Beschuldigte (Strafverfahren)

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Habe ich das Recht, die Entscheidung des Gerichts anzufechten?

Ja, Urteile in Strafsachen können stets angefochten werden. Gegen jedes Urteil kann bei einem höheren Gericht Berufung (recurso de apelación) eingelegt werden. Gegen Urteile, die von diesem höheren Gericht in der Berufungsinstanz erlassen wurden, kann ein Rechtsmittel (recurso de casación) vor dem Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) eingelegt werden, das je nach dem ursprünglichen Verfahren, in dem das Urteil ergangen ist, unterschiedlich begründet werden kann. Ausnahmsweise können Urteile, die in Verfahren wegen geringfügiger Vergehen ergangen sind, nur im Wege der Berufung angefochten werden [gegen sie kann kein Rechtsmittel eingelegt werden].

Die Fristen für die Einlegung eines Rechtsmittels hängen vom jeweiligen Verfahren ab und werden ab der Zustellung des Urteils berechnet. Bei ordentlichen und abgekürzten Verfahren und Verfahren vor Geschworenen beträgt die Frist beispielsweise 10 Tage. Bei Eilverfahren und Verfahren wegen geringfügiger Vergehen beträgt diese Frist 5 Tage. Ein Rechtsmittel muss innerhalb von 5 Tagen angekündigt werden. Die anschließende Frist für die Einlegung des Rechtsmittels beträgt 15, 20 oder 30 Tage, je nachdem, an welchem Ort das Gericht, das das angefochtene Urteil erlassen hat, seinen Sitz hat.

Welche anderen Rechtsmittel stehen mir zur Verfügung?

Wenn Sie in einem Abwesenheitsverfahren verurteilt wurden (in den Fällen, in denen ein solches Verfahren zulässig ist), haben Sie das Recht, das Urteil anzufechten, auch wenn die Frist dafür bereits abgelaufen ist, und zwar aus denselben Gründen, die für die Berufung gelten, wobei die 10-Tage-Frist ab dem Datum gerechnet wird, an dem Sie von dem Urteil Kenntnis erhalten haben.

Auch wenn die Verurteilung rechtskräftig ist, können Sie in bestimmten Fällen (z. B. wenn die Verurteilung auf einem Dokument oder einer Zeugenaussage beruhte, die sich später als falsch erwiesen haben, oder wenn zwei verschiedene Personen wegen derselben Straftat verurteilt wurden, von denen nur eine die Täterin oder der Täter gewesen sein kann, oder wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein für die verurteilte Person günstiges Urteil gefällt hat) die Aufhebung des Urteils und den Erlass eines neuen Urteils im Wege eines entsprechenden Rechtsmittelverfahrens (recurso de revisión de sentencias firmes) beantragen.

In jedem Fall können Sie nach Ausschöpfung der Rechtsmittel das Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional) mit einer Klage wegen Verletzung der Grundrechte und -freiheiten (recurso de amparo) anrufen, wenn Sie der Meinung sind, dass ihre Grundrechte verletzt wurden. Sind alle innerstaatlichen Rechtsmittel ausgeschöpft, können Sie sich auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden.

Welche Folgen hat es, wenn ich verurteilt werde?

Je nach Straftat können verschiedene Arten von Strafen verhängt werden: Freiheitsstrafen (z. B. Gefängnisstrafe oder permanente Aufenthaltsüberwachung), nicht freiheitsentziehende Strafen (z. B. Fahrverbot oder gemeinnützige Arbeit, wenn Sie sich dazu bereit erklären) und Geldstrafen (Sie werden zur Zahlung eines Geldbetrags verpflichtet). Neben der Strafe für die Straftat können Sie auch zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt werden, wenn Sie einen Schaden verursacht haben (zivilrechtliche Ansprüche aufgrund der Straftat, die in demselben Strafverfahren gegen Sie geltend gemacht werden können). Wenn Sie die Geldstrafe nicht zahlen, kann diese Strafe durch eine Freiheitsstrafe oder gemeinnützige Arbeit ersetzt werden.

Strafregister

Die Verurteilung bedeutet, dass Sie eine Vorstrafe haben, deren Einzelheiten im spanischen Strafregister (Registro de Antecedentes Penales) eingetragen werden. Vorstrafen können in der Weise berücksichtigt werden, dass sie das Strafmaß im Falle einer erneuten Straftat verschärfen oder verhindern, dass Sie während der Verbüßung der verhängten Strafe Vergünstigungen (z. B. Aussetzung des Vollzugs einer Haftstrafe) erhalten. Sobald Sie die verhängte Strafe verbüßt haben und eine bestimmte Zeitspanne verstrichen ist, wird die Eintragung im Strafregister gelöscht und hat keine negativen Folgen mehr für Sie. Diese Frist variiert je nach Art und Schwere der Straftat und reicht von 6 Monaten bei geringfügigen Vergehen bis zu 10 Jahren bei besonders harten Strafen.

Urteilsvollstreckung, Überstellung von Häftlingen, Bewährung und alternative Sanktionen

Sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist, entweder weil die Rechtsmittel gegen das Urteil erschöpft sind oder weil die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, ohne dass ein Rechtsmittel eingelegt wurde, muss das Urteil vollstreckt werden, d. h. die verhängte Strafe muss verbüßt werden. Wird die Strafe nicht freiwillig angetreten, ordnet der Richter die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen an (z. B. die polizeiliche Fahndung und Festnahme zum Zwecke der Inhaftierung oder die Beschlagnahme Ihres Vermögens zur Begleichung der Geldstrafe).

Aussetzung der Strafe: Wenn es sich bei der Verurteilung um eine Freiheitsstrafe handelt (Gefängnis oder permanente Aufenthaltsüberwachung an einem bestimmten Ort, z. B. in Ihrer Wohnung) und Sie nicht wegen ähnlicher Straftaten vorbestraft sind und die Freiheitsstrafe eine bestimmte Frist – in der Regel zwei Jahre – nicht überschreitet, kann der Richter die Strafe zur Bewährung aussetzen, d. h. Sie müssen nicht ins Gefängnis, sofern Sie während eines bestimmten Zeitraums nicht erneut straffällig werden. Wenn Sie während dieser Zeit eine weitere Straftat begehen, müssen Sie unter Umständen zusätzlich zu der Strafe für die neue Straftat auch die zuvor zur Bewährung ausgesetzte Strafe verbüßen. Wenn Sie während des Bewährungszeitraums keine Straftaten begehen, gilt Ihre ursprüngliche Strafe als verbüßt, und die Eintragung in das Strafregister kann nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Frist gelöscht werden.

In manchen Fällen kann der Richter die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung an weitere Bedingungen knüpfen, die Sie erfüllen müssen, z. B. die Teilnahme an Kursen zur Drogenrehabilitation oder das Verbot, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder sich bestimmten Personen zu nähern.

Alternative Strafe: Handelt es sich bei der gegen Sie verhängten Strafe um eine Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten, so ersetzt der Richter die Freiheitsstrafe in jedem Fall durch eine andere, weniger belastende Strafe (Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit oder 24-stündige Überwachung).

Sind Sie Ausländer und wurde gegen Sie eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und nicht mehr als fünf Jahren verhängt, kann der Richter anordnen, dass diese Strafe durch Ihre Ausweisung aus dem Staatsgebiet mit einem Rückkehrverbot für eine bestimmte Anzahl von Jahren ersetzt wird. Beträgt die Freiheitsstrafe mehr als fünf Jahre, so müssen Sie vor Ihrer Ausweisung einen Teil der vom Richter verhängten Strafe verbüßen und können anschließend ausgewiesen werden.

Verlegung von Gefangenen: Wenn Sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, haben Sie das Recht, diese in einem Gefängnis in der Nähe Ihres Wohnorts zu verbüßen, es sei denn, es liegen außergewöhnliche Gründe vor. Wenn Sie Bürger der Europäischen Union sind, können Sie außerdem in Ihr Land überstellt werden, um die Strafe dort zu verbüßen. Wenn Sie Staatsangehöriger eines Drittlandes sind, hängt dies davon ab, ob es internationale Verträge gibt, die eine solche Überstellung ermöglichen.

Bewährung: Im Fall der Verurteilung wegen bestimmter besonders schwerer Straftaten kann die verurteilte Person zusätzlich zu den für eine solche Straftat geltenden Strafen unter richterlicher Aufsicht gestellt werden, indem sie sich an bestimmte vom Richter angeordnete Auflagen halten muss (normalerweise, wenn eine verurteilte Person nach Verbüßung einer Haftstrafe entlassen wird). Diese Auflagen können sehr unterschiedlich sein, und die gewählte Maßnahme hängt von der Schwere oder der Art der begangenen Straftat ab (z. B. medizinische Behandlung, Teilnahme an Sexualerziehungsprogrammen oder Kontaktaufnahme und Kommunikation mit bestimmten Personen). Der Verstoß gegen solche Auflagen kann zur Anordnung anderer Maßnahmen führen, und bei schweren oder wiederholten Verstößen kann Ihnen eine neue Straftat zur Last gelegt werden, weil Sie die gerichtlichen Auflagen nicht befolgt haben.

Die Bewährung unterscheidet sich von der bedingten Entlassung, auf die Sie Anspruch haben, wenn Sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, einen Teil dieser Strafe bereits verbüßt haben und bisher eine gute Führung gezeigt haben. In solchen Fällen kann die verbleibende Freiheitsstrafe ausgesetzt werden und die Person kann freigelassen werden, mit der Verpflichtung, die vom Richter angeordneten Maßnahmen zu befolgen.

Letzte Aktualisierung: 17/01/2024

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