Opferrechte – nach Mitgliedstaat

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Kann ich gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen?

Im Allgemeinen können Privatbeteiligte (1), SubsidiaranklägerInnen (2) und PrivatanklägerInnen (3) Berufung einlegen.

Es gibt zwei Arten von Rechtsmitteln: Die Nichtigkeitsbeschwerde betrifft die Gesetzmäßigkeit des Verfahrens und des Urteils. Die Berufung betrifft die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche. Als Privatanklägerin/Privatankläger können Sie auch Berufung gegen die Strafhöhe erheben. Als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter und als Subsidaranklägerin/Subsidiarankläger werden Sie bei einem Freispruch der/des Angeklagten mit Ihren Schadenersatzansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Sie haben als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter, Subsidiarankläger/Subsidiaranklägerin und Privatankläger/Privatanklägerin in folgenden Fällen das Recht, eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil einzulegen:

  • wenn Sie wegen des Freispruchs auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden und erkennbar ist, dass die Abweisung eines von Ihnen in der Hauptverhandlung gestellten Antrages einen nachteiligen Einfluss auf die Geltendmachung Ihrer privatrechtlichen Ansprüche hatte.

Als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter und als Subsidaranklägerin/Subsidiarankläger steht Ihnen ein Recht auf Berufung zu, wenn:

  • Sie im Fall einer Verurteilung der/des Angeklagten mit Ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, obwohl das Strafgericht schon darüber hätte entscheiden können, da Ihre Ansprüche wohlbegründet und gerechtfertigt waren.

Im bezirksgerichtlichen Verfahren und im Verfahren vor dem Landesgericht als Einzelrichter können Sie als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter und als Subsidiaranklägerin/Subsidiarankläger Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche nicht nur bei vollständiger Verweisung auf den Zivilrechtsweg, sondern auch hinsichtlich des Umfangs eines allfälligen Zuspruchs erheben.

Wenn Sie den Status einer Privatanklägerin/eines Privatanklägers im Verfahren haben, können Sie von denselben Rechtsmitteln Gebrauch machen wie die Staatsanwältin/der Staatsanwalt. Wenn die/der Angeklagte freigesprochen wird, können Sie die Nichtigkeit der Entscheidung geltend machen. Im bezirksgerichtlichen Verfahren und im Verfahren vor dem Landesgericht als Einzelrichter können Sie überdies im Zuge einer Berufung wegen Schuld die im Urteil festgestellten Tatsachen bekämpfen. Wenn es zu einer Verurteilung der/des Angeklagten kommt, können Sie Berufung einlegen, wenn Sie mit der Strafe nicht einverstanden sind oder wenn Sie mit Ihren privatrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden. Wenn Sie während der Verhandlung, bei der das Gericht seine Entscheidung verkündete, nicht anwesend waren, müssen Sie in den Gerichtsakt Einsicht nehmen, um herauszufinden, ob die/der Angeklagte schuldig gesprochen wurde. Das Urteil muss eine Begründung enthalten und von der Richterin/vom Richter innerhalb von vier Wochen unterzeichnet werden. Wenn Sie als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter, als Subsidaranklägerin/Subsidiarankläger oder als Privatanklägerin/Privatankläger innerhalb von drei Tagen nach der Urteilsverkündung eine Nichtigkeitsbeschwerde oder eine Berufung anmelden, muss eine Ausfertigung des Urteils an Sie ergehen. Sie können für die Erhebung einer Berufung oder einer Nichtigkeitsbeschwerde Verfahrenshilfe beantragen. Falls es notwendig ist, beinhaltet dies die kostenlose Übersetzungshilfe. Verfahrenshilfe wird vom Gericht in den Fällen bewilligt, in denen rechtliche Vertretung notwendig ist und gleichzeitig Ihr Einkommen nicht hoch genug ist, um dafür aufzukommen, ohne Ihren Lebensunterhalt zu gefährden.

Welche Rechte habe ich nach der Verurteilung?

Alle Opfer können beantragen, vom ersten unbewachten Verlassen der Justizanstalt, von der Flucht und Wiederergreifung des Verurteilten, von der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung und von Weisungen, die bei einer bedingten Entlassung verhängt wurden, verständigt zu werden.

Opfer von Sexualdelikten und sexuell motivierten Gewaltdelikten müssen vor einer Bewilligung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest angehört werden, sofern sie eine Verständigung über das Verlassen der Justizanstalt oder die Entlassung aus der Strafhaft beantragt haben. Diese Opfer sind auch von der Bewilligung des elektronisch überwachten Hausarrests zu verständigen. Für die Wahrnehmung dieser Antrags- und Äußerungsrechte besteht Anspruch auf Prozessbegleitung.

Ansonsten bekommen Sie nach der Rechtskraft des Urteils von Amts wegen keine weiteren Informationen von den Behörden. Sie haben allerdings weiter das Recht auf Einsicht in den Gerichtsakt, soweit Ihre Interessen betroffen sind.

Habe ich nach der Gerichtsverhandlung Anspruch auf Unterstützung oder Schutz? Wie lange?

Sie haben nach Abschluss des Verfahrens Anspruch darauf, dass die Prozessbegleitung mit Ihnen ein Abschlussgespräch führt.

Verbrechensopfer, die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren erhalten haben, können diese auch für ein nachfolgendes Zivilverfahren in Anspruch nehmen. Voraussetzung dafür ist, dass der Gegenstand des Zivilprozesses in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Strafverfahrens steht und dass die Prozessbegleitung zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers eines Verbrechens erforderlich ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, beurteilt die Opferschutzeinrichtung, die die Prozessbegleitung bereitstellt. Zum Zweck der Beigabe einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwaltes im Zivilprozess kann das Verbrechensopfer um Verfahrenshilfe ansuchen. Diese Unterstützung wird längstens bis zum Abschluss des Zivilverfahrens gewährt.

Welche Informationen erhalte ich, wenn der Täter verurteilt wird?

Über den Ausgang des Verfahrens und die verhängte Strafe können Sie sich informieren, indem Sie entweder bis zur Verkündung des mündlichen Urteils im Gerichtssaal bleiben oder indem Sie später Einsicht in den Gerichtsakt nehmen.

Werde ich informiert, wenn der Täter entlassen wird (einschließlich vorzeitige oder bedingte Entlassung) oder aus der Haft flieht?

Auf Antrag werden Sie unverzüglich von der Flucht oder Entlassung des Täters aus der Strafhaft sowie vom ersten unbewachten Verlassen der Haftanstalt verständigt. Auch von der erfolgten Ergreifung des geflüchteten Täters werden sie benachrichtigt. Falls dem Täter bei der Entlassung Weisungen zum Schutz des Opfers auferlegt werden, werden Sie auch davon informiert.

Werde ich in die Entscheidung über die Haftentlassung oder die Strafaussetzung zur Bewährung einbezogen? Kann ich beispielsweise eine Aussage machen oder Einspruch einlegen?

Eine Einbeziehung des Opfers bei der Entscheidung über eine Haftentlassung oder Strafaussetzung findet nur ausnahmsweise statt. Nur Opfer eines Sexualdeliktes oder eines sexuell motivierten Gewaltdeliktes, die eine Verständigung von der Flucht oder Entlassung des Täters beantragt haben, werden vor der Entscheidung über den elektronisch überwachten Hausarrest gehört.

1. Privatbeteiligte/Privatbeteiligter

Um Privatbeteiligte/Privatbeteiligter zu werden, muss man eine Erklärung abgeben. Die Erklärung muss die konkrete ziffernmäßige Bezeichnung des Anspruchs auf Ersatz des durch die Straftat verursachten Schadens oder der erlittenen Beeinträchtigung beinhalten. Während der Ermittlungen muss die Erklärung an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft gerichtet sein. Die Erklärung kann sowohl mündlich als auch in schriftlicher Form erfolgen. Während der Hauptverhandlung muss die Erklärung bis zum Schluss des Beweisverfahrens abgegeben werden. Bis dahin ist der Anspruch auch spätestens konkret zu beziffern.

Als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter haben Sie über die Rechte von Opfern hinaus folgende zusätzliche Rechte:

  • Aufnahme von Beweisen, die dazu dienen, die Täterin/den Täter zu verurteilen oder den Schadenersatzanspruch zu begründen; zur Hauptverhandlung geladen zu werden; gegen die richterliche Entscheidung, das Verfahren einzustellen, Beschwerde zu erheben; Berufung wegen Ihrer privatrechtlichen Ansprüche zu erheben.

2. Subsidiaranklägerin/Subsidiarankläger

Um Subsidiaranklägerin/Subsidiarankläger zu werden, müssen Sie vorerst Privatbeteiligte/Privatbeteiligter sein bzw. werden und eine Erklärung abgeben, die Anklage aufrecht zu erhalten. Wenn die Beschuldigte/der Beschuldigte minderjährig ist, ist eine Subsidiaranklage nicht zulässig.

Durch Erklärung werden Sie zur Subsidiaranklägerin/zum Subsidiarankläger. Wenn die Staatsanwältin/der Staatsanwalt während der Hauptverhandlung von der Anklage zurücktritt, müssen Sie sofort eine Erklärung abgeben, falls Sie zur Verhandlung ordnungsgemäß geladen wurden. Wenn Sie der Ladung keine Folge geleistet haben, oder wenn Sie keine Erklärung abgeben, wird die/der Beschuldigte freigesprochen.

Wenn die Staatsanwältin/der Staatsanwalt außerhalb der Verhandlung von der Anklage zurücktritt oder wenn Sie als Privatbeteiligte/Privatbeteiligter nicht ordnungsgemäß geladen wurden, sind Sie vom Gericht darüber zu verständigen. Sie haben dann einen Monat Zeit, eine Erklärung zur Subsidiaranklage abzugeben.

Wenn Sie die Verfolgung der Straftat an Stelle der Staatsanwältin/des Staatsanwaltes fortsetzen, kann sich letztere/letzterer jederzeit Informationen über das Verfahren einholen und das Verfahren wieder an sich ziehen. In diesem Fall haben Sie wieder die Stellung einer Privatbeteiligten/eines Privatbeteiligten.

3. Privatanklägerin/Privatankläger

Manche weniger schwerwiegende Delikte werden nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt, sondern nur auf Initiative des Opfers. Wenn Sie Opfer eines solchen Deliktes sind, kommt es nur dann zu einem Strafverfahren, wenn Sie selbst eine Privatanklage bei Gericht einbringen. Sie werden sodann zur Privatanklägerin/zum Privatankläger.

Hier gibt es grundsätzlich kein Ermittlungsverfahren, allerdings können Opfer bestimmter Hass-im-Netz-Delikte (üble Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung oder Beleidigung, wenn diese Delikte im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden) bei Gericht die Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen zur Ausforschung der Täterin bzw. des Täters beantragen. Dieser Antrag muss die Erfordernisse eines Beweisantrags erfüllen.

Sie als Privatanklägerin/ Privatankläger müssen alle Tatsachen, die für eine Verurteilung wesentlich sind, selbst unter Beweis stellen. Wenn die/der Beschuldigte freigesprochen wird, müssen Sie die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Ausnahme besteht für Opfer von Hass-im-Netz-Delikten: In Strafverfahren wegen übler Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung oder Beleidigung, wenn diese Delikte im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden, die nicht durch Schuldspruch enden, sind Privatankläger oder Opfer, die einen Antrag zur Ausforschung der Täterin bzw. des Täters stellen, nur zum Kostenersatz verpflichtet, wenn sie den Vorwurf wissentlich falsch erhoben haben. Diese Ausnahme von der Kostenersatzpflicht betrifft allerdings nur die Verfahrenskosten. Endet das Verfahren nicht durch Schuldspruch, so besteht die Verpflichtung des Privatanklägers zum Ersatz der Verteidigungskosten des Angeklagten im Haupt- und Rechtsmittelverfahren.

Die Kostenregelungen für Opfer von Hass-im-Netz-Delikten sind bis 31.12.2023 befristet und werden einer Evaluierung unterzogen.

4. Prozessbegleitung

Bestimmte Personen haben Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Ein solcher Anspruch besteht:

  • Für Opfer, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt oder in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung beeinträchtigt oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Straftat ausgenützt worden sein könnte.
  • Wenn der Tod einer Person durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte, und Sie ein*e nahe*r Angehörige*r dieser Person sind, oder Sie sonst ein*e Angehörige*r dieser Person sind und Zeugin bzw. Zeuge der Tat waren.
  • Für Opfer terroristischer Straftaten.
  • Für Opfer eines typischen „Hass-im-Netz“-Delikts. Dazu zählen beharrliche Verfolgung, fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems („Cybermobbing“) und Verhetzung. Ebenso fallen darunter Straftaten wie üble Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung, Beleidigung und Verleumdung, wenn bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tat im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde.
  • Für Minderjährige, die Zeugen von Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) waren.

Die Prozessbegleitung muss zur Wahrung der Opferrechte erforderlich sein; sie ist durch die Opferhilfeeinrichtung zu gewährleisten. Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist in jedem Fall auch ohne Antrag psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren.

Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen zu Polizei und Gericht, juristische Prozessbegleitung die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin. Die juristischen Prozessbegleiter/innen sind auch berechtigt, Schadenersatzansprüche im Strafverfahren (Rechte des Privatbeteiligten) geltend zu machen.

Prozessbegleitung wird von speziellen Opferschutzeinrichtungen (wie Kinderschutzzentren, Beratungsstellen oder Interventionsstellen) gewährt. Sie beauftragen Rechtsanwältinnen / Rechtsanwälte mit der juristischen Prozessbegleitung und / oder gewähren psychosoziale Prozessbegleitung durch ihre Mitarbeiter/innen. Diese Mitarbeiter/innen sind SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, und vergleichbare Fachleute mit zusätzlichem obligatorischem juristischen Training in Bezug auf Strafverfahren.

Das Bundesministerium für Justiz fördert die Prozessbegleitung.

Letzte Aktualisierung: 19/04/2023

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