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Opferrechte – nach Mitgliedstaat

Belgien

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Belgien

Wie und wo können Sie eine Straftat melden?

Wie können Sie verfolgen, was die Behörden tun, nachdem Sie die Straftat gemeldet haben?

Wie können Sie an den strafrechtlichen Ermittlungen beteiligt werden?

Ihre Rechte als Zeuge

Haben Sie als Minderjähriger zusätzliche Rechte?

Welche Informationen können Sie während der strafrechtlichen Ermittlungen von der Polizei oder von Opferhilfe-Organisationen erhalten?

Haben Sie Anspruch auf Beratungs-/Prozesskostenhilfe?

Wie können Sie Schutz erhalten, wenn Sie in Gefahr sind?

Welche Dienste und welche Unterstützung stehen Ihnen während der strafrechtlichen Ermittlungen zur Verfügung?

Gibt es die Möglichkeit, die Tat auf andere Weise zu sühnen oder eine Mediation zu beginnen?

Wie geht es nach Abschluss der Ermittlungen weiter?

Können Sie Rechtsmittel einlegen, wenn das Verfahren ohne Hauptverhandlung eingestellt wird?

Sie sind Ausländer. Wie werden Ihre Rechte und Interessen geschützt?

Weitere Informationen

Wie und wo können Sie eine Straftat melden?

Sie können eine Straftat bei der örtlichen Polizei anzeigen, vorzugsweise in dem Gebiet, in dem die Straftat begangen wurde. In einem Notfall können Sie immer die 112 wählen, um die Polizei zu benachrichtigen. Liegt kein Notfall vor, können Sie zur nächsten Polizeidienststelle gehen. Die Adressen der Polizeidienststellen sind auf der Website der örtlichen Polizei auf Niederländisch und Französisch angegeben.

Wenn Sie belgischer Staatsangehöriger sind oder Ihren Wohnsitz in Belgien haben (z. B. wenn Ihnen ein ständiges Aufenthaltsrecht in Belgien gewährt wurde), können Sie einige Kleindelikte (z. B. Vandalismus, Laden- und Fahrraddiebstahl) online auf Niederländisch, Französisch oder Deutsch melden. Darüber hinaus können alle Bürger, so auch Touristen, internetbezogene Straftaten online über eine spezielle Website melden, die auf Niederländisch, Französisch, Deutsch und Englisch verfügbar ist.

Einige wenige Straftaten können nur dann verfolgt werden, wenn der Geschädigte Klage einreicht (z. B. Stalking, üble Nachrede und Verleumdung).

Sie müssen die Straftat zwar nicht sofort anzeigen, doch liegt es in Ihrem eigenen Interesse, gegenüber der Polizei möglichst rasch präzise Angaben zum Sachverhalt, zum Tathergang und zu einem von Ihnen erlittenen Sach- oder Personenschaden zu machen. Außerdem sollten Sie bedenken, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist keine strafrechtliche Verfolgung durch die Behörden mehr möglich ist. Diese Verjährungsfrist ist gesetzlich festgelegt und reicht abhängig von der Art der Straftat von sechs Monaten bis zu 15 Jahren.

Die Polizei wird Sie vernehmen und ein offizielles Protokoll anfertigen. Während der Vernehmung durch die Polizei haben Sie verschiedene Rechte, die Ihnen auch bei einer etwaigen weiteren Vernehmung zu einem späteren Zeitpunkt zustehen. Unabhängig davon, ob Sie als Geschädigter oder als Zeuge vernommen werden, muss der Polizeibeamte Sie vor der Vernehmung über Folgendes in Kenntnis setzen:

  • Sie haben das Recht zu verlangen, dass alle Fragen und Antworten mit den Worten zu Protokoll genommen werden, die Sie verwendet haben.
  • Sie haben das Recht vorzuschlagen, dass eine bestimmte Ermittlungshandlung durchgeführt oder eine bestimmte Person vernommen wird.
  • Ihre Aussagen können vor Gericht als Beweismittel verwendet werden.
  • Sie haben das Recht, eine kostenlose Kopie der Niederschrift Ihrer Vernehmung zu erhalten. Sie müssen am Ende der Vernehmung nach der Kopie fragen. Meistens werden Sie sie sofort erhalten.

Wenn Sie eine andere Sprache als die Verfahrenssprache sprechen, wird die Polizei einen vereidigten Dolmetscher hinzuziehen, es sei denn, der Polizeibeamte ist in der Lage, Ihre Aussage in Ihrer Sprache zu Protokoll zu nehmen, oder fordert Sie auf, Ihre Aussage selbst in Ihrer Sprache niederzuschreiben.

Ihre Aussage wird in das Protokoll aufgenommen, das unter anderem folgende Angaben enthält:

  • Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse, sofern vorhanden;
  • nähere Angaben zur Straftat – wer war beteiligt, was ist wann und wo passiert, welche Folgen hat die Tat für Sie;
  • Kontaktdaten der Zeugen, sofern vorhanden;
  • Beschreibung der beteiligten Personen: Größe, Statur und Kleidung, Alter, Haarfarbe, Frisur, etwaiger Akzent, besondere Kennzeichen wie Warzen, Narben, Tätowierungen oder Muttermale;
  • etwaige Verletzungen, die Sie erlitten haben (ein Arzt kann Ihnen eine ärztliche Bescheinigung ausstellen, die Sie bei der Polizei auch noch einige Tage später nachreichen können); Sie können Ihren Arzt auch um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bitten;
  • etwaige Sachschäden, die Sie erlitten haben (es empfiehlt sich, Fotos davon zu machen).

In Ihrer Aussage können Sie auch angeben, ob Sie praktische, soziale, psychologische oder rechtliche Hilfe benötigen.

Bei der Polizei sollten Sie alle Unterlagen in Kopie einreichen, da Sie die Originale vielleicht später noch benötigen, beispielsweise für die Meldung an Ihre Versicherung.

Wenn Sie Opfer sexueller Gewalt geworden sind, wird Ihre Vernehmung nach Möglichkeit in einem besonderen Raum erfolgen, der die nötige Privatsphäre bietet.

In den meisten Fällen übermittelt die Polizei das offizielle Protokoll (proces-verbaal/procès-verbal) an die Staatsanwaltschaft (parket/parquet). Daraufhin entscheidet der Staatsanwalt, ob die Polizei mit der Aufnahme von Ermittlungen beauftragt werden soll. Die Ermittlungen können entweder von dem Staatsanwalt (procureur des Konings/procureur du Roi) geleitet werden (strafrechtliche Ermittlung (opsporingsonderzoek/enquête pénale)) oder in komplizierteren Fällen – bzw. wenn schwerere Eingriffe wie Hausdurchsuchungen erforderlich sind – von einem Untersuchungsrichter (gerichtliche Untersuchung (gerechtelijk onderzoek/instruction judiciaire)). In bestimmten Fällen kann die Polizei von sich aus Ermittlungen durchführen und dann die vollständige Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft zusenden, damit diese weitere Schritte unternimmt (polizeiliche Ermittlung (ambtshalve politioneel onderzoek/enquête policière d'office)). Bei einer Reihe von Kleindelikten (wie dem Diebstahl eines Fahrrades) verfasst die Polizei unter bestimmten Bedingungen (z. B. wenn vom Täter jede Spur fehlt) ein vereinfachtes Protokoll (vereenvoudigd proces-verbaal (VPV)/procès-verbal simplifié)), das auf der Polizeidienststelle verbleibt und nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird. Jeden Monat wird jedoch eine Übersicht aller vereinfachten Protokolle erstellt und der Staatsanwaltschaft übermittelt, die dadurch Kenntnis von Ihrem Fall erlangt. Sollten sich neue Erkenntnisse ergeben, die Auswirkungen auf das Verfahren haben (z. B. Identifizierung des Täters), leitet die Polizei das Protokoll an die Staatsanwaltschaft weiter und teilt Ihnen dies mit.

Wie können Sie verfolgen, was die Behörden tun, nachdem Sie die Straftat gemeldet haben?

Nachdem Sie die Straftat gemeldet haben, erhalten Sie darüber eine schriftliche Bestätigung. Diese enthält das Aktenzeichen Ihres Falles, den Namen des aufnehmenden Polizeibeamten und die Kontaktdaten der Staatsanwaltschaft (an die Sie sich im weiteren Verlauf des Verfahrens wenden können).

Aus dieser Bestätigung geht auch hervor, ob in Ihrem Fall ein offizielles Protokoll angefertigt, eine polizeiliche Ermittlung eingeleitet oder ein vereinfachtes Protokoll aufgesetzt wird.

Wie können Sie an den strafrechtlichen Ermittlungen beteiligt werden?

Wenn Sie abgesehen von der polizeilichen Anzeige keine weiteren Schritte unternommen haben und es zu einer Strafverfolgung kommt, werden Sie vom Staatsanwalt lediglich über Datum, Uhrzeit und Ort der Gerichtsverhandlung informiert.

Möchten Sie von allen Maßnahmen Kenntnis erhalten, die aufgrund Ihrer Anzeige ergriffen werden, so haben Sie das Recht, sich zum Geschädigten (benadeelde persoon/personne lésée) erklären zu lassen. Eine diesbezügliche Erklärung können Sie entweder persönlich oder über einen Anwalt gegenüber dem Polizeibeamten abgeben, der das offizielle Protokoll anfertigt, aber auch beim Sekretariat der Staatsanwaltschaft, bei der Polizeidienststelle oder durch Einschreiben an das Sekretariat der Staatsanwaltschaft. Ein Formular für eine solche Erklärung erhalten Sie zusammen mit der Bestätigung Ihrer Anzeige.

Als Geschädigter werden Sie schriftlich über die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft unterrichtet (z. B. eine Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens und die Gründe dafür oder eine Entscheidung über die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung). Findet eine Anhörung vor einem Untersuchungsgericht statt, so wird Ihnen das Datum dieser Anhörung mitgeteilt. Außerdem haben Sie das Recht auf Einreichung von Schriftstücken, die Ihrer Meinung nach in die Gerichtsakte aufgenommen werden sollten, sowie auf Beantragung von Akteneinsicht und auf Erhalt einer Kopie der Akte.

Wenn Sie Schadensersatz geltend machen oder weitere Rechte erhalten wollen, müssen Sie einen Antrag auf Zulassung als Zivilpartei (Nebenkläger) im Strafverfahren (1) (burgerlijke partij/partie civile) stellen. Dazu müssen sie eine entsprechende ausdrückliche Erklärung abgeben, die Sie persönlich oder durch Ihren Anwalt in jeder Phase des Verfahrens einreichen können. Als Zivilpartei können Sie Zugang zur Prozessakte fordern und eine Kopie davon verlangen, zusätzliche Ermittlungsschritte beantragen, Schadensersatz fordern, Rechtsmittel gegen die ergangenen Entscheidungen einlegen sowie in Bezug auf die Inhaftierung des Straftäters angehört und unterrichtet werden.

Als Zivilpartei im Strafverfahren oder als Geschädigter können Sie sich gegenüber den Behörden durch einen Anwalt vertreten lassen. Da Ermittlungen in Belgien vertraulich geführt werden, dürfen Sie dabei nicht anwesend sein (z. B. bei der Befragung des mutmaßlichen Täters). Davon ausgenommen ist ein Ortstermin zur Rekonstruktion des Falles am Tatort, bei dem Sie als Zivilpartei zugegen sein dürfen.

Sie sind nicht verpflichtet, das Vorliegen einer Straftat oder die Schuld des Täters nachzuweisen.

In dieser Phase des Strafverfahrens haben Sie nicht die Möglichkeit, sich den erlittenen Verlust oder Schaden ersetzen zu lassen.

Sobald das offizielle Protokoll an die Staatsanwaltschaft übermittelt und die strafrechtliche Verfolgung eingeleitet wurde, können Sie das Strafverfahren nicht mehr aufhalten. Das gilt auch in den Fällen, in denen die Strafverfolgung nur nach einer Anzeige des Opfers aufgenommen werden kann, z. B. im Falle von Stalking.

Ihre Rechte als Zeuge

Sie werden während der Ermittlungen vermutlich als Zeuge (getuige/témoin) vernommen.

Wenn Sie sich als Zeuge in Gefahr sehen, können Sie (und Ihre Familienmitglieder und Angehörigen) unter bestimmten Voraussetzungen folgende Zeugenschutzmaßnahmen in Anspruch nehmen:

  • Beratung zu Präventivmaßnahmen und Hilfe bei deren Durchführung;
  • präventive Polizeipatrouillen;
  • Aufzeichnung ein- und ausgehender Telefonate;
  • Bereitstellung einer geheimen Telefonnummer, eines Handys für Notrufe und eines geschützten Nummernschildes für Ihr Auto;
  • sofortiger physischer Schutz und
  • Wohnortwechsel für höchstens 45 Tage.

In besonderen Ausnahmefällen können Ihnen spezielle Schutzmaßnahmen gewährt werden. Dies gilt z. B. dann, wenn Sie Opfer oder Zeuge einer Straftat sind, die von einer kriminellen Organisation begangen wurde, oder wenn Sie Opfer oder Zeuge einer schweren Straftat wie Entführung eines Minderjährigen oder Mord sind und die oben aufgeführten Maßnahmen Ihre Sicherheit nicht ausreichend gewährleisten. Diese Schutzmaßnahmen umfassen:

  • Wohnortwechsel für mehr als 45 Tage und
  • eine neue Identität.

Sie können die Erstattung von Reise- und Unterbringungskosten beantragen, die Ihnen im Zusammenhang mit einer Zeugenaussage im Zuge der Ermittlungen entstanden sind. Zeugen können auch einen Halbtagesausgleich für die Zeit beantragen, die sie bei der Arbeit fehlen. Diese Kosten werden vom Staat getragen, der Angeklagte muss sie jedoch im Falle seiner Verurteilung erstatten.

Wenn Ihnen eine Schutzmaßnahme bewilligt wurde oder wenn Sie sich außer Landes befinden, kann Ihre Vernehmung mittels einer Video- oder Telekonferenz stattfinden.

Haben Sie als Minderjähriger zusätzliche Rechte?

Wenn Sie jünger als 18 Jahre und Opfer einer Straftat sind, haben Sie bei der Vernehmung die folgenden zusätzlichen Rechte:

  • Begleitung durch eine volljährige Person Ihrer Wahl und
  • Durchführung der Vernehmung in einem geeigneten Raum.

Damit Sie nicht mehrmals vernommen werden müssen, kann Ihre Vernehmung audiovisuell aufgezeichnet werden. Wenn Sie jünger als 12 Jahre sind, kann Ihre Vernehmung auf Video aufgezeichnet werden, nachdem Sie darüber informiert wurden. Sind Sie älter als 12 Jahre, müssen Sie Ihr Einverständnis dazu geben. Diese Vernehmungen finden in einem eigens für diese Zwecke eingerichteten Raum statt.

Wenn Sie Opfer von sexuellem Missbrauch, Prostitution oder Pornografie geworden sind, beginnt die Verjährungsfrist erst an dem Tag, an dem Sie das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Sind Sie minderjährig und Opfer einer Straftat, wird die Polizei Sie an einen auf die Behandlung von Kindesmissbrauch spezialisierten Opferhilfsdienst verweisen.

Ferner sind Sie geschützt vor Offenlegung Ihrer Identität in den Medien, denn die Veröffentlichung oder Verbreitung von Fotos, Zeichnungen und anderen Materialien, die Ihre Identität preisgeben können, ist nicht gestattet.

Welche Informationen können Sie während der strafrechtlichen Ermittlungen von der Polizei oder von Opferhilfe-Organisationen erhalten?

Die Polizei informiert Sie über:

  • die Stellen oder Organisationen, an die Sie sich um Hilfe wenden können;
  • das weitere Vorgehen, nachdem Sie die Straftat gemeldet haben;
  • die Voraussetzungen, unter denen Sie Schadensersatz erhalten können.

Die Informationen können Ihnen mündlich oder in Form von Broschüren gegeben werden. Die Broschüren sind in den drei Amtssprachen erhältlich (Niederländisch, Französisch und Deutsch). In der Praxis können Sie mündliche Informationen auch in anderen Sprachen (z. B. Englisch) erhalten.

Wichtig ist der Hinweis, dass Sie sich zum Geschädigten erklären lassen oder als Zivilpartei (Nebenkläger) (1) im Strafverfahren auftreten müssen, um über bestimmte Entwicklungen in Ihrem Fall unterrichtet zu werden; dies betrifft

  • eine Entscheidung des Staatsanwalts, das Verfahren einzustellen, und die Gründe dafür;
  • eine Entscheidung des Staatsanwalts, den Fall für eine gerichtliche Untersuchung an einen Untersuchungsrichter zu verweisen;
  • eine Entscheidung des Staatsanwalts, dem Täter eine gütliche Einigung oder eine Mediation vorzuschlagen, und
  • das Datum, an dem Ihr Fall vor Gericht verhandelt wird.
  • Als Geschädigter oder Zivilpartei haben Sie außerdem das Recht, Zugang zur Akte zu beantragen und eine Kopie davon zu erhalten. Dieser Antrag kann während der Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft oder beim Untersuchungsrichter gestellt werden.

Sie dürfen Kopien der Akte anfertigen, müssen jedoch für jede Kopie eine Gebühr bezahlen (ungefähr 0,25 bis 0,50 EUR pro Kopie). Wenn Ihr Fall jedoch vor dem Assisenhof (Schwurgericht, hof van assisen/cour d'assises) verhandelt wird, sind die Kopien kostenlos.

Haben Sie Anspruch auf Beratungs-/Prozesskostenhilfe?

Zunächst einmal können Sie ersten juristischen Beistand (juridische eerstelijnsbijstand/aide juridique de première ligne) in Anspruch nehmen, d. h. eine kostenlose Erstberatung durch Rechtsanwälte, die an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten angeboten wird. Bei Bedarf können diese Rechtsanwälte Sie an eine spezialisierte Einrichtung oder Organisation vermitteln. Beratungen finden statt in Gerichtsgebäuden, bei Friedensgerichten (vredegerecht/justice de paix), in Justizhäusern, einigen Gemeindeverwaltungen usw. Sie können sich an die in allen Gerichtsbezirken vorhandenen Justizhäuser (justitiehuis/maison de justice) wenden (Kontaktangaben liegen auf Französisch und Niederländisch vor), aber auch an einen der Opferhilfsdienste.

Wenn Sie eine umfassendere rechtliche Beratung, Unterstützung und Vertretung wünschen, müssen sie einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen. In Abhängigkeit von Ihrem Einkommen können die im Rahmen des weiterführenden juristischen Beistands (juridische tweedelijnsbijstand/aide juridique de deuxième ligne) gebotenen Leistungen für Sie ganz oder teilweise kostenlos sein. Einige Personengruppen, die sich in besonderen Lebenssituationen befinden – so z. B. Minderjährige oder Menschen mit geistiger Behinderung – haben in jedem Fall Anspruch auf unentgeltliche juristische Vertretung.

Um weiterführenden juristischen Beistand zu beantragen, müssen Sie sich an eines der Büros für juristischen Beistand (bureau voor juridische bijstand/bureau d’aide juridique) wenden (Einzelheiten dazu in Französisch und Niederländisch). Jedes Gericht verfügt über eine solche Stelle. Sie müssen Unterlagen beibringen, aus denen hervorgeht, dass Sie zu einer der Personengruppen in besonderen Lebenssituationen gehören oder ein geringes Nettoeinkommen beziehen. Das Büro entscheidet innerhalb von fünfzehn Tagen über Ihren Antrag. Wird diesem stattgegeben, erhalten Sie die Kontaktdaten des für sie bestellten Anwalts. Sie können auch einen Anwalt Ihrer Wahl fragen, ob er bereit ist, im Rahmen des weiterführenden juristischen Beistands tätig zu werden. Wenn er damit einverstanden ist, nimmt er in Ihrem Namen Kontakt zum Büro für juristischen Beistand auf, um die Annahme Ihres Antrags zu erwirken.

Wenn Sie nur über geringe finanzielle Mittel verfügen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen beantragen, im Rahmen der Gerichtskostenhilfe (rechtsbijstand/assistance judiciaire) von bestimmten Verfahrenskosten (z. B. Gerichtsvollzieherkosten und Kosten von Kopien aus der Strafakte) befreit zu werden. Dieser Antrag muss beim Büro für Gerichtskostenhilfe des Strafgerichts gestellt werden, bei dem die Sache anhängig ist. Wenn Sie bereits als Zivilpartei am Strafverfahren beteiligt sind, können sie diesen Antrag schriftlich oder mündlich bei dem mit der Sache befassten Strafgericht stellen.

Außerdem lohnt sich ein Blick in Ihre Versicherungsunterlagen, um herauszufinden, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung haben. Wenden Sie sich hierzu an Ihren Versicherungsvertreter.

Wie können Sie Schutz erhalten, wenn Sie in Gefahr sind?

Die Polizei gewährleistet Ihre unmittelbare Sicherheit durch allgemeine Sicherheitsmaßnahmen. Wenn Sie sich aufgrund einer von Ihnen getätigten oder beabsichtigten Aussage in Gefahr sehen und bereit sind, die Aussage vor Gericht zu bestätigen, kann Ihnen die Zeugenschutzkommission (Getuigenbeschermingscommissie/ Commission de protection des témoins) zusätzlichen Schutz gewähren. Hält der Staatsanwalt (bei einer normalen Ermittlung) oder der Untersuchungsrichter (bei einer gerichtlichen Untersuchung) derartige Schutzmaßnahmen in Ihrem Fall für nötig, übermittelt er einen entsprechenden Antrag an die Zeugenschutzkommission.

Wenn Sie Opfer einer Vergewaltigung oder eines sexuellen Übergriffs sind, werden Sie vor der Offenlegung Ihrer Identität in den Medien geschützt. Die Veröffentlichung oder Verbreitung von Fotos, Zeichnungen und anderen Unterlagen, die Ihre Identität preisgeben können, ist eine strafbare Handlung.

Sind Sie ein Opfer häuslicher Gewalt und haben Angst, nach Hause zurückzukehren, stellt die Polizei Ihnen (und Ihren Kindern) eine sichere Unterkunft zur Verfügung.

Sie können den Polizeibeamten während der Vernehmung auch darum bitten, Ihre Personalien nicht in das offizielle Protokoll aufzunehmen. Die Polizei ist jedoch dazu verpflichtet, sie dem Staatsanwalt auf Anfrage mitzuteilen.

Nur wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person aufgrund Ihrer Aussage in eine sehr bedrohliche Situation geraten, kann der Untersuchungsrichter Ihnen vollständige oder teilweise Anonymität gewähren (die Polizei hat diesbezüglich keine Befugnisse). Oft beschließt der Untersuchungsrichter von sich aus die Gewährung der Anonymität, doch können Sie dies auch selbst beantragen. Wenn der Untersuchungsrichter Ihren Antrag ablehnt, können Sie keine Rechtsmittel gegen diese Entscheidung einlegen.

Teilweise Anonymität bedeutet, dass Ihre Identität in dem offiziellen Vernehmungsprotokoll nicht offengelegt wird. Dies ist sowohl bei normalen Ermittlungen als auch bei einer gerichtlichen Untersuchung möglich.

Vollständige Anonymität bedeutet, dass Ihre Identität während des gesamten Strafverfahrens geheim gehalten wird. Sie kann nur gewährt werden, wenn

  • eine gerichtliche Untersuchung durch einen Untersuchungsrichter durchgeführt wird;
  • die teilweise Anonymität für Ihren Schutz nicht ausreicht;
  • Sie der Auffassung sind, dass Ihre Aussage eine Gefahr für Sie und Ihre Angehörigen darstellt und dies Grund für eine Nichtaussage wäre, und
  • die Straftat von einer kriminellen Organisation begangen wurde oder eine schwere Straftat vorliegt (z. B. Entführung eines Minderjährigen oder Mord).

Welche Dienste und welche Unterstützung stehen Ihnen während der strafrechtlichen Ermittlungen zur Verfügung?

Alle Angehörigen der Polizei und der Justizorgane müssen Sie angemessen informieren und Sie gegebenenfalls an fachlich qualifizierte Dienste oder Einrichtungen verweisen. Es gibt verschiedene Einrichtungen der Opferhilfe. Während des Strafverfahrens und sogar danach können Sie folgende Dienste in Anspruch nehmen:

  • Die Polizei nimmt Sie in Empfang und bietet Ihnen praktische Hilfe und Informationen an, nimmt Protokolle auf und verweist Sie an geeignete Dienste und Einrichtungen. Wenn der Sie betreuende Polizeibeamte Ihnen keine optimale Unterstützung bieten kann (z. B. in einer akuten Notsituation), können sich die Opferhilfsstellen der Polizei (politionele slachtofferbejegening/assistance policière aux victimes) einschalten und die notwendige Unterstützung geben.
  • Die Opferaufnahmestelle (slachtofferonthaal/accueil des victimes) im Justizhaus kann Ihnen spezielle Auskünfte zu Ihrem Fall erteilen. Ein solches Justizhaus gibt es in jedem Bezirk (Kontaktangaben liegen in Französisch und Niederländisch) vor. Dort erhalten Sie während des gesamten Gerichtsverfahrens die nötige Hilfe und Unterstützung. Je nach Problemlage werden die Mitarbeiter der Opferaufnahmestelle (Justizassistenten) Sie bei Bedarf an stärker spezialisierte Einrichtungen verweisen. Die Mitarbeiter der Opferaufnahmestelle können Ihnen während des Verfahrens in emotional schwierigen Momenten zur Seite stehen und Unterstützung beim Zugang zu Ihrer Akte, während der Gerichtsverhandlung, bei der Rückerlangung urkundlicher Nachweise oder bei der Rekonstruktion des Tathergangs leisten. Sie können Ihnen auch bei der Abfassung einer Erklärung des Opfers in Bezug auf die Urteilsvollstreckung helfen.
  • Die Opferhilfsdienste (diensten slachtofferhulp/services d'assistance aux victimes) bieten weitere Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen der Straftat: emotionale und psychologische Betreuung, Informationen (über Ihre Rechte, den Ausgleich des erlittenen Schadens, die Hauptverhandlung und die Möglichkeit der Beantragung von Gerichtskostenhilfe); außerdem helfen Sie Ihnen bei der Kontaktaufnahme zu verschiedenen Institutionen (Versicherungen, Polizei, Justizbehörden, Rechtsanwälte, Krankenhäuser usw.). Normalerweise werden Sie von der Polizei oder den Justizassistenten an diese Dienste verwiesen, doch können Sie auch selbst den Kontakt aufnehmen.

Die Inanspruchnahme all dieser Dienste ist kostenlos und erfolgt völlig freiwillig.

Wenn Sie Opfer von Menschenhandel geworden sind, erhalten Sie weitere Unterstützung bei spezialisierten privaten Trägern. Für die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen diesen Einrichtungen ist das Zentrum für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung (Centrum voor Gelijkheid van Kansen en voor Racismebestrijding/Centre pour l’Egalité des chances et la lutte contre le racisme) zuständig. Wenn Ihnen Schutz als Opfer von Menschenhandel (2) gewährt wird, gelten für Sie auch verschiedene Sonderregelungen in Bezug auf Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen.

Sie können ärztliche Hilfe erhalten, müssen aber möglicherweise selbst dafür aufkommen, wenn Sie keine gültige Krankenversicherung haben (allerdings können Sie diese Kosten in Ihre Schadensersatzforderung einbeziehen). Bürger der 27 Mitgliedstaaten sowie von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz können von der Europäischen Krankenversicherungskarte profitieren.

Gibt es die Möglichkeit, die Tat auf andere Weise zu sühnen oder eine Mediation zu beginnen?

Die Möglichkeit der Mediation besteht in allen Phasen des Strafverfahrens: solange das Verfahren bei der Polizei anhängig ist (Mediation auf Polizeiebene); auf Gemeindeebene (bei Verwaltungssanktionen); auf Ebene der Staatsanwaltschaft, bevor Anklage erhoben wird (Mediation in Strafsachen), und nachdem die Staatsanwaltschaft entschieden hat, ein Strafverfahren einzuleiten (wiedergutmachungsorientierte Mediation). Letztere Art der Mediation ist auch noch während und nach der Vollstreckung des Urteils möglich.

Mediation ist bei allen Arten von Straftaten möglich. Der Staatsanwalt, der Untersuchungsrichter und der Richter sollten Sie auf die Möglichkeit der Mediation hinweisen. Sie können auch selbst eine Mediation verlangen.

Mediation auf Polizeiebene (politionele schadebemiddeling/médiation policière) wird bei Bagatelldelikten (z. B. Graffiti, geringfügige Diebstähle und Vandalismus) angeboten, um den Sachschaden zu regeln. Sie ist möglich in den Polizeibezirken von Löwen, Mechelen und Brüssel. Die Mediation findet statt, ehe das offizielle Protokoll an die Staatsanwaltschaft übermittelt wird. Der Staatsanwalt wird über den Ausgang der Mediation informiert; wenn es zu einer Einigung kommt, wird der Fall üblicherweise zu den Akten gelegt.

Mediation bei Verwaltungssanktionen (3) wird angeboten, bevor eine Verwaltungssanktion verhängt wird. Sie ist verpflichtend, wenn der Täter jünger als 16 Jahre ist. Ziel der Vermittlung ist die Begleichung des verursachten Schadens. Sie wird von Beamten der Gemeinden durchgeführt.

Eine Mediation in Strafsachen (bemiddeling in strafzaken/médiation pénale) kann vom Staatsanwalt vorgeschlagen werden, wenn ihm für die begangene Straftat eine Haftstrafe von weniger als zwei Jahren angemessen erscheint. Diese Art der Mediation findet statt, bevor über die Anklageerhebung entschieden wird, und wird von Justizassistenten durchgeführt. Als Opfer einer Straftat werden Sie vor allem Schadensersatzansprüche geltend machen. Darüber hinaus kann der Staatsanwalt dem Täter gewisse Bedingungen auferlegen (psychologische Behandlung oder Therapie, Schulung oder gemeinnützige Arbeit). Wenn Täter und Opfer zu einer Einigung über den Schadensersatz gelangen und der Täter die zusätzlichen Auflagen erfüllt, wird die Strafverfolgung eingestellt (dies bedeutet, dass der Staatsanwalt den Fall nicht mehr vor Gericht bringen kann). Erfüllt der Täter die Auflagen nicht, kann der Fall vor Gericht gebracht werden. Bei dieser Art von Mediation ist Ihre Mitwirkung erforderlich; sind Sie dazu nicht bereit, wird der Fall an die Staatsanwaltschaft zurückverwiesen, die dann erneut über die Anklageerhebung entscheidet.

Die wiedergutmachungsorientierte Mediation (herstelbemiddeling/médiation réparatrice) wird getrennt vom Strafverfahren durchgeführt und ist kein Ersatz dafür. Folglich sind die Justizbehörden weiterhin für alle Entscheidungen in Bezug auf Strafverfolgung, Verurteilung und Urteilsvollstreckung zuständig. Das hindert Sie aber nicht daran, in einer beliebigen Phase des Verfahrens – also vor der Anrufung eines Gerichts, während des Gerichtsverfahrens oder nach dem Urteilsspruch – die Einleitung einer Mediation zu beantragen. Jede von einer Straftat unmittelbar betroffene Person kann eine Mediation beantragen, also nicht nur das Opfer oder der Täter, sondern beispielsweise auch ein Partner, Familienmitglied oder Angehöriger. Diese Art der Mediation wird von zwei gemeinnützigen Vereinigungen durchgeführt, Suggnomè für die flämische Region und  Médiante für die wallonische Region. Sie sind in jedem Gerichtsbezirk vertreten. Eine durch diese Art der Mediation erzielte Übereinkunft ist vertraulich und wird dem Gericht nur mit Zustimmung beider Parteien übermittelt. Die wiedergutmachungsorientierte Mediation muss im Urteil des Gerichts zwar erwähnt, aber nicht berücksichtigt werden.

Eine Mediation ist auch in Jugendsachen möglich, wobei eine wiedergutmachungsorientierte Mediation auf Ebene der Staatsanwaltschaft und auch auf Ebene des Jugendgerichts stattfinden kann. Eine wiedergutmachungsorientierte Gruppenkonzertierung (herstelgericht groepsoverleg (hergo)/concertation restauratrice en groupe) kann nur vom Jugendgericht angeordnet werden. Vom Richter wird erwartet, dass er einer Mediationsmaßnahme den Vorzug gibt (gegenüber der Verurteilung eines minderjährigen Straftäters) und die Konfliktparteien über diese Möglichkeit aufklärt. Führt die wiedergutmachungsorientierte Mediation zu einer Vereinbarung zwischen Opfer und Täter, muss diese in der Regel vom Richter genehmigt werden. Der Richter darf den Inhalt der Vereinbarung nicht ändern. Er kann die Vereinbarung nur ablehnen, wenn daraus eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit erwachsen kann. Mediation und Gruppenkonzertierungen werden von örtlichen gemeinnützigen Vereinigungen im Bereich der Jugendhilfe durchgeführt.

Wie geht es nach Abschluss der Ermittlungen weiter?

Welche Entscheidungen am Ende der Ermittlungen getroffen werden, hängt davon ab, ob es sich um eine gerichtliche Untersuchung oder eine Standardermittlung handelt.

Bei einer Standardermittlung kann der Staatsanwalt beschließen,

  • das Verfahren einzustellen;
  • dem Täter eine gütliche Einigung (minnelijke schikking/résolution à l’aimable) vorzuschlagen – wenn der Täter den Vorschlag annimmt und Ihnen gegenüber Schadensersatz leistet, wird das Verfahren eingestellt;
  • eine Mediation in Strafsachen (bemiddeling in strafzaken/médiation dans les affaires pénales) vorzuschlagen;
  • Ihren Fall vor Gericht zu bringen.

Als Geschädigter oder Zivilpartei im Strafverfahren werden Sie über die Entscheidung des Staatsanwalts informiert.

Wird eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet, muss der Untersuchungsrichter die Akte an die Vorverfahrenskammer des Gerichts (raadkamer/chambre du conseil) weiterleiten. Die Gerichtsverhandlungen in der Vorverfahrenskammer finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, d. h. Presse und Öffentlichkeit haben keinen Zutritt. Sie und Ihr Anwalt dürfen anwesend sein, nicht aber Ihre Freunde oder Familienmitglieder. Die Vorverfahrenskammer kann beschließen,

  • das Verfahren einzustellen, wenn sie der Auffassung ist, dass keine ausreichenden Beweise gegen den Täter vorhanden sind oder keine Straftat vorliegt;
  • die Sache zur Verhandlung an das Gericht zu verweisen, wenn die Beweise ihrer Meinung für eine Anklage ausreichen;
  • den Täter in eine psychiatrische Einrichtung einweisen zu lassen, wenn er psychisch krank oder schwer unzurechnungsfähig ist, so dass er seine eigenen Handlungen nicht kontrollieren kann; in diesem Fall kann der Beschuldigte eine öffentliche Verhandlung verlangen;
  • das Urteil auszusetzen: die Vorverfahrenskammer kann das Urteil nur dann aussetzen, wenn der Täter zuvor noch nie zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde. Sie legt eine Bewährungsfrist von höchstens fünf Jahren fest, während der der Täter eine Reihe von Auflagen zu erfüllen hat. Wenn er innerhalb der Bewährungsfrist erneut straffällig wird oder den Auflagen nicht nachkommt, kann das Gericht das Verfahren wieder aufnehmen.

Beschließt die Vorverfahrenskammer, den mutmaßlichen Täter in eine psychiatrische Einrichtung einweisen zu lassen oder das Urteil auszusetzen, so gilt diese Entscheidung als vollständiges Urteil eines Strafgerichts, und die Kammer entscheidet auch über Ihre zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche.

Als Geschädigter oder Zivilpartei im Strafverfahren (1) werden Sie über das Datum der Verhandlung informiert. Wird Ihre Sache an das Strafgericht verwiesen, werden Sie ebenfalls über das Datum der Verhandlung unterrichtet.

Können Sie Rechtsmittel einlegen, wenn das Verfahren ohne Hauptverhandlung eingestellt wird?

Sie können gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen, keine Rechtsmittel einlegen. In Abhängigkeit von der Sachlage und den Gründen für die Einstellung des Verfahrens kann es dennoch möglich sein, vor den Strafgerichten auf Schadensersatz zu klagen (abgesehen von einem zivilrechtlichen Verfahren):

  • Handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit (contravention/overtreding) oder ein Vergehen (délit/wanbedrijf), kann der Täter direkt vor Gericht geladen werden. Dazu müssen Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen, dem Täter die Ladung zuzustellen.
  • Sie können auch Strafantrag beim Untersuchungsrichter stellen und einen Anspruch als Zivilpartei im Strafverfahren (1) geltend machen, woraufhin der Richter zur Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung verpflichtet ist. Dafür müssen Sie dem Untersuchungsrichter gegenüber ausdrücklich erklären, dass Sie als Zivilpartei im Strafverfahren auftreten wollen. Dies kann schriftlich oder mündlich geschehen. Der Untersuchungsrichter erstellt ein offizielles Protokoll, in dem er bestätigt, dass Sie Zivilpartei sind. Beachten Sie, dass Sie der Untersuchungsrichter in diesem Fall zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung zur Deckung der Verfahrenskosten auffordern kann. Die Höhe dieser Sicherheitsleistung wird vom Richter festgelegt. Ferner sollte Ihnen bewusst sein, dass die Vorverfahrenskammer am Ende der Untersuchung dennoch beschließen kann, die Sache nicht zur Verhandlung an das Gericht zu verweisen, weil keine ausreichenden Beweise gegen den Täter vorliegen. Bei der Verhandlung müssen Sie ihren Status als Zivilpartei des Verfahrens bestätigen.

Wenn der Täter minderjährig ist, können Sie ihn weder direkt vor Gericht laden noch einen Strafantrag als Zivilpartei im Strafverfahren stellen.

Als Zivilpartei im Strafverfahren (1) können Sie vor der Anklagekammer des Appellationsgerichts (Kamer van inbeschuldigingstelling/Chambre des mises en accusation) Rechtsmittel gegen alle Entscheidungen der Vorverfahrenskammer einlegen, so auch gegen einen etwaigen Verzicht auf Strafverfolgung. Sie können jedoch keine Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Anklagekammer einlegen und haben auch nicht die Möglichkeit, den Täter anschließend selbst vor Gericht zu laden.

Fällt die Vorverfahrenskammer (in Fällen, in denen der Täter in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen oder das Urteil ausgesetzt wird) eine Entscheidung über den zu leistenden Schadensersatz, können Sie Rechtsmittel hinsichtlich des Ihnen zugesprochenen Schadensersatzes einlegen, nicht aber gegen das Strafurteil. Rechtsmittel müssen innerhalb von fünfzehn Tagen (bzw. drei Tagen, wenn sich der Täter in Untersuchungshaft befindet) bei der Geschäftsstelle des Gerichts eingelegt werden. Daraufhin prüft die Anklagekammer des Appellationsgerichts Ihren Schadensersatzanspruch.

Wenn Sie aus welchen Gründen auch immer nicht am Strafverfahren beteiligt waren, können Sie Ihre Ansprüche vor den Zivilgerichten verfolgen. Das ist auch dann möglich, wenn die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren einstellt. Um das Zivilgericht mit Ihrer Angelegenheit zu befassen, müssen Sie dem Verursacher des Schadens eine Ladung zustellen lassen; es sei denn, alle Parteien erscheinen freiwillig. Falls sich eine Versicherungsgesellschaft eingeschaltet hat (z. B. nach einem Verkehrsunfall), können Sie auch diese laden. Das Zivilverfahren unterscheidet sich wesentlich von einem Strafverfahren. Wenn Sie vor einem Zivilgericht (burgerlijke rechtbank/tribunal civil) klagen möchten (weil sie z. B. nicht am Strafverfahren beteiligt waren oder wenn das Verfahren eingestellt wurde), müssen Sie in der Lage sein nachzuweisen, dass eine unrechtmäßige Handlung begangen wurde. Wenn allerdings bereits ein Strafverfahren läuft, muss das Zivilgericht das Verfahren so lange ruhen lassen, bis das Strafgericht ein Urteil gefällt hat. Das Zivilgericht muss sich an das Urteil des Strafgerichts halten. Eine Klage vor einem Zivilgericht ist auch mit Kosten verbunden.

Sie sind Ausländer. Wie werden Ihre Rechte und Interessen geschützt?

Als Ausländer stehen Ihnen alle oben erläuterten Rechte zu. Außerdem haben Sie bestimmte weiterreichende Ansprüche, die Ihnen die Teilnahme am Strafverfahren erleichtern sollen.

Wenn Sie die Amtssprache des betreffenden Landesteils nicht sprechen, können Sie einen kostenlosen Dolmetscher verlangen. Sie können Ihre Aussage auch selbst niederschreiben (oder den Polizeibeamten bitten, sie in Ihrer Muttersprache niederzuschreiben). Wenn Sie sich außer Landes aufhalten, kann Sie der Staatsanwalt oder der Untersuchungsrichter mittels Video- oder Telekonferenz vernehmen.

Wenn Sie Asylbewerber sind, haben Sie automatisch das Recht, im Rahmen des weiterführenden juristischen Beistands die Bestellung eines Anwalts zu verlangen.

Weitere Informationen

  • Verfassung – auf Niederländisch und Französisch
  • Gerichtsgesetzbuch – auf Niederländisch und Französisch
  • Strafprozessgesetzbuch – auf Niederländisch und Französisch
  • Gesetz vom 5. August 1992 über das Polizeiamt – auf Niederländisch und Französisch
  • Gesetz vom 1. August 1985 zur Festlegung steuerrechtlicher und anderer Bestimmungen – auf Niederländisch und Französisch
  • Gesetz vom 29. Juni 1964 über die Aussetzung, den Aufschub und die Bewährung –auf Niederländisch
  • Rundschreiben GPI 58 vom 4. Mai 2007 über den polizeilichen Opferbeistand in der auf zwei Ebenen strukturierten integrierten Polizei – auf Niederländisch
  • Rundschreiben der Generalstaatsanwaltschaft COL 5/2009 über die Verwendung einheitlicher Klagebescheinigungen und über Leitlinien für die Weitergabe dieser Bescheinigungen durch die Polizei und zur Änderung von COL 8/2005, überarbeitete Fassung vom 20. Dezember 2012
  • Rundschreiben vom 26. September 2008 über die Verwirklichung einer multidisziplinären Zusammenarbeit in Bezug auf Opfer von Menschenhandel und/oder von bestimmten schwereren Formen von Menschenschmuggel – auf Niederländisch
  • Rundschreiben COL 16/2012 vom 12. November 2012 – Gemeinsames Rundschreiben des Justizministers, des Innenministers und der Generalstaatsanwaltschaft betreffend den Empfang von Opfern bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten
  • Rundschreiben COL 17/2012 vom 12. November 2012 - Gemeinsames Rundschreiben des Justizministers, des Innenministers und der Generalstaatsanwaltschaft betreffend den respektvollen Umgang mit Verstorbenen, die Mitteilung von Todesfällen, die würdevolle Verabschiedung und die Tatortreinigung in Fällen, die unter Mitwirkung der Justizbehörden bearbeitet werden
  • Rundschreiben COL 18/2012 vom 20. Dezember 2012 - Gemeinsames Rundschreiben des Justizministers, des Innenministers und der Generalstaatsanwaltschaft betreffend das vorübergehende Verbot des Betretens der Wohnung in Fällen von häuslicher Gewalt
  • Königlicher Erlass vom 18. Dezember 2003 zur Festlegung der Bedingungen des kostenlosen oder teilweise kostenlosen weiterführenden juristischen Beistands und der Gerichtskostenhilfe – auf Niederländisch
  • Königlicher Erlass vom 16. Mai 2004 über die Bekämpfung des Menschenschmuggels und des Menschenhandels – auf Niederländisch
  • Königlicher Erlass vom 13. Juni 1999 über die Organisation der Justizhäuser des Justizministeriums – auf Niederländisch und Französisch
  • Königlicher Erlass vom 28. Dezember 1950 zur Festlegung der allgemeinen Ordnung über die Gerichtskosten in Strafsachen
  • Kooperationsvertrag vom 7. April 1998 zwischen dem Staat und der flämischen Gemeinschaft über die Opferbetreuung – auf Niederländisch
  • Vereinbarungsprotokoll vom 5. Juni 2009 zwischen dem Staat, der flämischen Gemeinschaft, der französischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaftskommission und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission in Bezug auf den Opferbeistand – auf Niederländisch und Französisch
  • Vereinbarungsprotokoll vom 5. Juni 2009 zwischen dem Staat, der französischen Gemeinschaft und der Region Wallonien in Bezug auf den Opferbeistand – auf Niederländisch und Französisch
  • Vereinbarungsprotokoll vom 5. Juni 2009 zwischen dem Staat und der deutschsprachigen Gemeinschaft in Bezug auf den Opferbeistand – auf Niederländisch, Französisch und Deutsch


1. Zivilpartei (Nebenkläger) im Strafverfahren

Sie können in jeder Phase des Strafverfahrens Zivilklage vor dem Strafgericht einreichen, selbst wenn Sie keine Anzeige bei der Polizei erstattet haben. Zusätzlich zu Ihren allgemeinen Rechten als Geschädigter erhalten Sie durch Ihre Stellung als Nebenkläger im Strafverfahren das Recht

  • auf Forderung von Schadensersatz;
  • auf Gehör vor Gericht;
  • auf Kostenerstattung am Ende des Verfahrens und
  • auf Beiziehung eines Dolmetschers während des Strafverfahrens.
  • Wird Ihre Nebenklage für zulässig und begründet erachtet, erhalten Sie außerdem eine Reihe von Rechten im Strafverfahren, ohne vor dem Strafvollstreckungsgericht die Anerkennung als Opfer beantragen zu müssen.
Sie können einem Strafverfahren, das bereits durch die Staatsanwaltschaft in die Wege geleitet wurde, als Zivilpartei beitreten, indem Sie eine ausdrückliche Erklärung abgeben. Dies können Sie in jeder Phase der Ermittlungen und während des eigentlichen Verfahrens tun, in der Berufungsphase besteht diese Möglichkeit jedoch nicht mehr. Handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit (contravention/overtreding) oder ein Vergehen (délit/wanbedrijf), können Sie Zivilklage vor dem Untersuchungsrichter einreichen, der daraufhin zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen verpflichtet ist. Beachten Sie jedoch, dass die Vorverfahrenskammer am Ende der Ermittlungen entscheiden kann, dass die Beweismittel nicht für eine Anklageerhebung ausreichen.
Wenn Sie Schadensersatz geltend machen möchten, müssen Sie den erlittenen Schaden belegen. Das Gericht beurteilt dann, ob Ihr Antrag zulässig ist, und gibt ihm statt oder weist ihn ab.
Als Zivilpartei im Strafverfahren haben Sie das Recht, den Fall vor die Anklagekammer des Appellationsgerichts zu bringen, wenn das Strafverfahren nach einem Jahr noch nicht abgeschlossen ist. Dies ermöglicht Ihnen eine indirekte Kontrolle über das Fortschreiten der Ermittlungen.


2. Schutz als Opfer von Menschenhandel
Seit Anfang der 90er Jahre wird in Belgien Opfern von Menschenhandel ein spezieller Aufenthaltsstatus zuerkannt. Die folgenden Kategorien von Opfern können von diesem Status profitieren:
  • Opfer von Menschenhandel (Menschenhandel zum Zweck verschiedener Formen der sexuellen Ausbeutung, der Ausnutzung durch Bettelei, der wirtschaftlichen Ausbeutung, der Organentnahme, der Nötigung zur Begehung strafbarer Handlungen);
  • Opfer von Schleusertum (Hilfe bei der illegalen Einreise zu Profitzwecken) bei Vorliegen erschwerender Umstände. Anspruch auf diesen Status haben Opfer, die Gewalt erlitten haben oder deren Leben in Gefahr ist.
Durch die Anerkennung als Opfer von Menschenhandel erhalten Sie Anspruch auf besondere Regelungen in Bezug auf die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, sofern Sie
  • den Kontakt zu den mutmaßlichen Straftätern abbrechen;
  • die obligatorische Unterstützung eines anerkannten Aufnahmezentrums annehmen, das auf die Unterstützung der betroffenen Personen spezialisiert ist;
  • mit den Justizbehörden zusammenarbeiten, indem Sie eine Aussage machen oder Anzeige erstatten.


3. Verwaltungssanktionen
Verwaltungssanktionen werden von den Gemeinden verhängt und gelten nicht als strafrechtliche Sanktionen. Die Gemeinden können bestimmte geringfügige Vergehen und Störungen der öffentlichen Ordnung durch Verwaltungssanktionen (Geldbußen, Schließung von Gebäuden oder Einrichtungen oder Entzug von Genehmigungen oder Lizenzen) ahnden. Die Gemeinde kann solche Sanktionen für Gesetzesübertretungen, bestimmte Formen von Vandalismus usw. verhängen, ohne den Staatsanwalt einzuschalten.
Letzte Aktualisierung: 16/12/2015

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