Hinweis: Die ursprüngliche Sprachfassung dieser Seite Französisch wurde unlängst geändert. Die Sprachfassung, die Sie ausgewählt haben, wird gerade von unserer Übersetzungsabteilung erstellt.
Swipe to change

Beschuldigte (Strafverfahren)

Frankreich

Inhalt bereitgestellt von
Frankreich

Welchen Zweck hat ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren?

Die strafrechtlichen Ermittlungen umfassen sämtliche Untersuchungen zu einer Straftat, die von der Kriminalpolizei unter der Aufsicht eines Staatsanwalts oder Richters durchgeführt werden.

Sie können außerhalb der gerichtlichen Voruntersuchung (instruction) erfolgen und sind auf die Feststellung der Straftat, die Sammlung von Beweismitteln und die Suche nach den Tätern gerichtet.

Im französischen Ermittlungsverfahren wird zwischen enquête de flagrance und enquête préliminaire unterschieden. Erstere kommt bei Straftaten zum Zuge, deren Ausführung noch nicht oder gerade erst abgeschlossen ist, und gesteht der Polizei den Einsatz weitreichender Zwangsmittel zu. In allen anderen Fällen wird auf das Verfahren der polizeilichen Voruntersuchung (enquête préliminaire) zurückgegriffen. Ursprünglich war der Einsatz von Zwangsmitteln bei der polizeilichen Voruntersuchung nur begrenzt möglich, doch hat hier aufgrund neuerer Regelungen eine deutliche Annäherung zwischen diesen beiden Formen der polizeilichen Ermittlungen stattgefunden.

In komplizierteren Fällen können die Ermittlungen auch im Rahmen einer richterlichen Voruntersuchung (instruction) im Auftrag des Untersuchungsrichters durchgeführt werden. Bei dieser Voruntersuchung soll in erster Linie festgestellt werden, ob hinreichender Tatverdacht besteht, um den Straftäter an das erkennende Gericht zu verweisen, und gegebenenfalls die Sache spruchreif gemacht werden.

Das Ermittlungsverfahren ist nur in Strafsachen obligatorisch.

Welche Schritte umfasst das strafrechtliche Ermittlungsverfahren?

Ist die Tatausführung noch nicht oder gerade erst abgeschlossen oder wird eine Person der Beteiligung an einer Straftat verdächtigt, können ad hoc für die Dauer von acht Tagen Ermittlungen (enquête en flagrance) eingeleitet werden. Unter bestimmten Bedingungen kann die Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen um höchstens acht Tage verlängern.

Bei diesem Ermittlungsverfahren ist der Kriminalbeamte insbesondere befugt, sich an den Tatort zu begeben, Tatsachenfeststellungen zu veranlassen, alle Gegenstände oder Datenträger, die zur Wahrheitsfindung sachdienlich sind, sicherzustellen, Wohnungsdurchsuchungen von Personen anzuordnen, die möglicherweise an der Straftat beteiligt waren oder die tatrelevante Dokumente oder Informationen besitzen, Personen zu vernehmen, die Auskünfte über den Tathergang geben können, oder auch eine Person in Polizeigewahrsam zu nehmen, die verdächtigt wird, an der Straftat beteiligt gewesen zu sein.

Handelt es sich um eine polizeiliche Voruntersuchung (enquête préliminaire) unterrichtet der Kriminalbeamte die Staatsanwaltschaft, sobald er den mutmaßlichen Straftäter identifiziert hat.

Im Rahmen der richterlichen Voruntersuchung (instruction) sucht der Untersuchungsrichter nach be- und entlastenden Beweisen und nimmt alle Handlungen vor, die er für die Wahrheitsfindung für sachdienlich hält. Er kann diese Amtshandlungen (z. B. Besichtigung des Tatorts, Vernehmungen, Durchsuchungen, usw.) von Amts wegen oder auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder der Parteien vornehmen. Der Richter muss eine etwaige Ablehnung begründen. Gegen die Ablehnung kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden.

Bei Rechtshilfeersuchen kann der Untersuchungsrichter Kriminalbeamte mit den entsprechenden Amtshandlungen betrauen.

Wenn die Voruntersuchung nach Ansicht des Untersuchungsrichters abgeschlossen ist, unterrichtet er gleichzeitig die Parteien und ihre Anwälte. Die Staatsanwaltschaft und die Parteien haben dann, wenn Anklage erhoben wird, eine Frist von einem Monat oder andernfalls eine Frist von drei Monaten, um an den Untersuchungsrichter ihre begründeten Einwände oder Anträge zu richten.

Nach Ablauf dieser Frist hat der Staatsanwalt eine Frist von 10 Tagen (wenn ein Beschuldiger in Haft ist) oder von einem Monat (wenn dies nicht der Fall ist), um nach Einsicht in die übermittelten Beweismittel an den Untersuchungsrichter ergänzende Strafanträge oder Bemerkungen zu richten.

Der Untersuchungsrichter hat dann die Wahl:

  • Er beschließt entweder die Einstellung des Verfahrens, wenn er der Ansicht ist, dass der Sachverhalt, mit dem er befasst wurde, keine Straftat darstellt, wenn der Täter weiterhin unbekannt ist oder wenn die Beweislast gegen ihn nicht ausreicht,
  • oder er erlässt einen Verweisungsbeschluss (ordonnance de renvoi) an das zuständige Strafgericht (bei einem Vergehen (délit) oder einer einfachen Gesetzesübertretung (contravention)), oder er erhebt Anklage (bei einem Verbrechen), wenn hinreichender Tatverdacht besteht.

Die Rechte des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren

Ihre Rechte während des Polizeigewahrsams (1)

Wenn Sie verdächtigt werden, an einer Straftat beteiligt gewesen zu sein, kann Sie der Kriminalbeamte in Gewahrsam nehmen. Sofort nach Beginn der Maßnahme muss er je nach Sachlage den Staatsanwalt oder den Untersuchungsrichter unterrichten.

Bei einem allgemeinen Straftatverdacht (politische und militärische Straftaten sind ausgenommen) dürfen Sie nicht länger als 24 Stunden in Gewahrsam bleiben, und diese Zeit kann nur einmal für weitere 24 Stunden vom Staatsanwalt im Rahmen des Ermittlungsverfahrens oder vom Untersuchungsrichter im Rahmen der richterlichen Voruntersuchung verlängert werden.

Allerdings gibt es abweichende Gewahrsamsregelungen. Bei schwereren Straftaten oder im Fall der organisierten Kriminalität, des Drogenhandels oder Terrorismus ist der Polizeigewahrsam für einen längeren Zeitraum möglich. Für Minderjährige sind die Bedingungen des Polizeigewahrsams und die Möglichkeit zur Verlängerung dieser Maßnahme generell strenger geregelt.

Die Nichtbeachtung der Dauer des Polizeigewahrsams kann zur Nichtigerklärung der Maßnahme sowie aller späteren Rechtshandlungen führen, die auf dieser Maßnahme beruhen.

Wer klärt über den Ablauf des Polizeigewahrsams auf?

Die Rechte der Person in Polizeigewahrsam sind Grundrechte. Sie müssen umgehend über die Art der Straftat, die Gegenstand der Ermittlungen ist, die Dauer des Gewahrsams und Ihre Rechte aufgeklärt werden. Diese Informationen müssen Ihnen in einer Sprache, die Sie verstehen, erteilt werden. Sie dürfen also kostenlos die Dienste eines Dolmetschers in Anspruch nehmen.

Die Belehrung über die Rechte und ihre Wahrnehmung werden protokolliert.

  • Recht auf Benachrichtigung eines Angehörigen oder einer sonstigen Person

Sie haben das Recht, einen Angehörigen (eine Person, mit der Sie gewöhnlich zusammen leben, einen Verwandten in direkter Linie, eines Ihrer Geschwister) oder Ihren Arbeitgeber benachrichtigen zu lassen. Diese Person wird von der Polizei innerhalb von drei Stunden nach Beginn des Polizeigewahrsams telefonisch benachrichtigt.

  • Recht auf Hinzuziehung eines Arztes

Sie haben das Recht, in den 24 Stunden des Polizeigewahrsams eine ärztliche Untersuchung zu verlangen. Der Arzt wird von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ausgewählt.

  • Recht auf Gespräch mit einem Anwalt

Sie können verlangen, sich mit einem Anwalt zu besprechen; dieses Gespräch darf jedoch 30 Minuten nicht überschreiten. Das Gespräch ist vertraulich. Der Anwalt kann schriftliche Einwände formulieren, die zu den Verfahrensakten gegeben werden.

Sie können einen Ihnen bekannten Anwalt wählen oder verlangen, dass die Anwaltskammer Ihnen einen Anwalt als Pflichtverteidiger (avocat commis d’office) zur Seite stellt.

Im Fall des Polizeigewahrsams bei einem allgemeinen Straftatverdacht können Sie mit Ihrem Anwalt ab Beginn des Gewahrsams und, wenn dieser verlängert wird, ab Beginn dieser Verlängerung sprechen.

Allerdings dürfen Sie ihn, wenn Sie wegen einer schwereren Straftat in Polizeigewahrsam sind, die in den Bereich der organisierten Kriminalität, des Drogenhandels oder Terrorismus fällt, erst nach Ablauf von 48 bzw. 72 Stunden sprechen.

Der Kriminalbeamte hat seine Pflicht erfüllt, wenn er alles in seiner Macht Stehende getan hat, um einen Anwalt zu kontaktieren.

  • Recht auf Aussageverweigerung

Über dieses Recht informiert Sie der Kriminalbeamte nicht, sodass es Ihnen frei steht, die Aussage zu verweigern und sich nicht selbst zu belasten.

  • Recht auf Benachrichtigung des Konsulats des Staates, dessen Staatsangehörigkeit Sie besitzen, von Ihrer Festnahme

Was geschieht, wenn Sie mit der Art, in der Ihre Aussagen protokolliert wurden, nicht einverstanden sind?

Sie können sich weigern, das Protokoll zu unterzeichnen, in dem Ihre Aussagen festgehalten sind.

Was kann nach dem Polizeigewahrsam geschehen?

Der Staatsanwalt oder je nach Sachlage der Untersuchungsrichter kann jederzeit den Polizeigewahrsam beenden. Sie können freigelassen werden oder, wenn Sie während eines Ermittlungsverfahrens in Polizeigewahrsam genommen wurden, einem Untersuchungsrichter zwecks Eröffnung einer gerichtlichen Voruntersuchung oder dem Strafgericht (tribunal correctionnel) vorgeführt werden.

Wenn eine gerichtliche Untersuchung nach einer ersten Vernehmung eröffnet wird, können Sie den Status eines Beschuldigten (mise en examen) oder eines mutmaßlichen Mitwissers (témoin assisté) erhalten. Wenn Anklage gegen Sie erhoben wird, können Sie unter Polizeiaufsicht gestellt oder in Untersuchungshaft genommen werden.

Wenn Sie einem Strafgericht vorgeführt werden, kann dieses entweder in der Sache sofort ein Urteil verkünden, wenn es hierzu in der Lage ist, oder Ihnen auf Antrag eine Frist einräumen, um Ihre Verteidigung vorzubereiten. In diesem Fall wird dann über die Frage entschieden, ob Sie in Untersuchungshaft genommen oder unter Polizeiaufsicht gestellt werden.

Kann man von Ihnen DNS-Proben, Fingerabdrücke oder Proben anderer Körperflüssigkeiten verlangen? Welche Rechte haben Sie?

Wenn Sie Zeuge oder Verdächtiger in einem Strafprozess sind, kann man Ihnen mit Genehmigung des Staatsanwalts externe Proben entnehmen (insbesondere Speichelproben zwecks Analyse und Identifizierung Ihres genetischen Fingerabdrucks) und Sie erkennungsdienstlich behandeln (insbesondere Abnahme Ihrer Finger- und Handflächenabdrücke oder Lichtbilder).

Sie können dies ablehnen, da aber die genannten Maßnahmen unter rechtmäßigen Bedingungen durchgeführt werden, ist Ihre Weigerung, sich ihnen zu unterziehen, unter bestimmten Umständen ein Delikt, das mit einer einjährigen Haftstrafe und 15 000 Euro Geldbuße geahndet wird.

Ist eine Leibesvisitation möglich?

Im Allgemeinen nimmt der Kriminalbeamte eine Sicherheitsabtastung vor (kurzes Abklopfen über der Kleidung), mit der sichergestellt werden soll, dass Sie keinen für Sie selbst oder andere gefährlichen Gegenstand bei sich tragen.

Der Kriminalbeamte kann auch aus Sicherheitsgründen oder zum Zweck der Ermittlungen eine Leibesvisitation vornehmen, bei der man sich vollständig oder teilweise entkleidet. Umfasst die Leibesvisitation auch die Körperöffnungen, so darf sie nur von einem Arzt vorgenommen werden.

Diese Maßnahmen dürfen nur von einem Kriminalbeamten Ihres Geschlechts durchgeführt werden.

Alle übergebenen Wertgegenstände werden eingeschlossen und Ihnen nach Beendigung des Polizeigewahrsams bei Ihrer Entlassung zurückgegeben.

Dürfen Ihre Wohnung, Ihre Geschäftsräume oder Ihr Auto durchsucht werden?

Eine Durchsuchung darf nur zwischen 6.00 und 21.00 Uhr erfolgen. Eine Durchsuchung, die vor 21.00 Uhr begonnen hat, darf aber in der Nacht fortgesetzt werden.

Abweichungen sind bei Straftaten des organisierten Verbrechens, Terrorismus, der Prostitution und des Drogenhandels unter der Aufsicht eines Richters zulässig.

Eine Durchsuchung kann in jeder Wohnung erfolgen, in der sich Gegenstände befinden können, deren Auffinden für die Wahrheitsfindung sachdienlich wäre.

Es kann sich um Ihre Wohnung oder um die Wohnung einer anderen Person handeln, die Gegenstände besitzen könnte, die mit der Straftat in Verbindung stehen.

Unter Wohnung ist der Ort zu verstehen, an dem die Person ihren ersten Wohnsitz oder ihre Hauptniederlassung hat, aber auch der Ort (unabhängig davon, ob sie dort wohnt oder nicht), den die Person zu Recht ihr Zuhause nennt.

Somit gelten verschiedene Aufenthaltsorte (z. B. Hotelzimmer) und ihre Nebengebäude als Wohnung.

Der Begriff Wohnung bleibt dem Ermessen des Richters überlassen. Zwar wird beispielsweise ein Fahrzeug grundsätzlich nicht als Wohnung betrachtet, doch gilt dies nicht, wenn es als Wohnung dient.

Stehen Ihnen Rechtsmittel zur Verfügung?

Die Nichtbeachtung der oben dargelegten Formalitäten hat eine Verletzung der Verteidigungsrechte zur Folge und kann in einem Verfahren zur Ungültigerklärung der Durchsuchung und Sicherstellungen geltend gemacht werden.

Die gerichtliche Voruntersuchung: Ihre Rechte bei der ersten Vernehmung durch den Untersuchungsrichter (2)

Ziel der ersten richterlichen Vernehmung ist es, Sie zum Tatvorwurf zu befragen.

Nachdem der Untersuchungsrichter Ihre Identität festgestellt hat, nennt er Ihnen die Fakten, mit denen er befasst wurde, und nimmt eine rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts vor.

Der Untersuchungsrichter klärt Sie über Ihre Rechte auf:

  • Sie haben Anspruch auf einen vereidigten Dolmetscher
  • Sie haben Anspruch auf den Beistand eines (von Ihnen gewählten oder von Amts wegen bestellten) Anwalts.

Sie können zu dieser Vernehmung mit Ihrem Anwalt erscheinen und werden dann sofort befragt. Andernfalls ist der Untersuchungsrichter verpflichtet, Sie erneut über Ihr Recht aufzuklären, sich gegebenenfalls den Beistand eines Pflichtverteidigers zu sichern.

 

Wenn Sie sich für den Beistand eines Anwalts entscheiden, darf dieser die Akten einsehen und sie Ihnen unter bestimmten Bedingungen zur Kenntnis bringen.

Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern.

Wenn die Tat, wegen der Sie gerichtlich verfolgt werden, als Verbrechen eingestuft werden kann, wird die Vernehmung aufgenommen und gefilmt.

Können Sie vor der Hauptverhandlung in allen oder einigen Anklagepunkten auf schuldig plädieren?

Sie können den Sachverhalt oder nur einen Teil davon anerkennen. Das ist eine strategische Frage, die Sie mit Ihrem Anwalt besprechen sollten.

Können Anklagepunkte vor der Hauptverhandlung geändert werden?

Während der Untersuchung der belastenden und entlastenden Beweismittel kann der Sachverhalt, mit dem der Untersuchungsrichter befasst ist, rechtlich anders eingestuft werden (Wertung als Vergehen, Umwandlung des Vergehens in ein Verbrechen).

Wenn bei der Untersuchung neue Straftaten zutage treten, kann der Richter auf Antrag des Staatsanwalts eine Untersuchung dieser neuen Fakten einleiten.

Können Sie einer Straftat beschuldigt werden, wegen der Sie schon in einem anderen Mitgliedstaat strafrechtlich verfolgt wurden?

Wenn Sie in einem anderen Mitgliedstaat gerichtlich verfolgt werden, jedoch noch nicht verurteilt wurden, können Sie auf französischem Staatsgebiet verhaftet werden.

Wenn Sie aber wegen derselben Tat bereits in einem anderen Mitgliedstaat verurteilt wurden, können Sie kraft des Grundsatzes ne bis in idem (Sie können kein zweites Mal für dieselbe Tat verurteilt werden) in Frankreich weder gerichtlich verfolgt noch verurteilt werden.

Werden Sie über Belastungszeugen und Sie belastende Beweismittel informiert?

Aufgrund des Grundsatzes der kontradiktorischen Verhandlung werden Ihnen alle Beweismittel (Zeugenaussagen, materielle Beweismittel) mitgeteilt, damit Sie Ihre Verteidigung bestmöglich vorbereiten und Ihre Einwendungen vorbringen können.

Diese Beweismittel befinden sich in den Akten, von denen Sie über Ihren Anwalt nach Zustimmung des Richters eine Kopie erhalten können.

Sie und Ihr Anwalt sollten es unterlassen, diese Dokumente an Dritte weiterzugeben, da Sie so gegen die Geheimhaltung der Untersuchung verstoßen könnten.

Müssen Sie über Ihre Vorstrafen Auskunft geben?

Ein Auszug Ihres Vorstrafenregister befindet sich zwangsläufig bei den Untersuchungsakten.

Sie sind Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats. Müssen Sie während der richterlichen Voruntersuchung anwesend sein?

Aufgrund der eventuell vom Untersuchungsrichter auferlegten Verpflichtungen dürfen Sie das französische Staatsgebiet während des Untersuchungsverfahrens nicht verlassen.

Der Status des Beschuldigten und des mutmaßlichen Mitwissers (3)

Nach der ersten Vernehmung teilt Ihnen der Untersuchungsrichter entweder mit, dass Anklage gegen Sie erhoben wird, oder er erteilt Ihnen den Status eines mutmaßlichen Mitwissers (témoin assisté).

Eine Anklageerhebung bedeutet, dass schwerwiegende oder schlüssige Beweise gegen Sie vorliegen, die vermuten lassen, dass Sie an einer Straftat beteiligt waren. Sie sind dann eine echte Partei im Strafprozess, was im Fall des mutmaßlichen Mitwissers nicht zutrifft.

Der Status des mutmaßlichen Mitwissers dagegen setzt Beweise voraus, die nicht hinreichend gesichert sind, um die Anklageerhebung zu rechtfertigen. Deswegen hat der mutmaßliche Mitwisser, auch wenn er keine Partei im Strafprozess ist, stets Zugang zu den Akten, hat Anspruch auf Verteidigung und kann den Untersuchungsrichter auffordern, bestimmte Amtshandlungen vorzunehmen.

Aus diesen beiden Rechtsstellungen ergeben sich unterschiedliche Folgen. Nur der Beschuldigte kann auf einen begründeten Beschluss des Richters hin unter Polizeiaufsicht gestellt (und ihm somit untersagt werden, das Land zu verlassen) oder in Untersuchungshaft genommen werden, und er allein kann an das erkennende Gericht verwiesen werden.

Sie können dann Antrag auf Entlassung stellen.

Wenn Sie den Status eines mutmaßlichen Mitwissers haben, können Sie zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beantragen, dass ein Verfahren gegen Sie eingeleitet wird.

Welche Bedingungen sind mit der Polizeiaufsicht verknüpft?

Sie können unter Polizeiaufsicht gestellt werden, wenn Ihnen eine Haftstrafe oder eine schwerere Strafe droht.

Sie wird mit den Erfordernissen der Untersuchung begründet (z. B. um die Flucht ins Ausland zu verhindern) oder dient als Sicherheitsmaßnahme (z. B. Verbot, das Opfer zu besuchen oder zu treffen). Die meisten im Rahmen der Polizeiaufsicht getroffenen Maßnahmen haben das Ziel, die Flucht des Straftäters zu verhindern.

Diese Maßnahme kann jederzeit auf Beschluss des Untersuchungsrichters, auf Antrag des Staatsanwalts oder auf Ihren Antrag hin beendet werden.

Wenn Sie einen solchen Antrag stellen, muss der Untersuchungsrichter seinen Beschluss innerhalb von fünf Tagen mitteilen.

Wenn Sie beschließen, sich den Pflichten der Polizeiaufsicht zu entziehen, laufen Sie Gefahr, in Untersuchungshaft genommen zu werden.

Schließlich können Sie auch die Anordnung der Polizeiaufsicht durch Einspruch vor der Untersuchungskammer (chambre de l’instruction) anfechten.

Welche Bedingungen sind mit der Untersuchungshaft verknüpft?

Ihnen muss eine relativ schwere Strafe drohen, damit sie in Untersuchungshaft genommen werden: dies wäre eine Haftstrafe für ein Verbrechen oder ein Vergehen von mindestens drei Jahren.

Sie muss die einzige Möglichkeit sein, den Beweis oder die materiellen Hinweise zu bewahren, die für die Wahrheitsfindung erforderlich sind, Druckausübung auf die Zeugen oder Opfer sowie ihre Familien zu verhindern, eine betrügerische Absprache zwischen dem Beschuldigten und seinen Mittätern oder Komplizen zu verhindern, den Beschuldigten zu schützen, zu gewährleisten, dass Sie der Justiz zur Verfügung stehen, die Strafftat zu beenden oder einer Wiederholung vorzubeugen, und bei einem Verbrechen eine außerordentliche und andauernde Störung der öffentlichen Ordnung zu beenden, die durch die Schwere der Straftat verursacht wurde.

Sie können die Anordnung der Untersuchungshaft innerhalb von zehn Tagen ab ihrer Mitteilung durch eine Erklärung beim Leiter der Strafvollzugsanstalt, in der Sie inhaftiert sind, oder bei der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Beschluss verkündet hat, anfechten.

Abschluss des Ermittlungsverfahrens (4)

Der Abschluss der richterlichen Voruntersuchung erfolgt per Beschluss. Es können verschiedene Beschlüsse gefasst werden.

Einstellung des Verfahrens

Der Richter kann die Einstellung des Verfahrens beschließen, weil die Beweislast gegen Sie nicht ausreicht. Die Einstellung kann vollständig oder teilweise sein.

Wenn eine teilweise Einstellung beschlossen wird, erlässt der Untersuchungsrichter einen Verweisungsbeschluss bzw. verkündet die Anklageerhebung für den anderen Teil des Tatvorwurfs.

Wenn in Ihrem Fall eine vollständige Einstellung des Verfahrens beschlossen wurde und Sie sich in Untersuchungshaft befinden, werden Sie entlassen und erhalten die beschlagnahmten Gegenstände zurück.

Sie haben dann die Möglichkeit, ein Wiedergutmachungsverfahren anzustrengen.

Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn der Nebenkläger kann innerhalb von zehn Tagen nach der Mitteilung der Verfahrenseinstellung Einspruch bei der Gerichtskanzlei des Gerichts erheben, das den Beschluss verkündet hat.

Der Verweisungsbeschluss

Wenn der Richter der Ansicht ist, dass die Beweislast gegen Sie ausreicht, kann er beschließen, Sie an das erkennende Gericht zu verweisen.

Wenn Sie unter Polizeiaufsicht standen oder in Untersuchungshaft waren, so wird dies durch den Beschluss beendet.

Der Richter kann aber durch einen neuen, besonders begründeten Beschluss entscheiden, diese Maßnahmen beizubehalten. Sie dürfen nicht länger als zwei Monate andauern. Wenn Sie nach Ablauf dieses Zeitraums nicht vor Gericht gestellt wurden, werden Sie entlassen.

Der Richter kann nur „ausnahmsweise“ mit einem begründeten Beschluss über die Unmöglichkeit, innerhalb von zwei Monaten ein Urteil zu fällen, jeweils zwei Verlängerungen um zwei Monate anordnen. Wenn nach Ablauf dieser sechs Monate kein Urteil ergangen ist, werden Sie entlassen.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben, es sei denn, Sie sind der Meinung, dass die Ihnen zur Last gelegte Tat als Verbrechen zu werten ist und deshalb vor einem Schwurgericht Anklage zu erheben ist. Dieses Rechtsmittel steht auch dem Nebenkläger zu.

Anklageerhebung

Wird Ihnen ein Verbrechen zur Last gelegt, erhebt der Untersuchungsrichter Anklage.

Wenn Sie zum Zeitpunkt des richterlichen Beschlusses unter Polizeiaufsicht stehen, bleibt diese Maßnahme bestehen.

Sie haben als Beschuldigter das Recht, gegen diesen Beschluss Einspruch zu erheben.

Der Europäische Haftbefehl (5)

Das Verfahren des Europäischen Haftbefehls soll das Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten ersetzen.

Es handelt sich um eine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ergangene gerichtliche Entscheidung zwecks Festnahme und Überstellung einer Person, die zur strafrechtlichen Verfolgung oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer Sicherheitsverwahrung gesucht wird, durch einen anderen Mitgliedstaat.

Jeder Mitgliedstaat darf die erforderlichen und angemessenen Zwangsmaßnahmen gegen eine gesuchte Person ergreifen.

Wenn die gesuchte Person festgenommen wird, hat sie das Recht, über den Inhalt des Haftbefehls informiert zu werden, sowie Anspruch auf den Beistand eines Anwalts und eines Dolmetschers.

Auf jeden Fall darf die Vollstreckungsbehörde beschließen, die Person in Haft zu halten oder sie unter bestimmten Bedingungen freizulassen.

Bis eine Entscheidung gefallen ist, vernimmt die Vollstreckungsbehörde die betreffende Person. Die vollstreckende Justizbehörde muss binnen 60 Tagen nach der Festnahme eine endgültige Entscheidung über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls treffen. Dann teilt sie die Entscheidung umgehend der ausstellenden Justizbehörde mit. Wenn die mitgeteilten Informationen unzureichend sind, kann die vollstreckende Behörde von der ausstellenden Behörde zusätzliche Informationen anfordern.

Jede Haftzeit in Folge des Europäischen Haftbefehls muss von der gesamten, eventuell verhängten Haftstrafe abgezogen werden.

Die Prozessvorbereitung durch die Verteidigung (6)

Die Beziehung zu Ihrem Anwalt basiert auf gegenseitigem Vertrauen, er ist Ihr Vertrauter. Deswegen unterliegt er dem Berufsgeheimnis.

Sie können ihm als Ihrem Vertrauten alle Fragen stellen, die Sie beschäftigen, und ihn um alle Erläuterungen bitten, die Missverständnisse ausräumen helfen.

Bei Ihrem ersten Treffen übergeben Sie ihm alle Dokumente und Informationen zu Ihrer Sache, damit er Ihre Verteidigung bestmöglich vorbereiten kann.

Sprechen Sie alle Fragen an, die Sie sich stellen, insbesondere über den Ablauf des Verfahrens, die optimale Strategie bezüglich der Wahl des Verfahrens oder auch die Art der Fragen, die Ihnen von den mit Ihrem Fall befassten Richtern gestellt werden könnten.

Zögern Sie nicht, ihn zum Ausgang des Verfahrens, den drohenden Strafen und den damit verbundenen eventuellen Hafterleichterungen zu befragen.

Letzte Aktualisierung: 06/12/2021

Die verschiedenen Sprachfassungen dieser Seite werden von den betreffenden Mitgliedstaaten verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Die Kommission übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.