Im Bereich der Ziviljustiz kommt für vor dem Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitete und noch anhängige Verfahren weiterhin EU-Recht zur Anwendung. Die Informationen über das Vereinigte Königreich werden im gegenseitigen Einvernehmen bis Ende 2024 über das Europäische Justizportal verfügbar bleiben.

Beschuldigte (Strafverfahren)

England und Wales

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Stehen Ihnen Rechtsmittel zur Verfügung?

Wenn Sie von einem Magistrates’ Court verurteilt wurden, haben Sie das Recht, beim örtlich zuständigen Crown Court Berufung einzulegen. Wenn Sie der Ansicht sind, dass die Richter am Magistrates‘ Court das Gesetz falsch ausgelegt haben, können Sie auch beim Administrative Court in London Revision beantragen.

Wenn Sie durch einen Crown Court verurteilt wurden, können Sie nur Rechtsmittel einlegen, nachdem dies für zulässig erklärt wurde, zum Beispiel weil ein Fehler aufseiten des Gerichts vorliegt. Die Rechtsmittelinstanz für den Crown Court ist der Court of Appeal in London.

Wie können Sie Rechtsmittel einlegen?

Bei einem Verfahren vor dem Magistrates‘ Court müssen Sie innerhalb von 21 Tagen Rechtsmittel einlegen. Beim Crown Court beträgt diese Frist 28 Tage. Ihr Anwalt wird Sie beraten, ob es sinnvoll ist, das Urteil anzufechten, und wie das Rechtsmittelverfahren in die Wege zu leiten ist.

Weshalb können Sie Rechtsmittel einlegen?

Sie haben das Recht, jede Entscheidung des Magistrates’ Court anzufechten. Hierzu müssen Sie ein Gerichtsformular ausfüllen und bei Gericht einreichen.

Wenn Sie Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Crown Court einlegen möchten, müssen Sie gewisse Formalitäten beachten. So sind Sie verpflichtet, Ihre Gründe detailliert zu erläutern, wenn Sie das Rechtsmittel einlegen. Ein Urteil kann zum Beispiel aus den folgenden Gründen angefochten werden:

  • Der Richter erteilte den Geschworenen falsche Anweisungen.
  • Im Verlauf des Gerichtsverfahrens traten Fehler oder Regelwidrigkeiten auf.
  • Beweismittel wurden fälschlicherweise zugelassen oder abgelehnt.

Das Strafmaß kann zum Beispiel aus folgenden Gründen angefochten werden:

  • Dem Richter unterlief ein Rechtsfehler.
  • Die Strafzumessung ist übertrieben hoch.

Wie verläuft das Rechtsmittelverfahren?

Bei Rechtsmittelverhandlungen gegen eine Entscheidung des Magistrates’ Court besteht das Gericht üblicherweise aus einem Berufsrichter und zwei Friedensrichtern, die nicht mit denen identisch sind, die in der ersten Instanz über den Fall entschieden haben. Das Verfahren wird wiederaufgenommen, und es können neue Beweise oder Tatsachen angeführt werden. Wenn nur das Strafmaß angefochten wird, hat der Crown Court die Möglichkeit, das Strafmaß herabzusetzen, zu bestätigen oder zu erhöhen.

Wenn Sie beim Administrative Court gegen die Gesetzesauslegung der Richter am Magistrates‘ Court Revision einlegen, wird das Urteil aufgehoben, sofern der Crown Court zu dem Schluss kommt, dass die Interpretation der vorinstanzlichen Richter nicht richtig ist. Unter bestimmten Umständen kann der Fall an den Magistrates‘ Court zurückverwiesen werden, der dann noch einmal über den Fall verhandelt.

Für Rechtsmittel gegen ein Urteil des Crown Court ist der Court of Appeal zuständig. Ihr Anwalt und der Staatsanwalt werden vortragen, wie sie die wesentlichen Aspekte des von Ihnen eingelegten Rechtsmittels jeweils einschätzen. Das Gericht kann die Vorlage weiterer Beweise verlangen. In der Regel ist es nicht möglich, sich nachträglich auf Beweise zu berufen, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits verfügbar waren und die Sie zu diesem Zeitpunkt nicht verwerten wollten. Rechtsmittelverfahren sind öffentlich.

Wenn Sie sich nicht in Haft befinden, sind Sie berechtigt, bei der Rechtsmittelverhandlung anwesend zu sein. Auch wenn Sie eine Freiheitsstrafe verbüßen, dürfen Sie an der Rechtsmittelverhandlung teilnehmen, es sei denn es wurde ausschließlich wegen einer Rechtsfrage Revision eingelegt. Das Gericht kann Ihnen gestatten, per Videoschaltung an der Verhandlung teilzunehmen.

Was geschieht, wenn Sie sich zum Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung in Haft befinden?

Nachdem Sie das Rechtsmittel eingelegt haben, können Sie beantragen, bis zur Rechtsmittelverhandlung auf freien Fuß gesetzt zu werden. Allerdings kommt es selten vor, dass jemand unter diesen Umständen aus der Haftanstalt entlassen wird. Wenn Haftverschonung gewährt wird, kann sie mit Auflagen verbunden sein.

Wie lange wird es dauern, bis die Rechtsmittelverhandlung stattfindet?

Wenn Sie sich in Haft befinden, wird in der Regel schnell über Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines Magistrates’ Court verhandelt. Ansonsten dauert es drei bis sechs Monate bis zur Revisions- oder Berufungsverhandlung. Wenn Sie eine Entscheidung des Crown Court vor dem Court of Appeal anfechten möchten, muss ein ranghoher Richter das Rechtsmittel für zulässig erklären. Im Durchschnitt wird innerhalb von acht Monaten über Rechtsmittel gegen eine Verurteilung verhandelt und innerhalb von fünf Monaten über Rechtsmittel gegen ein festgesetztes Strafmaß. Sie können das Rechtsmittel jederzeit durch ein Schreiben an das Criminal Appeal Office zurücknehmen.

Was geschieht, wenn das Urteil erfolgreich/erfolglos angefochten wurde?

Wenn die Rechtsmittelverhandlung zu Ihren Gunsten entschieden wird, hebt das Gericht die Verurteilung auf und sie wird aus dem amtlichen Verzeichnis gelöscht. Unter bestimmten Umständen kann das Gericht das Urteil außer Kraft setzen und der Staatsanwaltschaft gestatten, ein neues Verfahren gegen Sie in die Wege zu leiten.

Wenn das Rechtsmittel nicht erfolgreich ist, wird der Urteilsspruch in der Regel bestätigt. Manchmal kann das Rechtsmittelgericht die vorinstanzliche Entscheidung allerdings auch dahingehend abändern, dass der Angeklagte wegen einer weniger schweren Straftat verurteilt wird. Dies ist allerdings nicht möglich, wenn gegen eine Entscheidung des Magistrates‘ Court Rechtsmittel eingelegt werden.

Was geschieht, wenn das Strafmaß erfolgreich/erfolglos angefochten wurde?

Wenn in der Rechtsmittelverhandlung zu Ihren Gunsten entschieden wird, verhängt das Gericht ein niedrigeres Strafmaß. Ist das Rechtsmittel nicht erfolgreich, kann das Rechtsmittelgericht das ursprüngliche Strafmaß bestätigen oder erhöhen.

Haben Sie das Recht, bei einem höheren/anderen Gericht erneut Rechtsmittel einzulegen?

Wenn Sie eine Entscheidung des Magistrates’ Court angefochten haben und die Berufung vom Crown Court abgewiesen wurde, können Sie bei der Criminal Cases Review Commission (CCRC) beantragen, Ihren Fall an den Crown Court zurückzuverweisen. Dieser Fall tritt selten ein.

Wenn Sie Rechtsmittel beim Administrative Court oder beim Court of Appeal eingelegt haben, haben Sie eventuell noch die Möglichkeit, beim Supreme Court des Vereinigten Königreichs Revision zu beantragen, wenn dadurch eine Rechtsfrage von allgemeinem Interesse behandelt wird.

Erhalten Sie eine Entschädigung, wenn das Rechtsmittelverfahren erfolgreich ist?

Sie können innerhalb von zwei Jahren durch das Ausfüllen dieses Formulars eine Entschädigung beantragen. Die Entscheidung darüber obliegt der Regierung. Ihr Anwalt wird Ihnen das Verfahren erläutern.

Können Sie das Urteil nach einem erfolglosen Rechtsmittelverfahren noch einmal anfechten?

In Ausnahmefällen können Sie eventuell noch einmal Rechtsmittel einlegen, wenn neue Gründe dafür bekannt werden. Wenn Sie neue Beweise vorlegen möchten, müssen Sie erklären, weshalb diese nicht in die Hauptverhandlung eingebracht wurden.

Bestehen noch andere Möglichkeiten für das Einlegen von Rechtsmitteln?

Sie können bei der CCRC beantragen zu prüfen, ob ein Justizirrtum vorliegt. Diese Stelle kann Ihren Fall an das zuständige Rechtsmittelgericht verweisen. Wenn dies geschieht, wird Ihr Fall in einem regulären Rechtsmittelverfahren verhandelt.

Können Sie als Angehöriger eines anderen EU-Mitgliedstaats nach der Gerichtsverhandlung in Ihr Heimatland überstellt werden?

Wenn Sie zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, können Sie nach Ihrer Freilassung eventuell der Abschiebung unterliegen. Wenn Sie kein britischer Staatsbürger sind und zu einer Haftstrafe von mindestens zwölf Monaten oder wegen bestimmter schwerwiegender Straftaten verurteilt wurden, ordnet die Regierung in der Regel an, dass Sie am Ende Ihrer Haftzeit abgeschoben werden.

Bei jeder anderen mit Freiheitsstrafe bedrohten Straftat kann der Richter die Empfehlung aussprechen, Sie nach der Urteilsverkündung abzuschieben, sofern Sie das 17. Lebensjahr vollendet haben. Dabei ist es gleichgültig, ob Sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden oder die Haftstrafe tatsächlich antreten müssen. Die Regierung wird ihre Entscheidung auf der Grundlage der richterlichen Empfehlung treffen. Die Empfehlung des Richters ist Bestandteil des Urteils und kann, wie vorstehend beschrieben, angefochten werden. Die Regierung kann auch dann versuchen, Sie abzuschieben, wenn dies „im Interesse der Allgemeinheit“ liegt.

Wenn Sie die Staatsbürgerschaft eines anderen EU-Mitgliedstaats besitzen, können Sie nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit abgeschoben werden. Die Verurteilung wegen einer Straftat stellt für sich genommen noch keinen Rechtfertigungsgrund für eine Abschiebung dar. Gegen einen Abschiebungsbeschluss können Sie bei einer speziellen Beschwerdestelle Rechtsmittel einlegen.

Können Sie nach einer Verurteilung wegen derselben Straftat erneut angeklagt werden?

Wenn Sie durch ein Gericht des Vereinigten Königreichs wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Anklage freigesprochen wurden, können Sie im Vereinigten Königreich wegen desselben Delikts nicht mehr angeklagt werden, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. Das gleiche gilt, wenn das Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat stattfand und das Urteil dort erging.

Auskünfte über Verurteilungen

Urteile und Maßregeln werden im nationalen Datenverarbeitungssystem der Polizei (Police National Computer, PNC) erfasst, bis der Betroffene das 100. Lebensjahr vollendet hat. Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Eintragung fehlerhaft ist, können Sie sich beschweren. Ihr Anwalt wird Ihnen erläutern, wie hierbei vorzugehen ist. Sie können auch beim Polizeipräsidenten (Chief Constable), der für den Tatort zuständig ist, beantragen, dass die Eintragung geändert oder gelöscht wird.

Maßregeln (cautions) bei Erwachsenen sowie Rügen (reprimands) und letzte Warnungen (final warnings) bei Jugendlichen werden wie Urteile behandelt.

Selbst wenn Sie die Strafe verbüßt haben, müssen Sie die Verurteilung oder Maßregel bis zum Ablauf der Tilgungsfrist nötigenfalls offenlegen, zum Beispiel wenn Sie sich um eine Arbeitsstelle bewerben. Die Dauer dieser Frist hängt von der Art der Straftat und dem Strafmaß ab.

Ein Bußgeldbescheid (Fixed Penalty Notice) oder eine gebührenpflichtige Verwarnung wegen Störung der öffentlichen Ordnung (Penalty Notice for Disorder) wird nicht in Ihr Vorstrafenregister eingetragen.

Links zum Thema

Court of Appeal

Leitfaden für die Einleitung des Rechtsmittelverfahrens vor dem Court of Appeal

Supreme Court des Vereinigten Königreichs

Criminal Cases Review Commission

Criminal Records Bureau

Resozialisierung von Straftätern

Criminal Appeal Act 1968 (in der neuesten Fassung)

Rehabilitation of Offenders Act 1974 (in der neuesten Fassung)

Bail Act 1976 (in der neuesten Fassung)

Magistrates’ Court Act 1980 (in der neuesten Fassung)

Senior Courts Act 1981 (in der neuesten Fassung)

Criminal Appeal Act 1995 (in der neuesten Fassung)

Police Act 1997 (in der neuesten Fassung)

Human Rights Act 1998 (in der neuesten Fassung)

Police and Justice Act 2006 (in der neuesten Fassung)

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Letzte Aktualisierung: 01/12/2016

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