sowie das Honorar der Vertreter sind unabhängig von Ihrer Stellung im Verfahren von Ihnen vorzustrecken.

Aufwendungen, die Ihnen aufgrund Ihrer Teilnahme am Verfahren als Zeuge entstehen (Reisekosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Kosten im Zusammenhang mit einer Beurlaubung) werden Ihnen auf Antrag erstattet.

Reisekosten: die im Zusammenhang mit der Reise des Zeugen von seinem Wohnort zum Ort der Vernehmung und zurück tatsächlich entstandenen Kosten.

Unterkunftskosten: Müsste der Zeuge die Reise von seinem Wohnort zum Vernehmungsort während der Nachtstunden antreten, um rechtzeitig zur Zeugenvernehmung zu erscheinen, werden die Kosten für die Unterbringung des Zeugen in einer gewerblichen oder von der Familie bereitgestellten Unterkunft erstattet.

Verpflegungskosten: Verpflegungskosten werden dem Zeugen gezahlt, wenn er Anspruch auf Erstattung der Unterkunftskosten hat oder wenn die Gesamtdauer der Reise vom Wohnort zum Vernehmungsort und zurück einschließlich der Vernehmung selbst sechs Stunden innerhalb eines Tages überschreitet.

Ausgaben im Zusammenhang mit Beurlaubung: Zeugen, denen keine Lohnfortzahlung während der für die Vernehmung notwendigen Abwesenheit zusteht, haben für die freigenommene Zeit einschließlich der Reisezeit Anspruch auf eine Erstattung in Höhe von 1,5 % der Mindestrente pro Stunde.

Der bei der gutachterlichen Untersuchung anwesende Zeuge muss die Kostenbelege bei der Behörde oder dem Gericht einreichen, die bzw. das die gutachterliche Untersuchung angeordnet hat. Diese Stelle legt nach Eingang des Gutachtens den Erstattungsbetrag fest.

Falls Sie als Zivilkläger einen zivilrechtlichen Anspruch geltend machen, wird das Gericht den Beschuldigten zur Zahlung Ihrer Auslagen sowie der Auslagen und des Honorars Ihres Vertreters anweisen, wenn das Gericht Ihren zivilrechtlichen Anspruch bestätigt. Bei einer teilweisen Bestätigung des Anspruchs wird der Beschuldigte zur Zahlung eines anteiligen Betrags verpflichtet.

Wenn Sie als Ersatzprivatkläger auftreten, weist das Gericht den Beschuldigten an, Ihre Auslagen sowie die Auslagen und das Honorar Ihres Vertreters zu bezahlen, sofern der Ersatzprivatkläger die Anklagevertretung wahrnimmt und das Gericht den Beschuldigten für schuldig befindet.

Kann ich Rechtsmittel einlegen, wenn mein Fall eingestellt wird, bevor es zu einer Anklage vor Gericht kommt?

Das Opfer kann in gesetzlich vorgesehenen Fällen Rechtsmittel einlegen, wenn die Anzeige von der Ermittlungsbehörde oder der Staatsanwaltschaft abgewiesen wurde oder die Ermittlungen eingestellt wurden. Im Falle der Abweisung einer Anzeige kann das Opfer nur dann die Aufnahme von Ermittlungen beantragen, wenn es die Anzeige selbst erstattet hat.

Gegen die Entscheidung über die Abweisung der Anzeige oder die Entscheidung über die Einstellung der Ermittlungen kann innerhalb von acht Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung Widerspruch eingelegt werden. Falls die Ermittlungsbehörde bzw. die Staatsanwaltschaft, die die Entscheidung getroffen hat, dem Widerspruch nicht zustimmt, muss sie die Sache an den zur Beurteilung befugten Staatsanwalt weiterleiten. Gegen die Entscheidung des Staatsanwalts über den Widerspruch können keine weiteren Rechtsmittel eingelegt werden.

Kann ich an der Hauptverhandlung beteiligt werden?

Nach Bekanntgabe der Anklageerhebung setzt das Gericht den Verhandlungstermin fest und trifft Vorkehrungen für die Gerichtsverhandlung sowie für Vorladungen und Bescheide. Personen, deren Anwesenheit bei der Verhandlung obligatorisch ist, werden vor Gericht geladen und diejenigen, deren Anwesenheit gesetzlich erlaubt ist, erhalten einen entsprechenden Bescheid.

Das Gericht entscheidet über die Reihenfolge der Beweisführung. Das Beweisverfahren beginnt mit der Befragung des Beschuldigten; als erster Zeuge wird meist das Opfer gehört. Während der Befragung eines Zeugen dürfen keine anderen noch nicht gehörten Zeugen anwesend sein. Eine Abweichung von dieser Regel ist jedoch zulässig, wenn das Opfer als Zeuge befragt wird. Der Rechtsvertreter des Opfers kann während des gesamten Gerichtsverfahrens anwesend sein, damit das Opfer über etwaige Beweisverfahren informiert werden kann, die in seiner Abwesenheit durch seinen Rechtsvertreter geführt wurden.

Welche offizielle Rolle habe ich im Justizsystem? Ist meine Rolle festgelegt oder kann ich wählen zwischen Opfer, Zeuge, Zivilpartei oder Privatkläger?

Nach dem Verfahrensrecht kann das Opfer in den folgenden vier Rollen am Strafverfahren teilnehmen:

  • als Zeuge: Person, die Kenntnis von der zu beweisenden Tatsache haben könnte;
  • als Zivilpartei: Opfer, das in einem Strafverfahren einen zivilrechtlichen Anspruch (meist auf Schadensersatz) geltend macht;
  • als Privatkläger: bei einigen gesetzlich festgelegten Straftaten kann das Opfer als Privatkläger selbst die Anklagevertretung übernehmen;
  • als Ersatzprivatkläger: bei einigen gesetzlich festgelegten Straftaten, die sonst durch die Staatsanwaltschaft verfolgt werden, kann das Opfer die Anklagevertretung übernehmen.

Wenn es für das Beweisverfahren als notwendig erachtet wird, ist das Opfer verpflichtet, eine Zeugenaussage zu machen oder auf andere Weise in gesetzlich festgelegten Fällen und mit gesetzlich festgelegten Mitteln am Verfahren mitzuwirken. Dies steht dem Opfer hingegen frei, wenn es als Zivilpartei, Privatkläger oder Ersatzprivatkläger handelt.

Welche Rechte und Pflichten habe ich in dieser Rolle?

Das Opfer ist in jeder Phase des Strafverfahrens berechtigt,

  1. bei Prozesshandlungen anwesend zu sein und das Opfer selbst betreffende Unterlagen während des Verfahrens einzusehen (sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht);
  2. in jeder Phase des Verfahrens Anträge zu stellen und Einwände zu erheben;
  3. vom Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsbehörde über die eigenen Rechte und Pflichten während des Strafverfahrens informiert zu werden;
  4. in gesetzlich vorgesehenen Fällen Rechtsmittel einzulegen;
  5. auf eigenen Antrag im Zusammenhang mit der das Opfer betreffenden Straftat von der Entlassung oder der Flucht des inhaftierten Beschuldigten, des zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Beschuldigten oder des in nicht freiwilliger ärztlicher Behandlung befindlichen Beschuldigten benachrichtigt zu werden.

Wenn es von der Ermittlungsbehörde, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht für das Beweisverfahren als notwendig erachtet wird, ist das Opfer verpflichtet, eine Zeugenaussage zu machen oder auf andere Weise in gesetzlich festgelegten Fällen und mit gesetzlich festgelegten Mitteln am Verfahren mitzuwirken. Dies bedeutet in erster Linie die Erfüllung der Zeugnispflicht, mit Ausnahme von Fällen, in denen das Opfer grundsätzlich nicht als Zeuge vernommen werden darf (z. B. bei Privilegien der Angehörigen von Rechtsberufen, Kenntnis eines Beichtgeheimnisses), sowie von Fällen, in denen das Opfer die Aussage verweigern kann (z. B. als Angehöriger des Angeklagten oder wenn ein Opfer sich selbst oder Angehörige belasten würde).

Das Opfer kann als Zivilpartei am Strafverfahren teilnehmen und schon bei der Meldung der Straftat angeben, dass es einen zivilrechtlichen Anspruch (in der Regel auf Schadensersatz) geltend machen möchte. Die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist gebührenfrei. In diesem Fall entscheidet das Gericht über die strafrechtliche Haftung des Beschuldigten und die Zivilklage im Rahmen eines einzigen Strafverfahrens, was für die Zivilpartei den Vorteil hat, dass sie keinen Zivilprozess anstrengen muss. Während des Strafverfahrens kann die Zivilpartei einen Antrag auf Beschlagnahme des Vermögens des Beschuldigten stellen, wenn berechtigter Grund zu der Annahme besteht, dass die Befriedigung des Anspruchs vereitelt wird.

Bei gesetzlich festgelegten Straftaten (Körperverletzung, Verletzung der Privatsphäre, Verstoß gegen das Briefgeheimnis, Beleidigung, Verleumdung und Respektlosigkeit) kann das Opfer als Privatkläger auftreten. Im Falle der genannten Straftaten muss das Opfer die Tat innerhalb von 30 Tagen, nachdem ihm die Identität des Täters bekannt wurde, zur Anzeige bringen. Das Opfer muss alle zur Straftat vorliegenden Beweise in der Anzeige aufführen und ausdrücklich erklären, ob es die Bestrafung des Beschuldigten verlangt.

Die Straftat kann mündlich oder schriftlich bei Gericht zur Anzeige gebracht werden. Das Gericht ordnet Ermittlungen an, wenn die Identität, die persönlichen Daten oder der Wohnort des Beschuldigten unbekannt sind oder wenn Beweismaterial gesucht werden muss. Kann die Identität des Beschuldigten bei den Ermittlungen nicht festgestellt werden, stellt das Gericht das Verfahren ein.

Das Gericht setzt eine persönliche Anhörung an, bei der es sich um die Aussöhnung zwischen Opfer und Beschuldigtem bemüht. Bei erfolgreicher Aussöhnung stellt das Gericht das Verfahren ein; andernfalls wird das Verfahren mit einem öffentlichen Gerichtsprozess fortgesetzt.

Sollte das Opfer die Klage zurückziehen oder nicht weiter verfolgen, wird das Verfahren eingestellt. Gleiches gilt, wenn das Opfer ohne vorherige Angabe eines triftigen Grundes nicht bei der persönlichen Anhörung oder der Gerichtsverhandlung erscheint, oder wenn das Opfer nicht vorgeladen werden konnte, weil es eine Änderung seiner Anschrift nicht gemeldet hat.

Dem Privatkläger stehen die vollen Rechte der Anklagevertretung zu, einschließlich der Rechte, die während der Verhandlung ausgeübt werden können, sowie des Rechts, gegen die Entscheidungen des Gerichts Rechtsmittel einzulegen.

Nach Ausschöpfung der während der Ermittlungen verfügbaren Rechtsbehelfe können Sie als Opfer in einigen Fällen als Ersatzprivatkläger auftreten und solche Rechtssachen selbst vor Gericht vertreten. Sie können unter anderem als Ersatzprivatkläger auftreten, wenn die Strafanzeige abgelehnt wurde oder die Ermittlungen mit der Begründung eingestellt wurden, dass es sich nicht um eine Straftat handelt, oder wenn Gründe für den Ausschluss der Strafbarkeit vorliegen (z. B. bei Nötigung und Zwang, Irrtum, Notwehr oder Notstand). Ist es in einem konkreten Fall nach dem Gesetz möglich, als Ersatzprivatkläger aufzutreten, wird der über den Widerspruch entscheidende Staatsanwalt das Opfer ausdrücklich hierüber informieren.

Bei Zurückweisung des Widerspruchs wegen Abweisung der Anzeige oder Einstellung der Ermittlungen ist es dem Opfer gestattet, die Unterlagen zu der gegen das Opfer begangenen Straftat in den Amtsräumen der Staatsanwaltschaft einzusehen. Ein als Ersatzprivatkläger auftretendes Opfer kann innerhalb von 60 Tagen nach Abweisung seines Widerspruchs bei der Staatsanwaltschaft erster Instanz einen Antrag auf Strafverfolgung stellen. Die rechtliche Vertretung des Ersatzprivatklägers (durch einen Rechtsanwalt) ist obligatorisch. Über die Annahme des Antrags auf Strafverfolgung entscheidet das Gericht.

Kann ich im Rahmen der Gerichtsverhandlung eine Erklärung abgeben oder eine Aussage machen? Unter welchen Voraussetzungen?

Das Opfer hat das Recht, während des Strafverfahrens gehört zu werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist das Opfer nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt, nach eigenem Ermessen am Beweisverfahren mitzuwirken. Das Opfer kann als Zeuge aussagen oder auf andere Weise (z. B. durch Vorlage von Beweismaterial bei der Behörde) Beweise beibringen. Das Opfer kann in jeder Phase des Verfahrens Anträge stellen und Widerspruch einlegen. Im Allgemeinen wird das Opfer als erster Zeuge gehört.

Nachdem der Staatsanwalt für die Anklage gesprochen hat, kann sich das Opfer vor Gericht äußern und angeben, ob es die Feststellung der strafrechtlichen Haftung und die Bestrafung des Beschuldigten verlangt. Die Zivilpartei kann im Zusammenhang mit der durchzusetzenden Zivilklage eine Erklärung abgeben.

Welche Informationen erhalte ich in der Gerichtsverhandlung?

Vor der Gerichtsverhandlung kann sich der geladene Zeuge an einen Zeugenhelfer des Gerichts wenden, um korrekte Auskünfte zu erhalten. Der Zeugenhelfer des Gerichts ist ein Justizbeamter, der den Zeugen über die Modalitäten der Zeugenaussage aufklärt und die dazu erforderliche Anwesenheit erleichtert. Die Zeugenhilfe erstreckt sich nicht auf Informationen über die Rechtssache und darf nicht zur Beeinflussung des Zeugen führen.

Im Strafverfahren hat das Opfer das Recht, Informationen über seine Rechte und Pflichten sowie über die Strafsache zu erhalten. Es hat ferner das Recht – sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht – bei den Prozesshandlungen anwesend zu sein, die Unterlagen über die gegen das Opfer verübte Straftat einzusehen und nach Abschluss der Ermittlungen die entsprechenden Kopien zu erhalten.

Sie müssen als Opfer über die Anklageerhebung informiert und von allen Sie selbst betreffenden Entscheidungen und der abschließenden Entscheidung benachrichtigt werden.

Erhalte ich Einsicht in die Gerichtsakten?

Als Opfer sind Sie berechtigt, die Unterlagen über die gegen Sie verübte Straftat einzusehen und jederzeit nach Abschluss der Ermittlungen Kopien dieser Unterlagen zu erhalten.

Das Gericht muss das Recht auf Einsicht in die Unterlagen so gewährleisten, dass eine unnötige Offenlegung von Daten über die Privatsphäre vermieden wird. Die Ausgabe der Kopien von Unterlagen darf jedoch nur aus Gründen der Menschenwürde, der Persönlichkeitsrechte und des Rechts auf Achtung der Ehre beschränkt werden.

Letzte Aktualisierung: 08/11/2018

Die verschiedenen Sprachfassungen dieser Seite werden von den betreffenden Mitgliedstaaten verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Die Kommission übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.